Lager der Römer in Thüringen

Fast alle Dörfer westlich der Saale hatten auch slawische Einwohner.
Dann sehe ich nicht, was an einer slawischen Deutung so lächerlich sein sollte.
Welche Dörfer im Saale-Elbe-Gebiet hatten denn eine nachweislich romanische Bevölkerung, dazu noch eine kontinuierliche Bevölkerung, die ihre Ortsnamen an die nachfolgende slawisch- bzw. deutschsprachige Bevölkerung weitergereicht hätte?
Das war z. B. im Rhein-Mosel-Gebiet der Fall, hier wurden tatsächlich zahlreiche Ortsnamen aus römischer Zeit (Colonia > Köln, Bormetia > Worms, Antunnacum > Andernach, Beda vicus > Bitburg, Iuliacum > Jülich) weitergereicht. In anderen ehemals römischen Gebieten wurden hingegen die römischen Ortsnamen von slawischen und germanischen Neusiedlern weitgehend verdrängt, so etwa im östlichen Noricum und im Dekumatland. Aus Arae Flaviae wurde Rottweil, aus Sumelocenna Rottenburg, aus Grinario Köngen... (Es gibt Ausnahmen, z. B. Tarodunum > Zarten.)
Dass es jenseits des Limes römische Siedlungen geben soll, die ihre römische/romanische Identität besser bewahrt haben sollen als die im Dekumatland oder Noricum, halte ich für eine ausgemachte Schnapsidee.


Da habe ich mich gerade noch mal bei meiner besseren Hälfte informiert: Kogut ist der 'Hahn', kura die 'Henne'. Insofern ginge das Argument fehl.
Im Polnischen, nehme ich an?

Immerhin ist Kurowo in Polen ein häufiger Ortsname:
Kurowo - Wikipedia

Hier noch etwas zum niedersorbischen Geflügel: kura - Wiktionary


Wobei ich für Hühnerdorf noch Verständnis hätte.
Also wäre auch diese Deutung zumindest nicht lächerlich.


Dennoch eine Frage (wenn das auch in scheinbaren Widerspruch zu Anmerkung 1 steht): Welches Wort legt Pflug denn für 'Wächter' zugrunde, dass er zu seiner seltsamen 'Wächteraue' kommt?

Pflug schreibt: "kure" oder "kur" kommt im Akenschen Schöffenbuch vor und bedeutet so viel, wie Wächter, Turmbläser oder Burgwart. "
Mit dem "slawischen Wächter" ist die Dorf-Homepage wahrscheinlich auf dem Holzweg.
Das mittelhochdeutsche Wort kiesen (vgl. Kür, Willkür, erkoren) hatte die Bedeutung "sehen, wahrnehmen, prüfend betrachten...", davon hat sich die Bedeutung "spähen", "Ausschau halten" abgeleitet, die schließlich auf den Ausguck und den Wächter selber übertragen hat:
Wörterbuchnetz - Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm

Auf das frühe Mittelalter oder gar auf die Römer kommt man damit aber nicht zurück. Da beschreitet Pflug einen weiteren Umweg (bzw. Abweg):

Der Name "Chörau", 1145 "Curowe" wird von "Kure" (von "Merkur") und "owe" (Aue) hergeleitet
 
Zuletzt bearbeitet:
Das die Römer auf der Anhöhe der Monraburg waren ist sehr gut möglich. Allein schon wegen der römischen Münzfunde bei Burgwenden/Großmonra (Dupondius Commodus; Denar Alexander Severus; Antoninian Gallienus nach P. Zschiesche 1902, S. 70 verschollen) und auf der Monraburg selbst (siehe Anhang). Zum anderen gibt es einen Laserscan, welcher klar die Wallreste eines möglichen Erdkastells zeigt (markiert siehe Anhang). Zum anderen zeigen Keramikfunde der RKZ auf der Monraburg, dass diese wieder in der Kaiserzeit "reaktiviert" wurde (siehe Anhang G.Mildenberger). Ein Horreum (Zwischenspeicher mit rückwärtiger Verbindung) auf einem schwer zugänglichen Bergplateau wie bei Burgwenden (ich war selbst schon vor Ort) mit einem Wahnsinnsblick ins Thüringer Becken und Richtung Vorharz ist strategisch immens wichtig. Hedemünden war auch lange im Dornröschenschlaf und wurde bis zur Entdeckung der römischen Funde für eisenzeitlich mit mittelalterlicher Nachnutzung gehalten. Wenn ich eine NFG für Thüringen hätte, wäre das meine erste Adresse.
 

