chamaeleon
Mitglied
Bevor ich diesen Thread aufmache, sage ich ganz kurz, woher ich meine Kenntnisse habe. Ich zähle zu den älteren Jahrgängen und soweit das Regime von Tito gemeint ist, bin ich noch Zeitzeuge. Zwischen den Jahren 1970 und 1980 bereiste ich jährlich das damalige Jugoslawien und in einem Jahr sogar mehrfach. In der Zeit lernte ich auch etwas Serbokroatisch. Übrigens besuchte ich sämtliche Teilrepubliken, denn ich betrachte die Völker Jugoslawiens als gleichwertig und meine, dass man ein Volk erst kennen sollte, bevor man sich ein Urteil bildet. Danach folgte eine sehr lange Pause und erst im Jahr 2004 besuchte ich das nunmehr unabhängige Mazedonien. (Nur für Neugierige: Einzelheiten über das heutige Mazedonien finden sich auf meiner Homepage. Das ist off topic, also kein historisches Thema).
Mir geht es um die Ursachen des Krieges. Es gibt zwei Hintergründe. Den einen teilte man mir damals nicht mit und deshalb verweise ich auf die Webseite von Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6nigreich_Jugoslawien
Unter Tito waren Spannungen unter den Völkern absolut tabu. Als ich nach historischen Hintergründen fragte, wurde mir ein Film mit dem Titel “die Schlacht an der Neretva” empfohlen. Den Film habe ich mir angeschaut und darin wird der zweite Weltkrieg in Jugoslawien ganz einfach so dargestellt, als ob nur Partisanen gegen Nazis gekämpft hätten. Wikipedia sagt ganz etwas anderes - aber bitte - lest selber, denn sonst denkt ihr noch, ich hätte etwas erfunden.
Zum folgenden Hintergrund kenne ich etliche Beispiele und wohlgemerkt, das war noch unter Tito. Hört hört!:winke:
In Bosnien wollte ich einmal privat übernachten und der Hausherr teilte mir mit, er müsse erst noch die Decke weißeln, denn vor mir hatte jemand im Zimmer seine Maschinenpistole getestet.
In Mazedonien wollte mir jemand ein Bärenfell verkaufen. Ich fragte zunächst, ob die Jagd auf Bären denn legal sei. Nein, das war sie nicht. Der Jäger behauptete, dass er mit einer Kalaschnikow jedem Wildhüter überlegen sei. Wörtliches Zitat: “wenn mir so einer blöd kommt, dann schieße ich den über den Haufen.”
Jugoslawen in der Bundesrepublik gaben mir konkrete Hinweise, wo man illegal Waffen bekommen konnte. In der ehemaligen Tschechoslowakei gab es korrupte Offiziere, welche am Waffenhandel mitverdienten. Die nahmen allerdings nur DM und nicht etwa Dinar. Es bestand nur noch die Frage, wie man solche Waffen unerkannt über die Grenze bringen konnte. Auch dazu erteilte mir ein Jugoslawe Auskunft. Der hatte sich in Prag eine Pistole gekauft und dazu einen großen Schinken. Den Schinken höhlte er innen aus und darin versteckte er seine Pistole. So brachte er sie nach Jugoslawien. Ein Serbe sagt zu mir, in jedem Volk gebe es extreme Nationalisten und das seien genau die Leute, welche sich illegal Waffen beschaffen. Ein weiterer Jugoslawe erklärte mir, warum man Ausländer so genau informierte. Wenn schon das ganze Volk bewaffnet ist, dann müsse sich ein Tourist ebenfalls bewaffnen. Das war übrigens der Grund, warum ich nach 1980 nicht mehr nach Jugoslawien gereist bin. Ich finde es absurd, mich im Urlaub bewaffnen zu müssen. Anders war es erst wieder 2004 in Mazedonien. Ich hatte gelesen, dass dort die deutsche KAFOR die Aufgabe hatte, genau diesen Waffenhandel zu unterbinden.
