Da Muslime "auch nur Menschen sind", findet sich bei ihnen eben das gesamte menschliche Spektrum an Motiven, Legitimation, Heuchelei, Machthunger, Logik, Ratio, Klugheit, Fanatismus, Pragmatismus, usw.
Will sagen, wenn alle Muslime der Vergangenheit alleine geistige Wesen gewesen wären, fromm bis zum geht nicht mehr, egal welche praktischen Folgen es haben würde, usw., dann hätte es sicherlich nicht Phasen gegeben, in dem den Nichtmuslimen der Übertritt zum Islam (z.B. durch "bürokratische" Hürden) erschwert wurde.
Siehe dazu z.B. auch diese Vorlesung 12:
http://www.geschichtsforum.de/f36/d...ffe-der-isl-welt-14238/index2.html#post438518
Dort hört man glaube ich was dazu. Ggf. auch die neueren Vorlesungen anhören, die unterscheiden sich teilweise erheblich, trotz ähnlichem Titels.
siehe auch hier mit einigen Ausführungen zu "Vorteilen und Nachteilen":
http://www.geschichtsforum.de/f36/expansion-des-islam-18704/#post297399
Es gab eben Phasen in der islam. Geschichte, wo der Pragmatismus überwiegte, denn eine Konversion bedeutete ja nicht selten auch den Ausschluß aus dem sozialen christlichen Verband. Konversion ist sowieso ein vielschichtiges Problem, erst recht in der Frühzeit des Islam, denn der Islam konturierte sich ja erst so richtig in dieser Frühzeit, bildete also heraus, was es eigentlich hieß ein Muslim zu sein. Dieses übrigens unter Einfluss der frisch konvertierten. So bestand anfangs das Problem, die Konvertiten in eine arab. Gesellschaft einzubinden, die tribaler Natur oder Herkunft war. Gleichzeitig fürchteten nicht wenige arab. Muslime um ihre Privilegien als Muslime. Dann hinderten nicht selten auch die christliche Umgebung die Konvertiten an der Konversion - auch aus fiskalischen Gründen, die ja somit aus der Dorfgemeinschaft als Steuerzahler wegfielen. Auch den musl. Herrschern fielen diese Konvertiten als Steuerzahler weg. Ausserdem fand unter den Konvertiten nicht selten eine Landflucht in die Städte statt, wodurch die Versorgung der Städte erschwert wurde.
So fand unter dem Kalifen Abd al-Malik eine Politik statt, die die Konvertiten auch gewaltsam wieder in ihre Dörfer im Irak wieder zurückgeführt wurden. Massiv wegbrechende Steuereinnahmen wurden dann später dadurch begegnet, indem man die Bodensteuer unabhängig von der jeweiligen Person erhob, die Kopfsteuer (Dschizya) weiterhin natürlich nur von Nichtmuslimen.
Bei all dem sollte man aber nicht alleine die ökonomischen Gründe zur Konversion sehen, oder diese überbewerten. Man konnte individuell durchaus auch der Kopfsteuer entgehen ohne zu konvertieren (z.B. in Ägypten, siehe obige Vorlesungen), insofern waren wohl nicht selten auch einfach nicht-ökonomische Gründe für eine Konversion vorhanden, z.B. das Seelenheil, der Wunsch der überlegenen Kultur auch im Religiösen angehören zu dürfen, die Einfachheit oder das einfachere Verständnis des Islams, die Zerstittenheit innerhalb des Christentums, usw.
Insgesamt ist dieses Themenfeld recht schwierig, weil es eben oft ein individueller Prozess ist, worüber die Quellen eben nicht so ausführlich sprießen, wie in anderen Bereichen.
Auch bei den Osmanen habe ich mal gelesen, dass die Konversion nicht immer sooo "leicht" gemacht wurde.
Als Beispiel mal eine Originalquelle zitiert, wo ein junger Mann dem Sultan schreibt, dass er gerne konvertieren würde:
"I–18. Petition of a young man wanting to
convert to Islam (1712)
Your Majesty, my great and graceful Sultan! I wish
you health!
I, Your slave, am a poor man from the region of
Russe. In my native place I felt the wish in myself to
become a Muslim and therefore I came to You. My
plea is to be granted the honour, in Your personal
presence, to accept the faith of Islam. Be so good as
to give me a change of clothes and something to
live by. I kindly ask for your order. The order is in the
power of Your Majesty, my brilliant Sultan.
Your slave Abdullah."
aus:
http://www.cdsee.org/pdf/workbook1_eng_ed2.pdf
Ich weiß leider nicht mehr aus dem Kopf, wo ich noch das osmanische Prozedere gelesen habe, was Konvertiten zeitweise im osmanischen Reich machen sollten (u.a. Beratungsgespräche mit islam. Geistlichen vor der Konversion, usw.).
Vielleicht war es in dieser Magisterarbeit?
THE POST-BYZANTINE LEGAL TRADITION:
IN THEORY AND IN PRACTICE
oder in dieser Magisterarbeit?
http://www.thesis.bilkent.edu.tr/0002749.pdf
Es war jedenfalls eine Arbeit aus diesem Thread:
http://www.geschichtsforum.de/f42/interessante-dokumente-ebooks-und-artikel-13930/
Siehe zum Weiterlesen auch hier:
Geschichte des Islam - Google Bücher