Alles kaputt schlagen! Von der Damnatio Memoriae bis zur Sprengung der Buddhas

Kurosch

Neues Mitglied
Bis hin zu Schah Reza Pahlewi tat man das wohl, ob es auch unter dem heutigen Mullah-Regime noch der Fall ist, weiß ich nicht.

Hallo Dieter.

Nein das tut es nicht.
Das heutige Mullah Regime bekämpft, wie man sich denken kann, sogar aktiv die Erinnerung an das historische Erbe des Iran.
Auf Persepolis rollten kurz nach der islamischen Revolution Bagger heran um es abzureißen.
Nur der erbitterte Widerstand der dort Einheimischen, die wie man sich denken kann von diesem "Geschäft" lebten, konnte dieses Schreckensszenario verhindern.
Heute sieht Persepolis nicht annähernd aus wie in den 70ern.
Auch wurden Petitionen gestartet um das Grab des Kyros zu retten.
Das Mullah Regieme hat lediglich die "Sharia", welche wenig bis nichts mit den alten iranischen Tugenden zu tun hat, als obersten Maßstab.
Aus der reichen Geschichte des Iran hat man nicht viel gelernt/übernommen
Dabei versteht sich diese Regierung, durch bedeutungslose Zugeständnisse an die iranische Jugend, sehr geschickt am Leben zu erhalten.


mfg

-Kyros

Dieses Thema entstand aus diesem Thema: Iran History
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Auf Persepolis rollten kurz nach der islamischen Revolution Bagger heran um es abzureißen.
Ist aber auch nachvollziehbar, wenn Reza Pahlewi II. unter den Bedingungen größter Armut im Lande aufwendige Restaurationsarbeiten finanziert hat. Von "imperialer Glorie" und Nationalstolz kann kein ganzes Land leben.
Die Berufung auf eine "2500jährige Tradition" hatte für den Schah auch den Nutzen, gegen die Ulema instrumentalisierbar zu sein- die gabs schließlich erst nach der Islamisierung.
 
Einen anderen von Kurosch genannten Aspekt finde ich sehr bedauerlich. Es scheint so zu sein, dass zahlreiche islamische Regimes Kulturdenkmäler aus der Zeit ihrer vor-islamischen Ahnen ablehnen. Sie betrachten sie als "gottlos", wie wir das in extremer Form bei den afghanischen Taliban gesehen haben, die die riesigen Felsreliefs mit uralten Buddha-Statuen gesprengt haben.

Ich vermag die dahinter stehende Denkweise nicht recht zu begreifen. Solche Überreste von Hochkulturen sind als Dokumente menschlicher Schöpferkraft einmalig und unersetzlich und daher schützenswert. Hinzu kommt, dass es sich oft um Überreste des eigenen Volks handelt, das solche Bauten während einer Phase kultureller Hochblüte schuf.. Welch religiöser Fanatismus und welche Bornierheit muss hinter dem Wunsch solcher Regimes stecken, derartige Kulturdenkmäler zu sprengen oder anderweitig zu vernichten? Mir ist z.B. bekannt, dass fundamentalistische ägyptische Gruppen die Pyramiden, Grabstätten und entsprechende altägyptische Funde als "gottlos und satanisch" betrachten.

Warum zeigen sich solche Strömungen besonders im Islam? Ich habe noch nie gehört - nicht einmal von fundamentalistischen Christen - dass jemand das Kolosseum oder die Porta Nigra abreißen möchte.
 
Warum zeigen sich solche Strömungen besonders im Islam? Ich habe noch nie gehört - nicht einmal von fundamentalistischen Christen - dass jemand das Kolosseum oder die Porta Nigra abreißen möchte.

Ob sich solche Strömungen besonders im Islam zeigen, weiß ich nicht, die Taliban waren (und sind!) sicher kein repräsentatives Beispiel für Muslime, die Sprengung der Buddha-Statuen ist daher als Ausnahme und wahrscheinlich auch als Provokation zu betrachten. Im Übrigen hat die Kulturrevolution in China ganz ähnliche Auswüche gehabt: Tempelanlagen und Kulturdenkmäler sind zerstört worden.
Im Iran mag das an dem Machtanspruch der Mullahs gelegen haben, die eine Damnatio Memoriae des persischen Kaisertums wollten - nicht zufällig ein lateinischer Begriff!

