Muspilli
Aktives Mitglied
Wo schreibe ich etwas über Fleisch als kein Energielieferant?( Das ist ein Schwenker deinerseits). Kein Glucoselieferant habe ich geschrieben und das ist eindeutig. Ja, es geht um die Versorgung des Gehirns speziell und es steht nicht im Widerspruch zur GLOBALEN Versorgung. Durch mehr Fleischkost kommt man nicht an mehr Glucose, bitte wenn zittieren, dann korrekt.
Da hast du Recht!
Ich hatte hier zunächst vor Änderung des Beitrags stehen, daß ich der eigentlichen Diskussion nicht unnötig im Weg stehen möchte und mich mit Spitzfindigkeiten zurückhalten wollte, obwohl ernährungsphysiologisch und biochemisch noch einige Mißverständnisse oder Unklarheiten offen sind. Aber dann habe ich das mit dem Krokodil noch einmal gelesen und es ärgert mich; du hast den Vergleich mir gegenüber nicht gemacht im Zusammenhang mit Intelligenz oder Gehirngröße, sondern im Zusammenhang mit dem vegetativen Nervensystem. Daher setze ich das jetzt hier noch rein:
Du schreibst:
Bekanntlich zählt es unter den Wirbeltieren zu den Reptilien. Bei Wiki P. lese ich, daß es unter den Reptilien das höchstentwickelte Gehirn hat, als Unterschiede zu anderen Wirbeltieren werden angegeben:Bei einem Krokodil steuert sein Gehirn auch all die lebenswichtigen Funktionen, was man als vegetativ versteht, inlklusive hormonaler Regulierung usw. Weder ist sein Gehirn groß noch benötigt er viel Energie dafür. Bei höheren Säugetieren sieht es wieder anders aus.
Krokodile - TierdokuAm höchsten entwickelt sind die beiden Hirnhemisphären des Vorderhirns. Sie sind auch vom Volumen her die größten Teile des Krokodilhirns. Die Zirbeldrüse (Epiphyse) sowie das Parietalorgan fehlen bei Krokodilen völlig. Bei allen anderen Wirbeltieren sind diese beiden Organe vorhanden.
Zu allen anderen Gehirnteilen scheint es also Analoga zu geben und eben auch in der beobachteten Hinsicht der "lebenswichtigen Funktionen, was man als vegetativ versteht, inlklusive hormonaler Regulierung" (Muchacho). Wie schon bemerkt, reguliert etwa der Hypothalamus - eines subcortikale Struktur, die man zum Zwischenhirn zählt - metabolische Prozesse und ebenfalls endokrine und gilt als „die zentrale Drehscheibe und Umschaltstelle für Signale zwischen Gehirn und Körper“ (Schandry, Biologische Psychologie. Belz-Verlag, 2006, S.123) - hier scheinen sich Krokodil und Säugetiere vielleicht in Einzelheiten, aber wohl nicht so grundlegend, wie hier im Thread behauptet, zu unterscheiden. Gerhard Roth spricht immer auch gerne von seinen Forschungen am Salamandergehirn und und auch wenn Alexander Hoffmann keine Literaturangabe macht, dürfte er sich auf die entsprechenden Forschungsergebnisse von Roth und Kollegen beziehen, die beispielsweise zeigen, "dass die Verarbeitung von Lichtreizen bei Amphibien – und damit wahrscheinlich auch bei allen höheren Wirbeltieren – derjenigen beim Menschen gleicht, obwohl das Salamandergehirn 100 000-mal weniger Nervenzellen hat als das menschliche Gehirn. Die grundlegenden Prinzipien des Gesichtssinnes sind demnach vermutlich bei allen Wirbeltieren gleich." (Gesichtssinn - MSN Encarta) Überhaupt ist das visuelle System zunächst mit Abstand der besterforschte Funktionsbereich, vor allem durch die Untersuchung von Affen-Gehirnen, während - im übrigen hochinteressante - Forschungen subcortikaler Strukturen des limbischen Systems eher an Ratten durchgeführt werden.
