Richtig Germanicus. Alarich I. und seine Westgoten kämpften damals um ihre Stellung innerhalb des römischen Reiches und das Gleiche gilt auch für spätere Kämpfe in Gallien. Die Westgoten waren zu diesem Zeitpunkt wohl die bemerkenswerteste militärische Macht deren sich das Weströmische Reich bedienen konnte und die Goten wollten entsprechende Gegenleistungen, die ihnen Honorius vorenthielt. Ihr Potential war damals viel bedeutender als jenes aller anderen westlichen föderierten Völker.
Alarich versuchte sogar mit dem Präfekten Attalus einen Gegenkaiser zu etablieren, der ihm besser gesonnen war. Diese Episode scheiterte aber an dessen Eigenwilligkeit (aus Alarichs Sicht) und seinem Unvermögen die Getreideversorgung Roms aus Afrika sicher zu stellen. Attalus versuchte dies mit eigener Macht, wohl wissend das er zwar die Goten brauchte, aber diese nicht mehr ihn wenn sie erst im reichen Afrika wären. Attalus scheiterte und Alarichs Versuche die Operation FÜR seine Goten durchzuziehen schlugen ebenfalls fehl, weil es an einer geeigneten Flotte fehlte.
So starb Alarich und sein Schwager Athaulf wurde König der Westgoten. Er erkannte das in Italien - auch durch die laufenden Verwüstungen seiner Goten, sowie dem Widerstand des Starrkopfes in Ravenna (der Kaiser) - keine Zukunft für sein Volk war. Das Verhältnis mit Kaiser Honorius musste gespannt bleiben. Wie Ostrogotha bereits betonte war der Marsch nach Gallien und die Wendung Athaulfs gegen den Usurpator Jovinus für den Kaiser in Ravenna und für die Westgoten gleichermaßen ein Gewinn: Honorius wurde die unbotmäßigen Goten in Italien los, während Gallien für ihn ohnehin verloren war.
Ich sehe da viele Parallelen zum späteren Verhalten Kaiser Zenos gegenüber dem Ostgotenkönig Theoderich. Auch hier gab ein römischer Kaiser einem 'Barbarenvolk' den Auftrag in einem verloren gegangenen Teilgebiet des Reiches in seinem Namen die Verhältnisse zu konsolidieren. Im Gegenzug durfte sich das föderierte Volk im noch zu erobernden Land ansiedeln. Diesen letzten Punkt habe ich extra pointiert gekürzt, weil das im Falle Athaulfs am Anfang nicht ganz so klar war wie im Falle Theoderichs. Einen Föderiertenvertrag mit Niederlassungsrecht in Gallien gab es nicht vor 416 oder präzise in Aquitanien vielleicht erst 418.
Trotzdem galten die Westgoten seit ihrem Foedus mit Kaiser Theodosius im Jahre 382 als reichsangehörige Föderaten und nicht mehr als ausländische Barbaren. Sie waren damit schon rein Rechtlich eine innerrömische Partei geworden - eine Partei unter Vielen! Genau wie die 'legitimistische Partei', die treu zu Kaiser Honorius stand oder die 'gallische Partei', an deren Spitze gallorömische Senatoren in Gallien Jovinus als ihren Kaiser ausgerufen hatten. Die Auseinandersetzungen tragen also einen Zug von Bürgerkrieg in einem Reich, dessen Integrationskräfte nicht länger ausreichten um ein gemeinsames Ganzes als Weströmisches Reich zu erhalten.
Die Provinzen waren längst emanzipiert, eine weitere Romanisierung so nicht länger möglich. Auch Archäologisch konnten in vielen Provinzen eine 'Rebarbarisierung' beobachtet werden, die nicht allein durch Volksgruppen der Völkerwanderung angestoßen war! So kann auch in der Kunst etwa Galliens wieder der Einfluss älterer, teils keltischer Motive erfasst werden. Die harte, lokale Opposition des auvernischen Adels und seines Klientels gegen die eindringenden Goten gründete sich auf keltisches Gefolgschaftswesen. Auch heißt es, das in diesen Kreisen auch Gebildete zum Teil noch (wider?) Keltisch sprachen! Mag das römische Imperium auch zu seinen Glanzzeiten wohl mit dergleichen umgehen müssen, so war es damals doch wenigstens gesellschaftlich ein Unding sich in höheren Kreisen und in der Öffentlichkeit der Landessprache zu bedienen. Ein Mann von Stand hätte sich damit unmöglich gemacht! Interessanterweise waren es dann die Westgoten, die diese Landstriche endgültig und so nachhaltig romanisierten, das sie Jahrhunderte später gegen die Karolinger eine eigene, völlig romanisierte Identität in die Waagschale werfen konnten.
Ähnliche Prozesse waren im ganzen Reich zu beobachten, besonders freilich im Westreich, während das Ostreich auch offiziell nach Kaiser Justinian wieder zu seinen hellenistisch/griechischen Wurzen zurückfand.
Nach diesem Rundumschlag möchte ich am Ende noch einige Zahlen aus Novellae Valentiniani aufzeigen, die all jene bedenken sollten, die in der Aufnahme von föderierten Germanenstämmen eine Hauptwurzel für den Untergang des Römischen Reiches sehen:
Die spätrömische Reichsregierung setzte jährlich 30 Solidi für einen Rekruten an. Eine Armee, wie die Westgotische mit vielleicht 30000 Soldaten hätte demnach 900000 Solidi gekostet sie auch nur zu rekrutieren! Die Westgoten konnten diese Armee sofort aufbringen und hatten sie 'auf eigene Rechnung' aufgebaut, ausgerüstet und unterhielten sie. Sie für Rom zu bewahren ließ die Reichsregierung über manche Eigenständigkeit hinweg sehen. Aber was wäre die Alternative gewesen?
Nach Stein wäre mit dieser Summe fast das gesamte Jahresbudget des weströmischen Reiches in der Mitte des 5. Jahrhunderts aufgezehrt worden!
(Zahlen und Relationen aus Wolfram; 'Die Goten' zum Tolosanischen Reich)