villa rustica Hechingen-Stein

dekumatland

Aktives Mitglied
Die große villa rustica in Hechingen-Stein (BaWü) ist seit langem bekannt, ist auch als herrliches Freilichtmuseum eingerichtet - - neu aber ist folgende Entdeckung der letzten Tage:
Hechingen: Einzigartige römische Gebäudewand entdeckt - SWR Fernsehen :: Landesschau aktuell Baden-Württemberg | SWR.de
Offenbar war diese Anlage größer und repräsentativer als bisher gedacht.

Angehängt vier Fotos (teilrekonstruiertes Hauptgebäude, Hypocaustum, zwei differierende Modelle der Villa aus dem Museum)
 

Anhänge

  • villa rustica 1.jpg
    villa rustica 1.jpg
    110,6 KB · Aufrufe: 431
  • villa rustica 2.jpg
    villa rustica 2.jpg
    79,4 KB · Aufrufe: 438
  • villa rustica 3.jpg
    villa rustica 3.jpg
    84 KB · Aufrufe: 437
  • villa rustica 4.jpg
    villa rustica 4.jpg
    150,6 KB · Aufrufe: 482
Zuerst mal: super Fund.

Zitat aus dem link:
"Einzigartige römische Gebäudewand entdeckt:
Der Fund sei so bedeutend, weil man über die Höhe römischer Profanbauten in der Provinz so gut wie nichts wisse."

Aber das zitierte ist dann doch übertrieben. Zumindest seit 10-15 Jahren ist aus Oberndorf-Bochingen, nicht allzu weit von Hechingen entfernt, eine vergleichbare, umgestürzte Gebäudewand bekannt.

Denkmalpflege Baden-Württemberg: Dreidimensionale Rekonstruktion römischer Gebäude ? Die Villa Rustica von Oberndorf-Bochingen

Nichts gegen den neuen Fund aus Hechingen. Er ist bedeutend und wichtig, aber dieses Sensationsgetue nervt einfach.
 
neu aber ist folgende Entdeckung der letzten Tage:
http://www.swr.de/landesschau-aktuell-bw/-/id=98428/nid=98428/did=8472480/1w4sdm/index.html
Offenbar war diese Anlage größer und repräsentativer als bisher gedacht.

Angehängt vier Fotos (teilrekonstruiertes Hauptgebäude, Hypocaustum, zwei differierende Modelle der Villa aus dem Museum)

Dank für die Info! :winke:

Ich wundere mich jedesmal, dass nach nunmehr über 1500 Jahren immer noch etwas neues ausgebuddelt wird.
 
(...)
Nichts gegen den neuen Fund aus Hechingen. Er ist bedeutend und wichtig, aber dieses Sensationsgetue nervt einfach.
ich bin kein Archäologe und kann das nicht beurteilen - allerdings habe ich in der Südwestpresse gelesen, dass die an diesem Fund beteiligten Archäologen ihn als eine Besonderheit einschätzen.
 
Zuerst mal: super Fund.

Zitat aus dem link:
"Einzigartige römische Gebäudewand entdeckt:
Der Fund sei so bedeutend, weil man über die Höhe römischer Profanbauten in der Provinz so gut wie nichts wisse."

Aber das zitierte ist dann doch übertrieben. Zumindest seit 10-15 Jahren ist aus Oberndorf-Bochingen, nicht allzu weit von Hechingen entfernt, eine vergleichbare, umgestürzte Gebäudewand bekannt.

Denkmalpflege Baden-Württemberg: Dreidimensionale Rekonstruktion römischer Gebäude ? Die Villa Rustica von Oberndorf-Bochingen

Nichts gegen den neuen Fund aus Hechingen. Er ist bedeutend und wichtig, aber dieses Sensationsgetue nervt einfach.


Ich habe die umgestürzte Wand schon vor ein paar Monaten gesehen.
Das Sensationsgeschrei kann natürlich schon nerven.

