Tiberio-Tertio schrieb:
Hmm dazu fällt mir ein eine Fachwerkwand die bei einer Grabung im römischen Zentrum von Augsburg gefunden wurde, das Teil war auch ziemlich intakt wenn auch stark verkohlt, und leider nur dokumentiert worden, da es einem Neubau weichen mußte, das war mitte der neunziger Jahre. Aber solche Funde werden doch von Zeit zu Zeit gemacht, wo Gebäude wie Kartenhäuser zusammen geklappt sind.
Das ist auch ein außergewöhnlicher Fund, welcher zu Recht Aufmerksamkeit erhalten hat. Und nein, ich wüsste nicht, dass man solche Funde "von Zeit zu Zeit" macht. Mit den von Dekumatland erwähnten, haben wir nun zwei mir bekannte.
Tiberio-Tertio schrieb:
Wenn mit der Villa in Neuenahr-Ahrweiler die gemeint ist die von einer Straße umzingelt ist mit so einem modernen Schutzbau darüber, dann kann ich das Argument nicht ganz folgen, den da sind fast nur Grundmauern zu sehen.
Auch flächenmässig sind andere Villen wie die Villa Hasselburg im Odenwald mind. Gleichwertig, obwohl mir was in Schwarzenacker oder in Perl-Borg ausgestellt wird mehr anspricht.
Neuenahr-Ahrweiler ist natürlich anders repräsentiert als eine Rekonstruktion auf historischen Grundmauern. Durch den mittelalterlichen Steinraub ist von den meisten römischen Gebäuden in den Nordprovinzen kaum etwas über geblieben. Den durchschnittlichen Besucher reißt ein im Boden erkennbarer Grundriss kaum vom Hocker
http://3.bp.blogspot.com/-3B300nX8v...Y/s1600/villa-rustica-karlsruhe-durlach-3.jpg
Dieses Foto zeigt einen Keller, welcher ursprünglich unterhalb des Eckrisalits einer Villa Rustica lag. Dies ist in guten Fällen das übliche Bild, welchem sich einem Archäologen nach der Ausgrabung bietet. Häufig haben wir auch nur Bodenverfärbungen aus den Gräben, aus welchen die Fundamentsteine entnommen wurden (wenn diese nicht aus Opus Caementitium hergestellt waren).
Die von Dir erwähnten Villen - wie zum Beispiel die Villa Borg -
http://www.villa-borg.de/images/villa_titel2.jpg
sind Rekonstruktionen. Da aufgehendes Mauerwerk nicht vorhanden war, wird
- das aufgehende Mauerwerk
- das Dach
- die Innenausstattung
anhand von Fund-Interpretationen und Gebäude aus anderen klimatischen Gegenden des römischen Reiches nachempfunden. Da bei uns ein anderes Klima als auf der italienischen Halbinsel herrscht, sind jedoch meines Erachtens weder die Bauten in Pompeji noch die Villen aus Tivoli wirklich ein brauchbares Vorbild für die Nordwestprovinzen. Man kennt das aus heutiger Zeit, in manchen Neubaugebieten in NRW steht dann ein Friesenhaus oder ein alpenländisches Gebäude mit großem Holzbalkon. Nett, gehört nur nicht dahin.
Bei Fachleuten (welcher ich nicht bin), sind daher die Ergebnisse dieser Rekonstruktionen immer wieder Gegenstand von Kritik. So wirst Du in Schwarzenacker Dachbelüftungen aus Plastik finden - was wohl den Römer vor 1.800 Jahren etwas irritiert hätte.
:ironie:
Wenn ich eine Schulklasse oder eine Familie auf Sonntagsausflug für die Römerzeit begeistern will, ist jedoch Schwarzenacker oder die Villa Borg weit besser geeignet als Grundmauern in einem Rasengrundstück. Diese Rekonstruktionen haben daher ihre Berechtigung und sind auch eine tolle Sache. Und hätten die Verantwortlichen unbeschränkte Geldmittel zur Verfügung, wären die vielen Kompromisse zur Kostenminimierung natürlich unterblieben. Trotzdem hätte man
- Brandschutzbestimmungen
- Vorschriften für die Zugänglichkeit für Körperbehinderte
einhalten müssen, welche die Römer natürlich nicht kannten. Das deutsche Baurecht ist halt nicht für den Bau von Römervillen gemacht.
Die Römervilla von Neuenahr-Ahrweiler ist dagegen wohl um 400 uZ von einem Erdrutsch verschüttet worden. Alles dort sichtbare Mauerwerk ist Original. Der Innengrundriss ist also so, wie er zu Zeiten der damaligen Bewohner war. Wir finden Graffiti, welche von den Bewohnern auf uns gekommen ist. Es ist also wie die Wand in Augsburg oder die hier diskutierte Wand in Hechingen-Stein. Es ist authentisch. Daher ist für mich Neuenahr-Ahrweiler so bedeutsam. Zugegeben, die Umgebung ist wirklich eine Katastrophe. Aber das ist für mich nicht wichtig.