Gab es Arminius überhaupt?

El Quijote

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Ausgelöst wurde meine Fragestellung, ob es Arminius überhaupt gab, heute Nachmittag durch die Lektüre des Buches von Erik Durschmied, Als die Römer im Regen standen. Der Einfluss des Wetters auf den Lauf der Geschichte. (London 2000, Berlin 2002.).
Im zweiten Kapitel stolperte ich über die Äußerung, dass Tacitus der "hervorragendste Kenner und Chronist" der Germanen sei. Und auch sonst scheint Quellenkritik für Durschmied ein Fremdwort zu sein, er übernimmt aus den Quellen, als hätten Kriegsberichterstatter (das war er selbst) und nicht spätere Generationen von Historiographen diese verfasst, nimmt also alles geschriebene punktgenau als wahr an, wobei er spätestens beim Schreiben seines Textes hätte bemerken müssen, dass in der Überlieferung logische Fehler vorliegen. Mich darüber ärgernd reifte in mir der Gedanke: gibt es eigentlich Quellen, welche die Existenz des Feldherren Arminius belegen, außer denen die zwei Generationen und noch später entstanden? Oder war Arminius nur ein gutes Erklärungsmuster, um eine Niederlage gegen unterschätzte Barbaren zu erklären, der Barbar, der eine römische Militärausbildung genossen hatte und die römische Taktik kannte. Fällt nicht auf, dass sein Name, und der seines Bruders Flavius römisch sind? Wie waren ihre germanischen Namen? Und woher wissen wir, dass Arminius schon als Junge unter seinesgleichen herausstach? Hatten die antiken Chronisten etwa seine Schulzeugnisse?
Alles, was ich über Arminius weiß, riecht mir ganz ehrlich sehr nach literarischem topos. Konnten die Chronisten es zulassen, dass ein namenloser lokaler Barbarenherrscher einfach so drei Legionen besiegt, oder mussten sie eine Figur erfinden, die römisch genug war, damit Rom nicht das Gesicht ob der Niederlage verlöre.

Wer hat gute Gegenargumente, etwa eine Inschrift o.ä. oder eine zeitgenössische Quelle, die über ihn berichtet?
(Im Übrigen übernimmt Durschmied genauso kritiklos die Charakterisierungen Varus’ der antiken Historiographen, der ist demnach nur fett, faul und dumm. Die Frage wie er dennoch zu einer so verantwortungsvollen Posten erlangen konnte, wird damit beantwortet, dass er in die kaiserliche Familie einheiratete. Aber wieso konnte er – wenn seine Tugenden doch so gering und seine Fehler so groß waren – in die kaiserliche Familie einheiraten?)

Ich bitte darum militärhistorische Einwürfe nur zu machen, wenn sie der Beantwortung der Frage dienen, zu Fragen um die (Lokalisierung der) Varusschlacht etc. gibt es in diesem Forum ja schon ausreichend Threads, in denen man sich austoben kann.


Ich bin mir ziemlich sicher, dass hier einige "Römer" im Forum sind, die meine Fragestellung lösen können :D

Gruß Quijote
 
Tacitus war nicht schuld...

Salvete El_Quijote


Nur ganz kurz, der Hinweis auf die Person Arminius ist schon bei Paterculus zu finden und der war bekannterweise ein "Zeitzeuge" des Geschehens.

Vell. II 118, 2
" Tum iuvenis genere nobilis, manu fortis, sensu celer, ultra barbarum promptus ingenio, nomine Arminius, Sigimeri principis gentis eius filius, ardorem animi vultu oculis praeferens, adsiduus militiae nostrae prioris comes, iure etiam civitatis Romanae decus equestris consecutus gradis - Es gab aber damals einen jungen Mann aus vornehmen Geschlecht, der tüchtig im Kampf und rasch in seinem Denken war, ein beweglicherer Geist, als es die Barbaren gewöhnlich sind. Er hieß Arminius und war der Sohn des Sigimer, eines Fürsten jenes Volkes. In seiner Miene und in seinen Augen spiegelte sich sein feuriger Geist. Im letzten Feldzug hatte er beständig auf unserer Seite gekämpft und hatte mit dem römischen Bürgerrecht auch den Rang eines römischen Ritters erlangt."