Das war der Widerspruch im jugoslawischen Sozialismus. Einerseits waren nationalistische Diskussionen so tabu, dass sich die meisten Jugoslawen nicht einmal zu ihrem Volk bekannten. Dazu hieß es ganz lapidar, das sei ein Thema, das einen Ausländer nichts angeht. Über den illegalen Besitz von Waffen wurde erstaunlich offen geredet. Als ich erstaunt fragte, wer denn der Feind sein solle, hieß es ebenso lapidar, wenn es soweit ist, dann werde ich das schon merken.
Ein Wort zur Rolle der Armee. Als erster Staat erklärte Slowenien seine Unabhängigkeit und damals marschierte tatsächlich noch die jugoslawische Armee ein. Diese zog sich recht bald zurück und zwar mit der Begründung, dass man wegen Slowenien kein Blutbad riskieren wolle. Das wäre nur deshalb möglich gewesen, weil es auch in Slowenien bewaffnete Zivilisten gab, die zurückschießen konnten.
Sowohl in Serbien als auch in Kroatien, waren das am Anfang irreguläre Verbände. Die bezeichneten sich zwar als “Soldaten”, doch mit der regulären Armee hatten sie nichts zu tun. Sofern sie überhaupt eine Uniform trugen, stammte diese aus irgendwelchen Militaria-Läden. Die Armee wurde erst später aufgeteilt, nämlich nachdem die einzelnen Republiken bereits unabhängig waren. Zu dem Zeitpunkt gab es bereits Opfer auf beiden Seiten und erst danach hatten die nunmehr lokalen Streitkräfte ein Motiv, um zu kämpfen.
Den Anfang machten ganz eindeutig bewaffnete Zivilisten, welche sich bereits zu Titos Zeiten Waffen zugelegt hatten. Warum wohl? Weil sie es von Anfang an auf einen Krieg abgesehen hatten.
Nun stelle ich Fragen ins Forum. Warum hat Tito von nichts gewusst? Oder, wusste er doch etwas und hat die Sache verharmlost? Oder, vertraute er seinen Sicherheitsorganen und überlies den Schlamassel seinen Nachfolgern? (Zynischer Spruch von Politikern: und nach mir die Sintflut).
Das System unter Tito habe ich noch persönlich miterlebt und in weiteren Punkten bezeichne ich es als “intelligente Diktatur”. Komischerweise wurde der illegale Besitz von Waffen nicht ernst genommen und ich verstehe nicht, warum. Erzählt mir doch bitte nicht, das sei ein Märchen gewesen. Es war doch nicht so, dass etwa die jugoslawische Armee Waffen an Aufständische verteilt hatte. Die hatten sie schon vorher und man weiß auch, aus welcher Quelle.
Mir geht es um die Ursachen des Krieges. Es gibt zwei Hintergründe. Den einen teilte man mir damals nicht mit und deshalb verweise ich auf die Webseite von Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6nigreich_Jugoslawien
Unter Tito waren Spannungen unter den Völkern absolut tabu. Als ich nach historischen Hintergründen fragte, wurde mir ein Film mit dem Titel “die Schlacht an der Neretva” empfohlen. Den Film habe ich mir angeschaut und darin wird der zweite Weltkrieg in Jugoslawien ganz einfach so dargestellt, als ob nur Partisanen gegen Nazis gekämpft hätten. Wikipedia sagt ganz etwas anderes - aber bitte - lest selber, denn sonst denkt ihr noch, ich hätte etwas erfunden.
Zum folgenden Hintergrund kenne ich etliche Beispiele und wohlgemerkt, das war noch unter Tito. Hört hört!:winke:
In Bosnien wollte ich einmal privat übernachten und der Hausherr teilte mir mit, er müsse erst noch die Decke weißeln, denn vor mir hatte jemand im Zimmer seine Maschinenpistole getestet.
In Mazedonien wollte mir jemand ein Bärenfell verkaufen. Ich fragte zunächst, ob die Jagd auf Bären denn legal sei. Nein, das war sie nicht. Der Jäger behauptete, dass er mit einer Kalaschnikow jedem Wildhüter überlegen sei. Wörtliches Zitat: “wenn mir so einer blöd kommt, dann schieße ich den über den Haufen.”
