Den Spanischen Erbfolgekrieg, den Großen Nordischen Krieg, den Siebenjährigen Krieg, es gelang aber zumindest, den Krieg zu "zivilisieren"
Das es gerade im Bezug auf den "Großen Nordischen Krieg" immer so zivilisiert zuging, dem würde ich hier widersprechen wollen, denn der hat jedenfalls im Territorium der heutigen Ukraine und, ich denke auch demjenigen von Belarus reichlich Flurschaden angerichtet.
So weit mir bekannt, ist heute wohl umstritten, ob die sich zurückziehenden russischen Truppen unter Menschikow die Gebiete auf ihrem Rückzug im Sinne der "Taktik der verbrannten Erde" absichtlich systematisch verwüsteten um den Schweden jede Versorgung aus dem Land heraus unmöglich zu machen, oder ob die durchziehenden Heere einfach die Aufnahme- und Versorgungskapazitäten der Regionen überlasteten.
Gerade im Hinblick auf das eher dünn besiedelte Weißrussland, erscheint auch letzteres denkbar.
Jedenfalls hinterließ auch der Große Nordische Krieg in Teilen Europas eine Schneise der Verwüstung, die mit dem Versuch den Krieg zu zivilisieren nicht so viel zu tun hat.
Wobei es in diesem Krieg auch solche Elemente gab.
Die Reichsfürsten konnten nun endgültig ihre eigene Außenpolitik treiben.
Mal ganz ernsthaft dazu: Hat jemals irgendein Kaiser verhindern können, dass einzelne Fürsten mit auswärtigen Mächten verhandelten?
Das war doch schon immer mehr ein theoretisches Tabu, als eine tatsächliche Tatsache.
Letztendlich gab es doch schon deswegen keine strikte Trennung zwischen Reichsfürsten und auswärtigen Fürsten, weil man den auswärtigen Souveränen ja durchaus gestattete Reichsterritorien zu halten und es Reichsfürsten auch nicht untersagt war Territorien außerhalb des Reiches zu halten.
- Die Brandenburger Kurfürsten waren durch das Aussterben der preußischen Linie und die in Personalunion damit verbundene Herzogswürde Preußens, nicht nur Verbündete, sondern de facto zeitweise sogar Vasallen des polnischen Königs und man hat sich dort auch von einem Bündnis mit Schweden gegen Polen von irgendwelchen theoretischen Verboten nicht abschrecken lassen.
- Jeder der sich irgendwann mal innerhalb des Reichs mit dem Herzog von Holstein alliierte, alliierte sich damit de facto, mit dem Königkreich Dänemark, wenn nicht gleich mit der ganzen Kalmarer Union, so lange diese Bestand hatte.
- In den Jülisch-Klevischen Erbfolgestreit werden letztendlich die Kronen Frankreichs, Englands und Spaniens als auswärtige oder teislauswärtige Mächte mit hinein gezogen, so wie die Generalstaaten, die ja mehr oder minder beanspruchten vom Kaiser unabhängig zu sein und somit im Grunde genommen auch außerhalb des Reiches zu stehen.
- Als Friedrich V. v.d. Pfalz versucht sich auf den böhmischen Thron zu setzen, versucht er das Projekt dadurch abzusichern England dort mit hinein zu ziehen.
- Die verschiedenen italienischen Reichsstände hatten sich durch theoretische Verbote eigene Außenpolitik zu betreiben noch nie davon abhalten lassen irgendwelche Allianzen mit Venedig, Neapel-Sizilien oder dem Kirchenstaat als reichsfremden Subjekten abzuschließen.
Das Zugeständnis an die Fürsten nach 1648 als "Souveräne" ihrer Länder eigene Außenpolitik betreiben zu dürfen, ist doch am Ende eher kosmetischer Natur, wenn man sich das alles so ansieht, weil der Anspruch dass sie dies zuvor eigentlich nicht durften im Zweifel doch ohnehin nicht durchsetzbar war.
Bündnisse und Allianzen werden stärker nach politischen, nicht nach konfessionellen Erwägungen geschlossen.
