da ich der jetzt angemeldete gast bin, denke ich, ich könnte euch nun zum abschluss mal meine ausarbeitung zu diesem zitat posten.
mal sehen, wie ihr sie empfindet. Im Geschichts-Leistungskurs wurde sie mit fast voller punktzahl bewertet. --->also bin ich weiterhin offen für kritik
Die Aufgabenfelder, welche nach Theo Sommer auf die Menschen 1945 und nach der Wende drauf zu kamen, waren der Aufbau eines verwüsteten Landes, die Integration von Millionen von Menschen und das Hintersichlassen einer schwer auf den Menschen lastenden Vergangenheit. Das Zitat wurde 1995, also fünf Jahre nach der Wiedervereinigung, also vor 13 Jahren verfasst. Theo Sommer behauptet darin, dass die Deutschen „in mancher Hinsicht“ zu dieser Zeit in einer zweiten Nachkriegszeit leben.
Das erste angesprochene Aufgabenfeld ist der Aufbau eines verwüsteten Landes. Obwohl aus dem Zitat nicht sicher hervorgeht, welches Land er nach der Wende als verwüstet bezeichnet, denke ich, er bezieht sich damit auf die DDR, da sie in der Wirtschaftlichkeit hinter der BRD stand. Der Zustand Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg war katastrophal. Der Krieg hatte Tausende Kriegsopfer gefordert, die Städte und die Infrastruktur war in den meisten Gebieten schwer zerstört, es mangelte enorm an Nahrungsmitteln und Unterkünften, vielen Familien fehlte ein Familienmitglied. Diejenigen, die den Krieg überlebten, waren oft für ihr Leben gezeichnet, wenn nicht körperlich, dann zumindest psychisch. Da die Deutschen zunächst einmal „der Feind“ für die anderen Mächte waren, entschied man sich, Deutschland für lange Zeit zu schwächen und zu kontrollieren, indem man es teilte und besetzte. Diese Verwüstung fand man 1945 vor. Die BRD entwickelte sich schnell durch amerikanische Hilfe (Marshall-Plan) zu einem für den Weltmarkt wieder sehr wichtigen Staat. Auch wenn die glänzenden Zeiten von 1950-1965 nicht wiederholt werden konnten, war die BRD trotzdem die zweitwirtschaftlichste Nation hinter den USA. Der Fokus der Alliierten richtete sich auf einen schnellen Wiederaufbau der BRD, so wurden Reperationsforderungen nur sehr eingeschränkt geltend gemacht. Die DDR wiederum war von Anfang an schwerer belastet, da sie zum ersten ein kleineres Terretorium besaß, zum zweiten kaum Bodenschätze besaß, zum dritten Stahl- und Eisenindustrie nur im westlichen Teil Deutschlands durchgeführt werden konnte und zum vierten die Reperationsforderungen der SU durch Demontage der noch bestehenden Werke bzw Maschinenen sehr gründlich geltend gemacht worden sind. Der DDR wären Kredite des Marshall-Planes nur unter der Voraussetzung gegeben worden, dass sie sich zur westlichen Demokratie und nicht zum Kommunismus bekennen. Das Augenmerk der DDR-Führung lag darin, die Grundbedürfnisse der DDR-Bürger schnell und gleichmäßig zu decken, das waren Nahrungsmittel, Wohnungen und Arbeit. Durch umfangreiche Projekte, wie das Wohnungsbauprogramm, wurde eine soziale Abgesichertheit im Land geschaffen. Dieser Faktor, die umfangreiche Demontage und der damit verbundene Neuanfang mit eigenen Kräften, die Stagnation der Produktivität und die unterschiedlichen Anfangsbedingungen führten die DDR nahezu zum Staatsbankrott.
Die Industrie der DDR war mit der der BRD nicht konkurrenzfähig. Aus dem Mangel an Rohstoffen bzw. Baumaterialien und einer anderen Prioritätensetzung heraus, schien es für viele Betrachter, als würden die Städte und Häuser in den Städten der DDR verfallen. Die Landwirtschaft, sowie die sonstige genossenschaftliche Produktion war auf einem freien Markt im Kapitalismus nicht tragbar. Aufgrund von Geldmangel fehlte es auch an neuen Produktionsmaschinen.
Die Situation nach dem Krieg war jedoch viel traumatischer. Städte, Industrie, Infrastruktur, Wohngegenden – einfach alles war zerstört und benötigte Geld und Kraft für den Wiederaufbau. Die Situation 1990 ist damit nicht zu vergleichen, denn die DDR ist nicht zerstört, es braucht keinen Neuanfang. Die BRD ist wirtschaftlich stark, im Gegensatz zu 1945. Sie kann finanziell und wirtschaftlich ausgleichen, worin es der DDR mangelt.
Nun zum zweiten Aufgabenfeld – der Integration von Millionen von Menschen. Die Ostvertriebenen von 1945 wurden umgesiedelt und waren für diejenigen, die ihre Heimat nicht verloren, teilweise eine große Last. Die Ostvertriebenen hatten meist alles zurückgelassen, brauchten Wohnung, Arbeit und weitere Starthilfen. In der BRD kam man dieser Notwendigkeit mit dem Lastenausgleichsgesetz, in der DDR mit dem Solidaritätszuschlag nach.
