Gezähmte Hyänen?!

El Quijote

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Es gibt diverse Darstellungen aus dem alten Ägypten (3. Jtsd.), die Interaktionen des Menschen mit als Hyänen anzusprechenden Tieren zeigen. Sie zeigen etwa, wie eine Hyäne getrieben (getrieben, nicht gejagt!) wird oder wie eine Hyäne mit gefesselten Füßen, auf den Rücken gedreht, gemästet wird.

Wie ist das zu deuten? Wird hier etwas dargestellt, was wirklich als Realie aufzufassen ist? Hyänen sind zwar eher als Aasfresser bekannt aber sie attackieren auch schon mal Menschen, sie haben ein kräftiges Gebiss, mit dem sie Knochen leicht zerbeißen können. Insofern fällt die Vorstellung, dass man unbefangen mit Hyänen umging, wie man das auf manchen Darstellungen sieht, eher schwer. Und wozu diente die Hyänenmast? Normalerweise mästet man Tiere, die man seinerseits verzehren möchte. Muss die Hyäne als Aasfresser nicht im vom Nil gesegneten Ägypten eher ein abgelehntes Speisemittel gewesen sein?
 

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Altes Reich. Mereruka?

So ein Krokodil ist wesentlich gefährlicher als eine Hyäne und wurde auch als Opfertier gehalten, von daher finde ich es nicht so ungewöhnlich.
Die Hyäne wird durchaus auch in feindlichem Zusammenhang gezeigt, z.b. bei Amenemhab in TT85 (neues Reich).

Eine Marburgerin hat genau über dieses Thema 2010 Ihre Magisterarbeit geschrieben, die später auch veröffentlicht wurde (das Literaturverzeichnis hat sie dann nochmal mit aktuelleren Arbeiten ergänzt): Daniela Steder, "Hyäne oder Hyänenhund: Untersuchungen anhand der Zooarchäologie sowie Darstellungen und Textzeugen aus dem Alten Ägypten", 2013 veröffentlicht in der Reihe "Internationale Archäologie".


Zu Amenemhab habe ich eine Literaturangabe von Guksch gefunden "Amenemhab und die Hyäne", erschienen in: "Grab und Totenkult im Alten Ägypten", München 2003.


Diese Literatur habe ich allerdings nicht selbst vorliegen. Für Aufsatzkopien empfehle ich Dir Subito (falls Du dort nicht bereits angemeldet bist), da bestelle ich immer einzelne Artikel, die mir interessant erscheinen.
 
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Eine Marburgerin hat genau über dieses Thema 2010 Ihre Magisterarbeit geschrieben, die später auch veröffentlicht wurde (das Literaturverzeichnis hat sie dann nochmal mit aktuelleren Arbeiten ergänzt): Daniela Steder, "Hyäne oder Hyänenhund: Untersuchungen anhand der Zooarchäologie sowie Darstellungen und Textzeugen aus dem Alten Ägypten", 2013 veröffentlicht in der Reihe "Internationale Archäologie".
Sprich, außer Bild- und Textzeugen gibt es auch Knochenfunde, auf die man zurückgreifen kann?
 
Es ist zwar schwer vorstellbar aber bei den Tuareg wurden bis ins 20. Jh. hinein Hyänen gemästet und gegessen.
http://images.zeno.org/Kunstwerke/I/big/76z039a.jpg
Bei dem, auf der ägyptischen Abbildung gezeigten Tier handelt es sich nicht um die, aus Afrika in großen kichernden Rudeln vorkommenden Tüpfelhyäne, sondern um die, eher einzelgängerische Streifenhyäne, die auch Strandwolf genannt wird (erkennbar an den spitzen Ohren, Tüpfelhyänen haben rundliche Ohren). Möglicherweise stinkt diese Art auch nicht so erbärmlich.
In der Antike galten Körperteile von Hyänen als Heimittel, wie auch bei Plinius beschrieben.
Es gibt auch ägyptische Abbildungen, die Jäger mit Hunden und Hyänen, die an der Leine geführt werden zeigen.https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/51/Jagdhund_in_Altägypten.png
Ich halte es aber auch für möglich, dass die Hyäne auf dem Bild nicht gemästet sondern gezähmt werden soll.
 
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Es ist ein hartnäckiges Vorurteil, dass Hyänen Aasfresser sind. Sie sind hervorragende, wenn auch äußerst grausame Jäger, die nicht selten bereits fressen, wenn die Beute noch lebt. Natürlich sind sie auch nicht abgeneigt, von der Beute anderer Raubtiere zu profitieren. Aber das tun Löwen auch.
Hyäne scheint nicht einmal Löwen zu schmecken, denn sie töten diese zwar um lästige Konkurrenten loszuwerden, lassen sie aber dann liegen.
 
Es scheint da einige Kontroversen gerade aus neueren Publikationen zu geben.

