S
segula
Gast
Ich möchte mit diesem Thema am persönlich erlebten Beispiel darüber berichten, wie es in der DDR zu SED Beitritten kam und wie so etwas endete.
Mein Heimatdorf befand sich in einem Nebental „der Ahnungslosen“ am Ufer des Flusses Zschopau. Ich erwähne dies, weil in diesem Dorf mangels Empfang selbst fürs DDR Fernsehen eine große Gemeinschaftsantennenanlage errichtet werden musste.
Im Jahre 1978 zog ich dann ins Vogtland in ein Dorf am Flusse Göltzsch. Dort wurde mir von der dortigen Landwirtschaftsproduktion LPG ein kleines Häuschen mit Grundstück preiswert angeboten, unter der Bedingung, dass ich in diesem Betrieb arbeite.
Gesagt – getan.
Ich und meine Familie zogen von einem Flussufer ans andere. Nachdem wir uns dort eingelebt hatten, erfuhren wir, dass geplant sei, in diesem Gebiet den Fluss durch eine Talsperre anzustauen. Demzufolge sollten die Häuser in diesem Dorf der Abrissbirne zum Opfer fallen!
Da hatten wir ja einen schönen Hauskauf getätigt!!!
Wir überlegten, ob wir etwa entschädigt werden würden – hatten aber wenig Vertrauen. Im besten Fall kriegen wir eine Wohnung in der Plattensiedlung.
Vielleicht – wenn ich ein Genosse werde und in die SED eintrete? Genossen haben oft ein Privileg! Vielleicht wird ein anderes Häuschen zugeteilt. Kurzer Entschluss: Ich stellte einen Antrag auf Aufnahme in die SED und meinte, mit offenen Armen aufgenommen zu werden.
Weit gefehlt.
In der Praxis war es so, dass wenn jemand Kandidat der SED werden wollte, zwei Bürgen brauchte, denen er mindestens ein Jahr lang bekannt war. Die hatte ich natürlich nicht in dieser neuen Gegend. Und aus der alten Heimat an der Zschopau wollte kein Genosse bürgen weil, wie sich herausgestellt hatte, dass ich für den Einbau des Westfernsehens in die Gemeinschaftsantenne Unterschriften gesammelt hatte.feif:
Also zog ich bedauernd meinen Antrag zurück und glaubte, das sich damit die Angelegenheit erledigt habe.
Da kam Besuch von der SED Kreisleitung: Man bedaure diese Situation äußerst und möchte auf einen so jungen Genossen keineswegs verzichten. Man habe sich entschlossen, mich doch als Kandidat aufzunehmen und sie brachten ein Aufnahmeformular fertig ausgefüllt mit – nur das Datum wurde freigelassen. Man sehe, wie unbürokratisch es auf einmal ging. Damit war ich Kandidat der SED und der neue LPG Vorsitzende und seine Kaderleiterin konnten für mich bürgen.
So wurde ich Mitglied, ohne politische Ambitionen zu haben, reiner Eigennutz.=)
Ich wurde daraufhin vorgeführt, als Stallverantwortlicher eingesetzt, konnte die Fahrschule machen.
Eines Tages starb durch meine Fahrlässigkeit eine Kuh. Die Einzelheiten dazu möchte ich mir ersparen. Jedenfalls wurde ich dazu verdattert, ein Drittel eines Monatsgehaltes dafür zu bezahlen (sicher eine humane Entscheidung). Mein jugendlicher Starrsinn und meine inzwischen gescheiterte erste Ehe ließen mich wie folgt reagieren: Ich trat aus der Partei aus, so käme das Geld durch die gesparten Beiträge wieder rein. Und das bereits im Jahre 1982, weit vor der Wende, wo viele Parteibücher flogen.
Von da an gings bergab.
Ich machte damals gerade in der Erwachsenenqualifizierung den Facharbeiter. Da war ich leistungsmässig zwar mit in der Spitzengruppe – ich konnte 10 Liter Milch in 11 Minuten handmelken – aber durch mein Gesamtverhalten ( SED Austritt) bekam ich nur die Gesamtnote „Vier“, weil die Gesamtnote nicht besser als die Verhaltensnote sein durfte. Ausserdem erfolgte ein Eintrag in die Kaderakte.
Über die nervigen Rituale der „Kritik und Selbstkritik“, die danach folgten, möchte ich nicht schreiben.
Warum ich das niederschreibe? Vielleicht interessiert es jemand! Erlebte Geschichte. Was hier in wenigen Sätzen festgehalten wurde, hat viel Willenskraft und Nerven gekostet. Und es ist doch ein typisches Beispiel, dass nicht jeder oder vielleicht die Wenigsten aus ideologischer Überzeugung zur Partei gingen, sondern aus Schlitzohrigkeit – wie ich.