Das würde also bedeuten, daß die Konstruktion des Arminius schon zur Zeit des Tiberius begonnen hatte, wahrscheinlich sogar schon zu Lebzeiten des Augustus. :D
Im Ernst, Paterculus ist als zeitnaheste Quelle ein "relativ" sicherer Beleg für die Person Arminius.

Gruß

Marbod
 
Zudem scheint mir Arminius kein lateinischer Name zu sein, zumindest wären mir keine Römer dieses Namens bekannt. Das nur mal so nebenbei.
 
@ El_Quijote: Leider befasst sich der Link nicht näher mit der etymologischen Herkunft des Namens und gibt letztendlich auch keine Antwort auf die Frage, ob es auch Römer namens "Arminius" gibt. Interessant finde ich, dass mit Italicus noch viel später (nämlich ungefähr zurzeit des Claudius) ein Cheruskerführer mit lateinischem Namen auftaucht. Wobei es hier Sinn macht, da er ein Sohn des (ebenfalls latinisierten) Flavus ist. Scheint so, als ob sich der romfreundliche Flügel der Cherusker lange behauptet hat. Vielmehr würde mich interessieren, wieso es überhaupt so schnell und so rasch Cherusker gibt, die derart enge Kontakte zum Reich knüpften. Zumindest nach bisherigen Kenntnissen lernten die Römer die Cherusker ja erst während der Germanenfeldzüge kennen.
 
Arminius' germanischer Name

Nach allem, was ich bisher über das Thema Arminius gelesen habe, so stand da überall, daß sein germanischer Name nicht bekannt, mit Sicherheit aber nicht Hermann war. Sein Bruder hieß ja Falvus, was der Blonde heißt. Es gibt Überlegungen, daß er Arminius hieß, weil er für die Römer in Armenien gedient haben soll, aber selbst das ist nicht sicher. Sicher ist nur, daß sie ihn Arminius nannten, weil sie aus allen ihnen unaussprechlichen Namen versucht haben, eine lateinische Form zu entwickeln.

Dieses begegnet uns u. a. ja auch bei den Namen gallischer/keltischer Fürsten, Heerführer wie z. B. Brennus, Diviciacus (Häduerfürst im gallischen Krieg), Cassivellaunus (Häuptling der Catuvellauner z. Z. Caesar's Britannieninvasion), Caratacus (britischer Rebell bei Claudius' Britannienfeldzug). Auffallend ist, daß all diese Herren die lateinische Endung -us in ihrem Namen tragen. Verweist doch darauf, daß es sich auch bei diesen Namen um die latinisierten Formen handelt.
 
arminius war mit seinem bruder auf einer römischen militär-akademie
ohne diese ausbildung hätte er wohl kaum die 17,18 und 19legion vernichten können
nachdem sein vater starb,oder pro-römisch war kehrte er wieder nach germanien zurück um seinen volksstamm gegen die römer anzuführen
sein bruder blieb bei den römern so weit ich weiß
 
Unsere Lateinlehrerin hatte einst die Behauptung aufgestellt, dass Caesar alle die Namen lateinisiert hat, deren Besitzer romfreundlich waren. ich kenne mich damit nicht so sehr aus, meine aber, dass dies nur im Wesentlichen oder gar kaum stimmt. (?)
 
die varus-schlacht in der arminius gekämpft hat/die arminius "organisiert" hat war etwa im September 9n.Chr
und Caesar ist 44v.Chr wie man weiß ermordet worden
vl hat augustus das übernommen,was ich aber für unwahrscheinlich halte
 
@ Nietzsche: die Idee ist gar nicht so verkehrt. Ein mit den Römern verbündeter Stamm während der Invasion Britanniens waren die Regner. Deren König war nicht nur ein enger Verbündeter Roms, sondern baute später auch eine riesige Villa. Er trug den Namen Tiberius Claudius Cogidubnus - die Vornamen sind auch die Vornamen von Kaiser Claudius. Sicher war das eine besondere Ehre, und dieser König dürfte auch das Bürgerrecht besessen haben. Allerdings: ein Einzelfall reicht nicht aus, um zu sagen, ob es immer so war.
Interessant finde ich aber auch noch, das der Cherusker-Anführer Italicus (herrschte um 50 und danach) als Sohn des Flavus anscheinend auch in Italien aufwuchs.
 