Aber kennst Du die Entdeckungs- und Entstehungsgeschichte?
Das heißt, natürlich wirst Du sie kennen.

Der Gerd Schollain braucht die immer neuen Sensationen. Nur damit schafft er es immer wieder aufs neue alle möglichen Quellen für "frisches Geld" anzuzapfen.
Diese Anlage faktisch im Alleingang auf die Füsse zu stellen ist eine kaum glaubliche Leistung.
Das heißt, entdeckt hat er sie ja auch noch.

Dass dies den Profi alles schon nerven kann ist klar.

Aber ich denke das kann man da verzeihen.
 
Das Sensationsgeschrei kann natürlich schon nerven.

Erstmals Rückschlüsse auf Architektur
Für die Forscher ist der Mauerfall von Stein ein Glücksfall. Unter dem Waldboden waren die Steine vor einer Zweitverwendung durch mittelalterliche Bauherren geschützt. Ihre „Erhaltung sei spektakulär“, formuliert Kortüm, und lasse erstmals gesicherte Rückschlüsse auf die römische Architektur zu. Bisher sei man in der Forschung immer „geschwommen“, wenn es darum ging, aus den Grundmauern dreidimensionale Gebäude zu rekonstruieren. In Stein müsse man nur auf den Boden gucken, um zu wissen, wie das Gebäude aufgebaut ausgesehen habe. „Aus dem Hechinger Fund ergeben sich wichtige Erkenntnisse für die zukünftige römische Forschung“, so Kortüm. Stefan Schmidt-Lawrenz vom Hohenzollerischen Landesmuseum spricht von einer „unglaublichen Wissenserweiterung“. Mit einem terrestrischen Laserscanner dokumentiert Markus Steffen vom Grabungsteam die Befunde detailgetreu in einer dreidimensionalen Computeranimation. Wenn es nach den Stuttgarter Archäologen geht, sollen die Mauern, von Folien geschützt, so lange unter einer Erdschicht konserviert werden, bis ein neuer wissenschaftlicher Anlauf auch neue finanzielle Mittel mitbringen wird.

Gerd Schollian dagegen würde den neuen Fund viel lieber überdachen und seinem Museumspublikum präsentieren. „Man sollte wenigstens so lange graben, bis man weiß, was es war“, findet er.
Falls das Gebäude ein landwirtschaftlicher Speicher war, wie Kortüm vermutet, wirft sein enormes Volumen ein neues Licht auf die Interpretation der Gesamtanlage des römischen Gutshofes. Möglicherweise habe man beim Wiederaufbau des Villen-Haupthauses nicht großzügig und repräsentativ genug gedacht, erwägt der Projektleiter aus dem Regierungspräsidium. Vielleicht seien die Stockwerke auch hier wesentlich höher gewesen. Fest steht nach dem jüngsten Mauerfund nur, dass der zeitgenössische Baustil nach Bogenfenstern verlangt hätte
Quelle: Mauer beim römischen Gutshof in Hechingen-Stein entdeckt - Mössingen - Schwbisches Tagblatt Tbingen

möglicherweise bin ich ja blind, aber auf mich machen weder die Informationen, noch die Beteiligten einen marktschreierischen Eindruck.
 
Quelle: Mauer beim römischen Gutshof in Hechingen-Stein entdeckt - Mössingen - Schwbisches Tagblatt Tbingen

möglicherweise bin ich ja blind, aber auf mich machen weder die Informationen, noch die Beteiligten einen marktschreierischen Eindruck.


Da findest Du doch des Rätsels Lösung:

Wenn es nach den Stuttgarter Archäologen geht, sollen die Mauern, von Folien geschützt, so lange unter einer Erdschicht konserviert werden, bis ein neuer wissenschaftlicher Anlauf auch neue finanzielle Mittel mitbringen wir
Ich besuche die Villa Rustica seit den 70ern regelmäßig. Den Gerd Schollian kenne ich seit langem persönlich.
Es ist ungeheuerlich was der da zusammengebracht hat.
Man möge mich nicht falsch verstehen.
Aber in Stuttgart und anderswo sind diese (verhältnismäßig) immensen Summen die geflossen sind, und weiter fließen sollen, nicht so ohne weiteres loszueisen.

