Versorgung der Weserlager: Über den Fluss oder über Land?

El Quijote

Moderator
Teammitglied
Noch einmal zur Definition eines Sommerlagers: Es wird obligat einen Flussanschluss gehabt haben. Alle römischen Lager in Germanien, die mehr als ein Marsch- oder Übungslager waren, hatten eine Versorgung über Wasserwege. Anders wäre es auch von der Logistik her nicht gegangen.
Logistisch gesehen hast du Recht. Aber dann bekommen wir bei Hedemünden und evtl. Minden ein Problem. Theoretisch zwar über die Weser zu versorgen, aber die Römer haben nicht gelernt mit dem Wattenmeer umzugehen. Mit den Gezeiten hatten sie wiederholt Probleme (Germanicus 15, während Caecina sich an den pontes longi herumschlug, und 16, als die Flut beim Überqueren der Emsmündung auflief wobei Hilfstruppen verunglückten), was nicht gerade für große Erfahrung spricht.
 
Ja, aber ein römischer Silberbarren wurde doch im Weserschlick gefunden!?
DIe Römer waren an der Weser (und auch an der Elbe), aber dass es einen regelmäßigen Schiffsverkehr gab, der für die Unterhaltung eines Standlagers notwendig ist, ist fragwürdig.

Die römischen Silberbarren von Dierstorf stammen aus dem 4. oder 5. Jhdt., hängen also nicht mit den augusteischen Lagern in Hdemünden und Minden (wenn das nicht tiberisch ist) zusammen.
 
Ja, aber für die Versorgung eines Sommerlagers kann ich mir da schon einen saisonalen Transport vorstellen.
Wie gesagt: Wir wissen, dass Germanicus zwei Mal im Wattenmeer gescheitert ist. Das eine Mal ist seine Flotte auf Grund gelaufen und er hat seine Legionäre durchs Watt marschieren lassen (15), die dann in Bedrouille wegen der auflaufenden Flut kamen, das andere Mal (16) hat er seine Schiffe an der linken Emsmündung geparkt und ließ seine Legionäre dann auf die rechte Emsmündung wechseln, wobei Hilfstruppen ertranken. Hätte es regelmäßige Versorgungstrasnporte von Flevum nach Hedemünden gegeben, dann müssten die Römer mit dem Wattenmeer vertrauter gewesen sein. Es ist tatsächlich eher anzunehmen, dass - bei allen logistischen Schwierigkeiten, die das verursacht haben muss - dass Hedemünden und Minden, wenn es ein Standlager war - mit Maultierkarawaenen versorgt wurden.
 
Die gesamte Logistik der Römer in Germanien war auf die Wasserwege ausgerichtet. Die Massnahmen des Drusus im heutigen Norddeutschland und den Niederlanden, z.B. der Drususkanal, zielten auf Verkürzung der Wasser- und Militärwege.
Natürlich ist die kurzfristige Verlegung eines Heeres über die Nordsee riskant bis abenteuerlich.

Aber die Versorgung von Stützpunkten an der Weser war auch unter Umgehung der Nordsee möglich: von der Lippe an die Ems, von der Ems über das Flußsystem der Hunte an die Weser.
Als Faustregel gilt: Wo heute ein Kanu durchkommt, waren die Römer bereit zu treideln.

Selbst ein kurzfristiges Umladen, oder kurze Landpassagen mit Maultier, sind logistisch immer noch besser als ein primärer und ausschließlicher Landtransport.

In dem Auffinden von Scherben großvolumiger Gefäßen wie z.B. in Paderborn zeigt sich ja die Infrastruktur des römischen Waren- und Militärtransports.
 
Zuletzt bearbeitet:
In dem Auffinden von Scherben großvolumiger Gefäßen wie z.B. in Paderborn zeigt sich ja die Infrastruktur des römischen Waren- und Militärtransports.


Gab es eventuell über die Lippe eine Versorgungsroute zur Weser?

Bis mindestens Paderborn muss die Lippe für Pramen schiffbar gewesen sein, denn Anreppen hatte einen Pier.

Haltern hatte (wenn ich mich Recht erinnere) auch sehr große Kornspeicher.

War Haltern (zeitweise) ein Vorratslager?


Von Haltern aus konnte man sowohl von Brukterern, Sugambrer und Marsern Vorräte als Steuern eintreiben. Und an die Truppen verteilen.
Alle drei Territorien lagen nahe(Münsterland, Ruhrgebiet, östliches Westfalen).

Wenn die Weser über die Lippe versorgt wurde, müsste es allerdings irgendwo bei Paderborn einen Umladehafen von Prame auf Karawane geben.

Anreppen hatte wohl auch ungewöhnlich große Kornspeicher, gilt aber 5 oder 6 als aufgelöst. Passt also nicht zur Versorgung von varianischen Weserlagern.

Ob's bei Paderborn wohl noch nen unentdeckten Hafen aus varianischer Zeit gibt?