Nietzsche schrieb:
Unsere Lateinlehrerin hatte einst die Behauptung aufgestellt, dass Caesar alle die Namen lateinisiert hat, deren Besitzer romfreundlich waren. ich kenne mich damit nicht so sehr aus, meine aber, dass dies nur im Wesentlichen oder gar kaum stimmt. (?)

Ich hatte ja in meinem vorherigen Beitrag Caratacus erwähnt, und der lehnte sich gegen Rom auf und trotzdem hat er einen Namen mit lateinischer Endung. Also kann die Behauptung Deiner werten Lateinlehrerin nicht stimmen. Ich glaube, wie ich schon vorher erwähnte, daß die Römer versuchten, unaussprechliche Namen in für sie aussprechliche latinisierte Formen umzuwandeln.
 
@ Cleopatra Aelia: es ist aber durchaus möglich, dass die Kelten in ihrer eigenen Sprach eine -os oder -us-Endung verwendeten. Solche Namen sind häufig und schon in einer Zeit bezeugt, als die Römer noch nicht über keltische Stämme herrschten, und dazu gleichermaßen in lateinischen wie griechischen Quellen (wo beispielsweise ein keltischer Brennos verwendet wird). Es gibt auch einige keltische Ortsnamen, die auf -us enden: Rotomagus (heute Rouen), Brotomagus (Brumath), Borbetomagus (Worms).

Zudem hätte von Seiten der Römer nichts dagegen gesprochen, auch andere Namen zu "romanisieren" - da würde dann halt aus einem Vercingetorix ein Vercingetorigus.

Was wiederum deine Vermutung etwas stützen würde: Zu Zeiten des Tiberius und Caligula gab es einen britischen König, der unter dem Namen "Verica" Münzen prägen ließ. Bei Cassius Dio taucht dann ein "Bericus" als Flüchtling an den Kaiserhof aus Britannien auf, fast sicher die gleiche Person.

Dennoch glaube ich eher, dass zumindest die Kelten, vielleicht nicht die Germanen, eine -us-Endung kannten. Nahezu alle Namen von britischen Häuptlingen etc. während der Britannienfeldzüge enden auf -us.
 
Ashigaru schrieb:
es ist aber durchaus möglich, dass die Kelten in ihrer eigenen Sprach eine -os oder -us-Endung verwendeten. Solche Namen sind häufig und schon in einer Zeit bezeugt, als die Römer noch nicht über keltische Stämme herrschten, und dazu gleichermaßen in lateinischen wie griechischen Quellen (wo beispielsweise ein keltischer Brennos verwendet wird). Es gibt auch einige keltische Ortsnamen, die auf -us enden: Rotomagus (heute Rouen), Brotomagus (Brumath), Borbetomagus (Worms)....

Genau da möcht ich mal kurz in bezug auf Arminius einhaken: was ist von der Theorie der sogenannten "Nordwestvölker" zu halten, also jenem Puffer von Stämmen, die keltischen Ursprungs und erst später germanisiert worden sind, so -wie man vermutet- auch diese Cherusker (die ja im übrigen recht schnell aus allen berichten namentlich verschwinden...)?
Sprach Arminius eine keltische Sprache?

(Und wann wird man aufhören, Germanen überall dort zu "sehen", wo später mal tiudusk oder deutsch als Sprache alle verband?)
 
Ashigaru schrieb:
Zudem hätte von Seiten der Römer nichts dagegen gesprochen, auch andere Namen zu "romanisieren" - da würde dann halt aus einem Vercingetorix ein Vercingetorigus.
Ach, und ich dachte, der -rix sei ein angehängter rex, 'König'; also Vercingetu(s) Rex > Vercingetorix.
 
ning schrieb:
Genau da möcht ich mal kurz in bezug auf Arminius einhaken: was ist von der Theorie der sogenannten "Nordwestvölker" zu halten, also jenem Puffer von Stämmen, die keltischen Ursprungs und erst später germanisiert worden sind, so -wie man vermutet- auch diese Cherusker (die ja im übrigen recht schnell aus allen berichten namentlich verschwinden...)?
Sprach Arminius eine keltische Sprache?