Da gehört nicht zuletzt auch das große Medienecho dazu.
 
In Stein müsse man nur auf den Boden gucken, um zu wissen, wie das Gebäude aufgebaut ausgesehen habe

So. Letzter Beitrag in Frage Sensation: Das konnte man eben auch schon in Oberndorf erkennen. Da ist wunderbar die Art der Fensterkonstruktion erkennbar, die Höhe der Wand ebenfalls. Vielleicht ist das sensationelle in Hechingen, dass der Erhaltungszustand noch besser ist. Aber es ist eben nicht so singulär und einzigartig, wie es in der Presse dargestellt wird.

Und nochmals. Ich will den Fund hier nicht kleinreden. Hechingen ist eine richtig gute römische Fundstelle, deren Besuch jederzeit lohnt.
 
Aber es ist eben nicht so singulär und einzigartig, wie es in der Presse dargestellt wird.
Das werden voraussichtlich nicht wir, sondern die Archäologen entscheiden.

...nebenbei: was Du zitierst, sind nicht meine Worte - das stand in einem Zeitungsartikel. Liest man diesen, so wird man bemerken, dass die Höhe der in Hechingen-Stein gefundenen Mauer erstaunlich ist, nämlich mindestens 15 m.
 
Ich besuche die Villa Rustica seit den 70ern regelmäßig.
ich zeige diese Villa rustica gerne meinen osteuropäischen Gästen, seit ungefähr 15 Jahren (sowas kennen die Barbaren von Vistula und Aetil nicht) - womöglich sind wir uns da schon mal über den Weg gelaufen.

es steht zu hoffen, dass die nötigen Mittel für weitere Grabungen, Forschungen und museale Aufbereitung irgendwie zusammenkommen.

über das Engagement des ehemaligen Bürgermeisters von Stein und jetzigem Museumsleiter kannman nur staunen!!
 
Punkt 1:
Toll, eine weitere Fundstelle, welche uns über das aufgehende Mauerwerk von landwirtschaftlichen Nebengebäuden der römischen Provinzialarchitektur Kenntnis gibt. Mich freut das ungemein.
:)

Punkt 2:
Was in Hechingen-Stein geleistet wird, ist hervorragende Arbeit. Neben der Villa in Neuenahr-Ahrweiler ist für mich Hechingen-Stein das wichtigste bauliche Relikt für die Villae in unserem Land - wobei beide genannten eher die Villa Urbana präsentieren als die weit häufigere Villa Rustica.
:hoch:

Punkt 3:
Was ich für wenig hilfreich halte, sind Wettbewerbe a la: "ich habe den Größten".
:hmpf:
Das landwirtschaftliche Nebengebäude in Oberndorf-Bochingen war 12 Meter hoch. Wenn nun das Nebengebäude in Hechingen-Stein 15 oder 16 Meter misst, was ist daran der wissenschaftlichen Gewinn?
Für den an Provinzialarchäologie Interessierten ist Oberndorf-Bochingen aus folgendem so bedeutsam:

- es war der erste Fund in den Nordprovinzen
- bei dem Gebäude in Oberndorf-Bochingen ist zuerst das Dach nach unten gestürzt. Danach sind alle vier Außenwände jeweils nach außen geklappt. Wir haben also in Oberndorf ein römisches Nebengebäude in seinen Außenmauern vollständig erhalten. In Hechingen-Stein haben wir eine der wohl vier Seiten erhalten. Für die Rekonstruktion von solchen Gebäuden kann uns Hechingen-Stein nun zu Oberndorf-Bochingen zusätzliche Erkenntnisse liefern. Aber Oberndorf-Bochingen ist nun mal ein vollständiges Gebäude - wenn man die Reste des Daches mit einbezieht, welche ja ebenfalls als Trümmer vorliegen. Deshalb kann dieses - nach jetzigem Stand - für die römische Profanarchitektur wesentlich mehr an Informationen liefern.

