Aus einer deutschen Publikation von 1896 über die französische Truppe von 70:
"Die Verwertung der Waffen und die Vorschriften entsprachen nicht dem Wesen der Truppe. Die Reiterei war im Aufklärungsdienst höchst mangelhaft ausgebildet, verstand auch nicht, sich in großen Massen auf dem Manövrierfelde zu bewegen. Die Überlieferungen aus der zeit des gro´ßen Korsen waren verschwunden. Die Pferdepflege muß als mangelhaft bezeichnet werden...
Die Erfolge des preußischen Zündnadelgewehrs von 1866 hatten einen eigentümlichen Einfluß auf die Gefechtsvorschriften der Franzosen geäußert. Die von Marschall Niel erlassenen betonten die Verteidigung. Man solle den Feind auflaufen lassen, mit dem Feuer des Chassepots zerschmettern und dann erst zum Angriff übergehen; eine Vorschrift, welche einerseits dem vorstürmenden französischen Naturell widersprach, und andererseits nur Wert hatte, wenn die Truppen ihre Waffen richtig zu verwenden wußte."
Das Chassepot war nicht all zu lange vorher eingeführt worden, also kann es sein, dass die Ausbildung damit noch nicht perfekt war. Die hohen Verluste auf deutscher Seite durch Gewehrfeuer auf relativ große Entfernungen, zeugen jedoch davon, dass sie nicht sooo schlecht gewesen sein kann.
Das mit dem "vorstürmenden französischen Naturell" ist ein oft bemühtes Topos und hat eine Vorgeschichte die sich durch die ganze Zeit der italienischen Kriege zieht.
Aus den blutigen Schlachten dort, haben die beteiligten entgegengesetzte Lehren gezogen. Die siegreichen Franzosen hatten durch das gut gezielte Feuer der Österreicher große Verluste erlitten, waren daraufhin vorsichtiger geworden und hatten beschlossen ein größeres Gewicht auf Schiessausbildung und Feuergefecht zu setzen (die traditionell ein geringeres Gewicht als in deutschen Armeen oder bei den Briten hatte) die Österreicher kamen zu dem Schluss, dass sie offensiver vorgehen müssten, was sie dann bei Königgrätz zu ihrem Verhängnis dann auch taten.
Mangelhafte Qualität des Pferdematerials ist in Frankreich auch öfters in der Geschichte der Fall gewesen. Das Land war in dieser hinsicht Importabhängig, die eigene Produktion minderwertig, ausgenommen die Regimenter aus Nordafrika.
Zur Artillerie:
"Die Gewohnheit und Übung, in großen Massen zu wirken - wodurch Napoleon I. so bedeutende Erfolge erzielte - war verloren gegangen. Schon wegen ihrer thatsächlich schlechteren Waffe vermochte sie nirgens gegen die deutsche aufzukommen."
Das ist zwar richtig, liegt aber eindeutig an der technischen Überlegenheit der deutschen Armeen (Hauptsächlich Preussen und Sachsen). Napoleon III war selber Artillerist, hatte viel für diese Waffe getan und sie in Italien auch erfolgreich eingesetzt. Der "Napoleon" 12-Pfünder (angeblich von ihm selber entworfen:
http://en.wikipedia.org/wiki/Canon_obusier_de_12) war damals vermutlich das weltweit meist verbreitete Geschütz, massiv auch im amerikanischen Bürgerkrieg eingesetzt, in den spanischen Bürgerkriegen und in Südamerika. Der gezogene Nachfolger war das Modell 1858 (Sytem La Hitte:
http://fr.wikipedia.org/wiki/Système_Lahitte) und wurde ebenfalls von den meisten Armeen kopiert und war eigentlich der Stand der Technik, biss die Kruppschen Stahlgeschütze sie über Nacht obsolet machten.
Im Grunde verhielten sich die Franzosen fast immer defensiv und gaben damit das Gesetz des Handelns aus der Hand.
Aber Frankreich besaß nach Sedan eine weiterhin intakte Industrie, hohe Steuerkraft und es beherrschte den deutschen Staaten gegenüber die Meere, war also in der Lage, sich alles zu beschaffen, was ihm fehlte. Die Zeit konnte durchaus Frankreich in die Hand spielen, zumal man ja auch immer noch Truppen ausheben konnte. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Das ist richtig. Die Schwächen der Franzosen lagen m.E. hauptächlich in einer zaghaften Führung und in dem organisatorischen Chaos das zu Kriegsbeginn entstand. Sie hatten jedoch kriegserfahrene Truppen mit guter Ausbildung und einem hohen Kampfgeist. Hätte die Führung nicht gleich zu Beginn so massive Fehler begangen, hätte die Sache auch anders ausgehen können.