Bis in die 1990er wurden wohl entsprechende Funde als Indiz angesehen, dass Hyänen gehalten, (entsprechend der Abbildungen) gemästet und zB auch bei Bestattungsritualen verzerrt wurden.

Neuere Literatur stellt das in Frage ("fancy food oder fantasy food").
Noch im HdO/Animal World in Ancient Near East wird das als unbestritten hingestellt, ebenso nach den Abbildung von "semi-domestic" in Bezug auf die Haltung gesprochen (das spricht wohl die Mästungen an).
 
Ich würde eher vermuten, dass das Relief eher eine Form der Zähmung, durch Zwangsfütterung zeigt, als eine Mast zu Speisezwecken.http://media.gettyimages.com/photos...tethered-animals-awaiting-picture-id152193078
Zwei liegende Hyänen werden zwangsgefüttert und zwei der Tiere werden herumgeführt.
Dass Hyänen durchaus zutraulich sein können, zeigt ein Dorf in Äthiopien, in dem ein Bewohner wilde Tüpfelhyänen regelmäßig füttert. Mittlerweile ist das eine Touristenattraktion geworden. http://www.photosafari.com.my/wp-content/uploads/2014/05/Hyenamen_3513DAW.jpg
http://www.goseewrite.com/wp-content/uploads/2009/08/harar-3153.jpeg
https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/originals/fb/5f/ff/fb5fffa8b632459c4cb00ce6e257fff3.jpg
http://c8.alamy.com/comp/D333DF/local-man-feeding-the-hyenas-harar-ethiopia-D333DF.jpg
 
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Mir ging es weniger um das Relief, sondern bzgl. Verzehr um die oben zitierte osteoarchäologische Publikation. Da gibt es wohl eine Kontroverse zu den Knochenfunden und Abbildungen.
The hyaena in dynastic Egypt: Fancy food or fantasy food? - Legge - 2010 - International Journal of Osteoarchaeology - Wiley Online Library

Wenn man kultischen Verzehr anninmt, stellt sich die Frage, ob die deswegen gemästet wurden. Ist ja nicht abwegig, bei nicht "sofortigem" Verzehr. Auch wenn man keinen Verzehr annimmt, kann man an Zähmung denken, wenn das denn funktioniert. Oder einfach an Fütterung, wenn sie gehalten werden (aus welchem Grund auch immer).
 
Auch wenn man keinen Verzehr annimmt, kann man an Zähmung denken, wenn das denn funktioniert.
Das könnte mit rangniedrigen, männlichen Hyänen durchaus funktionieren. In den Rudeln herrscht eine strenge Hierarchie. Bei Hyänen hat ein dominantes Weibchen das Sagen. Die männlichen Tiere spielen eine absolut untergeordnete Rolle,die auch beim fressen immer nur die Reste bekommen, sodass diese vermutlich leichter durch Menschen beherrschbar wären. Wenn man sie entsprechend demütigt, wie auf den Darstellungen (gefesselt in Rückenlage) ist es vorstellbar, dass sie sich ihrem Besitzer unterwerfen und zahm werden.
Richtig domestiziert wurden sie aber wohl nicht, da sie einfach einen üblen Geruch verströmen und mit ihrem mächtigen Gebiss, Menschen sehr leicht töten können.
 
Sicher dass das Hyänen sein sollen? Die haben doch runde Ohren. Das Tier auf der Abbildung hat spitze Ohren wie ein Pikachú.
 
Was ist ein Pikachú?

Und bei religiösen Motiven ist Gefahr eher irrelevant. Aber wenn es Abbildungen von der Jagd mit Hyänen gibt, ist doch schon mal klar, dass einige gezähmt und abgerichtet wurden.
 
Mir ging es weniger um das Relief, sondern bzgl. Verzehr um die oben zitierte osteoarchäologische Publikation.
Laut abstract ist das keine osteoarchäologische Untersuchung, sondern eine ganz normale ägyptologische Abhandlung. Es war nicht üblich, osteoarchäologische Funde miteinzubeziehen und bei einer bloßen Magisterarbeit schon gar nicht. Deswegen ist es vermutlich im Titel erwähnt, um zu verdeutlichen, dass sie alle verfügbaren Quellen benutzt hat.

Laut abstract scheint Frau Steder sich nach eine Vergleich von 5 Unterarten auch auf die Streifenhyäne festzulegen.


Nachtrag:
In den 1970ern hat man noch überlegt, die hyänenartigen Darstellungen mit dem Seth-Tier in Verbindung zu bringen. Es gibt aber nur einen kurzen Eintrag im LÄ mit keiner einzigen ägyptologischen Literaturangabe, da muss man sich vermutlich einfach diese publizierte Abschlußarbeit ausleihen und hinein sehen, um an Literaturangaben zu kommen.
Vielleicht geht Frau Steder auf die Frage "Seth-Tier ja oder nein" auch ein, da sie die Hyäne im religiösen Zusammenhang betrachtet.
Leider gibt es nirgendwo eine Buchvorschau mit Inhaltsverzeichnis.
 