Was ein Zeitungsredakteur als seine Beurteilung schreibt oder der lokale Archäologe meint, ist für mich nicht entscheidend - Tela oder andere mit dem Thema Vertraute können sich da schon ihre eigene Meinung bilden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Punkt 1:
Toll, eine weitere Fundstelle, welche uns über das aufgehende Mauerwerk von landwirtschaftlichen Nebengebäuden der römischen Provinzialarchitektur Kenntnis gibt. Mich freut das ungemein.
:)
ich lerne gern, besonders von Könnern und Kennern -- muss ich aus diesem Sarkasmus nun schließen, dass römische Provinzialarchitektur drittrangiger Krempel ist, über welchen man besser nicht berichten sollte?

Punkt 2:
Was in Hechingen-Stein geleistet wird, ist hervorragende Arbeit.
...oh... das erstaunt mich jetzt doch sehr... erst sarkastisch, dann anerkennend - das ist nicht leicht nachvollziehbar

Punkt 3:
Was ich für wenig hilfreich halte, sind Wettbewerbe a la: "ich habe den Größten".
:hmpf:
...Vulgarismen solcher Art halte ich für eher peinlich, auch wenn sie witzig gemeit sein sollten

Das landwirtschaftliche Nebengebäude in Oberndorf-Bochingen war 12 Meter hoch. Wenn nun das Nebengebäude in Hechingen-Stein 15 oder 16 Meter misst, was ist daran der wissenschaftlichen Gewinn?
...wenn man lange Zeit nur 6-7m lange Pythons gefunden dann, dann aber mal ein 10m langes solches Biest erhascht: was ist da der Gewinn? Erraten: man weiss mehr über die Dimensionen. Nicht anders ist es zunächst (recht vordergründig) um den Vergleich von achitektonischen Funden bestellt.

Für den an Provinzialarchäologie Interessierten ist Oberndorf-Bochingen aus folgendem so bedeutsam:

- es war der erste Fund in den Nordprovinzen
der Zeitpunkt des Findens/Entdeckens ist für die Sache selber eher irrelevant, d.h. daran lässt sich keine sonderliche Bedeutung festmachen (bestenfalls wissenschaftsgeschichtlich)

- bei dem Gebäude in Oberndorf-Bochingen ist zuerst das Dach nach unten gestürzt. Danach sind alle vier Außenwände jeweils nach außen geklappt. Wir haben also in Oberndorf ein römisches Nebengebäude in seinen Außenmauern vollständig erhalten. In Hechingen-Stein haben wir eine der wohl vier Seiten erhalten. Für die Rekonstruktion von solchen Gebäuden kann uns Hechingen-Stein nun zu Oberndorf-Bochingen zusätzliche Erkenntnisse liefern. Aber Oberndorf-Bochingen ist nun mal ein vollständiges Gebäude - wenn man die Reste des Daches mit einbezieht, welche ja ebenfalls als Trümmer vorliegen. Deshalb kann dieses - nach jetzigem Stand - für die römische Profanarchitektur wesentlich mehr an Informationen liefern.
Die Informationen über das Oberndorfer Seitengebäude sind interessant, danke! Was das Nebengebäude von Hechingen-Stein betrifft, so weiss man noch nicht, was für einen Zweck es hatte; zudem ist es noch nicht vollständig ergraben - lediglich die Außmaße des bisher gesichteten sind erstaunlich.