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Dann sehe ich nicht, was an einer slawischen Deutung so lächerlich sein sollte.
Welche Dörfer im Saale-Elbe-Gebiet hatten denn eine nachweislich romanische Bevölkerung, dazu noch eine kontinuierliche Bevölkerung, die ihre Ortsnamen an die nachfolgende slawisch- bzw. deutschsprachige Bevölkerung weitergereicht hätte?
:
Auf hermundurisch-thüringische Wurzeln werden hier Dörfer mit -ari oder -leben zurückgeführt. Das älteste Dorf im Kreis Köthen ist Crüchern (Cruchere), eine, den Funden nach, hermundurische Hochburg. Gr.- u. Kleinpaschleben sind als als Wurth eines Paz=Badhwo= Kämpfer angesehen.
Die Frankenzeit brachte dann die ersten -dorf -Namen, die Kolonisation die weiteren.
Die Meinung ist keineswegs ungeteilt. Deshalb ist der Vorwurf, Pflug allein habe das owe einfach in Aue umgedeutet, unberechtigt. Tatsache ist aber, dass er mit seinem Römertick den größten Unfug verzapft hat.
In Chörau wurde übrigens ein großer hermundurischer Urnenfriedhof ausgegraben und in einer Abfallgrube der anderswo erwähnte vermutlich römische Spiel- oder Gewichts-Stein gefunden.
 
Das die Römer auf der Anhöhe der Monraburg waren ist sehr gut möglich. Allein schon wegen der römischen Münzfunde bei Burgwenden/Großmonra (Dupondius Commodus; Denar Alexander Severus; Antoninian Gallienus nach P. Zschiesche 1902, S. 70 verschollen) und auf der Monraburg selbst (siehe Anhang). Zum anderen gibt es einen Laserscan, welcher klar die Wallreste eines möglichen Erdkastells zeigt (markiert siehe Anhang). Zum anderen zeigen Keramikfunde der RKZ auf der Monraburg, dass diese wieder in der Kaiserzeit "reaktiviert" wurde (siehe Anhang G.Mildenberger). Ein Horreum (Zwischenspeicher mit rückwärtiger Verbindung) auf einem schwer zugänglichen Bergplateau wie bei Burgwenden (ich war selbst schon vor Ort) mit einem Wahnsinnsblick ins Thüringer Becken und Richtung Vorharz ist strategisch immens wichtig. Hedemünden war auch lange im Dornröschenschlaf und wurde bis zur Entdeckung der römischen Funde für eisenzeitlich mit mittelalterlicher Nachnutzung gehalten. Wenn ich eine NFG für Thüringen hätte, wäre das meine erste Adresse.
Wenn die Römer überhaupt bis hierher kamen, so wäre die Monraburg auch ihre erste Adresse gewesen. Und dem Argument, dass Drusus von oben mit idealer Fernsicht der Ankunft seines Bruders entgegenfieberte, kann man sich erst dann verschließen, wenn das Todeslager anderswo gefunden wurde. Auf jeden Fall wäre eine Verbindung mit der Marschroute Hachelbich nicht auszuschließen.
 
Zum anderen gibt es einen Laserscan, welcher klar die Wallreste eines möglichen Erdkastells zeigt (markiert siehe Anhang).
Was du da markiert hast, sieht aber eher nach einem Steinbruch oder einem Lehmtagebau aus. Und du behandelst Münzfunde wieder so, als könnten diese nur von Trägern der Prägekultur transportiert worden sein. Ich erinnere eine weiteres Mal daran, dass sich selbst in mittelalterlichen Münzhorten hin und wieder römische Münzen finden lassen. Handel, Söldnertum, Raub - das sind alles mögliche und wahrscheinliche Szenarien, wie römische Münzen nach Thüringen kamen, ohne die Geschichte verbiegen zu müssen.

