Je negativer Varus dargestellt wird, umso mehr stellt sich die Frage, wie der göttliche Augustus diesen fördern und ihm vertrauen konnte... und dann ist es nicht mehr weit zu "ganz so göttlich war der August wohl doch nicht"
Aber das blendet Velleius ja alles weg. Er erwähnt Varus genau einmal (also er nennt dessen Namen natürlich öfter), nämlich im Rahmen der Varusschlacht. Kritik an der Germanienpolitik des Kaiserhauses gibt es nicht, dafür stand ja Tiberius, die wird allein auf Varus abgewälzt.
Dagegen an einer anderen Stelle über die hispanischen Provinzen (VP,
Hist. Rom. II, 90):
Illae enim provinciae Scipiones consumpserunt; illae contumelioso decem annorum bello sub duce Viriatho maiores nostros exercuerunt; illae terrore Numantini belli populum Romanum concusserunt; in illis turpe Q. Pompei foedus turpiusque Mancini senatus cum ignominia dediti imperatoris rescidit; illa tot consulares, tot praetorios absumpsit duces, patrumque aetate in tantum Sertorium armis extulit, ut per quinquennium diiudicari non potuerit, Hispanis Romanisne in armis plus esset roboris et uter populus alteri pariturus foret. 4 Has igitur provincias tam diffusas, tam frequentis, tam feras ad eam pacem abhinc annos ferme quinquaginta perduxit Caesar Augustus, ut quae maximis bellis numquam vacaverant, eae sub C. Antistio ac deinde P. Silio legato ceterisque postea etiam latrociniis vacarent.
Es waren jene Provinzen, welche die Scipionen hinwegrafften, jene plagten unsere Vorfahren in dem schmachvollen zehnjährigen Krieg unter dem Heerführer Viriathus, jene zerrütteten mit dem Schrecken des Numantinischen Krieges das römische Volk, in jenen ereignete sich die schändliche Kapitulation von Quintus Pompeius, dessen Bedingungen der Senat ablehnte, und die schändlichere Kapitulation von Mancinus, der ebenfalls ungültig gemacht und dessen Befehlshaber schändlich dem Feind ausgeliefert wurde, jene rafften so viele Konsuln und Prätoren als Befehlshaber dahin, und in der Zeit unserer Väter brachten sie Sertorius hervor, dass für fünf Jahre nicht zu entscheiden war, ob die Hispanier oder die Römer robuster seien und welches Volk dem anderen nachgeben würde. Dieses waren also die Provinzen, so weitläufig und dicht besiedelt, so wild, die vor etwa 50 Jahren Caesar Augustus in Frieden brachte, dass sie niemals mehrgroße Kriege zu führen imstandeseien. Jetzt, unter C. Antistius und dann unter P. Silius und anderen Legaten danach waren sie sogar frei von Raub.
Liest man Velleius Paterculus könnte man glauben, Augustus habe in den iberischen Provinzen mal ordentlich aufgeräumt. De facto hat er nur Kantabrien, Asturien und Galicien erobert, der Rest Spaniens war lange befriedet. Augustus hat unter die skuzessiven Eroberungen Spaniens, die 200 Jahre zuvor begonnen hatten, einen Schlusstrich gesetzt, in dem er die relativ dünn besiedelten Gebirge in Nordspanien unterwarf.
Ich will das nicht kleinreden, die kantabrische Reiterei hat nachhaltigen Eindruck auf die Römer gemacht, die von dieser Manöver kopierten (und nach den Kantabrern benannten). Aber Velleius sagt im prinzip: Spanien macht seit 200 Jahren Probleme und Augustus hat diesen Problemen ein Ende gesetzt. Und das stimmt eben so nicht. Klar hat es Probleme mit verschiedenen lusitanischen und keltischen Stämmen gegeben und Einfälle dieser in die römischen Provinzen Iberiens, aber das hat sich so peu a peu in den 200 Jahren ergeben. Als Augustu übernahm, war der größte Teil Spaniens längst unter römischer Kontrolle.