Unbestimmt bleibt, wie lange die Legionen den entweichenden Germanen nachziehen, ich empfinde es sehr plötzlich, dass ein Feld erreicht ist, auf dem Arminius offensichtlich sich "festgesetzt" hat - die zweite Schlachtreihe der bis dahin versteckten Truppen spricht meiner Ansicht für einen vorbereiteten Schlachtort - der Cäsar lässt die Reiterei vorsprengen um das Feld zu nehmen - kann doch nur bedeuten, dass die Reiterei versucht die scheinbar Fliehenden zu stellen oder den Weg abzuschneiden.
Ich verstehe das ganze Gefecht als einen Hinterhalt des Arminius, bei dem er sich jedoch vermutlich nicht mit der gesamten römischen Armee anlegen wollte, sondern nur mit deren Vorhut bzw. ihren Aufklärern oder einer beschränkten Abteilung. Ein Erfolg in diesem Rahmen wäre zwar nur ein begrenzter Erfolg gewesen, aber die Militärgeschichte ist voll von Beispielen, wie auch siegreiche kleinere Gefechte, die an sich für den Kriegsverlauf kaum relevant sind, die Moral der eigenen Truppen erheblich stärken und den Gegner demotivieren können.
Von Tacitus erfahren wir, dass Arminius Truppen in einem Wald versteckt hatte, während andere auf einem Feld standen - ich vermute mal, von Arminius dort gezielt als Köder platziert. Germanicus schluckte wohl den Köder und schickte die Reiterei los. Dann erfahren wir von Tacitus wieder ausdrücklich, dass Arminius die Seinen zum Wald zurückzog, wo schon die dort platzierten Truppen warteten. Die Reiter folgten also wohl nichtsahnend den sich zurückziehenden Germanen zum Wald, als plötzlich die dort lauernden Krieger hervorbrachen. Das erfüllte die Reiter natürlich mit Schrecken und sie ergriffen die Flucht. Germanicus schickte die Hilfskohorten zur Unterstützung, die aber von den fliehenden Reitern in Panik versetzt und mitgerissen wurden.
Dann erfahren wir wieder wenig, warum erfüllt die Germanen die aufmarschierten Legionen mit Schrecken, sie sind doch nicht überraschend aufgetaucht, sondern offensichtlich dicht hinter der Kavallerie und den Plänklern - das klingt für mich nach einer rhetorischen Floskel (Legionen stellen das Vertrauen wieder her)
Ich sehe zwei Möglichkeiten: Entweder entwickelte sich das Gefecht aus dem Aufmarsch der Römer heraus: Germanicus ließ den scheinbar vereinzelten Germanentrupp auf dem Feld angreifen, während der Rest seiner Armee noch im Anmarsch war. Die Hilfskohorten kamen erst nach den Reitern heran (vielleicht dienten sie als Vorhut vor den eigentlichen Legionen oder sie waren einfach leichter und daher schneller), und zuletzt die Legionen. Zwingend ergibt sich das aus Tacitus nicht. Vielleicht ließ Germanicus seine Legionen auch am Rande des Feldes warten und schickte nur seine Reiter los, weil er glaubte, sie würden ausreichen, um die Germanen auf dem Feld zu überwältigen. Als er den Hinterhalt erkannte, schickte er die Hilfskohorten, die vielleicht mobiler waren als die Legionen.
So oder so: Reiter und Hilfskohorten fliehen, und die Germanen verfolgen sie. Dabei nähern sie sich zu sehr den aufmarschierenden Legionen. Dass sie deswegen in Schrecken geraten, erkläre ich aus meiner Grundannahme, dass Arminius es nicht auf eine Schlacht mit der gesamten römischen Armee angelegt hatte. Wenn er nur die Reiter oder die Vorhut vernichten wollte, war es nicht sein Plan, seine Krieger in einen Kampf mit den Legionen zu verwickeln. Falls sich das Gefecht aus dem Aufmarsch der Römer heraus entwickelte, hoffte Arminius wohl, seine Krieger würden mit der römischen Vorhut fertig sein, ehe die Legionen eintrafen. Falls die Legionen bereits von Beginn an am Feldrand warteten, spekulierte Arminius wohl darauf, dass nicht die gesamte römische Armee aufs Feld rücken würde, um einen überschaubaren Germanenhaufen zu vernichten, sondern nur einzelne Abteilungen, die er - nachdem er sie zum Wald gelockt hatte - schlagen könnte, ehe der Rest zu Hilfe kam.
So oder so: Wenn nicht geplant war, dass die Germanen sich in einen Kampf mit den Legionen einließen, sondern bei Verfolgung der fliehenden Römer versehentlich zu nahe an die Legionen (die entweder erst eintrafen oder, falls sie am Feldrand gewartet hatten, jetzt vorrückten) herankamen, ist nur natürlich, dass sie in Schrecken gerieten.
- es kommt zum Kampf, und man trennt sich fast wie im Fussball unentschieden - entweder weiss Tacitus nicht viel, oder sagt einfach zu wenig. Wie kann das sein? 8 Legionen kämpfen unentschieden heisst, es wurde dunkel, man musste die Schlacht abbrechen, und Ariminius verließ das Schlachtfeld, oder das römische Heer? Oder keine Seite konnte einen Durchbruch in einem lange anhaltenden Nahkampf erzielen, und haben sich erschöpft? Wer war defensiv, wer offensiv, verfolgte welche Taktik? Kaum glaubbar, dass acht Legionen auf offenen Schlachtfeld in Schlachtordnung in ihrer Paradedisziplin dem Nahkampf keinen Vorteil erzielen konnten....
Ich vermute am ehesten, dass es gar nicht zur Schlacht kam, sondern sich die Germanen zurückzogen, als sie auf die Legionen stießen. Die Legionen selbst waren wohl nicht zu einer Verfolgung in der Lage, und die Reiter und Hilfskohorten mussten sich erstmal von ihrer Flucht erholen. Unentschieden endete das Gefecht somit, weil keine Seite einen nennenswerten Erfolg erzielen konnte: Arminius hatte zwar die Reiter und Hilfskohorten in die Flucht geschlagen, konnte sie aber nicht vernichten, und die Römer hatten die Lage gerettet, ohne den Germanen einen Schlag versetzen zu können.
War nicht Ariminius zur Schlacht zu stellen das Ziel des Feldzugs? Warum zog die römische Armee dann trotz keinem entscheidenden Sieg zurück - fortgeschrittene Jahreszeit? Hohe Verluste? War das eigentlich nur ein kleines Verfolgungsgefecht, gar keine richtige Schlacht?
Von Letzterem gehe ich aus.
Es ist auch eher schwer, eine feindliche Armee zur Schlacht zu zwingen, wenn diese nicht dazu gewillt ist. Das geht, wenn man sie nicht einholen kann (man also schneller ist), eigentlich nur, indem man entweder einen Punkt besetzt oder angreift, den der Feind unbedingt haben will oder den er zwingend passieren muss, oder indem man den Feind durch schnellere leichte Truppen und Reiter in ein Gefecht verwickelt, zu dem dann auch die schwereren Fußtruppen hinzueilen.