Das Kolloseum oder die Porta Nigra sind im Übrigen schlecht gewählte Bsp. Ein Stadttor wie die Porta Nigra ist nichts "heidnisches" sonder gehört zur Infrastruktur einer Stadt. Zudem wurde die Porta Nigra zwischenzeitlich als Kirche genutzt. Das Kolloseum ist ein Ort christlichen Martyriums, also eine christliche Gedächtnisstätte, warum also sollte ein fundamentalistischer Christ diese Orte abreißen?

Dagegen gab es - trotz kirchlichen Widerstandes - von Kirchenoberen befohlene Zerstörungen von heidnischer Kultur in Mexiko oder Peru. Es ist also nicht typisch muslimisch, Kulturdenkmäler vorheriger "heidnischer" Kulturen zu zerstören, genauso finden wir solche Strömungen in andern Kulturen und es sind immer Minderheiten oder zeitgeistige Strömungen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ok, diese Diskussion ist ein "Zweig" aus der "Iran History" im Bereich Altertum/Persien, deshalb der etwas holprig anmutende Start …

Ich denke, wir müssen hier unterscheiden zw. der Nichtachtung historischer Güter und der aktiven Verfolgung und Auslöschung einer vorherigen Epoche. Wenn eine Stadt wie Rom oder Trier zwischenzeitlich auf ein Zehntel ihrer Bevölkerung reduziert wird, ist es verständlich, dass
die Überlebenden und Zurückbleibenden in Ruinen hausen und diese Ruinen weiter verfallen bzw. zu neuen Strukturen umgewandelt werden.

Die aktive Auslöschung einer vorherigen Kultur oder Epoche ist etwas völlig anderes. Dahinter steht nicht immer der kulturelle Suprematismus einer erobernden Kultur(wie in den Amerikas oder Afghanistan), sondern mitunter auch der krisenzeitliche Schuldkomplex in totalitären (religiösen) Strukturen: wir haben die Pest, weil wir Bilder verehren (Bildersturm), wir haben Hungersnöte und soziale Mißstände, weil wir dem Götzendienst verhaftet sind (Kulturrevolution).


Schließlich und letztlich kann aber auch übertriebene Zuversicht zerstören, so blindwütig wie die Verzweiflung: so hat der Fortschrittsglaube der 50er und 60er Lücken und Löcher in die Städte gerissen, die mit den Zerstörungen durch Bomben durchaus vergleichbar sind; manche Städte haben dadurch jahrhundertealte Gesichter verloren. Und kein Neubau-Palast oder Römerberg-Fassade kann das zurückbringen.
 
Ich denke, wir müssen hier unterscheiden zw. der Nichtachtung historischer Güter und der aktiven Verfolgung und Auslöschung einer vorherigen Epoche. Wenn eine Stadt wie Rom oder Trier zwischenzeitlich auf ein Zehntel ihrer Bevölkerung reduziert wird, ist es verständlich, dass
die Überlebenden und Zurückbleibenden in Ruinen hausen und diese Ruinen weiter verfallen bzw. zu neuen Strukturen umgewandelt werden.

Die aktive Auslöschung einer vorherigen Kultur oder Epoche ist etwas völlig anderes. Dahinter steht nicht immer der kulturelle Suprematismus einer erobernden Kultur(wie in den Amerikas oder Afghanistan), sondern mitunter auch der krisenzeitliche Schuldkomplex in totalitären (religiösen) Strukturen: wir haben die Pest, weil wir Bilder verehren (Bildersturm), wir haben Hungersnöte und soziale Mißstände, weil wir dem Götzendienst verhaftet sind (Kulturrevolution).