Mein Heimatdorf befand sich in einem Nebental „der Ahnungslosen“ am Ufer des Flusses Zschopau. Ich erwähne dies, weil in diesem Dorf mangels Empfang selbst fürs DDR Fernsehen eine große Gemeinschaftsantennenanlage errichtet werden musste.
Im Jahre 1978 zog ich dann ins Vogtland in ein Dorf am Flusse Göltzsch. Dort wurde mir von der dortigen Landwirtschaftsproduktion LPG ein kleines Häuschen mit Grundstück preiswert angeboten, unter der Bedingung, dass ich in diesem Betrieb arbeite.
Gesagt – getan.
Ich und meine Familie zogen von einem Flussufer ans andere. Nachdem wir uns dort eingelebt hatten, erfuhren wir, dass geplant sei, in diesem Gebiet den Fluss durch eine Talsperre anzustauen. Demzufolge sollten die Häuser in diesem Dorf der Abrissbirne zum Opfer fallen!
Da hatten wir ja einen schönen Hauskauf getätigt!!!
Wir überlegten, ob wir etwa entschädigt werden würden – hatten aber wenig Vertrauen. Im besten Fall kriegen wir eine Wohnung in der Plattensiedlung.
Vielleicht – wenn ich ein Genosse werde und in die SED eintrete? Genossen haben oft ein Privileg! Vielleicht wird ein anderes Häuschen zugeteilt. Kurzer Entschluss: Ich stellte einen Antrag auf Aufnahme in die SED und meinte, mit offenen Armen aufgenommen zu werden.
Weit gefehlt.
In der Praxis war es so, dass wenn jemand Kandidat der SED werden wollte, zwei Bürgen brauchte, denen er mindestens ein Jahr lang bekannt war. Die hatte ich natürlich nicht in dieser neuen Gegend. Und aus der alten Heimat an der Zschopau wollte kein Genosse bürgen weil, wie sich herausgestellt hatte, dass ich für den Einbau des Westfernsehens in die Gemeinschaftsantenne Unterschriften gesammelt hatte.feif:
Also zog ich bedauernd meinen Antrag zurück und glaubte, das sich damit die Angelegenheit erledigt habe.
Da kam Besuch von der SED Kreisleitung: Man bedaure diese Situation äußerst und möchte auf einen so jungen Genossen keineswegs verzichten. Man habe sich entschlossen, mich doch als Kandidat aufzunehmen und sie brachten ein Aufnahmeformular fertig ausgefüllt mit – nur das Datum wurde freigelassen. Man sehe, wie unbürokratisch es auf einmal ging. Damit war ich Kandidat der SED und der neue LPG Vorsitzende und seine Kaderleiterin konnten für mich bürgen.
So wurde ich Mitglied, ohne politische Ambitionen zu haben, reiner Eigennutz.=)
Ich wurde daraufhin vorgeführt, als Stallverantwortlicher eingesetzt, konnte die Fahrschule machen.
Eines Tages starb durch meine Fahrlässigkeit eine Kuh. Die Einzelheiten dazu möchte ich mir ersparen. Jedenfalls wurde ich dazu verdattert, ein Drittel eines Monatsgehaltes dafür zu bezahlen (sicher eine humane Entscheidung). Mein jugendlicher Starrsinn und meine inzwischen gescheiterte erste Ehe ließen mich wie folgt reagieren: Ich trat aus der Partei aus, so käme das Geld durch die gesparten Beiträge wieder rein. Und das bereits im Jahre 1982, weit vor der Wende, wo viele Parteibücher flogen.
Von da an gings bergab.
Ich machte damals gerade in der Erwachsenenqualifizierung den Facharbeiter. Da war ich leistungsmässig zwar mit in der Spitzengruppe – ich konnte 10 Liter Milch in 11 Minuten handmelken – aber durch mein Gesamtverhalten ( SED Austritt) bekam ich nur die Gesamtnote „Vier“, weil die Gesamtnote nicht besser als die Verhaltensnote sein durfte. Ausserdem erfolgte ein Eintrag in die Kaderakte.
Über die nervigen Rituale der „Kritik und Selbstkritik“, die danach folgten, möchte ich nicht schreiben.
Warum ich das niederschreibe? Vielleicht interessiert es jemand! Erlebte Geschichte. Was hier in wenigen Sätzen festgehalten wurde, hat viel Willenskraft und Nerven gekostet. Und es ist doch ein typisches Beispiel, dass nicht jeder oder vielleicht die Wenigsten aus ideologischer Überzeugung zur Partei gingen, sondern aus Schlitzohrigkeit – wie ich.
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