Und dem Argument, dass Drusus von oben mit idealer Fernsicht der Ankunft seines Bruders entgegenfieberte, kann man sich erst dann verschließen, wenn das Todeslager anderswo gefunden wurde. Auf jeden Fall wäre eine Verbindung mit der Marschroute Hachelbich nicht auszuschließen.

Womit du jegliche Datierungen en passant über den Haufen wirfst. Aber wen interessieren schon Fakten, wenn sie nicht zur Annahme passen wollen?
 
Wenn das das wichtigste Indiz ist, dann sieht es mit Indizien wahrlich extrem dürftig aus.
Körperbestattungen wurden natürlich von den Römern inspiriert. Aber sie fanden ihre schnelle widerstandslose Verbreitung hauptsächlich in Thüringen. Warum? Mit Sicherheit basierend auf einer Glaubensänderung in christlicher Richtung. Wie ein Keil verbreiten sie sich von Südwesten nach Nordosten bis in den Saale-Raum. Die Karten
https://www.vfgarch.uni-bonn.de/vfg...roeffentlichungen/bemmann-korpergrabsitte.pdf
dürften auch für Hermundure hoch interessant sein. Ein Grab mit Viereckeinfassung, ca. 15x15 Meter mittels Palisadenzaun, wie in Plotiste nad labem, gab es auch auf dem hermundurischen Urnenfriedhof von Chörau. Während der Zaun noch nachgewiesen werden konnte, war das Zentralgrab nicht mehr vorhanden. Eine zeitliche Einordnung war schwierig. Der Friedhof bestand mehrere hundert Jahre. Urnen wurden vom Zaun zerstört, wie auch neue Urnen über die ehemalige Zaungrube gesetzt wurden. Lokaler kirchlicher Einfluss ist natürlich für diese Zeit auszuschließen.
 
Was du da markiert hast, sieht aber eher nach einem Steinbruch oder einem Lehmtagebau aus. Und du behandelst Münzfunde wieder so, als könnten diese nur von Trägern der Prägekultur transportiert worden sein. Ich erinnere eine weiteres Mal daran, dass sich selbst in mittelalterlichen Münzhorten hin und wieder römische Münzen finden lassen. Handel, Söldnertum, Raub - das sind alles mögliche und wahrscheinliche Szenarien, wie römische Münzen nach Thüringen kamen, ohne die Geschichte verbiegen zu müssen.



Womit du jegliche Datierungen en passant über den Haufen wirfst. Aber wen interessieren schon Fakten, wenn sie nicht zur Annahme passen wollen?
Was spricht dagegen, dass die Römer ein paar hundert Jahre später die gleichen Wege benutzten, wie Drusus? Bisher gibt es neben Hachelbich an dieser Trasse noch kein weiteres bekannt gewordenes Lager.
 
Ganz ehrlich? Ich verstehe mal wieder nicht den Sinn dieser Diskussion. Wir sind uns doch alle einig, dass Pflugs Thesen
- linguistisch
- archäologisch
- historisch
a) unhaltbar sind, b) bereits zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung nicht haltbar waren (und damit auch wissenschaftshistorisch uninteressant) und c) niemals anhand einer wissenschaftlichen Methodik erarbeitet wurden (siehe b)).
Warum diskutieren wir darüber und - vielleicht wichtiger - warum hat man als Leser immer wieder das Gefühl, dass die Thesen - obwohl wir uns doch eigentlich alle einig sind, dass sie unhaltbar sind - rehabilitiert werden sollen?
Noch mal zu deiner Frage: Pflug hat vor seiner Römerzeit beachtliches geleistet. Seine Beiträge zur Heimatgeschichte und sein Einsatz zum Erhalt des Mosigkauer Schlosses sind lobenswert. So ist sein Beitrag zum alten Elbübergang richtig, während der Antipflug zu dieser Frage hanebüchenen Unsinn enthält. Nicht nur in dieser Frage! Man hat ihn politisch tot gemacht, um die DDR-Forschung nicht im Ausland zu blamieren. Mit seiner Hinwendung zu Römern in Mitteldeutschland, etwa ab 1955, beginnen seine Irrtümer und Fehler. Es gibt genügend Schriftwechsel über seine Theorien, auch bezüglich des Latein, mit Fachleuten, aber leider ließ er sich kaum von seiner Meinung abbringen. Ungeachtet dessen sind aber einige seiner Ideen, insbesondere strategische Betrachtungen, lesenswert. Und allein um diese Quertreibereien geht es mir. Nichts ist schlimmer, als muffige Lehrmeinungen unentwegt zu bestätigen.
 