Bei Gerhard Roth finde ich aber tatsächlich auch eine Stelle, in der es heißt: "Der Stoffwechsel des Gehirns ist eng mit seiner kognitiven Tätigkeit verbunden (Collins, 1991)" ([1994] 1997, S.222) Nun, was versteht der Forscher unter Kognition: Aus dem unmittelbaren Zusammenhang (als Überleitung zu den bildgebende Verfahren PET und fNMR/MRI) geht hervor, daß Konzentration und bewußte Denkprozesse gemeint sind, die schwer fallen, wenn der Glucosespiegel im Blut niedrig ist oder wenig Sauerstoff zur Verfügung steht und umgekehrt, daß sich der Stoffwechsel (erhöhte Versorgung mit Sauerstoff und Glucose) in bestimmten Regionen erhöht, die ansonsten besonders aktiv sind, z. B. bei bestimmten Vorstellungen, beim Nachdenken oder Erinnern auch die damit ursprünglich verknüpften Wahrnehmungen. An anderer Stelle (S.31) definiert er sein neurobiologisches Verständnis von Kognition dahingehend, daß es sich um komplexe und für (nicht nur menschliche) Organismen bedeutungsvolle, meist erfahrungsabhängige und integrative Wahrnehmungs- und Erkenntnisprozessen (z. B. Identifizierung und Kategorisierung von Objekten und Ereignissen), wovon wiederum nur ein Bruchteil bewußt wird.
Interessant ist die Ansicht Roths, daß er aber einerseits betont, daß kognitive Fähigkeiten nicht nur dem Menschen eigen sind, und anderseits, daß freilich nicht alles, was im Gehirn geschieht kognitiv sein muß wie beispielsweise die präkognitive Verarbeitungsstufe im visuellen System, wo Bewegungen, Farben etc. cortical registriert werden und u. a. an sekundäre Felder weitergeleitet werden.
Was bringt uns das nun für die Diskussion? Betrachte ich die zusammengestellten Informationen im Hinblick auf die Frage, ob der massive Glucoseverbrauch des Gehirns den kognitiven Leistungen geschuldet ist, so ist das mit Einschränkung in der Tat so. Der menschliche Organismus wird leistungsschwächer im Denken und ähnlichen Tätigkeiten, man erinnert sich vielleicht schlechter und findet nicht die passenden Worte, wenn der Glucosespiegel sinkt. Warum ist das so? Kann man sagen, daß diese Kognitionen auch ein Luxus sind? Ich glaube nein, auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht. Der Mensch hat seine kognitiven Fähigkeiten, weil sie seinem Überleben dienen. Der gesunkene Glucosespiegel führt zur suboptimalen Versorgung des Gehirns; für eine kurze Zeit kann der menschliche Organismus auf sehr spezialisierte Fähigkeiten verzichten oder mit einer gewisen Unordnung leben, aber nicht auf Dauer, weswegen er dann solche Mechanismen wie die sog. Gluconeogenese zurückgreifen kann, denn sie „ermöglicht die Aufrechterhaltung einer Blutglucosekonzentration von ca. 3,5 mM (ca. 60 mg/199ml) auch während Hunger- und Fastenphasen, also unter Bedingungen, unter denen die Kohlenhydrate der letzten Mahlzeit bereits verdaut und resorbiert sind und die Glykogenvorräte der Skelttmuskulatur und der Leber bereits zur Neige gehen.“ (Biochemie, Thieme-Verlag, 2008) Aber das ist der äußerste Notfall; bevor dieser Eintritt greift der Organismus auf einfachen Vorräte zurück, wenn er keine Nahrungszufuhr erhält (vgl. http://www.geschichtsforum.de/411902-post23.html):
„Bei einem Überangebot von Energie aus Kohlenhydraten wird der Überschuss in Fett umgewandelt und im Körper gespeichert. Bei der Speicherung von Kohlenhydraten als Körperfett geht ca. 30% der Energie verloren.“ (Kohlenhydrate = Saccharide)
Dies ist also noch gar nicht der Notfall, wie du in einem Beitrag (nämlich #24) behauptet hast.
Die vorübergehende Unterversorgung der kognitiven Gehirnareale kommt vermutlich dadurch zustande, daß die Priorität in der Versorgung von subcortikalen Bereichen liegt. So nachdem das dann jetzt geklärt ist, kannst du weitermachen, wo du willst!
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