Jugoslawen in der Bundesrepublik gaben mir konkrete Hinweise, wo man illegal Waffen bekommen konnte. In der ehemaligen Tschechoslowakei gab es korrupte Offiziere, welche am Waffenhandel mitverdienten. Die nahmen allerdings nur DM und nicht etwa Dinar. Es bestand nur noch die Frage, wie man solche Waffen unerkannt über die Grenze bringen konnte. Auch dazu erteilte mir ein Jugoslawe Auskunft. Der hatte sich in Prag eine Pistole gekauft und dazu einen großen Schinken. Den Schinken höhlte er innen aus und darin versteckte er seine Pistole. So brachte er sie nach Jugoslawien. Ein Serbe sagt zu mir, in jedem Volk gebe es extreme Nationalisten und das seien genau die Leute, welche sich illegal Waffen beschaffen. Ein weiterer Jugoslawe erklärte mir, warum man Ausländer so genau informierte. Wenn schon das ganze Volk bewaffnet ist, dann müsse sich ein Tourist ebenfalls bewaffnen. Das war übrigens der Grund, warum ich nach 1980 nicht mehr nach Jugoslawien gereist bin. Ich finde es absurd, mich im Urlaub bewaffnen zu müssen. Anders war es erst wieder 2004 in Mazedonien. Ich hatte gelesen, dass dort die deutsche KAFOR die Aufgabe hatte, genau diesen Waffenhandel zu unterbinden.
Das war der Widerspruch im jugoslawischen Sozialismus. Einerseits waren nationalistische Diskussionen so tabu, dass sich die meisten Jugoslawen nicht einmal zu ihrem Volk bekannten. Dazu hieß es ganz lapidar, das sei ein Thema, das einen Ausländer nichts angeht. Über den illegalen Besitz von Waffen wurde erstaunlich offen geredet. Als ich erstaunt fragte, wer denn der Feind sein solle, hieß es ebenso lapidar, wenn es soweit ist, dann werde ich das schon merken.
Ein Wort zur Rolle der Armee. Als erster Staat erklärte Slowenien seine Unabhängigkeit und damals marschierte tatsächlich noch die jugoslawische Armee ein. Diese zog sich recht bald zurück und zwar mit der Begründung, dass man wegen Slowenien kein Blutbad riskieren wolle. Das wäre nur deshalb möglich gewesen, weil es auch in Slowenien bewaffnete Zivilisten gab, die zurückschießen konnten.
Sowohl in Serbien als auch in Kroatien, waren das am Anfang irreguläre Verbände. Die bezeichneten sich zwar als “Soldaten”, doch mit der regulären Armee hatten sie nichts zu tun. Sofern sie überhaupt eine Uniform trugen, stammte diese aus irgendwelchen Militaria-Läden. Die Armee wurde erst später aufgeteilt, nämlich nachdem die einzelnen Republiken bereits unabhängig waren. Zu dem Zeitpunkt gab es bereits Opfer auf beiden Seiten und erst danach hatten die nunmehr lokalen Streitkräfte ein Motiv, um zu kämpfen.
Den Anfang machten ganz eindeutig bewaffnete Zivilisten, welche sich bereits zu Titos Zeiten Waffen zugelegt hatten. Warum wohl? Weil sie es von Anfang an auf einen Krieg abgesehen hatten.
Nun stelle ich Fragen ins Forum. Warum hat Tito von nichts gewusst? Oder, wusste er doch etwas und hat die Sache verharmlost? Oder, vertraute er seinen Sicherheitsorganen und überlies den Schlamassel seinen Nachfolgern? (Zynischer Spruch von Politikern: und nach mir die Sintflut).
Das System unter Tito habe ich noch persönlich miterlebt und in weiteren Punkten bezeichne ich es als “intelligente Diktatur”. Komischerweise wurde der illegale Besitz von Waffen nicht ernst genommen und ich verstehe nicht, warum. Erzählt mir doch bitte nicht, das sei ein Märchen gewesen. Es war doch nicht so, dass etwa die jugoslawische Armee Waffen an Aufständische verteilt hatte. Die hatten sie schon vorher und man weiß auch, aus welcher Quelle.