Das war nicht die Frage und ist für die Interpretation auch irrelevant.
Es sollte außer Frage stehen, daß bei der Interpretation eines literarischen Werkes die Fähigkeiten des Urhebers von zentraler Bedeutung sind. Von einem Stümper erwartet man nicht, daß er etwas sonderlich tiefschürfendes kreiert oder komplexe Gedanken kunstvoll in seine Schöpfung hineinwebt. Es lohnt sich folglich nicht, sich über das Geschriebene groß den Kopf zu zerbrechen. Das trifft auf die Völuspa aber ganz bestimmt nicht zu. Der Kern meiner Aussage ist daher schlicht, man sollte nicht einfach einen möglichen Deutungsansatz verwerfen, nur weil oberflächlich betrachtet was anderes dasteht.
Davon gehe ich mal aus. Worüber er sicher nichts wusste, das waren die Indogermanen (obwohl er selber einer war) noch seltsame Interpretationen, die seinem Text 700 oder 800 Jahre später widerfahren sollten.
Sicherlich wußte er nichts von Indogermanen. Woher auch? Ich gehe aber mal davon aus, daß er mit seiner eigenen Kultur halbwegs vertraut war. Daß sich Stammesgemeinschaften durch Äußerlichkeiten voneinander abgrenzten war ja nun beileibe nichts ungewöhnliches, weder bei den germanischen Stämmen, noch bei anderen. Das Unterscheidungsmerkmal kann nun die Kleidung gewesen sein, oder die Haartracht, irgendwas anderes oder eine Kombination daraus. Es ist auch für diese Diskussion völlig unerheblich. Die Frage ist doch allein, ob die Deutung des Ausdruckes "litu goda" im Sinne von "passende/rechte Farbe" potentiell Sinn ergibt und damit weiter untersucht werden sollte, oder nicht. Meine Einschätzung ist, es ist ein Gedanke, den man zumindest weiterverfolgen und nicht einfach pauschal in die Tonne treten sollte.
Mir ist völlig egal, ob diese Einschätzung korrekt oder nicht ist. Sie rettet keine waghalsigen Interpretationen von Indogermanen und Clanfarben.
Sie schließen einen solchen Deutungsansatz also kategorisch aus. Gut, kann man machen. Ich vermute mal, sie haben gute Gründe dafür. Wenn dem so sein sollte, dann wäre ich ihnen sehr verbunden, wenn sie diese offenlegen würden. Es könnte mir viel Zeit ersparen, die ich ansonsten mit der Nachverfolgung einer unsinnigen Theorie verbringe.
Steht auf diesen addiert 700 Seiten etwas von Indogermanen und ihren Clanfarben? Nein? Dann ist das für unsere Diskussion irrelevant.
Wohl kaum. Meyer hat vornehmlich versucht die Völuspa in einen christlichen Kontext zu setzen und dahingehend zu deuten. Der Gedanke die betreffende Strophe mit indogermanischen oder anderen jahrtausendealten heidnischen Vorstellungen in Verbindung zu bringen wäre ihm wohl gar nicht gekommen. von See et al. fassen überwiegend die Interpretationen und Ergebnisse anderer Forscher zusammen. Wo sie eigene Deutungen abgeben, sind ihre Ansätze eher konservativ und gehen eher selten radikal eigene Wege. All das geht aber völlig an der Intention meiner Aussage vorbei, da es mir einzig und allein darum ging zu zeigen, daß man nicht einfach irgendeine Übersetzung der Völuspa rauskramen und dann sagen kann, das steht da und nichts anderes. Die Völuspa ist komplex, die Deutungen sind vielschichtig und nur weil man eine oder auch zehn verschiedene Übersetzungen und einen Kommentar, sowie Snorri gelesen hat, heißt das noch lange nicht, daß man den Text auch wirklich in seiner Gänze erfaßt hat. Es gibt in Sachen Völuspa keine Orthodoxie der man nicht ans Bein pinkeln darf, weil die Forschung im Endeffekt selbst keine Ahnung hat, wie das Gesagte eigentlich gedeutet werden soll. Daß also jemand in diesem Forum im Brustton der Überzeugung verkündet, so kann es definitiv nicht gelesen werden, das ist schon ein klein wenig vermessen.
Das habe ich gar nicht, das machst du gerade selbst: qui s'excuse s'accuse.
Tatsächlich hatte ich angedeutet, dass mir die Behauptung "anderer Forscher" nicht ausreicht, sondern mich wenn schon denn schon ihre Argumentation interessiert.
Natürlich, aber ihr Tonfall wirkt auf mich bisweilen, wie soll ich sagen, recht unfreundlich. Anstatt zu schreiben:
"Im Übrigen ist es völlig uninteressant was von namenlosen „anderen Forschern“ postuliert wurde, denn solange sie namenlos sind, sind ihre Argumente nicht zu überprüfen. Das ist dasselbe, wie bei dahergeschwurbelten „älteren Quellen“. Interessant ist nicht, ob irgendein „anderer Forscher“ etwas behauptet hat, sondern, wo man das nachlesen kann bzw. eigentlich weniger das, als wie er das argumentativ vertreten hat."
hätten sie auch einfach fragen können, ob ich dazu eine Quelle angeben kann, damit sie das nachprüfen können. Da sie meine Äußerungen in den Kontext der "Schwurbelei" stellen, sollten sie nicht verwundert sein, daß ich das als untergriffige Unterstellung auffasse.
De facto heißt das doch, dass die "anderen Forscher" offenbar nicht existieren. Dass es sich um ein leeres Argument vom ad verecundiam-Typus handelt. Ominöse Autoritäten, auf die man sich stützt.
Falsch, de facto heißt das nichts anderes, als daß ich eine Aussage getätigt habe ohne eine Quelle zu nennen. Über die Existenz oder Nicht-Existenz dieser Quellen besagt das erstmal gar nichts. Ich habe mehrere Themen hier durchgelesen und es ist beileibe nicht so, daß hier jeder für jede möglicherweise kontroverse Aussage auch einen Beleg bringt. Es wäre bei einer Forums-Diskussion auch völlig unsinnig und viel zu aufwändig. Woher soll ich auch wissen, was bei ihnen umstritten ist? Gerade in Sachen Völuspa ist so ziemlich alles mehr oder weniger "umstritten".
Wenn du etwas Unumstrittenes behauptet hättest, hätte niemand gefragt, wo man das nachlesen könne. Wenn du aber behauptest, dass ein Autor des ausgehenden Hochmittelalters etwas über indogermanischen Clanfarben 3000 Jahre früher gewusst habe, und das hätten auch "andere Forscher" schon bestätigt, dann musst du mit einer entsprechenden Nachfrage rechnen. Schon allein, weil es ein indogermanischen Volk nie gab. Vor dem 13. Jhdt. wissen wir praktisch so gut wie nichts über den Gebrauch von Clanfarben UND es ist bezeichnend, dass wir den Begriff Clan verwenden, der aus dem Gälischen stammt.
Sie unterstellen mir Dinge, die ich so nicht gesagt habe. Ich habe nie behauptet, daß der Autor der Völuspa irgendetwas über Clanfarben geschrieben hat und schon gar nicht, daß derselbe "etwas über indogermanische Clanfarben 3000 Jahre früher gewusst habe". Das reimen sie sich selbst zusammen. Ich habe geschrieben, daß dies eine Interpretationsmöglichkeit ist, die man in der konkret benannten Stelle in Erwägung ziehen und weiter eruieren sollte, anstatt ohne nährere Betrachtung einfach zu erklären, daß das Blödsinn ist. Es soll im übrigen schon vorgekommen sein, daß sich Traditionen über Jahrhunderte und Jahrtausende erhalten haben, ohne daß die Menschen noch wußten, woher sie eigentlich kamen und welchem Zweck sie ursprünglich dienten. Der Dichter kann also durchaus indogermanische Kultur in seinem Gedicht verarbeitet haben, ohne etwas über die Existenz seiner Vorfahren auch nur nur zu ahnen. Gerade Symbole und Redewendungen können sich sehr lange halten. Nicht umsonst finden sich in stehenden Begriffen oftmals die letzen Relikte von Wörtern, die in der Umgangssprache längst ausgestorben sind oder verwenden die Menschen zu traditionellen Anlässen Symbole, über deren eigentliche Bedeutung sie keinerlei Ahnung haben. Ob es ein indogermanisches Volk gegeben hat, das diese Bezeichnung verdient, ist in diesem Zusammenhang gänzlich bedeutungslos, da es auch kein europäisches oder indisches Volk im Sinne einer kohärenten Einheit gibt, trotzdem aber keiner ernsthaft auf die Idee käme, die Existenz einer europäischen oder indischen Kultur in Abrede zu stellen.
Auch habe ich nie geschrieben, daß Mallory behauptet hätte, die Indogermanen hätten ihre Stämme durch Farben gekennzeichnet, sondern ihre Stände und ja, auch wenn ich das nicht näher ausgeführt habe, gemeint waren Priester und Krieger. So abwegig kann dieser Gedanke auch nicht sein, daß man ihn pauschal verwirft, schließlich gab es hierzulande ebenfalls eine Kleiderordnung für die unterschiedlichen Berufsgruppen und in Indien wurden die einzelnen Kasten mit Farben assoziiert. Noch dazu spielen in der Rígsþula die Farben Schwarz, Rot und Weiß in Zusammenhang mit den Ständen Thrall, Karl und Jarl eine Rolle, den Beleg für die Zulässigkeit einer solchen Überlegung liefert die Edda also selbst. Sicherlich haben sie recht, daß Interpretation nicht beliebig sein kann. Dazu braucht es eine gewisse Sachkenntnis. Allerdings kann man Interpretationsansätze auch nicht einfach nach Belieben ausschließen.
Die Herkunft des Begriffes "Clan" ist hier völlig irrelevant, da Stammesgemeinschaften und Familienclans nun wirklich kein spezifisch schottisches Phänomen sind. Sie können aber von mir aus "Clan" durch "Sippe" ersetzen, wenn ihnen diese Transferleistung zu anstrengend ist.
Geht doch. Die Argumentation von Mallory werde ich dennoch prüfen. Aus obigen Gründen zweifle ich an der Validität der Aussage Mallorys.
Selbstverständlich geht das. Man kann allerdings auch normal nach einer Information fragen, ohne jemandem durch die Blume zu unterstellen, er würde Falschbehauptungen verbreiten.
Schließlich noch an Sepiola, wenn man die "idéologie tripartite" von Georges Dumézil schon als "irgendwie dürftig" bezeichnet, sollte man aber auch so ehrlich sein zu erwähnen, daß sie in Bezug auf die Edda-Forschung der letzten 70 Jahre eine der einflußreichsten und meistrezipierten darstellt.