Als ich die Moderation bat, diesen Thread aus dem Thema Iran History herauszulösen, hatte ich vor allem letzteres im Sinn. Die Damnatio Memoriae ist ja das, was z.B. dem ägyptischen Kaiser Echanton, aber auch einer ganzen Reihe römischer Kaiser widerfuhr: das zerkratzen ihrer Gesichter oder Abschlagen ihrer Köpfe an Statuen, die Löschung ihrer Namen aus Inschriften, um ihr Andenken zu zerstören. Das ist genau das, was Kurosch beschrieb, was die Mullahs in Persepolis vorgehabt hätten, nur dass es hier nciht um eine Einzelperson oder Dynastie ging, sondern um eine Epoche. Saddam hat in Babylon das Ggt. vollzogen: er hat die Stadt wiederaufgebauen lassen und seinen Namen untrennbar mit dem Babylons gemacht, indem er ihn hat in Ziegel stanzen lassen, die dort verbaut wurden.
 
Einen anderen von Kurosch genannten Aspekt finde ich sehr bedauerlich. Es scheint so zu sein, dass zahlreiche islamische Regimes Kulturdenkmäler aus der Zeit ihrer vor-islamischen Ahnen ablehnen. Sie betrachten sie als "gottlos", wie wir das in extremer Form bei den afghanischen Taliban gesehen haben, die die riesigen Felsreliefs mit uralten Buddha-Statuen gesprengt haben.

Warum zeigen sich solche Strömungen besonders im Islam? Ich habe noch nie gehört - nicht einmal von fundamentalistischen Christen - dass jemand das Kolosseum oder die Porta Nigra abreißen möchte.

Zum ersten Absatz: Gottlos (auch in Anführungszeichen) würde ich nicht unbedingt behaupten wollen. Bis heute gibt es Zoroastrer in Iran. Nicht sonderlich viele, sie haben aber Religionsfreiheit.
Wenn man den Islam als Ganzes nimmt, ist die Zerstörungswut nicht höher als in anderen Religionen. Beispielsweise wurde die Hagia Sofia bei der Eroberung von Konstantinopel nicht zerstört sondern schlicht in eine Moschee umgewandelt (das hätte auch anders laufen können).

Zum zweiten Abschnitt: Im Christentum gab es phasenweise auch relativ fanatische Verfolgungen von Wissenschaft und Bücherverbrennungen (Bibliothek von Alexandria)
 
Ich will mich hier Leopold anschließen und behaupten, dass es sich hierbei um ein ganz universelles Phänomen handelt, das sich in der Geschichte immer wieder beobachten läßt und sich nicht auf die Eigenheiten oder speziellen Befindlichkeiten bestimmter kultureller oder religiöser Gemeinschaften reduzieren läßt.

Immer wieder kommt es in der Geschichte zu Konstellationen, in denen eine neue politische Herrschaftsordnung oder eine in eine Hegemonialposition gelangte Geistesströmung die Relikte, die Zeichen und die historischen Materialisationen der alten Ordnung, das Orthodoxe, demonstrativ zerschlägt. Manchmal geschieht das aus der Überheblichkeit des Siegers, aus Verachtung für den historischen Verlierer und für das Überwundene. Bisweilen spielt aber auch die Angst vor der latent noch vorhandenen Macht des Verganenen in die Überlegungen hinein, eine oft nicht unbegründete Furcht, das tot geglaubte könne zu neuem Leben erwachen. Insofern beobachten wir häufig den Versuch, auch die letzten Reste der alten Ordnung aus dem kollektiven Gedächnis der Menschen zu tilgen.

Beispiele lassen sich sicherlich jede Menge finden; von mir nach den in den anderen Posts schon angesprochenen Fällen nur noch einige spontane Einfälle:

- bekannt sind die sog. ikonoklastischen Bewegungen, also der Sturm auf die Bilder, v.a. in religiösen Kontexten. Prominentestes Beispiel hierfür sind die ikonoklastischen Konflikte im mittelalterlichen Byzanz; aber auch in einigen protestantischen Strömungen der Reformationszeit ist so etwas vorgekommen. Der Sturm auf die Bilder, der von den heutigen islamististischen Gotteskriegern ausgeht, läßt sich in diese Traditionsliste einreihen.