Erst mal nichts. Aber aus "nichts spricht dagegen" machst du gleich eine Bestätigung. Und das funktioniert nicht.
Nichts spricht dagegen, dass Ernie und Bert heiraten heißt nicht, dass Ernie und Bert heiraten müssen.
Nichts spricht dagegen, dass Samson und Tiffy heiraten heißt nicht, dass Samson und Tiffy dieses jemals ernsthaft in Erwägung zögen.

Und noch mal zu den Münzen: Der ganze Ostseeraum ist voll von Horten, deren Leitmünzen arabo-sassanidische Nominale sind. Niemand - zumindest niemand, der bei Trost ist - würde daraus die Vermutung ableiten, dass frühmuslimische Heere das Baltikum, Polen oder Gotland erreicht hätten. Genau das macht ihr aber in einer Tour, wenn irgendwo römische Münzen gefunden wurden. Nun sehe ich ja ein, dass die Strecken zwischen Thüringen und Rhein und Donau andere sind, als die vom Kaukasus bis nach Polen. Und ich stelle auch gar nicht die echten römischen Hinterlassenschaften in Thüringen in Abrede (natürlich sind die Münzen auch echt, aber sie sind eben nicht zwingend durch Römer verloren oder deponiert worden). Ich habe nur null Verständnis dafür, dass mobilste Güter römischer Provinienz gleich immer mit einer römischen Anwesenheit verbunden werden.
 
Noch mal zu deiner Frage: Pflug hat vor seiner Römerzeit beachtliches geleistet. Seine Beiträge zur Heimatgeschichte und sein Einsatz zum Erhalt des Mosigkauer Schlosses sind lobenswert.
Es ist doch für unsere Diskussion völlig unerheblich, ob Pflug ein guter Architekt und Bauforscher war. Das will ihm doch auch niemand nehmen.
Für unsere Diskussion erheblich ist, dass er
- linguistisch
- archäologisch
- historisch
ziemlich fragwürdige Dinge, bar jeglicher wissenschaftlicher Methodik von sich gegeben hat. Dinge, die nicht einmal wissenschaftshistorisch relevant sind.
Nehmen wir mal die Nordwestblocktheorie. Die ist längst verworfen und ad acta gelegt, aber sie ist wissenschaftshistorisch relevant. Das gilt für Pflugs Thesen eben nicht. Sie waren Unsinn und Unsinn ist nie relevant. Das hast sogar du zugegeben. Und dennoch zwingst du uns diese Diskussion auf. Warum? Was willst du damit retten?

Man hat ihn politisch tot gemacht, um die DDR-Forschung nicht im Ausland zu blamieren.
Das wäre aber ein anderer Thread. Das wäre eine Diskussion, die eher im BRD/DDR-Forum geführt werden sollte als in einem Thread über römische Anwesenheit in Thüringen.

Nichts ist schlimmer, als muffige Lehrmeinungen unentwegt zu bestätigen.
Da hast du ja recht. Nur leider... machst du irgendwie genau das mit Pflug. Du betonst zwar immer wieder, dass du d'accord bist, dass er Blödsinn geschrieben hat, kommst aber immer wieder durch die Hintertür mit ihm an.
 
