Aussterben der Neandertaler

Das Problem ist nun mal die Popularität (also populistische Veröffentlichungen, wie das Cover des Spiegels von 2000), die leider viel Unsinn und Falschheiten mit sich führt und anstatt sich zu beklagen, sollte man lieber froh darüber sein, dass es Leute gibt, die einem die wissenschaftlichen Argumente darbeiten. liest findet man solche Argumente nur noch unter "Wissenschaftsgeschichte".


Dann schildere uns doch mal, Mark77, wenn du so hoch auf dem wissenschaftsgeschichtlichen Ross sitzt, wie du dir das Verschwinden unserer lieben Neandertaler erklärst.
 
welches verschwinden?
lies erstmal die artikel zu den drei modellen die ich genannt habe..
(letzter beitrag vor deinem roten stern) und lies die gesamte antwort und nicht nur ein teil..
 
hier nochmals die genaueren Artikelangaben:

Auffermann, B. & J. Orschiedt 2002. Die Neandertaler - Eine Spurensuche. Theiss-Verlag, Stuttgart.
Bolus, M. & R.W. Schmitz 2006. Die Neandertaler. Thorbecke Verlag, Ostfildern.
Bolus, M. 2004. Wer war der Neandertaler? In Conard, N.J. [Hrsg.] Woher kommt der Mensch? Attempto Verlag, Tübingen.
Finlayson, C. 2004. Neanderthals and modern humans. An ecological and evolutionary perspective. University Press, Cambridge.
Hublin, J.J. & S.E. Bailey 2006. Revisiting the last Neandertals. In Conard, N.J. [Hrsg.]When Neanderthals and Modern Humans met. Kerns Verlag, Tübingen.
Krings, M. 1998. Neandertaler DNA-Sequenzen und der Ursprung des modernen Menschen. Herbert Utz Verlag, München.
Krings et al. 1999. DNA sequence of the mitochondrial hypervariable region II from the Neandertal type specimen. Evolution 96:5581-5585.
Stringer, C & R. McKie 1996. African Exodus. Random House, London.
Trinkaus, E. 1995. Neanderthal Mortality Patterns. Journal of Archaeological Science 22:121-142.
Van Andel, T.H. et al. 2003. Archaeological Dates as Proxies for the Spatial and Temporal Human Presence in Europe: a Discurse on the Method. In Van Andel, T.H. et al. [Hrsg.] Neanderthals and modern humans in the European landscape during the last glaciation. McDanold Institute for Archaeological Research, Short Run Press, Exeter, UK.
Zubrow, E. 1989. The Demographic Modelling of Neanderthal Extinction. In Mellars, P. & L. Stringer [Hrsg.] The Human Revolution, Edinburgh.
 
ich seh grad en mistake:

Stringer, C & R. McKie 1996. African Exodus. Random House, London.
ist ein leicht populärwissenschaftlich angehauchtes Wissenschaftsbuch, sollte heir nicht mit drinstehen.. (ist auch zuuu allgemein)

hier etwas besseres und natürlich empfehlenswertes:

Conard, N.J. [Hrsg.] When Neanderthals And Modern Humans Met. Tübingen Publications in Prehistory, Kerns Verlag, Tübingen, 2006.
 
Grüss Euch
Hier meldet sich ein “Geschichtsforum-Frischling”. Nun das Thema bezüglich des Verschwindens des Neandertalers ist spannend wie ein Krimi, zumal sich selbst die Lager der Wissenschaftler hinsichtlich dieser Frage teilen.

Die einen suchen vehement nachzuweisen, dass der Neandertaler nie ausgestorben sei, sondern sich vielmehr mit dem Homo sapiens sapiens vermischte und somit in unserer Art aufging und suchen nach Funden der sogenannten “Mischmenschen” die diese These beweisen.

Das andere Lager vermutet nicht unbegründet, dass Homo sapiens sapiens für das Verschwinden der Neandertaler verantwortlich war. Diese These wird auch bestärkt mit den technischen Neuerungen von Steinwerkzeugen, die mit dem Auftauchen des modernen Menschen in Europa einher gingen. Und dies wäre sicherlich nicht das erste traurige Beispiel, dass eine technisch überlegene Kultur eine Andere unterwirft, bzw. auslöscht. Tragische Beispiele in der Geschichte haben die Menschen einige zu verzeichnen.