Was ein Zeitungsredakteur als seine Beurteilung schreibt oder der lokale Archäologe meint, ist für mich nicht entscheidend - Tela oder andere mit dem Thema Vertraute können sich da schon ihre eigene Meinung bilden.
Ich werde einen dritten Weg wählen: auf eine ordentliche wissenschaftliche Publikation warten. Wenn man schon "lokalen Archäologen" (sind das Trottel, die nichts von ihrem Fach verstehen?) und Redakteuren (wieso liest man überhaupt noch Zeitung? Ich werde es mir abgewöhnen) sowie so nicht vertrauen darf, nun, anonymen Forenbeiträgen werde ich auch nicht sonderlich vertrauen :pfeif::winke::winke: denn sie sind (zumindest in meinem Fachgebiet) nicht zitierfähig.
________________________________________________

Es tut mir schrecklich leid, dass meine Mitteilung vom jüngsten Hechinger Fund hier so viel Wut und Ärger bereitet - die Moderation mag den Faden gerne löschen. Ich hatte naiv geglaubt, das nebst der paar Fotos könnte vielleicht interessant sein - na, da bin ich eines besseren belehrt worden.
 
Hmm dazu fällt mir ein eine Fachwerkwand die bei einer Grabung im römischen Zentrum von Augsburg gefunden wurde, das Teil war auch ziemlich intakt wenn auch stark verkohlt, und leider nur dokumentiert worden, da es einem Neubau weichen mußte, das war mitte der neunziger Jahre. Aber solche Funde werden doch von Zeit zu Zeit gemacht, wo Gebäude wie Kartenhäuser zusammen geklappt sind.
Wenn mit der Villa in Neuenahr-Ahrweiler die gemeint ist die von einer Straße umzingelt ist mit so einem modernen Schutzbau darüber, dann kann ich das Argument nicht ganz folgen, den da sind fast nur Grundmauern zu sehen.
Auch flächenmässig sind andere Villen wie die Villa Hasselburg im Odenwald mind. Gleichwertig, obwohl mir was in Schwarzenacker oder in Perl-Borg ausgestellt wird mehr anspricht.

An die Villa in Neuenahr-Ahrweiler denke ich gar nicht gerne weil da auch etwas unverschämtes Personal dort ist, oder war.
 
Es tut mir schrecklich leid, dass meine Mitteilung vom jüngsten Hechinger Fund hier so viel Wut und Ärger bereitet - die Moderation mag den Faden gerne löschen. Ich hatte naiv geglaubt, das nebst der paar Fotos könnte vielleicht interessant sein - na, da bin ich eines besseren belehrt worden.
Das würde ich nicht so sehen, Hechingen-Stein ist schon was besonderes, auch wenn die Schlagzeilen etwas reißerisch daher kommen. Aber es gibt mehr als genügend die noch nie von der Anlage gehört haben, besonders die, die weiter nördlich wohnen. Also kein Grund den Kopf hängen zu lassen! :winke:
 
Lieber Dekumatland. Das war überhaupt nicht in meinem Sinne. Ich bin dir absolut dankbar für den Hinweis auf diesen Fund. Und es ist ein toller Fund. Du bist ja nicht verantwortlich für das Sensationsgehabe. Hätte ich geahnt, dass die Diskussion über den Fund durch meinen ersten Beitrag in den Hintergrund gerät und zu einer Diskussion über Sensationsjournalismus verkommt, dann hätte ich besser geschwiegen! :red:
 
Lieber Dekumatland, gräm Dich nicht, ich bin Dir auch dankbar für den Hinweis, ansonsten wäre der Fund an mir wahrscheinlich vorbeigegangen.
Die Antike ist doch ein riesiges Puzzle, und wir haben noch nicht mal 5% davon erhalten. Man sollte sich also hüten zu glauben, man wüßte alles, und dankbar sein für jedes neue Puzzlestück, das wieder ein bischen Kenntnis bringt. Selbst wenn es etwas wiederholt, was man schon kennt, ist das auch eine Erkenntnis.
Und ich würde das mit dem Sensationsgeschrei in der Presse etwas entspannter sehen. Seien wir doch froh, daß sich die Leute dafür interessieren, ansonsten säßen wir nämlich auf dem Trockenen. Und auch wenn in Zeitungen manchmal übertrieben formuliert wird, wir wissen es doch auch nicht wirklich besser. Wir waren ja damals auch nicht dabei.
 
