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Bei der heutigen Grabungsführung zum Thema hatte ich Gelegenheit zur Teilnahme und zum Gespräch mit Dr. Norbert Zieling (Grabungsleiter APX) und Dr. Clive Bridger (Archäologe bei der Bodendenkmalpflege). Beide sind profunde Kenner der Materie und schon seit den 80er Jahren in Xanten aktiv.
Mittlerweile wurde das Osttor der befestigten Anlage ergraben. Es befindet sich weiter östlich als erwartet. Der mit einer starken Mauer abgegrenzte Bezirk umfasst doch kein Quadrat, sondern ein Rechteck, das sich auf zwei Insulae (Nr. 7 und 14) im Südwesten der CUT erstreckt.
Zur Datierung gibt es einen ersten vagen Anhaltspunkt. Im Zusammenhang mit den Fundamenten der Mauer wurden Fibeln gefunden, die in der Mitte des 3. Jh. gebräuchlich waren. Unter der Mauer kam eine Münze aus der Zeit des Antoninus Pius zum Vorschein. Die Mauer muss also später darüber errichtet worden sein.
Aufschlussreich war für mich das Fundament des Südturms des Tores in der Ostmauer des neu entdeckten ummauerten Bezirks in der CUT. Es war mit Blaubasalt sehr solide ausgeführt. Nach Aussage der Archäologen kennt man das so nur vom Hafentempel. Überirdisch haben die Römer dieses Material nicht verwendet, da es splittern kann.
Auffällig war für mich, dass es sich, so Norbert Zieling, nach derzeitigem Forschungsstand nicht um Recycling-Material handelt, was ich auf jeden Fall erwartet hätte, wenn das abgegrenzte Areal nach Zerstörung der Stadt im Jahr 276 gebaut worden wäre. Meine ursprüngliche Vermutung, es handele sich um ein Verkleinerungskastell bzw. und/oder eine Verkleinerungsstadt, wie wir es von anderen Orten her kennen (Eining), passt dazu nicht. Ich hatte das ursprünglich vermutet, weil nach der Zerstörung 276 angeblich eine Besiedlungslücke bis zur Gründung der "spätantiken Festung" um 300 bestanden hat, was mir allerdings nie richtig plausibel erschien, denn wo sollte die Bevölkerung in der Zwischenzeit geblieben sein? Eine Vorgängersiedlung der spätantiken Festung wäre das passende Bindeglied gewesen. Wäre, wohlgemerkt!
Was dazu aber nicht passt, ist die Aussage von Clive Bridger, dass die Besiedlung der spätantike Festung, anders als es CB Rüger seinerzeit aufgrund fehlender Münzfunde geschlussfolgert hat, unmittelbar anschließt an die Zerstörung 276. Clive Bridger sagte mir, alle anderen Indizien (Gräber, Nutzung der Gebäude etc.) sprächen für eine kontinuierliche Besiedlung. Es fehlten nur die Münzfunde, was zu Rügers Annahme einer Besiedlungslücke führte; und diese ntepretation wurde bis heute kaum in Frage gestellt. Bridger dagegen erklärt die "Münzlücke" mit Kleingeldmangel in der Krisenzeit im letzten Quartal des 3. Jh. Und: Die Münzen des Gallischen Sonderreichs wurden, so Clive, noch eine längere Zeit weiter genutzt und sogar weiter geprägt (bzw. gefälscht), weil es in der Krisenzeit keine Alternative gab. Das lässt den Eindruck einer Besiedlungslücke entstehen, die Clive Bridger für eine Fehlinterpretation hält. Und er kennt die Materie bestens.
Wenn es auf dem Gelände der CUT also Besiedlungskontinuität gab, bestand auch keine Veranlassung, im Südwesten der Stadt eine verkleinerte "Übergangsfestung" zu bauen. Aber was war es dann?
Clive Bridger hält es für möglich, dass es ein gesicherter Bereich innerhalb der Stadt war, um die Annona (Abgaben in Form von Getreide u. ä.) zu sichern; im 3. Jh. wurden die Zustände ja immer unsicherer und vielleicht musste man die wertvollen Naturalabgaben wirklich irgendwann vor der eigenen, zunehmend belasteten Bevölkerung sichern. Ein Horreum (Getreidespeicher) sei für ihn denkbar und er verwies darauf, dass er einige große (befestigte?) Speicher dieser Art im Rheinland bereits ausgegraben habe und er Parallelen sieht, so etwa zu einem Fund in Mönchengladbach.
Norbert Zieling verwies darauf, dass man noch viel zu wenig wisse und weiter graben werde. Man habe schon zu viele Überraschungen erlebt und wohl auch deswegen hat er sich bei der Interpretation der aktuellen Funde zurück gehalten.