Was zusätzlich auf diese These hindeutet, ist die Vermutung, dass die Menschen von Afrika in den nahen Osten auswanderten. Die bisherigen Funde deuten darauf hin, dass die Neandertaler vor ca. 41.000 im Osten verschwanden und vor ca. 30.000 im Westen. Somit könnte es schon möglich gewesen sein, dass Homo sapiens sapiens da die Finger mit im Spiel hatte.

Persönlich möchte ich nur zu gerne an die erste These glauben. Die Neandertaler waren den modernen Menschen sicherlich in Vielem ebenbürtig. Körperlich waren sie ihnen sogar weit überlegen. Ein Neandertaler war physisch viermal so stark, wie der moderne Mensch. Also ein wandelndes Muskelpaket. Auch mindestens so anpassungsfähig, zumal die Neandertaler auch drastische Klimaveränderungen erfolgreich meisterten, wie zum Beispiel die Eems-Warmzeit vor ca. 100.000 Jahren, die ähnlich wie die heutige Holozän-Warmzeit ca. 10.000 Jahre andauerte.

Das Gehirnvolumen war größer als das des heutigen Menschen. Da das Gehirn aber auch für die Wärmeregulierung des Körpers zuständig ist, könnte diese Entwicklung sicherlich auch mit dem Leben in überwiegend kalten Klimazonen in den letzten 100.000 Jahren zu tun haben. Wer weiss?

Vielleicht war der Neandertaler trotz seiner physischen Überlegenheit weit empfindlicher als der moderne Mensch. Mitunter braucht allein das Gehirn ganze 20 Prozent der Körperenergie. Beim Neandertaler kam die enorme Muskelmasse noch dazu. Vielleicht hatte ein Nahrungsmangel beim Neandertaler viel dramatischere Auswirkungen, als beim modernen Menschen.

Nun ich denke, es könnte tausend Gründe gegeben haben , warum die Neandertaler verschwunden sind, oder möglichweise auch nicht verschwunden sind. Wurde eigentlich die DNS- Analyse schon vollkommen abgeschlossen? Biaher habe ich nur vom den Mutationen des Y-Chromosoms vernommen, dass aufgrund der Genetischen Distanz eine Vermischung nie in Frage gekommen wäre, oder habe ich wieder mal was verschnarrcht?

Eigentlich wäre das ja erstaunlich, obwohl beide Arten von Homo erectus abstammen.

Liebe Grüsse
Vom Federmesser
 
Zuletzt bearbeitet:
Das andere Lager vermutet nicht unbegründet, dass Homo sapiens sapiens für das Verschwinden der Neandertaler verantwortlich war. Diese These wird auch bestärkt mit den technischen Neuerungen von Steinwerkzeugen, die mit dem Auftauchen des modernen Menschen in Europa einher gingen. Und dies wäre sicherlich nicht das erste traurige Beispiel, dass eine technisch überlegene Kultur eine Andere unterwirft, bzw. auslöscht. Tragische Beispiele in der Geschichte haben die Menschen einige zu verzeichnen.

Da muss ich dir widersprechen, die Neandertaler hatten auch schon recht ausgefeilte und den des anatomisch modernen Menschen (AMH) verdammt ähnliche Steinwerkzeuge. Hinzu kommt, das die Hypothese einer aktiven ("Krieg") oder passiven ("Kultur") Verdrängung durch den AMH recht veraltet und auch nicht haltbar ist.

Was zusätzlich auf diese These hindeutet, ist die Vermutung, dass die Menschen von Afrika in den nahen Osten auswanderten. Die bisherigen Funde deuten darauf hin, dass die Neandertaler vor ca. 41.000 im Osten verschwanden und vor ca. 30.000 im Westen. Somit könnte es schon möglich gewesen sein, dass Homo sapiens sapiens da die Finger mit im Spiel hatte.

Vergessen darf man aber nicht die Problematik des Sattelpunktes in der 14C-Kurve zwischen 40'000 und 30'000 BP.
Zudem gibt es noch jüngere Funde als 40'000 BP in Osteuropa oder auf der Krim.

Nun ich denke, es könnte tausend Gründe gegeben haben , warum die Neandertaler verschwunden sind, oder möglichweise auch nicht verschwunden sind. Wurde eigentlich die DNS- Analyse schon vollkommen abgeschlossen? Biaher habe ich nur vom den Mutationen des Y-Chromosoms vernommen, dass aufgrund der Genetischen Distanz eine Vermischung nie in Frage gekommen wäre, oder habe ich wieder mal was verschnarrcht?

