Zumindest legt die Sage von Wieland dem Schmidt spätestens für die Spätantike Wissen um Stahlherstellung bei Germanen nahe.
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Man hat das immer für Magie gehalten, die in der Sage vorkam, bis Wissenschaftler feststellten, dass das Eisen durch den in Geflügelkot enthaltenen Phosphor chemisch umgewandelt wurde: Zu Stahl. Ob man jedoch schon zur Zeitenwende in Innergermanien derartige Veredelungsverfahren kannte?
Bestimmt nicht, zumal die Vlfbert-Schwerter damasziert waren.
Ihr macht hier zwar gerade ein neues Thema auf, aber eines, das ich hochspannend finde. Deshalb mach ich mal mit...
feif:
Man kann davon ausgehen, dass die spätantiken Schmiede das Schmieden nicht erfunden sondern von ihren Vorgängern übernommen haben. Also wird das, was wir aus dem Wielands-Lied "wissen" in groben Zügen auch schon den Schmieden augusteischer Zeit bekannt gewesen sein. Dass die Kelten ausgezeichnet mit Metall umgehen konnten, lässt sich wohl nicht bezweifeln. Dass keltische Technologie (z.B. der Rennofen) von Germanen übernommen wurde, auch nicht.
Die Leute damals lebten auf einer niedrigen Technologiestufe. Aber die konnten richtig was! Allein wenn man sich anschaut, was in einem Rennofen abläuft, muss man sagen: Es ist erstaunlich, dass die Menschen damals sowas entdecken oder erfinden konnten. Oder die Bearbeitung des im Rennofen gewonnenen Metalls. Das waren richtig fähige Leute!
Wenn also im Wielands-Lied die Rede von Vogelkot ist, dann glaube ich nicht, dass sich das jemand ausgedacht hat. Dafür muss es Gründe gegeben haben. Funde von phosphorlegiertem Metall belegen das auch. Wenngleich es mich irritiert, denn eigentlich ist Phosphor bei der Stahlherstellung höchst unerwünscht. Es macht das Metall spröde und "löcherig". Nur bei der Oberflächenhärtung ist Phosphor doch eigentlich nützlich. Oder? Von sowas habe ich leider zu wenig Ahnung.
In dem Zusammenhang zwei Richtigstellungen:
1. Stahlherstellung hat mit Phosphor nichts zu tun. Stahl entsteht im Rennofen, indem sich Kohlenstoff in das Kristallgitter des Eisens einlagert.
2. Die Damasziertechnik war eine Methode, die Unzulänglichkeiten bei der Eisenverhüttung im Rennofen auszugleichen: Guter Stahl hat einen Kohlenstoffgehalt von 0,6 bis 0,9 Prozent. Ist der Kohlenstoffanteil zu niedrig, ist der Stahl zu weich. Ist er zu hoch, wird der Stahl spröde. Aus dem Rennofen kommt aber Metall mit unterschiedlichstem Kohlenstoffanteil - von fast null Prozent bis zu 2,5 Prozent. Indem man das aufeinander geschmiedet oder mit Torsionstechnik ineinander verdreht hat, ließ sich eine Klinge schmieden, die "statistisch" gesehen, den richtigen Kohlenstoffgehalt hatte, also hart genug, aber trotzdem biegsam genug war.
Übrigens muss das den Leuten damals wie Magie vorgekommen sein: Im Schmiedefeuer ließ sich der Kohlenstoffgehalt nochmal korrigieren. Liegt ein Werkstück zum Beispiel an einer sehr heißen Stelle in der Esse (1300 Grad), wird Kohlenstoff verbrannt. Liegt es an einer kühlen Stelle (1000 Grad), nimmt es Kohlenstoff auf. Das muss der Schmied an der Färbung des glühenden Metalls gesehen haben. Und dann muss er auch noch bestimmte Bearbeitungszeiten eingehalten haben. Wie hat er die Zeit wohl gemessen? Ob er vielleicht Reime und Verse aufgesagt hat, während er hämmerte? "Während ich ein kirschrot glühendes Metall hämmere, muss ich zweimal den Vers X rezitieren. Glüht es weißlich, dreimal den Vers Y..." Ein Außenstehender musste das für Zaubersprüche halten. Vielleicht sogar der Schmied selbst, denn der konnte Kohlenstoffgehalte ja nicht messen. Er hat nur gewusst: Rezitiere ich die Verse, gelingt die Arbeit. Sage ich sie nicht auf, geht alles schief.
Erstaunlich, dass die Menschen damals sowas konnten. Und hochspannend.
MfG