Kurzum: Es bleibt spannend und ich lasse mich überraschen, was als nächstes ergraben wird. Man bleibt bei dem Thema im APX jedenfalls am Ball, gräbt weiter aus und ich werde berichten, wenn es Neues zum Thema gibt.
Mittlerweile wurde das Osttor der befestigten Anlage ergraben. Es befindet sich weiter östlich als erwartet. Der mit einer starken Mauer abgegrenzte Bezirk umfasst doch kein Quadrat, sondern ein Rechteck, das sich auf zwei Insulae (Nr. 7 und 14) im Südwesten der CUT erstreckt.
Zur Datierung gibt es einen ersten vagen Anhaltspunkt. Im Zusammenhang mit den Fundamenten der Mauer wurden Fibeln gefunden, die in der Mitte des 3. Jh. gebräuchlich waren. Unter der Mauer kam eine Münze aus der Zeit des Antoninus Pius zum Vorschein. Die Mauer muss also später darüber errichtet worden sein.
Aufschlussreich war für mich das Fundament des Südturms des Tores in der Ostmauer des neu entdeckten ummauerten Bezirks in der CUT. Es war mit Blaubasalt sehr solide ausgeführt. Nach Aussage der Archäologen kennt man das so nur vom Hafentempel. Überirdisch haben die Römer dieses Material nicht verwendet, da es splittern kann.
Auffällig war für mich, dass es sich, so Norbert Zieling, nach derzeitigem Forschungsstand nicht um Recycling-Material handelt, was ich auf jeden Fall erwartet hätte, wenn das abgegrenzte Areal nach Zerstörung der Stadt im Jahr 276 gebaut worden wäre. Meine ursprüngliche Vermutung, es handele sich um ein Verkleinerungskastell bzw. und/oder eine Verkleinerungsstadt, wie wir es von anderen Orten her kennen (Eining), passt dazu nicht. Ich hatte das ursprünglich vermutet, weil nach der Zerstörung 276 angeblich eine Besiedlungslücke bis zur Gründung der "spätantiken Festung" um 300 bestanden hat, was mir allerdings nie richtig plausibel erschien, denn wo sollte die Bevölkerung in der Zwischenzeit geblieben sein? Eine Vorgängersiedlung der spätantiken Festung wäre das passende Bindeglied gewesen. Wäre, wohlgemerkt!
Was dazu aber nicht passt, ist die Aussage von Clive Bridger, dass die Besiedlung der spätantike Festung, anders als es CB Rüger seinerzeit aufgrund fehlender Münzfunde geschlussfolgert hat, unmittelbar anschließt an die Zerstörung 276. Clive Bridger sagte mir, alle anderen Indizien (Gräber, Nutzung der Gebäude etc.) sprächen für eine kontinuierliche Besiedlung. Es fehlten nur die Münzfunde, was zu Rügers Annahme einer Besiedlungslücke führte; und diese ntepretation wurde bis heute kaum in Frage gestellt. Bridger dagegen erklärt die "Münzlücke" mit Kleingeldmangel in der Krisenzeit im letzten Quartal des 3. Jh. Und: Die Münzen des Gallischen Sonderreichs wurden, so Clive, noch eine längere Zeit weiter genutzt und sogar weiter geprägt (bzw. gefälscht), weil es in der Krisenzeit keine Alternative gab. Das lässt den Eindruck einer Besiedlungslücke entstehen, die Clive Bridger für eine Fehlinterpretation hält. Und er kennt die Materie bestens.
Wenn es auf dem Gelände der CUT also Besiedlungskontinuität gab, bestand auch keine Veranlassung, im Südwesten der Stadt eine verkleinerte "Übergangsfestung" zu bauen. Aber was war es dann?
Clive Bridger hält es für möglich, dass es ein gesicherter Bereich innerhalb der Stadt war, um die Annona (Abgaben in Form von Getreide u. ä.) zu sichern; im 3. Jh. wurden die Zustände ja immer unsicherer und vielleicht musste man die wertvollen Naturalabgaben wirklich irgendwann vor der eigenen, zunehmend belasteten Bevölkerung sichern. Ein Horreum (Getreidespeicher) sei für ihn denkbar und er verwies darauf, dass er einige große (befestigte?) Speicher dieser Art im Rheinland bereits ausgegraben habe und er Parallelen sieht, so etwa zu einem Fund in Mönchengladbach.
Norbert Zieling verwies darauf, dass man noch viel zu wenig wisse und weiter graben werde. Man habe schon zu viele Überraschungen erlebt und wohl auch deswegen hat er sich bei der Interpretation der aktuellen Funde zurück gehalten.
Kurzum: Es bleibt spannend und ich lasse mich überraschen, was als nächstes ergraben wird. Man bleibt bei dem Thema im APX jedenfalls am Ball, gräbt weiter aus und ich werde berichten, wenn es Neues zum Thema gibt.
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