Definitiv nein!:mad:
Es hat in Norddeutschland keltische bzw. keltischbeeinflußte Stämme gegeben, aber deren Siedlungen und Burgen sind ab 3.Jh. v.Chr. zerstört (freiwillig und/oder durch Kampf) worden. Also kann es zur Zeitenwende keine keltischen Stämme mehr in Norddeutschland gegeben haben. Diese "Kelten" wurden von den Germanen assimiliert und so hat man auch keltische Einflüsse bei germanischen Schmuckstücken feststellen können (Halskette), aber eigenständige Kelten hat es nicht mehr gegeben.
Und wenn Arminius keltisch gesprochen hätte, dann hätten das die Römer auch in ihren Aufzeichnungen vermerkt. Ferner hätte ein keltischer Adliger auch keinen so großen Einfluß bei den germanischen Stämmen erlangen können.
Auch wenn es für einige "Keltenfans" nicht gerne hören:p ..aber die Cherusker waren Germanen, die in einem Gebiet seßhaft waren, das ursprünglich von "Kelten" beheimatet war.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ashigaru schrieb:
@ Cleopatra Aelia: es ist aber durchaus möglich, dass die Kelten in ihrer eigenen Sprach eine -os oder -us-Endung verwendeten. Solche Namen sind häufig und schon in einer Zeit bezeugt, als die Römer noch nicht über keltische Stämme herrschten, und dazu gleichermaßen in lateinischen wie griechischen Quellen (wo beispielsweise ein keltischer Brennos verwendet wird). Es gibt auch einige keltische Ortsnamen, die auf -us enden: Rotomagus (heute Rouen), Brotomagus (Brumath), Borbetomagus (Worms).

Es gibt gerade in Ortsnamen aber auch die sächliche lateinische Endung auf -um, z. B. Lugdunum (=Lyon). Auch dieses war ein keltischer Ort, der seinen Namen von dem Gott Lug herleitet. Aber wiederum begegnet uns hier eine lateinische Endung. Das erscheint mir zuviel des Zufalls, daß es im Keltischen auch noch eine Endung auf -um gegeben hat. Deshalb vermute ich hier weiterhin, daß auch keltische Ortnamen latinisiert wurden, egal ob sie dann auf -us oder -um endeten. Die Römer hatten diese Gebiete nun mal erobert und wollten die Ortsnamen eben auch aussprechbar haben.
 
@ Cleopatra Aelia: was diese Ortsnamen betrifft: diese zahlreich bezeugten Ortsnamen hängen vor allem mit der Silbe -dunum zusammen. "dunom" war das keltische Wort für Festung oder Burg. Beispiele: Lugdunum, Augustodunum, Tarodunum (Kirchzarten), Lopodunum (Ladenburg), Uxellodunum usw. Ein anderes, für Keltenorte typisches Anhängsel ist das vielleicht bedeutungsgleiche Wort -durum. Interessant und eher ein Beleg dafür, dass die Römer der keltischen Sprache doch relativ offen gegenüberstanden, finde ich, dass es Neugründungen nach den gallischen Kriegen gab, die ebenfalls "-dunum" genannt wurden: unter anderem Caesarodunum (Tours) oder Augustodunum (Autun).
 
Ashigaru schrieb:
Zumindest nach bisherigen Kenntnissen lernten die Römer die Cherusker ja erst während der Germanenfeldzüge kennen.

Lieber Ashigaru,
das kann so nicht stimmen. Arminius war römischer Bürger, Ritter und hat für Rom gekämpft. Also muß es schon vorher Kontakte gegeben haben.:rolleyes:
 
Lieber Heinz, immerhin erstreckten sich die Kämpfe über einen beträchtlichen Zeitraum von 26 Jahren. Es ist nicht klar, wann Arminius nach Rom gekommen ist.
 
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