Anlässlich des 30jährigen Jubiläums des Fundes von Ötzi hat die FAZ vorige Tage einen Artikel veröffentlicht.
30 Jahre Gletscher-Mumie Ötzi: Wie starb er denn nun?
Aus dem Artikel:
Mein Zweifel an der These Leitners ist eher darin begründet, dass dieser annimmt, dass die Geschichte so prominent war, dass sie noch ein halbes Jahrtausend später bildlich festgehalten worden sei.
Und wenn wir uns das Bild mal anschauen, dann ist gar nicht klar, dass auf dem Menhir eine Ermordung (oder zumindest Tötung) dargestellt wird:
Auf dem Menhir sind dargestellt: drei Dolche, ein bis zwei Hirsche, ein vierrädriger Ochsenkarren, ein zoomorphes Wesen, das nicht näher einzugrenzen ist, vielleicht ein Hund, drei Beile und eine Axt oder ein Hammer, diverse Kreise, Punkte und Striche und zwei anthropomorphe Figuren, die in einander übergehen, davon eine ein Bogenschütze. Durchbohrt der Pfeil nun den Körper der vorderen Figur? Oder wollte der Künstler hier perspektivsiche Verzerrung darstellen? Sehen wir einen Mord, eine kriegerische Szene oder einfach nur zwei Personen, die nebeneinander stehen?
30 Jahre Gletscher-Mumie Ötzi: Wie starb er denn nun?
Aus dem Artikel:
Im Gegensatz zu [...] [dem] Bild von einem Mann, der todkrank und gehetzt sozusagen den Gnadenschuss bekam, hält Zink den „Ötzi“ anhand des Gelenkapparats und der Muskulatur [...] für einen gut trainierten und für sein Alter von etwa 40 bis 50 Jahren rüstigen Mann. Die Ausrüstung, besonders das Kupferbeil, lässt außerdem auf eine hervorgehobene Stellung in seiner Gruppe schließen. Aber warum wurden die wertvollen Sachen bei ihm gelassen? Zink erzählt, man habe Profiler [...] gebeten, ein Tatbild zu erstellen. „Die sagen, das sei typisch für einen Mord aus Heimtücke. Nicht Habgier jedenfalls.“
Das ist eine Theorie, die der Archäologe Leitner weit auszuschmücken versteht. Oben auf dem Tisenjoch deutet er gestenreich auf eine von natürlichen Felszinnen verdeckte Stelle gut 20 Meter vom Fundort der Mumie entfernt, „an der wir mit guten Gründen vermuten können, dass sich der oder die Bogenschützen versteckt gehalten haben, um dann den Mann im Eis aus dem Hinterhalt niederzustrecken“. [...] Seine Vermutung: Das Opfer sei ein Anführer gewesen, dem ein Teil der Gruppe nicht mehr folgen wollte. Nach der Auseinandersetzung, bei der die Handwunde entstanden sei, habe er sich in die Berge geflüchtet, vielleicht um Verbündete aufzusuchen. „Das haben die anderen vereitelt und sind ihm gefolgt – nicht dass er einmal mit Verstärkung zurückkommt. So haben sie ihn beseitigt.“
Um aber nicht in ihrer Gemeinschaft als Mörder dazustehen, hätten sie die wertvollen Sachen zurückgelassen und nur den tödlichen Pfeil abgebrochen. Leitner stellt zudem eine Beziehung zu einem etwa 500 Jahre jüngeren Fund im Schnalstal her: Ein Menhir mit einer eingeritzten Abbildung. Sie zeigt einen Bogenschützen und vor ihm einen unbewaffneten Mann. Leitners Vermutung: „Dass es sich um einen fast schon berühmten Mord gehandelt hat“, über den man noch Jahrhunderte später erzählte.
So ganz will das freilich nicht zu der Heimlichkeit und dem zurückgelassenen Beil passen.
Ich teile den Zweifel von Stephan Löwenstein an Leitners These, obgleich aus anderen Gründen. So wie Leitner das darstellt, ist es durchaus möglich, dass Ötzi von seinen eigenen Leuten umgebracht wurde. Und ich hielte es durchaus mit der These Leitners für vereinbar, dass diese zwar den Mord zu verheimlichen versuchten, aber am Ende die Geschichte doch herauskam (irgendwer verplappert sich ja immer) bzw. die Menschen sich zusammenreimen konnten, was passierte: Eine bestimmte Anzahl von Personen verlässt das Dorf nach einem Streit, wobei am Ende der Anführer (oder zumindest eine peson herausgehobener Stellung) nicht zurückkehrt. Das ganze einige Tage nach einem handfesten "Streit".
Mein Zweifel an der These Leitners ist eher darin begründet, dass dieser annimmt, dass die Geschichte so prominent war, dass sie noch ein halbes Jahrtausend später bildlich festgehalten worden sei.
Und wenn wir uns das Bild mal anschauen, dann ist gar nicht klar, dass auf dem Menhir eine Ermordung (oder zumindest Tötung) dargestellt wird:
Auf dem Menhir sind dargestellt: drei Dolche, ein bis zwei Hirsche, ein vierrädriger Ochsenkarren, ein zoomorphes Wesen, das nicht näher einzugrenzen ist, vielleicht ein Hund, drei Beile und eine Axt oder ein Hammer, diverse Kreise, Punkte und Striche und zwei anthropomorphe Figuren, die in einander übergehen, davon eine ein Bogenschütze. Durchbohrt der Pfeil nun den Körper der vorderen Figur? Oder wollte der Künstler hier perspektivsiche Verzerrung darstellen? Sehen wir einen Mord, eine kriegerische Szene oder einfach nur zwei Personen, die nebeneinander stehen?