- ebenfalls in diesen Themenbereich gehört die Geschichte der Bücherverbrennungen, in denen die Lehrmeinungen und Denktraditionen des Gegners dem Feuer überantwortet werden. Die Bücherverbrennung der Nazis etwa zielte direkt auf die geistesgeschichtliche Tradition von Humanismus, Liberalität und Aufklärung.

- auf der profanen Ebene vollzieht sich der historische Kahlschlag v.a. an den materiellen Relikten der alten Herrschaft, die Befestigungen werden geschliffen und die Statuen der ehemaligen Machthaber vom Sockel gestürzt. In jüngster Zeit war bzw. ist das zu beobachten am Rückbau des Palasts der Republik in Berlin und an den bekannten Bildern vom Sturz der Saddam Hussein-Statue in Bagdad. Mit der jetzt beschlossenen Hinrichtung Husseins wird die alte Ordnung nun auch in symbolisch höchst verdichteter, weil personifizierter Form entsorgt. (Über die Wirksamkeit einer solchen Maßnahme - Stichwort: Märtyrerbildung - ließe sich sicher streiten, aber das würde zu weit in die aktuelle Politik hineinführen.)

Meiner Meinung nach ist in diesem Thread ein sehr spannendes Thema angesprochen worden, vielleicht schreibt ja mal jemand ein Buch darüber.

Wale
 
@ Leopold Bloom

Fundamentalistische islamische Gruppen betrachten solche Denkmäler in der Tat als gottlos. Das ist exakt der richtige Begriff dafür, da sie als unislamisch betrachtet werden, Götzenbilder darstellen und muslimische Gläubige zur Verehrung ermutigen könnten. Allein ihr Abbild ist - laut Taliban - ein Greuel. Ähnlich denken islamistische ägyptische Gruppen, die natürlich in der Minderheit sind, da Ägypten vom Tourismus lebt.

Dieses Phänomen ist kein spezifisch islamisches, denn es ist bei vielen religiösen Gruppen anzutreffen, die zum Fundamentalismus neigen. Zwar blieb - oben schon erwähnt - die Hagia Sophia stehen, aber nur, weil sie in eine Moschee umgewandelt wurde. Doch führen uns solche Beispiele nicht weiter, da sie aus wenig aufgeklärten Zeiten stammen. Wie Kurosch oben schreibt, sollte es bei den Mullahs Persepolis an den Kragen gehen, was nicht weit von den Buddha-Statuen der Taliban entfernt ist. Hier zeigt sich jedesmal der gleiche Geist der Zerstörung.
 
Gerade bei religiösen Bauten konnte man immer wieder feststellen, dass der Sieger entweder den Sakralbau des Unterlegenen zugunsten der eigenen Religion umwidmete oder abriss und an selber Stelle einen Neubau hinstellte.

Für ersteres kann man als Beispiele die Hagia Sophia (Kirche wird Moschee) oder die Mezquita in Córdoba (Moschee wird Kirche) anführen.

Letzteres geschah häufig während der Christianisierung in Europa. An Orden, an denen die "Heiden" ihre Heiligtümer hatten, wurden diese zerstört, es entstanden an selber Stelle Kirchen.

Mit all den Maßnahmen wird zum Ausdruck gebracht, dass der neue Glaube/der neue Gott/die neue Religion stärker ist als das Vorangegangene.

Gruß

Jacobum
 
Die Wurzel dieser Anschläge auf Kulturdenkmäler ist schon klar, Jacobum. Aber wir sind nicht mehr im 15. Jh., sondern im 21. Jh. Und heutzutage sollte in unserer aufgeklärten Welt eine derartige Kulturbarbarei nicht mehr möglich sein, egal von wem!
 
Und heutzutage sollte in unserer aufgeklärten Welt eine derartige Kulturbarbarei nicht mehr möglich sein, egal von wem!


"Sollte" ... ja, das ist ist es ja leider.