flavius-sterius schrieb:
Punkt 1:
Toll, eine weitere Fundstelle, welche uns über das aufgehende Mauerwerk von landwirtschaftlichen Nebengebäuden der römischen Provinzialarchitektur Kenntnis gibt. Mich freut das ungemein.
:)
Dekumatland
ich lerne gern, besonders von Könnern und Kennern -- muss ich aus diesem Sarkasmus nun schließen, dass römische Provinzialarchitektur drittrangiger Krempel ist, über welchen man besser nicht berichten sollte?
Hätte ich meinen Beitrag sarkastisch gemeint, dann hätte ich einen entsprechenden Smiley gewählt = :ironie:

Provinzialarchäologie ist ein Fachbegriff, welcher keinesfalls abwertend gemeint ist.

Wir haben es hier mit der zweiten Fundstelle für dieses architektonische Bauwerksteil zu tun, wir reden nicht über die 8.138. Zwiebelkopf-Fibel, welche nach der Ausgrabung in einem archäologischem Depot verschwinden wird. Wie man dann meinen Beitrag als Sarkasmus interpretieren kann, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Kopfschüttelnd
 
Zuletzt bearbeitet:
Tiberio-Tertio schrieb:
Hmm dazu fällt mir ein eine Fachwerkwand die bei einer Grabung im römischen Zentrum von Augsburg gefunden wurde, das Teil war auch ziemlich intakt wenn auch stark verkohlt, und leider nur dokumentiert worden, da es einem Neubau weichen mußte, das war mitte der neunziger Jahre. Aber solche Funde werden doch von Zeit zu Zeit gemacht, wo Gebäude wie Kartenhäuser zusammen geklappt sind.
Das ist auch ein außergewöhnlicher Fund, welcher zu Recht Aufmerksamkeit erhalten hat. Und nein, ich wüsste nicht, dass man solche Funde "von Zeit zu Zeit" macht. Mit den von Dekumatland erwähnten, haben wir nun zwei mir bekannte.

Tiberio-Tertio schrieb:
Wenn mit der Villa in Neuenahr-Ahrweiler die gemeint ist die von einer Straße umzingelt ist mit so einem modernen Schutzbau darüber, dann kann ich das Argument nicht ganz folgen, den da sind fast nur Grundmauern zu sehen.
Auch flächenmässig sind andere Villen wie die Villa Hasselburg im Odenwald mind. Gleichwertig, obwohl mir was in Schwarzenacker oder in Perl-Borg ausgestellt wird mehr anspricht.
Neuenahr-Ahrweiler ist natürlich anders repräsentiert als eine Rekonstruktion auf historischen Grundmauern. Durch den mittelalterlichen Steinraub ist von den meisten römischen Gebäuden in den Nordprovinzen kaum etwas über geblieben. Den durchschnittlichen Besucher reißt ein im Boden erkennbarer Grundriss kaum vom Hocker
http://3.bp.blogspot.com/-3B300nX8v...Y/s1600/villa-rustica-karlsruhe-durlach-3.jpg
Dieses Foto zeigt einen Keller, welcher ursprünglich unterhalb des Eckrisalits einer Villa Rustica lag. Dies ist in guten Fällen das übliche Bild, welchem sich einem Archäologen nach der Ausgrabung bietet. Häufig haben wir auch nur Bodenverfärbungen aus den Gräben, aus welchen die Fundamentsteine entnommen wurden (wenn diese nicht aus Opus Caementitium hergestellt waren).