Es ist doch für unsere Diskussion völlig unerheblich, ob Pflug ein guter Architekt und Bauforscher war. Das will ihm doch auch niemand nehmen.
Für unsere Diskussion erheblich ist, dass er
- linguistisch
- archäologisch
- historisch
ziemlich fragwürdige Dinge, bar jeglicher wissenschaftlicher Methodik von sich gegeben hat. Dinge, die nicht einmal wissenschaftshistorisch relevant sind.
Nehmen wir mal die Nordwestblocktheorie. Die ist längst verworfen und ad acta gelegt, aber sie ist wissenschaftshistorisch relevant. Das gilt für Pflugs Thesen eben nicht. Sie waren Unsinn und Unsinn ist nie relevant. Das hast sogar du zugegeben. Und dennoch zwingst du uns diese Diskussion auf. Warum? Was willst du damit retten?


Das wäre aber ein anderer Thread. Das wäre eine Diskussion, die eher im BRD/DDR-Forum geführt werden sollte als in einem Thread über römische Anwesenheit in Thüringen.


Da hast du ja recht. Nur leider... machst du irgendwie genau das mit Pflug. Du betonst zwar immer wieder, dass du d'accord bist, dass er Blödsinn geschrieben hat, kommst aber immer wieder durch die Hintertür mit ihm an.
Richtig. Ich stelle seine Quertreibereien zur Diskussion.
Übrigens. was Hermundures Monra-Scan betrifft, scheint das "Lager" tatsächlich neueren Ursprungs zu sein.
Monraburg – Wikipedia
 
Wozu, wenn wir uns doch einig sind, dass sie zu nichts führen?
Wenn auch nur eine einzige seiner Annahmen berechtigt war, so ist schon geholfen. Und ich behaupte, dass die Römer in Thüringen eine über hundert Kilometer sichtbare Anhöhe mit einem idealen alten Wallsystem auf jeden Fall, wenn auch nur als Wachtposten, benutzt hätten, oder sie nie um die Zeitenwende in Thüringen waren. Die Monraburg ist aber Pflugs Entdeckung, nicht meine. Es gäbe eine einzige Ausnahme, und die stammt auch von Pflug: wenn es sich um das Sterbelager des Drusus gehandelt hat, hätte man es nicht wieder benutzen dürfen. Dann hätte man aber ein späteres Lager in der Nähe finden können. Warten wir ab!
 
Die Deutung unserer Ortsnamen gleicht aber einer mittleren Katastrophe. Pflug war nur ein bisschen schlechter.

Dann solltest Du Dich vielleicht mal mit wissenschaftlicher Ortsnamenkunde befassen und Dich darüber informieren, was Ortsnamenkunde leisten kann und was nicht. Die Deutung von Ortsnamen kann fast immer nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit erreichen. 100% Sicherheit gibt es fast nie. Die wenigen Gelegenheiten, wo sich urkundlich belegen lässt, wie ein Ort zu seinem Namen gekommen ist, sind sehr rar.

In einer Gegend mit ehemals dichter slawischer Besiedlung und mit Ortsnamen, in denen slawische Bestandteile dominieren, ist die Wahrscheinlichkeit für eine slawische Deutung bei Ortsnamen mit -au selbstverständlich höher als z. B. in der Schweiz. Wer östlich der Elbe slawische Deutungsmöglichkeiten ignoriert und sich auf Schweizer Vergleichsbeispiele stürzt, macht mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit methodisch etwas falsch.

Selbstverständlich könnte sich in Gegenden, in denen wir es mit deutsche und slawische Siedlungen liegen, zwischen den Ortsnamen auf -au mit slawischer Herkunft auch mal ein Ortsname auf -au mit deutscher Herkunft verstecken.
Nur weil die Endung gleich ist, muss nicht die Herkunft gleich sein.
Zudem gibt es Ortsnamen auf -au, deren Endung erst sekundär ist, z. B. Gohrau, dessen frühe Erwähnungen (1200, 1495 Gore, 1548 Gora) auf slaw. gora 'Berg' hinweisen:
Wechselnde Intensität des Schmelzwasserabflusses mit den Jahreszeiten führte unter anderem zur Bildung von Talsandinseln und Sanddünen, die noch heute in der Landschaft erkennbar sind und als „Berg“ oder „gora“ (slawisch für Berg) bezeichnet werden. Auf einer Kette solcher Erhebungen liegen im Stadtgebiet Gohrau, Riesigk, Wörlitz, Griesen, Münsterberg, Drehberg, Vockerode, Sieglitzer Berg und Leiner Berg.
Die Entstehungsgeschichte

Andererseits gibt es auch Ortsnamen, die ihr slawisches -ow ganz verloren haben, z. B. Susigke (1267 Susekowe, wohl von einem Personennamen abgeleitet, vgl. poln. Suszek/Suszko, die deutsche Suse/Susi wird wohl weniger in Frage kommen...)