Gibt es da wirklich einen so massiven Bruch?
Mir fallen eigentlich nur zwei größere Kriege auf dem Boden des Heiligen Römischen Reiches ein, die vollständig oder weitgehend deckungsgleich mit den Konfessionsgrenzen waren und das waren zum einen der Schmalkaldische Krieg und zum anderen der Achzigjährige Krieg zwischen Spanien und der Utrechter Union.
Wobei im letzteren Fall dann zu hinterfragen wäre, inwiefern man das als einen tatsächlich durch die Religion bedingten Konflikt betrachten kann bzw. inwiefern die Religion hier nur ein zusätzlicher Faktor für die Ausdifferenzierung von Blöcken in einem sich ohnehin aus anderen Gründen anbahnenden Konflikt darstellte.
Mit einigem guten Willen könnte man hier noch den Jülisch-Klevischen Erbfolgesteit anfügen, wobei hier ja nicht wirklich Allianzen nach Konfessionen geschlossen wurden, sondern sowohl der brandenburgische, als auch der pfälzisch-neuburgische Kandidat so konvertierten, wie es gerade passte um mögliche Hindernisse für ein Bündnis abzuräumen.
Die katholische Liga und die Protestantische Union gab es zwar, aber letztendlich war die protestantische Union militärisch nie ein wirksamer Faktor und vor allem wurde sie in Sachen Donauwörth auch mit dezidiert religionspolitischen Ereignissen provoziert, nachdem die erzwungene Rekatholisierung de facto einen Bruch des Augsburger Religionsfriedens darstellte.
Dass ein solcher Schritt auf dem Gebiet der Religionspolitik zur Formierung einer an Religion orientierten Interessengemeinschaft führte, ist eingentlich die logische Folge und fraglich ob es zu dieser Interessenplattform so jemals gekommen wäre, hätte Donauwörth nicht stattgefunden.
Die katholische Liga war zum einen eine Reaktion auf die Gründung der protestantischen Union und zum anderen lässt sich hinterfragen, was denn ihr eigentlicher Zweck war.
Ging es dabei letztendlich tatsächlich so sehr um das potentielle Bekämpfen der Protestanten oder ist sie nicht viel mehr als Instrument wittelsbachischer Hausmachtpolitik zu verstehen, in dem hier erfolgreich versucht wurde die geistlichen Fürsten des Reiches, unter Ausschluss Habsburgs hinter Wittelsbach zu formieren und damit innerhalb des katholischen Lagers ein Gegengewicht gegenüber Habsburg zu schaffen.
Ich würde meinen, der Zweck dieses Bundes bestand mehr darin Habsburg innerhalb des katholischen Lagers nicht übermächtig werden zu lassen, wenn nicht gar herauszufordern und wenn man das so betrachtet, war das zwar eine konfessionsgebundene Allianz, zusammengebracht allerdings zu dem Zweck einer Macht aus dem eigenen konfessionellen Lager paroli zu bieten.
Ansonsten sind doch die Fronten im Dreißigjährigen Krieg von Beginn an gemischtkonfessionell, wenn man bedenkt, dass sowohl Sachsen, als auch Brandenburg dem Kaiser gegenüber zunächst mehr oder minder wohlwollend neutral gegenüber bleiben und es zu wirklich massivem Unmut im protestantischen Lager erst in dem Moment kommt, als es dann um die Rekatholisierung der Pfalz, die Abtretung der Oberpfalz an Bayern und die Verschiebung der pfälzischen Kurwürde nach Bayern geht.
Und letztendlich hielt nicht einmal das das lutherische Kursachsen davon ab, innerhalb dieses Konflikts grundsätzlich auf der Seite des katholischen Kaisers mitzumischen.
Ich würde von dem her meinen, eine wirklich wirkmächtige Axiomatik Bündnisse an Konfessionsgrenzen orientiert zu schließen hat es auch vor dem 30-Jährigen Krieg so nicht gegeben, es sei denn, die Streitigkeiten wären explizit religionspolitischer Natur gewesen