Übrigens ging von Paderborn aus der westfälische Hellweg weiter bis zur Weser, bis Corvey:
hellweg-staedte.jpg

Würde sich schon als Transportroute anbieten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Man muss nur Anschluss an den nächsten treidelbaren Fluss finden.

Das kann über die Ems sein, oder vom Gebiet der Marser aus über die Diemel, oder über einen anderen der flußabwärts links in die Weser einmündenden Flüsse oder Bäche.

Nicht der kürzeste Weg, sondern der wirtschaftlichste Weg diente der Versorgung der Lager, oder der Versorgung der römischen Infrastruktur. Im Konfliktfall natürlich der sicherste Weg, sei es durch das Gebiet der Föderaten, sei es über gut zu verteidigende Flüsse.
Im übrigen mag das sehr wohl nicht Aufgabe der hoch spezialisierten und teuren Legionäre gewesen sein, sondern auch von heimischen Hilfstruppen.
 
Als Faustregel gilt: Wo heute ein Kanu durchkommt, waren die Römer bereit zu treideln.
Aber der Treidelweg muss doch erst vorbereitet werden, die Ufer müssen von Bewuchs befreit werden und die Flüsse unterschieden sie von den Bildern, die wir heute von einem Fluss im Kopf haben, unreguliert, mäandernd, mit Schilfgürtel und wenig definiertem Ufer.
Erst durch Infrastrukturmaßnahmen schafft man Wasserwege, z.B. den Drususkanal.
 
Aber der Treidelweg muss doch erst vorbereitet werden, die Ufer müssen von Bewuchs befreit werden und die Flüsse unterschieden sie von den Bildern, die wir heute von einem Fluss im Kopf haben, unreguliert, mäandernd, mit Schilfgürtel und wenig definiertem Ufer.
ein völlig plausibler Gedanke!
Aber ich fürchte, dass man das (gang- bzw. treidelbar gemachte antike Flussufer) archäologisch nicht nachweisen kann (Fließgewässer verlagern sich, Ufer erodieren usw), sodass sich diese Transportwege nicht werden finden lassen.
 
Es ist ein traditionelles Bild, das wir von römischer Infrastruktur haben, schnurgerade Straßen. Aber hinsichtlich der Infrastruktur gilt: es zählen die Transportkosten, und es gilt den Nachschub zu sichern, oder überhaupt erst möglich zu machen.

Und so sind wir wieder dabei, dass wir die militärische und wirtschaftliche Erschließung Germaniens von den Flüssen und auch den kleineren Wasserwegen her denken müssen.

Drusus war erfolgreich, weil er die Infrastruktur beherrschte, und Germanicus scheiterte daran.

Ihr kennt ja die Befunde von Paderborn, aber ich fand diesen Artikel ganz treffend: In Paderborn saßen nicht die Endverbraucher, sondern hier war ein Umschlagplatz.

Falerner Wein in 15 kg-Amphoren ("fassten demnach 25 Liter Wein, wogen bis zu 15 Kilogramm und waren 90 Zentimeter groß") wird genau so vorsichtig gehandhabt wie die heilige Handgranate von Antiochia.
 
Zuletzt bearbeitet:
Drusus war erfolgreich, weil er die Infrastruktur beherrschte, und Germanicus scheiterte daran.

Woher leitest Du diese These ab? 11 v. Chr. musste Drusus an der Weser kehrtmachen, weil es mit der Lebensmittelversorgung haperte (und auf dem Rückmarsch entging er nur knapp einer militärischen Katastrophe). Gibt es Hinweise darauf, dass Germanicus die Versorgung nicht im Griff hatte?
 
Infrastruktur hatte ich geschrieben, nicht Versorgung.

Germanicus hatte de facto ein militärisches Versagen, Drusus nicht.

Die Pontes longi waren kein Erfolg, sondern allenfalls ein knappes Entkommen. Die Katastrophe in der Nordsee wäre, so denke ich, dem besser planenden Drusus nicht passiert.

Die Gründe für die Ablösung des Germanicus waren offensichtlich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Infrastruktur hatte ich geschrieben, nicht Versorgung.
Und welchen Quellen entnimmst Du die These, dass Germanicus zwar nicht an der Versorgung, wohl aber an der Infrastruktur scheiterte?


Die Pontes longi waren kein Erfolg, sondern allenfalls ein knappes Entkommen.

Ein knappes Entkommen, ganz ähnlich wie bei Drusus die Schlacht von Arbalo. In beiden Fällen nutzten die Germanen ein Nadelöhr, das die Römer beim Rückmarsch passieren mussten und kesselten sie ein. Und in beiden Fällen könnten sich die Römer retten, weil die Germanen in früher Siegesgewissheit unvorsichtig wurden.


Die Katastrophe in der Nordsee wäre, so denke ich, dem besser planenden Drusus nicht passiert.

Zweimal geriet die Flotte in schweres Unwetter bzw. in eine Sturmflut. Solche Naturereignisse hätte auch ein noch so penibel planender Drusus mit infrastrukturellen Maßnahmen nicht verhindern können.
 
Zurück
Oben