Was Chörau betrifft, habe ich geschaut, ob sich vielleicht sonst im deutschen Sprachraum ein "Kurau" findet, bei dem eine slawische Bedeutung ausscheidet und eine "Wächter-Au" eher in Frage käme.
Gefunden habe ich Curau in Ostholstein. Eine Erklärung des Namens habe ich nicht gefunden, doch gilt der Ort ebenfalls als slawische Siedlung: http://www.sehlendorf.de/Gemeindebriefe/Jubilaeum/Zur Geschichte der Kirchengemeinde Curau.htm

Das gilt auch für die umliegenden Siedlungen mit und ohne -au:
Ratekau lag früher im Siedlungsgebiet der Wenden, die Dörfer waren wie im Hannoverschen Wendland als Rundlinge angelegt. Im Ort Pansdorf gibt es Reste eines slawischen Burgwalls, den Blocksberg.
Ratekau – Wikipedia

Ratekau, Techau:
In den slawischen Ortsnamen ist die Zeit erhalten geblieben: Ratekau bedeutet Wäldchen des Ratek oder Redek, später in Rathecowe (1156) und Ratekove (1259) abgewandelt. Pansdorf von dem Namen Pantae, Panteke oder Pantin abgeleitet und in Pansdorf umgewandelt.
Techau von Techowe abgeleitet (1350), Sereetz wird in Urkunden Cyretz (1250), Cireze, Ceratze genannt, was Weideort bedeutet. Häven hieß bis ins 16. Jh. hinein „Widole" mit verschiedenen Abwandlungen dieses Namens. Er bedeutet „bei einer Schlucht, einem Tal, bei einer Grube", 1549 heißt es dann „to den Höven", 1855 Häven. Erst im 12. Jh. geht die Zeit der Slawen langsam zu Ende durch die Christianisierung.
Geschichtliches


Glasau, Sarau:
Sarau leitet sich her von zar = "Glut, Hitze, Brandrodung" und lässt sich mit "Ort bei einer Brandrodung" übersetzen (W.LAUR, 1992). Die roten Flammen im Schildhaupt sollen die Namendeutung versinnbildlichen. Der Name des nach dem Gut Glasau benannten Ortes Glasau leitet sich her von glaz = "Stein, Fels". Dieser Ortsname lässt sich mit "Ort an einem Stein" oder "mit Steinen" übersetzen (W.LAUR, 1992). Die beiden Steine im Wappen beziehen sich auf diesen Ortsteil.
Wappenbeschreibung

Bad Schwartau:
1215 molendini Zwartowe [Or], 1258 in hospitali apud Zvartovwe, 1422 in Swartow; Bad Schwartau (1913). III. Der ON bildete sich als Übertragung eines FluN zunächst auf eine Mühle und dann auf die entstehende Ortschaft. Die Schwartau entspringt bei Eutin und mündet bei Bad Schwartau in die Trave und wurde schon Ende des 12. Jh. erstmals urk. erwähnt. Der urspr. Name enthält den apolb. Wortstamm svart in der Bedeutung ‘Krümmung, Biegung, Windung’, womit in der Bezeichnung der Schwartau als die sich ‘Schlängelnde’ auf den sehr gewundenen Unterlauf des Flusses vor der viel später erfolgten Begradigung Bezug genommen wird. Hinzu tritt -ov, c -o(w), spätere Anpassung an c -au. Der Ort Schwartau wurde somit als ‘die Siedlung an dem sich schlängelnden Fluss’ benannt.
Deutsches Ortsnamenbuch

(Wobei in diesem Fall auch eine Herleitung von mittelniederdeutsch *Swart-ouwe 'Schwarzwasser' denkbar wäre, vgl. Albrecht Greule, Deutsches Gewässernamenbuch, Berlin/Boston 2014)

"Kurau", "Kauerbach" etc. gibt es auch als Gewässername, in diesem Fall ist eine germanische Herleitung ("kauern" = gekrümmt daliegen, "für versteckt verlaufende, gekrümmt fließende Gewässer") plausibel.