Nee, das wird noch ein paar jährchen Dauern mit der aDNA-Analyse.

Eigentlich wäre das ja erstaunlich, obwohl beide Arten von Homo erectus abstammen.

Das muss wahrlich erst noch geklärt werden. Ganz sicher kann man da nicht sein.
 

Vielleicht ist Valuev der Protoyp des neuen Menschen nach der kommenden Klimakatastrophe. :eek:

Ich nehme das als Gelegenheit für einen Update zum Thema. Zwei neue wissenschaftliche Untersuchungen führen zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Der erste Bericht führt die Möglichkeiten eines Genozids an, da der Homo Sapiens mit dem Speer eine Waffe entwickelt hat, gegen die der körperlich kräftigere aber ungelenkige Neandertaler nichts mehr entgegen zu setzen hatte.
Die Neandertaler hatten keine Chance | kurier.at

Ein andere Untersuchen attestiert den Neandertaler schlechte, den schneller werdenden klimatischen Änderungen nicht mehr angepasste Gene.
news.ch - Neandertaler: Neue Theorie über Ursache für Aussterben - Boulevard, Wissen
 
Zumindest das mit den Speeren wirkt allerdings relativ fragwürdig anhand der Speerfunde die man Neanderthalern zuordnet.

Ich meine mich auch erinnern zu können das beim Neanderthaler die Schulter und Armmuskeln besonders kräftig ausgeprägt waren. Beides nicht die schlechtesten Vorraussetzungen für Speerwürfe.

Der in einem Neanderthaler gefundene Speerrest ist ja auch nicht zwingend von einem Homo Sapiens geworfen. Sondern eher ein Zeichen dafür dass zu Zeiten des Neanderthalers diese Waffen in Gebrauch waren in dessen Umgebung.

Der Homo neanderthalensis hatte – obwohl muskelbepackt – keine Chance: Dem präzisen, kraftvollen Wurf aus der Ferne hatte er nur ein kriegerisches Grunzen und drohendes Fuchteln mit der Keule entgegenzusetzen.
Klingt zugegebenermassen auch reichlich Aufmerksamkeit heischend. Richtig lustig wirds ja wenn man aus den Sätzen herausliest Neanderthaler konnten keine Steine werfen. Das ganze ist allerdings aus meiner Sicht nur eine Überspitzung folgenden Artikels:

Were Neanderthals stoned to death by modern humans? - life - 20 November 2008 - New Scientist

Hierbei muss man aber irgendwie schon in Frage stellen inwieweit der Vergleich mit den Profisportlern so passt, und inwieweit sich dies auf Neanderthaler übertragen lässt. Zwei Überlegungen bieten sich hier ja geradezu an:

Die ausgeprägte Rechtshändigkeit beim modernem Menschen ist etwas besonderes im Tierreich. Inwieweit diese beim Neanderthaler gegeben war wissen wir imho nicht genau.

Es ist vollkommen unklar ob die Anatomie des Neanderthalers und sein Muskelaufbau zu den gleichen Verletzungen geführt hätte wie beim modernem Menschen. Nicht ohne Grund rät man bei derartigen Verletzungen dazu mit Muskelaufbau die Gelenke zu stabilisieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Speer-Theorie halte ich auch für unwahrscheinlich. Ein durch einen Speer verwundeter Neandertaler macht noch keinen Genozid. HS und HN waren sich vielleicht nicht grün, aber muss man deshalb gleich das Schlimmste annehmen?
Insgesamt wirkt das ganze etwas zusammen geschustert.
 
Die ausgeprägte Rechtshändigkeit beim modernem Menschen ist etwas besonderes im Tierreich. Inwieweit diese beim Neanderthaler gegeben war wissen wir imho nicht genau.
Eine Einhändigkeit findet sich bei vielen Säugetieren, weil es in bestimmten Situationen wertvolle Zeit spart, wenn man sich nicht erst für eine Hand entscheiden muss.
Ob dabei Rechts- oder Linkshänder statistisch überwiegen ist hier imho eher unwichtig.
 