Die von Dir erwähnten Villen - wie zum Beispiel die Villa Borg -
http://www.villa-borg.de/images/villa_titel2.jpg
sind Rekonstruktionen. Da aufgehendes Mauerwerk nicht vorhanden war, wird
- das aufgehende Mauerwerk
- das Dach
- die Innenausstattung
anhand von Fund-Interpretationen und Gebäude aus anderen klimatischen Gegenden des römischen Reiches nachempfunden. Da bei uns ein anderes Klima als auf der italienischen Halbinsel herrscht, sind jedoch meines Erachtens weder die Bauten in Pompeji noch die Villen aus Tivoli wirklich ein brauchbares Vorbild für die Nordwestprovinzen. Man kennt das aus heutiger Zeit, in manchen Neubaugebieten in NRW steht dann ein Friesenhaus oder ein alpenländisches Gebäude mit großem Holzbalkon. Nett, gehört nur nicht dahin.

Bei Fachleuten (welcher ich nicht bin), sind daher die Ergebnisse dieser Rekonstruktionen immer wieder Gegenstand von Kritik. So wirst Du in Schwarzenacker Dachbelüftungen aus Plastik finden - was wohl den Römer vor 1.800 Jahren etwas irritiert hätte.
:ironie:
Wenn ich eine Schulklasse oder eine Familie auf Sonntagsausflug für die Römerzeit begeistern will, ist jedoch Schwarzenacker oder die Villa Borg weit besser geeignet als Grundmauern in einem Rasengrundstück. Diese Rekonstruktionen haben daher ihre Berechtigung und sind auch eine tolle Sache. Und hätten die Verantwortlichen unbeschränkte Geldmittel zur Verfügung, wären die vielen Kompromisse zur Kostenminimierung natürlich unterblieben. Trotzdem hätte man
- Brandschutzbestimmungen
- Vorschriften für die Zugänglichkeit für Körperbehinderte
einhalten müssen, welche die Römer natürlich nicht kannten. Das deutsche Baurecht ist halt nicht für den Bau von Römervillen gemacht.

Die Römervilla von Neuenahr-Ahrweiler ist dagegen wohl um 400 uZ von einem Erdrutsch verschüttet worden. Alles dort sichtbare Mauerwerk ist Original. Der Innengrundriss ist also so, wie er zu Zeiten der damaligen Bewohner war. Wir finden Graffiti, welche von den Bewohnern auf uns gekommen ist. Es ist also wie die Wand in Augsburg oder die hier diskutierte Wand in Hechingen-Stein. Es ist authentisch. Daher ist für mich Neuenahr-Ahrweiler so bedeutsam. Zugegeben, die Umgebung ist wirklich eine Katastrophe. Aber das ist für mich nicht wichtig.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja da hast Du schon recht das bei fast allen Rekonstruktionen moderne Kompromisse da sind, leider, aber leider nicht vermeidbar mit den heutigen Vorschriften. Und das man lange zeit solche Anlagen als Steinbruch angesehen hat ist auch bekannt. Ist ja noch garnicht so lange her, das die Denkweise sich geändert hat. Man denke nur an die Bausünden der fünfziger und sechziger Jahre. In der Zeit sind mehr historische Bauwerke zerstört worden als im zweiten Weltkrieg.
Aber man muß auch zugestehen eine gute Rekonstruktion, trotz div. moderne Kompromisse die nicht vermeidbar sind, kann man sich eher eine Vorstellung sich machen als bei einer Ruine mit wenig mehr als die Grundmauern. Ich bezweifel das die wenigsten an hand von Mauern schätzen können wie hoch mal ein Gebäude war. Ganz zu schweigen wie es möglicherweise mal aussah. Aber es stimmt schon eine gut erhaltenen Mauer, oder was noch seltener ist sind Wandbemalungen ist schon was ganz anderes als die tausendste Fibel die, die interesierten Besucher von Museen wahrscheinlich so wie so nie zu sehen bekommen werden.
Ich hatte schon das Vergnügen die Magazine von ein paar Museen zu sehen, da wird nur ein Bruchteil von dem ausgestellt was sie tatsächlich haben.
 
Zurück
Oben