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Aber wenn es Abbildungen von der Jagd mit Hyänen gibt, ist doch schon mal klar, dass einige gezähmt und abgerichtet wurden.
Ob die wirklich zu Jagdgehilfen taugten ist schwer zu sagen. Wie man die wohl dazu bewegen wollte, ihre Beute wieder herzugeben ? Ich nehme an, dass Hyänen zu Jagdzwecken auch später und von anderen Völkern verwendet worden wären, falls sie dazu getaugt hätten. Hunde haben sich dagegen bewährt und werden bis heute für diesen Zweck gezüchtet und weltweit eingesetzt.
 
Dennoch ist es dargestellt. Es ist, wenn an der Quelle nicht gerüttelt werden kann, nicht die Frage, ob Hyänen eine Rolle bei der Jagd spielten, sondern welche. Hielten sie andere Tiere ab? Überdecken sie den Geruch von Menschen und Hunden?

Kommen denn diese Pikachús in Âgypten vor, dass das auch eine Verwechselung vorliegen kann? Oder können sie importiert sein? Lassen die sich evt. besser zähmen?
 
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Putzig, die Manga-Hasen-Hyäne.

Könnte den Abbildungen ein Mythos zugrunde liegen, der evt. Hyänen Funktionen bei einer symbolischen Jagd zuweist? So etwas kann ja vieles erklären.
 
Es gibt nicht nur positiv besetzte Abbildungen von Hyänen, bei Amenemhab (TT85) ist eine Konfrontation mit einer Hyäne dargestellt (sie stehen sich beide gegenüber, ein Kampf steht bevor).

Vielleicht hatte das nur den Zweck, den gängigen Kanon aufzubrechen: Wüstenszenen waren damals üblich, und die Abbildung einer offenen Szene ist ziemlich ungewöhnlich.

Nunja, das ist ein sehr berühmtes Relief und wird von Frau Steder sicher ebenfalls erschöpfend in Bezug auf seine Funktion beleuchtet.
 
Könnte den Abbildungen ein Mythos zugrunde liegen, der evt. Hyänen Funktionen bei einer symbolischen Jagd zuweist? So etwas kann ja vieles erklären.
Da kenne ich keinen, und Bonnet fasst die Hyäne nicht mal als eigenes Stichwort.

Sie sind vermutlich eher in Richtung der Schakale zu setzen, da sie genau wie Schakale über Gräber streifen, diese ausbuddeln etc. Auf Tierfriedhöfen späterer Zeit sind auch alle möglichen Arten von Caniden zusammen bestattet.

Aber die Hyäne, als genau diese Spezies, in einem ägyptischen Mythos, das gibt es bestimmt nicht. Das würde mich sehr wundern.
 
Ich würde eher vermuten, dass das Relief eher eine Form der Zähmung, durch Zwangsfütterung zeigt, als eine Mast zu Speisezwecken.http://media.gettyimages.com/photos...tethered-animals-awaiting-picture-id152193078
Zu beachten ist hier auch der Kontext des Reliefs! Auch dem gesamten Relief werden gefangene Wildtiere bei der Fütterung abgebildet. Oberhalb der Hyänen sieht man angebundene Paarhufer (Steinbock, Oryx, weitere Antilopenart), die aus einem Trog fressen. Die Vermutung liegt nahe, dass diese gefangenen Wildtiere den gleichen Zweck erfüllten wie die Hyänen. Die Hieroglyphen kann ich aber nicht lesen.

Es gibt viele Beispiele für die Haltung von Wildtieren im Alten Ägypten. Ein Teil davon war auch gefährlich. Die Möglichkeiten der Tierzähmung sind scheinbar unbegrenzt. Falkenjagd, Raubkatzendressur oder sogar gezähmte Elefanten sind seit Jahrtausenden bekannt. Wo ist jetzt bei den Hyänen das technische Problem? Man muss nicht immer nach dem volkswirtschaftlichem Nutzen oder einer religiösen Bedeutung fragen. Unerhörter Luxus braucht keine Legitimation.

Die Haltung von Tüpfelhyänen ist in Nigeria bei Schaustellern (sogenannten Hyänenmenschen) verbreitet. Ein anderen Nutzen als die Zurschaustellung haben die Tiere nicht. Sie werden an Leinen ausgeführt. Der abendländliche Zirkus hat hingegen nie Gefallen an den Tieren gefunden.

Laut englischer Wikipedia werden in Ägypten und benachbarten Staaten nach wie vor Steifenhyänen verzehrt. Hyänenfleisch gelte im Islam als halal. Der Verzehr von Hyänenfleisch ist im Verbreitungsgebiet offensichtlich nicht so ungewöhnlich wie in Europa.
 
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