Das schon, allerdings war das auffällige laut dem Artikel ja dass bei den HS Funden sich eine einseitige Belastung des rechten Arms fand - bei den Neandertaler Funden nicht. Jedenfalls bei einigen der Funde. Das lässt halt schon fragen inwieweit dort die Ausgangsthese (Zeichen einseitiger Belastung des rechten Arms) das ganze zu sehr auf unsere Merkmale einschränkt.

Gilt ja genauso für die restliche Anatomie.

Aber warscheinlich ist der entscheidende Punkt: Kein Jäger jener Zeiten musste seinen Speer in auch nur annähernd vergleichbarer Häufigkeit wie ein Profihandballer seinen Ball werfen.
 
Die Befunde, wenn richtig gedeutet, besagen doch nur, daß H.s. Speere geworfen hat. Sie können doch kaum auch etwas über das Ziel solcher Speere aussagen. Mit gleicher Wahrscheinlichkeit darf man davon ausgehen, daß sich gegnerische H.s.-Clans gegenseitig beschmissen haben oder aber, daß Wild erjagt wurde. Der Umstand, daß H.n. keine Verschleißspuren an den Wurfarmen aufweist, aber ebend doch spezifische Verschleißpunkte und Verletzungen zeigt, beweist hingegen sehr deutlich, daß H.n. zu Kampf- und Jagdzwecken andere Taktiken verfolgte.
Allerdings halte ich diese Wurfarmerkenntnisse für nicht unwichtig. Man müßte überlegen, in wie weit Fernwaffen einen Jagderfolg vergrößern. Mehr Jagderfolge, mehr Nahrung, mehr Nachkommen. Ganz ohne Genozid.
 
Hinter der "Vorstellung" Neanderthaler steckt viel Romantik bei manchen Leuten. Sie bewundern den Superduperüberlebenskünstler, der durch Jagd auf Großwild sein Überleben in den vielen Eiszeiten sicherte.
Ich sehe da 2 große Probleme:
1. Der Neanderthaler hat nicht versucht andere Gegende zu erobern, d.h. außerhalb von Europa zu gehen und neue Wege beschreiten=> Ihm ging es sehr gut!
2. Er ist aus ALLEN Gegenden verschwunden, wo der heutige Mensch hinkam!( Entweder assimiliert oder verdrängt).
Da es bei 2 keine Nachweise über Auseinandersetzungen vorliegen, gehe ich von der Jagd auf denselben Großwild aus.
Die Klimahypothese haut nicht hin, weil der dann mehrere tausend Jahre Zeit hätte irgendwohin abzuwandern und dies nicht getan hat.Der war wohl doch kein so guter europäischer Überlebenskünstler verglichen mit dem HSS.
 
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Ich sehe da 2 große Probleme:
1. Der Neanderthaler hat nicht versucht andere Gegenden zu erobern, d.h. außerhalb von Europa zu gehen und neue Wege beschreiten
Im Gegenteil: Der Neandertaler wanderte, wie später der HSS, über die Levante nach Europa ein, man findet ihn rund ums Mittelmeer und nach Asien hinein. Der Rest Deines Beitrags wäre damit zunächst ad acta zu legen, wenigstens bis Du mit besseren Argumenten kommst.
 
Im Gegenteil: Der Neandertaler wanderte, wie später der HSS, über die Levante nach Europa ein, man findet ihn rund ums Mittelmeer und nach Asien hinein. Der Rest Deines Beitrags wäre damit zunächst ad acta zu legen, wenigstens bis Du mit besseren Argumenten kommst.
Dass er nach Europa gewandert ist, wissen wir schon. Ab da ist er nicht wirklich weit gekommen. Er war über 200 000 Jahre außerhalb von Afrika und hat die meiste Zeit in Europa oder in deren Ränden gelebt.
Wann haben sie sich in Asien angesiedelt? Wenn sie das vor dem Eintreffen von HSS gemacht haben, dann muss es ihnen schon davor schlecht gegangen sein.
 
Diese Argumentation verstehe ich jetzt nicht. Außerdem waren sie nur in West- und Mittelasien.
Ich meinte, falls sie vor der Ankunft von HSS nach Asien gewandert sind, dann müsste es ihnen schon davor in Europa schlecht gegangen sein. Niemand wandert freiwillig in neue Gebiete, ohne dazu genötigt zu sein.Wenn das vor HSS war, dann hatten sie schon Probleme davor zu überleben.Der Zeitpunkt wrde mich interessieren.
 
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