lynxxx
Aktives Mitglied
Hi, folgenden Artikel möchte ich hier mal zur Diskussion stellen.
Man könnte diese Diskussion auch im Subforum Antike führen, behandelt doch der Artikel vorwiegend den vorislamischen Nahen Osten, und wie die Geschichtsschreibung seitdem den Raum südöstlich des Mittelmeeres beschreibt, und welche Wirkung es auf die geschichtliche Betrachtung teilweise bis heute hat.
Da es aber vor allem u.a. um die Bevölkerung des Orients geht, die als "Araber" bezeichnet werden, auch wenn damals die Untertanen des Oströmischen Reiches multilingual waren und kaum alle arabisch gesprochen haben dürften, setze ich den Thread mal hier rein.
Also, Fans der griech.-röm. Antike sind herzlich eingeladen sich mal diesen wenig bekannten Abschnitt der Geschichte in diesem Subforum ebenfalls anzuschauen:
Mal einige wenige Appetithappen, der ganze Text ist interessant:
"Orientalistische Wurzeln: Arabien als Teil der hellenistisch-römischen und christlichen Welt
...
I. Verdrängung und keine Erklärung
...
Der hellenistische Orient
...
Das römische Arabien und die Diözese Oriens
...
Getreu dem oft zitierten Ausspruch Nöldekes, nachdem man sich hüten solle, alle semitischen Wüstenvölker als Araber im heutigen Sinne zu definieren, werden diese dann auch meist durch ihre regionalen und geographischen Verortungen bezeichnet und damit die arabische Ethnie beinahe unsichtbar. Die Araber des Orients wurden auch oft als Semiten, Aramäer und Syrer bezeichnet. Natürlich sind die Araber Semiten, sie waren in gewisser Beziehung aramäisiert und sie lebten in Syrien. Wir können an dieser Stelle nur festhalten, dass diese wichtige Phase der gemeinsamen Geschichte von Anfang an damit zu kämpfen hat, die Rolle des arabischen Elements im römischen Reich zu verorten, um die Wichtigkeit sowohl für Araber als auch für Rom bewerten zu können. Diese arabische Geschichte ohne Araber wird oft auch damit begründet, dass unter dem römischen und hellenistischen Einfluss die arabische Identität verwässert wurde.
...
Ein erstaunliches Phänomen ist, dass trotz dieser engen Verschränkung und der Integration der arabischen Rhomaioi und der Foederati in das römische Reich und ihrer Rolle als Christen diese starken Bindungen und die wesentliche Rolle der Araber in den wenigsten Fällen von den kirchlichen und säkularen Historikern dieser Epoche objektiv wiedergegeben wurde.
...
Der Papst von Bagdad
...
Von dort zur Regensburger Rede des Papstes lässt sich eine beinah gerade Linie ziehen. Die gravierende Aussage des Papstes war hier wohl gar nicht so sehr das Zitat des byzantinischen Kaisers Manuel II. über die Militanz des Islam, sondern wiederum die Berufung auf die griechischen Wurzeln des Christentums und den bekannten orientalistischen Typisierungen, wie etwa mangelnde Vernunft (die natürlich in der Rede nicht nochmals aufgezählt, aber als Kontrast auf der Hand liegen): „Zutiefst geht es dabei um die Begegnung zwischen Glaube und Vernunft, zwischen rechter Aufklärung und Religion. Manuel II. hat wirklich aus dem inneren Wesen des christlichen Glaubens heraus und zugleich aus dem Wesen des Griechischen, das sich mit dem Glauben verschmolzen hatte, sagen können: Nicht „mit dem Logos“ handeln, ist dem Wesen Gottes zuwider“. Die Aussage geht aber über die altbekannten Attribuisierungen hinaus, indem sie die Geschichte des östlichen Christentums ebenfalls negiert. Dies indem der Papst klarstellte, dass sich das Christentum auf die griechisch philosophischen Traditionen zu berufen habe und damit nicht auf die christlichen Traditionen der östlichen Kirchen, die sich in der Vergangenheit erfolgreich mit islamischen, konfuzianischen, taoistischen und buddhistischen Denkmodellen auseinandergesetzt haben.
...
In der fast ein Jahrtausend langen engen Beziehung zwischen dem Orient, dem Hellenismus und dem römischen bzw. byzantinischen Reich, kam es zu einer engen Verflechtung zwischen Kultur, Sprache und handelnden Personen. Überraschenderweise ist diese geschichtliche Phase kaum präsent. Arabische Quellen berichteten erst in späteren Phasen und die arabischen Foederati Roms hatten keine eigene Geschichtsschreibung bzw. die in Gedichtform (Diwans) abgehandelten Abenteuer und Erzählungen sind oft verloren gegangen. Darüber hinaus sind viele Abhandlungen römischer säkularer und eklastischer Historiker nicht sehr schmeichelhaft gegenüber den Arabern.
...
Erst, wenn man die Hypothese eines traumatischen Trennungsschmerzes des Westens von seinem religiösen Kernland im Orient einführt, wird erkenntlich, dass dieser in gewisser Weise geradezu zu einer emotionalen und dann auch geschichtlich verbrämten Trennung zwischen Westen und Orient führen musste, um einen Neuanfang des Christentums im Westen abzusichern. Von dieser Abtrennung hin zu einer negativen Plakatierung des Orients unter praktischer Verwendung bereits vorhandener Vorurteile ist es dann nicht mehr sehr weit.
..."
komplett:
http://www.alsharq.de/2011/01/orientalistische-wurzeln-arabien-als.html
Ich habe an diesem Text auch einige Kritikpunkte anzumerken, neben einigem, dem ich zustimmen kann, doch möchte ich erstmal eure Meinungen und Gedanken hören, vielleicht erübrigen sich dann ja einige meiner Gedanken dazu.