Etwas ähnliches gab es 1990 nicht. Zum einen gab es sicherlich einige DDR-Bürger die vor und nach der Wiedervereinigung die DDR verlassen haben. Diese suchten meist Unterschlupf in der BRD. Aber zum anderen gab es 16 Millionen Ostdeutsche, die meiner Meinung nach nicht integriert werden mussten. Getreu der Wiedervereinigung vereinigten sich BRD und DDR. Die DDR und die meisten Ostdeutschen rannten nicht um Hilfe flehend in die BRD. Sie mussten daher nicht integriert werden, denn sie hatten ein Zuhause, eine Arbeit, allerdings war ihr Staat zerbrochen. Man spricht auch nicht davon, dass die BRD integriert werden musste, denn es war eine Einigung, ohne Sieger und Verlierer, ohne Vertriebene und Kriegsopfer.
Allerdings besaß die DDR keine Erfahrung auf dem freien Markt, mit dem Kapitalismus oder der westlichen Demokratie. Viele Betriebe wurden aufgekauft, die Bürger strebten Waren aus dem Westen an, das Schulsystem musste angepasst werden. Polizei und Verwaltung mussten verändert werden. Große Unterschiede gab es auch in den Religions- und Gesellschaftsvorstellungen.
Der dritte Aufgabenbereich spricht die Problematik an, sich mit der Geschichte kritisch auseinanderzusetzen und sie zu „verdauen“. Viele Menschen waren 1945 traumatisiert, erstmals verstanden sie das Ausmaß der Katastrophe, die die Deutschen angerichtet hatten. Ein Großteil der Bevölkerung waren ehemalige Befürworter des Naziregimes, sie mussten entnazifiziert und umerzogen werden. Nicht nur dann, sondern auch in den Folgejahren war es sehr schwer sich mit dem 3. Reich, mit dem, was die Eltern oder Großeltern miterlebt oder zu verantworten hatten, auseinanderzusetzen. Der Krieg, die Millionen Opfer und die Gesamtschuld sind Aspekte, die gern verdrängt werden, über die man ungern spricht, die jedoch noch viel Konversation benötigen.
Theo Sommer spricht 1995 von einer „schwer auf uns lastenden Vergangenheit“. Höchstwahrscheinlich bezieht er sich damit vor allem auf die Zeit nach dem 2. Weltkrieg in der Deutschland in zwei deutsche Staaten zerteilt war. Direkt nach dem Krieg war Deutschland zerteilt worden und eine Einigung wurde durch die verschiedenen Sichtweisen der Besatzungsmächte unmöglich. 1949 wurden die beiden Staaten gegründet, die Idee der Wiedervereinigung wurde vertagt. Da durch den Alleinvertretungsanspruch der BRD und der Zweilagertheorie, die durch die SU vertreten worden ist, ein Kompromiss undenkbar war, wollte man warten, bis sich die politische Situation in Europa entspannt hatte. Die Wiedervereinigung ließ dennoch 45 Jahre auf sich warten. Spricht Theo Sommer jedoch von der DDR als „schwer auf uns lastend“, dann bezieht er sich wahrscheinlich auf diktatorischen Grundzügen (eingeschränkten (Meinungs-) Freiheit).
Obwohl sich die Aufgabenfelder ähnlich anhören, kann man die beiden Situationen nicht in einen Vergleich setzten. 1995 kann man unmöglich davon reden, sich in einer zweiten Nachkriegszeit zu befinden. Die DDR war wirtschaftlich nicht so stark wie die BRD, die DDR-Bürger mussten sich in einem neuen Staat zurecht finden, viele Strukturen und administrative Dinge mussten umgemünzt werden und es gab Aspekte der DDR-Geschichte, die DDR-Bürger sicher im Nachhinein verdrängen wöllten, jedoch kann man das unmöglicher Weise mit der Zeit nach dem Krieg vergleichen, der so viele Todesopfer gebracht, den Deutschen eine solch enorme, nicht abschüttelbare Schuld aufgeladen hat. Die Nachkriegszeit war geprägt von Angst, schwerem Verlust, Hunger, Unfassbarkeit, Ohnmacht und einer Spaltung eines Landes. Vergleicht man 1945 mit 1989/90 verharmlost man das Greuel, was im Dritten Reich begangen worden ist. Man kann nicht Millionen Menschen, die aufgrund der nationalsozialistischen Ideologie umgebracht worden sind, im selben Satz erwähnen, wie Menschen, die im Widerstand gegen den Kommunismus den Tod gefunden haben. Das eine war systematischer Völkermord, das andere nicht. Solche Zitate relativieren, was nicht relativiert werden darf.
Da das Zitat erst vor kurzem erschienen ist, kann ich noch weniger verstehen, wie ein Journalist ein solches Statement machen kann. Ich denke, dass der Prozess der Wiedervereinigung noch nicht gänzlich abgeschlossen ist, da es immer noch viele Vorurteile in den Köpfen der Menschen und gewisse Unterschiede zwischen Ost und West gibt. Dennoch denke ich, dass die Last aufgrund des 1. und vor allem des 2. Weltkrieges und des Holocausts viel schwerwiegender und mit nichts zu vergleichen ist, als die durch 1945-1989/90.