Den "Wächter" im Ortsnamen habe ich bislang nicht gefunden.

(die heimatkundlichen Links natürlich ohne Gewähr...)
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann solltest Du Dich vielleicht mal mit wissenschaftlicher Ortsnamenkunde befassen und Dich darüber informieren, was Ortsnamenkunde leisten kann und was nicht. Die Deutung von Ortsnamen kann fast immer nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit erreichen. 100% Sicherheit gibt es fast nie. Die wenigen Gelegenheiten, wo sich urkundlich belegen lässt, wie ein Ort zu seinem Namen gekommen ist, sind sehr rar.

In einer Gegend mit ehemals dichter slawischer Besiedlung und mit Ortsnamen, in denen slawische Bestandteile dominieren, ist die Wahrscheinlichkeit für eine slawische Deutung bei Ortsnamen mit -au selbstverständlich höher als z. B. in der Schweiz. Wer östlich der Elbe slawische Deutungsmöglichkeiten ignoriert und sich auf Schweizer Vergleichsbeispiele stürzt, macht mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit methodisch etwas falsch.

Selbstverständlich könnte sich in Gegenden, in denen wir es mit deutsche und slawische Siedlungen liegen, zwischen den Ortsnamen auf -au mit slawischer Herkunft auch mal ein Ortsname auf -au mit deutscher Herkunft verstecken.
Nur weil die Endung gleich ist, muss nicht die Herkunft gleich sein.
Zudem gibt es Ortsnamen auf -au, deren Endung erst sekundär ist, z. B. Gohrau, dessen frühe Erwähnungen (1200, 1495 Gore, 1548 Gora) auf slaw. gora 'Berg' hinweisen:
Die Entstehungsgeschichte

Andererseits gibt es auch Ortsnamen, die ihr slawisches -ow ganz verloren haben, z. B. Susigke (1267 Susekowe, wohl von einem Personennamen abgeleitet, vgl. poln. Suszek/Suszko, die deutsche Suse/Susi wird wohl weniger in Frage kommen...)

Was Chörau betrifft, habe ich geschaut, ob sich vielleicht sonst im deutschen Sprachraum ein "Kurau" findet, bei dem eine slawische Bedeutung ausscheidet und eine "Wächter-Au" eher in Frage käme.
Gefunden habe ich Curau in Ostholstein. Eine Erklärung des Namens habe ich nicht gefunden, doch gilt der Ort ebenfalls als slawische Siedlung: http://www.sehlendorf.de/Gemeindebriefe/Jubilaeum/Zur Geschichte der Kirchengemeinde Curau.htm

Das gilt auch für die umliegenden Siedlungen mit und ohne -au:

Ratekau – Wikipedia

Ratekau, Techau:

Geschichtliches


Glasau, Sarau:

Wappenbeschreibung

Bad Schwartau:

Deutsches Ortsnamenbuch

(Wobei in diesem Fall auch eine Herleitung von mittelniederdeutsch *Swart-ouwe 'Schwarzwasser' denkbar wäre, vgl. Albrecht Greule, Deutsches Gewässernamenbuch, Berlin/Boston 2014)

"Kurau", "Kauerbach" etc. gibt es auch als Gewässername, in diesem Fall ist eine germanische Herleitung ("kauern" = gekrümmt daliegen, "für versteckt verlaufende, gekrümmt fließende Gewässer") plausibel.

Den "Wächter" im Ortsnamen habe ich bislang nicht gefunden.