:winke:
Man könnte diese Diskussion auch im Subforum Antike führen, behandelt doch der Artikel vorwiegend den vorislamischen Nahen Osten, und wie die Geschichtsschreibung seitdem den Raum südöstlich des Mittelmeeres beschreibt, und welche Wirkung es auf die geschichtliche Betrachtung teilweise bis heute hat.
Da es aber vor allem u.a. um die Bevölkerung des Orients geht, die als "Araber" bezeichnet werden, auch wenn damals die Untertanen des Oströmischen Reiches multilingual waren und kaum alle arabisch gesprochen haben dürften, setze ich den Thread mal hier rein.
Also, Fans der griech.-röm. Antike sind herzlich eingeladen sich mal diesen wenig bekannten Abschnitt der Geschichte in diesem Subforum ebenfalls anzuschauen:
Mal einige wenige Appetithappen, der ganze Text ist interessant:
"Orientalistische Wurzeln: Arabien als Teil der hellenistisch-römischen und christlichen Welt
...
I. Verdrängung und keine Erklärung
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Der hellenistische Orient
...
Das römische Arabien und die Diözese Oriens
...
Getreu dem oft zitierten Ausspruch Nöldekes, nachdem man sich hüten solle, alle semitischen Wüstenvölker als Araber im heutigen Sinne zu definieren, werden diese dann auch meist durch ihre regionalen und geographischen Verortungen bezeichnet und damit die arabische Ethnie beinahe unsichtbar. Die Araber des Orients wurden auch oft als Semiten, Aramäer und Syrer bezeichnet. Natürlich sind die Araber Semiten, sie waren in gewisser Beziehung aramäisiert und sie lebten in Syrien. Wir können an dieser Stelle nur festhalten, dass diese wichtige Phase der gemeinsamen Geschichte von Anfang an damit zu kämpfen hat, die Rolle des arabischen Elements im römischen Reich zu verorten, um die Wichtigkeit sowohl für Araber als auch für Rom bewerten zu können. Diese arabische Geschichte ohne Araber wird oft auch damit begründet, dass unter dem römischen und hellenistischen Einfluss die arabische Identität verwässert wurde.
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Ein erstaunliches Phänomen ist, dass trotz dieser engen Verschränkung und der Integration der arabischen Rhomaioi und der Foederati in das römische Reich und ihrer Rolle als Christen diese starken Bindungen und die wesentliche Rolle der Araber in den wenigsten Fällen von den kirchlichen und säkularen Historikern dieser Epoche objektiv wiedergegeben wurde.
...
Der Papst von Bagdad
...
Von dort zur Regensburger Rede des Papstes lässt sich eine beinah gerade Linie ziehen. Die gravierende Aussage des Papstes war hier wohl gar nicht so sehr das Zitat des byzantinischen Kaisers Manuel II. über die Militanz des Islam, sondern wiederum die Berufung auf die griechischen Wurzeln des Christentums und den bekannten orientalistischen Typisierungen, wie etwa mangelnde Vernunft (die natürlich in der Rede nicht nochmals aufgezählt, aber als Kontrast auf der Hand liegen): „Zutiefst geht es dabei um die Begegnung zwischen Glaube und Vernunft, zwischen rechter Aufklärung und Religion. Manuel II. hat wirklich aus dem inneren Wesen des christlichen Glaubens heraus und zugleich aus dem Wesen des Griechischen, das sich mit dem Glauben verschmolzen hatte, sagen können: Nicht „mit dem Logos“ handeln, ist dem Wesen Gottes zuwider“. Die Aussage geht aber über die altbekannten Attribuisierungen hinaus, indem sie die Geschichte des östlichen Christentums ebenfalls negiert. Dies indem der Papst klarstellte, dass sich das Christentum auf die griechisch philosophischen Traditionen zu berufen habe und damit nicht auf die christlichen Traditionen der östlichen Kirchen, die sich in der Vergangenheit erfolgreich mit islamischen, konfuzianischen, taoistischen und buddhistischen Denkmodellen auseinandergesetzt haben.
...
In der fast ein Jahrtausend langen engen Beziehung zwischen dem Orient, dem Hellenismus und dem römischen bzw. byzantinischen Reich, kam es zu einer engen Verflechtung zwischen Kultur, Sprache und handelnden Personen. Überraschenderweise ist diese geschichtliche Phase kaum präsent. Arabische Quellen berichteten erst in späteren Phasen und die arabischen Foederati Roms hatten keine eigene Geschichtsschreibung bzw. die in Gedichtform (Diwans) abgehandelten Abenteuer und Erzählungen sind oft verloren gegangen. Darüber hinaus sind viele Abhandlungen römischer säkularer und eklastischer Historiker nicht sehr schmeichelhaft gegenüber den Arabern.
...
Erst, wenn man die Hypothese eines traumatischen Trennungsschmerzes des Westens von seinem religiösen Kernland im Orient einführt, wird erkenntlich, dass dieser in gewisser Weise geradezu zu einer emotionalen und dann auch geschichtlich verbrämten Trennung zwischen Westen und Orient führen musste, um einen Neuanfang des Christentums im Westen abzusichern. Von dieser Abtrennung hin zu einer negativen Plakatierung des Orients unter praktischer Verwendung bereits vorhandener Vorurteile ist es dann nicht mehr sehr weit.
..."
komplett:
http://www.alsharq.de/2011/01/orientalistische-wurzeln-arabien-als.html
Ich habe an diesem Text auch einige Kritikpunkte anzumerken, neben einigem, dem ich zustimmen kann, doch möchte ich erstmal eure Meinungen und Gedanken hören, vielleicht erübrigen sich dann ja einige meiner Gedanken dazu.
:winke: