Wahrnehmung und Umgang mit "Nachfolgeorganisationen"

Repo

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Angeregt durch einen anderen Strick (Neudeutsch Thread) habe ich dem Werdegang etlicher Waffen-SS-Größen nachgegoogelt.

Hierbei bin ich auf einen Artikel in der "Zeit" aus dem Jahr 1965 gestoßen
"Sepp Dietrich saß auf der Empore"
es geht um ein HIAG-Treffen in Rendsburg 1965. Laut dem Zeitungsartikel sprachen unter vielen anderen auch mehrere Bundestagsabgeordnete, außerdem wurden Grußworte verlesen.

Aus dem verlinkten Artikel:
Dann traten noch die Bundesta'gsabgeordneten Otto Eisenmann (FDP), Bremer und Glüsing (CDU) ans Rednerpult. Zuvor waren „Grußtelegramme" des CDU-Wissenschaftsministers Stoltenberg, des SPD-Wehrexperten Helmut Schmidt und des neuen CDU-Abgeordneten Olaf von Wrangel verlesen worden. Dafür gab es viel Beifall
Die `68er werden in letzter Zeit oft geschmäht und geschimpft, für vielerlei, zu Recht und auch zu Unrecht....

Aber dies, liebe Forianerinnen und Forianer, wäre schon 1970 nicht mehr möglich gewesen.
 
Adenauer hat sich doch mit Hans Globke auch eine "schöne" Klamotte geleistet. Der Herr hat doch den Kommentar zu den Nürnberger Rassegesetzten verfasst. Unbewiesen ist die Frage, das er angeblich auch deren Formulierung mitgewirkt haben soll.

Die Filbinger Affäre war doch auch vom "allerfeinsten", was die Republik an Skandalen so alles erleben durfte.
 
Adenauer hat sich doch mit Hans Globke auch eine "schöne" Klamotte geleistet. Der Herr hat doch den Kommentar zu den Nürnberger Rassegesetzten verfasst. Unbewiesen ist die Frage, das er angeblich auch deren Formulierung mitgewirkt haben soll.

Die Filbinger Affäre war doch auch vom "allerfeinsten", was die Republik an Skandalen so alles erleben durfte.


Natürlich hat Adenauer auch....
Damit kein Zweifel aufkommt, ALLE haben.

Meinen o.g. Meinung will ich auch so verstanden sehen, dass das nach "68" eben nicht mehr gemacht wurde, gar nicht mehr möglich war.

In den 70ern war der "Stukaoberst" Rudel in einer Kaserne zu Gast. Als das der damalige Verteidigungsminister Leber erfuhr, hat er die "Gastgeber" zur Verantwortung gezogen. "Solange ich Verteidigungsminister bin, kommt dieser Kerl in keine Kaserne rein".
Klingt wesentlich vernünftiger als ein Gruß-Telegramm zum HIAG-Treffen.


OT: Filbinger hat sich persönlich eigentlich nichts zu schulden kommen lassen (Juristen haben schließlich nie "Schuld":cool:) der Punkt bei Filbinger war, dass er alles "vergessen" hatte. Was vor "68" kein Problem gewesen wäre, die hatten ja schließlich alle so vieles vergessen. Später aber war das dann ein Problem. Was Filbinger nicht erkannte, und seine Berater waren vermutlich schlichte Speichellecker.
Was meine "68er" These auch noch untermauert.
 
OT: Filbinger hat sich persönlich eigentlich nichts zu schulden kommen lassen (Juristen haben schließlich nie "Schuld":cool:) der Punkt bei Filbinger war, dass er alles "vergessen" hatte. Was vor "68" kein Problem gewesen wäre, die hatten ja schließlich alle so vieles vergessen. Später aber war das dann ein Problem. Was Filbinger nicht erkannte, und seine Berater waren vermutlich schlichte Speichellecker.
Was meine "68er" These auch noch untermauert

Jooh und alle waren sie irgendwie im Widerstand aktiv und sind nur wie durch ein Wunder nicht den Häschern des Regimes in die Hände gefallen. Merkwürdig nur, das die Alliierten im Frontalltag so rein gar nichts mitbekommen haben.
 
Die Witwe von Blutrichter Freisler bekam noch über Jahrzehnte dessen Pension, der Mann hätte ja weiter "Karriere" machen können...
 
Aus der Hand:
Wenn ich mich richtig erinnere hat man der Witwe Freislers nach einigem hin und her eine Pension gezahlt die 2 oder 3 Stufen niedriger war, als der von Freisler erreichte Rang eigentlich erbracht hätte. Das war es aber auch.

Aber auch die Witwe Heydrichs hat ihre Pension bekommen.

Fällt mir ein, wie wurde das eigentlich im Fall der hingerichteten Kriegsverbrecher gehandhabt?
Hat da Jemand Hintergrundwissen?
 
Jooh und alle waren sie irgendwie im Widerstand aktiv und sind nur wie durch ein Wunder nicht den Häschern des Regimes in die Hände gefallen. Merkwürdig nur, das die Alliierten im Frontalltag so rein gar nichts mitbekommen haben.


Doch doch, die haben sehr Widerstand geleistet.
Immer wenn es keiner gesehen hat, haben sie dem Hitlerbild in ihrem Büro die Zunge rausgestreckt.:winke:
Vorsichtshalber haben sie hierbei die Augen geschlossen.
Warum?
Dann hatten sie es selbst auch nicht gesehen, konnten sie es der Gestapo auch nicht melden.:scheinheilig:

Ich habe es schon öfter geschrieben. So 1969-70 rum war ich einige Zeit der Meinung, dass die "Alten" alle Nazis waren.

OT: Mein damaliger Spetzel hat häusliche Diskussionen über langes Ausgehen, herumsaufen, schlechte Schulnoten usw. mit dem Satz beendet: "Haltet ihr bloß die Klappe, ihr habt euch schon mit Juden gewaschen".
Was eine Anspielung auf die allseits bekannte Mähr von der Verseifung war.
Gemeint und Verstanden war es aber: Was wollt ihr denn, dem größten Verbrecher aller Zeiten nachrennen, ihn zum Ersatz-Messias stilisieren, und dann ausgerechnet mir Moralpredigten halten.
 
Hmmm....ich zweifele, ob es ehrenhaft und "schmückend" für den neuen Rechtsstaat gewesen wäre, wenn man Witwen von Nazigrößen die Renten/Pensionen aus politischen Gründen aberkannt hätte. :grübel:
 
Hmmm....ich zweifele, ob es ehrenhaft und "schmückend" für den neuen Rechtsstaat gewesen wäre, wenn man Witwen von Nazigrößen die Renten/Pensionen aus politischen Gründen aberkannt hätte. :grübel:


Das ist wohl auch eine Frage der Moral oder?

Die Bundesrepublik ist der Auffassung gewesen, Angehörige von Mördern ja sogar Massenmördern eine Rente zuzubilligen. Ich kann darüber nur den Kopf schütteln.

Im Gegenzug mussten einfache Landser, weil sie in der Gefangenschaft in der Sowjetunion vielleicht einen Krumen Brot gemopst haben, hier auf eine Rente verzichten, obwohl sie von einem verbrecherischen Regime brutal missbraucht worden sind und dafür auch die Zeche mit knapp 10 Jahre Sibirien gezahlt haben.
 
Das ist wohl auch eine Frage der Moral oder?

Die Bundesrepublik ist der Auffassung gewesen, Angehörige von Mördern ja sogar Massenmördern eine Rente zuzubilligen. Ich kann darüber nur den Kopf schütteln.

Nun ich sehe da zuerst die Frage der Rechtmäßigkeit - für einen Rechtsstaat. Die Bundesrepublik sah sich in der Rechtsnachfolge des Deutschen Reiches, oder? Es war also zu klären, ob berechtigte Renten-, bzw. Pensionsansprüche bestanden.

Ich bin kein Fachmann für Sozialversicherungsrecht und es gibt m.W. auch Regelungen, wo Beamte ihre Altersversorgung bei Amtsverfehlungen verlieren. Das hätte damals geprüft werden müssen.

Die Frage der Moral steht in einem Rechtsstaat m. E. erstmal hinten an.

PS: Vielleicht gibt es ja hier einen Fachmann für Sozialversicherungsrecht, der da genau Bescheid weiß.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hmmm....ich zweifele, ob es ehrenhaft und "schmückend" für den neuen Rechtsstaat gewesen wäre, wenn man Witwen von Nazigrößen die Renten/Pensionen aus politischen Gründen aberkannt hätte. :grübel:

Das wohl nicht. Die Frage ist eher, ob es "schmückend" für den neuen Rechtsstaat gewesen ist, wem die Witwenrente nicht gewährt wurde - dann wird ein Schuh draus.

Der Witwe von Adam Trott zu Solz wurde z. B. erst 1955 eine Rente gewährt, wenn man der taz glauben mag:

Noch in den 50er-Jahren musste Clarita Müller-Plantenberg häufiger erleben, wie ihr toter Vater als "Verräter" beschimpft wurde. "Natürlich habe ich das gehört." Es dauerte auch eine Weile, bis ihre Mutter, die nach 1945 Medizin studierte, die Kinder selbst ernähren konnte - eine Witwenrente, wie sie die Frauen gestorbener Naziverbrecher in der Bundesrepublik längst erhielten, bekam sie erst ab 1955.

http://www.taz.de/?id=archivseite&dig=2004/07/20/a0197

Man könnte dem in einem neuen Thread nachgehen und damit wohl auch den Wandel des Umgangs mit den Regimegegnern beleuchten.

Spiegelt sich das öffentliche Bild der "Verschwörer vom 20. Juli", das der als "Verräter" hingerichteten, das der als "Deserteure" geschmähten nicht vielleicht auch im bürokratischen Status ihrer Hinterbliebenen als "Rentenberechtigte"?
 
Spiegelt sich das öffentliche Bild der "Verschwörer vom 20. Juli", das der als "Verräter" hingerichteten, das der als "Deserteure" geschmähten nicht vielleicht auch im bürokratischen Status ihrer Hinterbliebenen als "Rentenberechtigte"?

Die rechtliche Grundlage zur Rehabilitierung der Deserteure wurde ja erst vor einigen Jahren gelegt. Unter rot-grün, glaube ich.
 
Die Frage der Moral steht in einem Rechtsstaat m. E. erstmal hinten an.

Sorry, aber damit kann ich mich beim besten Willen nicht anfreunden. Nicht alles was sich Recht nennt ist auch rechtens.
Wenn man die Teilnehmerliste der Wannseekonferenz mal weiterverfolgt - da gibt es ein paar Überraschungen.
 
Nun ich sehe da zuerst die Frage der Rechtmäßigkeit - für einen Rechtsstaat. Die Bundesrepublik sah sich in der Rechtsnachfolge des Deutschen Reiches, oder? Es war also zu klären, ob berechtigte Renten-, bzw. Pensionsansprüche bestanden.

Ich bin kein Fachmann für Sozialversicherungsrecht und es gibt m.W. auch Regelungen, wo Beamte ihre Altersversorgung bei Amtsverfehlungen verlieren. Das hätte damals geprüft werden müssen.

Die Frage der Moral steht in einem Rechtsstaat m. E. erstmal hinten an.

Der Anspruch auf die Rechtsnachfolge des Deutschen Reiches hat die Bundesrepublk aber aus ganz bestimmten, außenpolitischen, Gründen angmeldet. Das hatte so rein gar nichts mit innenpolitischen, verwaltungspolitischen, Aspekten zu tun. Und es bestand in dieser Frage auch überhaupt gar kein Handlungszwang. Es wurde hier ohne jede Not gehandelt. Andere, berechtigtere, Personengruppen durften lägen warten oder wurden gar nicht bedacht.
Auch gegnüber den Alliierten, der Weltöffentlichkeit oder der eigen Bevölkerung bestand kein akuter Handlungsbedarf!

Wenn diese großzügige Regelung damals öffentlich geworden wäre, wäre das ein Medienspektakel erster Güteklasse geworden. Ich glaube nicht das eine Nina Gräfin von Stauffenberg und andere für dieses Vorgehensweise der Bundesrepublik großes Verständnis aufgebracht hätten. Ich tue es bis heute nicht.

Nun ja, ich bn auch kein Fachmann für Sozialversicherungsrecht.

Was glaubst du, warum die Bundesrepublik in der Zeit der Kanzlerschaft Adenauers mit Israel, konkret Ben Gurion, für die damligen bundesdeutschen Verhältnisse ein so "großzügiges" Arrangement" getroffen hat. Bist du nicht auch der Meinung, das hier die Moral eine große Rolle gespielt hat?
 
Zuletzt bearbeitet:
Was glaubst du, warum die bundesrepublik in der Zeit der Kanzlerschaft Adenauers mit Israel, konkret Ben Gurion, für die damligen bundesdeutschen Verhältnisse ein so "großzügiges" Arrangement" getroffen hat. Bist du nicht auch der Meinung, das hier die Moral eine große Rolle gespielt hat?

Klar. Aber freiwillige Handlungen aus moralischen Gründen sind immer möglich. Ein Rechtsanspruch von anderen mag manchmal aber zwingend sein.

Damit möchte ich sagen, daß die Bundesrepublik sicher gut daran getan hätte, sich aus moralischen Gründen großzügig zu zeigen - auch denen gegenüber, die keinen Rechtsanspruch hatten (Widerstandswitwen etc.). Aber Rechtsbruch, bzw. -beugung aus moralischen Gründen halte ich für sehr bedenklich.
 
Klar. Aber freiwillige Handlungen aus moralischen Gründen sind immer möglich. Ein Rechtsanspruch von anderen mag manchmal aber zwingend sein.

Damit möchte ich sagen, daß die Bundesrepublik sicher gut daran getan hätte, sich aus moralischen Gründen großzügig zu zeigen - auch denen gegenüber, die keinen Rechtsanspruch hatten (Widerstandswitwen etc.). Aber Rechtsbruch, bzw. -beugung aus moralischen Gründen halte ich für sehr bedenklich.

Nun ja, hier stellt sich die Frage welches Recht eigentlich konkret angesprochen ist? Das Recht des Dritten Reiches doch wohl sicher nicht.

Und das neue bundesrepublikanische Recht wurde doch maßgeblich von der Exekutive gesetzt. Und ganz wichtig: So hätte man inernational und auch national ein Zeichen gesetzt.
 
Vor dem Gesetz sind alle gleich. Wir müssten schauen, welcher Paragraph gilt und was in ihm steht. Lässt er zu, dass Nazi-Witwen Rente bekommen? Lässt er auch zu, dass Witwen der Mitglieder des Widerstandes Renten bekommen?

Daneben wären die entsprechenden Kommentare und ihr möglicher Wandel von Interesse.
 
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