(die heimatkundlichen Links natürlich ohne Gewähr...)
Du siehst aber selbst, wie mehrdeutig die Deutung sein kann. Ich bezog mich auf Friedrich Klauß "Die deutschen Ortsnamen des Kreises Köthen".
Er teilt die erste Periode wie folgt ein:
um Chr. Geb. Hermunduren - ari -Männer
um 200 Langobarden -by- bau
auch um 200 Angeln - leben- Hügel, Warft, Wurth
um 300 Warnen-lingen-Zugehörigkeit , Sippe
Vermutlich ist er überholt, aber logischer sind moderne Deutungen auch nicht. Nach längerem Suchen findet man hier in fast allen Dörfern slawische Wurzeln. Über Dissowe hat man lange gestritten, bis man vor ein paar Jahren tatsächlich in der Stadtlage etwas fand.
Im Ortskern von Chörau gibt es dafür nicht einen einzigen slawischen Fund. Ein winziger sorbischer Weiler lag etwa einen Kilometer östlich. Daneben eine deutsche Siedlung bzw. ein Mönchshof. Chörau wurde im 18.Jhd neu gegründet.
Aber ich glaube, wir bewegen uns zu weit vom Thema weg.
 
Und ich behaupte, dass die Römer in Thüringen eine über hundert Kilometer sichtbare Anhöhe mit einem idealen alten Wallsystem auf jeden Fall, wenn auch nur als Wachtposten, benutzt hätten,

Dann schauen wir doch mal nach Frankreich oder in den Eifel-Hunsrück-Raum. Da haben wir die Oppida, die werden in der Zeit zwischen Gallischem Krieg und Augustus aufgegeben und die Bevölkerung siedelt sich stattdessen in Coloniae an. Vereinzelt werden Oppida in Rheinnähe in der Spätantike als Militärlager reaktiviert. Warum sollten die Römer - wenn sie sich denn nach Thüringen festgesetzt hätten - dort so dermaßen anders gehandelt haben, als in dem Raum, wo wir ihr Handeln nachvollziehen können? Nehmen wir die Schnippenburg in der Nähe von Kalkriese: Ein Handelszentrum mit keltischer Ware im germanischen Raum. Abbruch der Markttätigkeit dort ganz offensichtlich mit der Okkupationszeit. Keine Besetzung durch die Römer, militärische Nutzung überhaupt umstritten.
 
Dieser Friedrich Klauß konnte Hermundurisch um Chr. Geb. von Langobardisch um 200 unterscheiden?
Respekt!
Konnte er. Langobarden sind nur durchgezogen: Steckby, Barby, Brumby. Angeln blieben. An Hand der Grabriten und Beigaben nachgewiesen. Prägefrische Severus-Münze im Kopf eines Frauengrabes von Preusslitz. Schlüsselfossilien der Angeln, die Fensterurnen, liegen vor. An den völlig identischen Funden von Groß- und Kleinpaschleben nimmt er sogar an, dass das slawische Klein-Pazluuize von den Slawen vom deutschen Groß-Paschleben abgeleitet wurde.
 
Dann schauen wir doch mal nach Frankreich oder in den Eifel-Hunsrück-Raum. Da haben wir die Oppida, die werden in der Zeit zwischen Gallischem Krieg und Augustus aufgegeben und die Bevölkerung siedelt sich stattdessen in Coloniae an. Vereinzelt werden Oppida in Rheinnähe in der Spätantike als Militärlager reaktiviert. Warum sollten die Römer - wenn sie sich denn nach Thüringen festgesetzt hätten - dort so dermaßen anders gehandelt haben, als in dem Raum, wo wir ihr Handeln nachvollziehen können? Nehmen wir die Schnippenburg in der Nähe von Kalkriese: Ein Handelszentrum mit keltischer Ware im germanischen Raum. Abbruch der Markttätigkeit dort ganz offensichtlich mit der Okkupationszeit. Keine Besetzung durch die Römer, militärische Nutzung überhaupt umstritten.
Hier ging es nicht um Festsetzung, sondern um Durchziehen. Wobei die Marschstrecke offenbar sehr gut gesichert war. Und zur Übermittlung von Leucht- oder Rauchsignalen über weite Entfernungen, insbesondere beim Tiberius-Marsch zu Drusus, wäre eine solche Anhöhe mit Fernsicht ideal geeignet.
 
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