Solange aber Buddha-Statuen gesprengt werden und sich ägyptische Islamisten überlegen, ob man die Pyramiden und anderen Altertümer ihres Landes als "unislamisch" zerstören sollte, sehe ich schwarz...
 
American Taliban

Auszug aus einem Artikel zur 400-Jahrfeier in Jamestown, Virginia, und der diese Feier begleitenden Kritik:

Um das 400-Jahre-Jubiläum wird viel Brimborium mit nachempfundenen Schiffen, Hütten und Kostümen betrieben, während viele Zeugnisse indigener Kulturen von Verfall und mutwilliger Zerstörung bedroht sind.

So könnte der Nine Mile Canyon in Utah - mit 10.000 Steinbildern als längste Bildergalerie der Welt bekannt - bald von Ölarbeitern verwüstet werden. Das Agua Fria National Monument in Arizona wird von einer jährlich wachsenden Zahl von Geländewagenfahrern heimgesucht, denen nur ein Ranger gegenübersteht, der Schäden von der historischen Stätte fernhalten soll. In Gold Butte bei Las Vegas, wo Ureinwohner Felszeichnungen hinterließen, verewigen sich zeitgenössische Amerikaner mit Graffiti und Einschusslöchern. "Dieselbe traurige Geschichte kennt man auch anderswo nur allzu gut", schimpft Moe. Auch diese Orte gehörten zur "gemeinsamen Geschichte" - würden aber offenbar nicht so empfunden.
Spiegel-Online: Streit um die Totschlag- und Tabaksiedlung
 
Die Wurzel dieser Anschläge auf Kulturdenkmäler ist schon klar, Jacobum. Aber wir sind nicht mehr im 15. Jh., sondern im 21. Jh. Und heutzutage sollte in unserer aufgeklärten Welt eine derartige Kulturbarbarei nicht mehr möglich sein, egal von wem!
In unserer aufgeklärten Welt will man - des schnöden Mamon wegen - in Dresden unbedingt an einer der schönsten Stellen des Elbtals eine Brücke bauen - und was für eine.:weinen:

www.waldschloesschenbruecke.de
 
Gerade bei religiösen Bauten konnte man immer wieder feststellen, dass der Sieger entweder den Sakralbau des Unterlegenen zugunsten der eigenen Religion umwidmete oder abriss und an selber Stelle einen Neubau hinstellte.

Für ersteres kann man als Beispiele die Hagia Sophia (Kirche wird Moschee) oder die Mezquita in Córdoba (Moschee wird Kirche) anführen.
Erwähnenswert ist die Tatsache, dass sich im Zuge der Eroberung Spaniens durch die Christen, Moscheen fast (!) nur dann in ihrer Bausubstanz erhielten, wenn in oder auf ihnen eine Kirche errichtet wurde. Insofern, wurden fast alle zerstört. Ähnliches ist von SO-Europa leider zu sagen, wo fast keine Moschee die Zeiten bis heute überdauerte.
Im Gegensatz dazu gab es im Osmanischen Reich die gängige Praxis, dass häufiger mal eine Kirche in eine Moschee umgewandelt wurde, und sich dadurch bis in die heutige Zeit erhalten konnte. Natürlich wurden auch etliche (vor allem kleinere) zerstört. Aber die umgewandelten Kirchen wurden im Innern selten mal ihres Mosaik- und Freskoschmuckes gänzlich beraubt, meist wurden sie einfach mit einer weißen Kalkschicht überdeckt, so dass auch sie heute durch Archäologen und Kunsthistoriker untersucht werden konnten. Von dieser (relativ zur Zeit zu betrachtenden) respektvollen Praxis, hätten sich die Taliban mal inspirieren lassen sollen.


Adieu, LG lynxxx
 
Kulturbarbarei? Oh ja, aber sicher doch! Wenn es ja nur Barbarei wäre, aus denen solche Bilderstürmer ihre Motivation beziehen, könnte man ihnen ja noch manches nachsehen, denn Barbarei, die aus Unbildung herrührt, ist schlimm, aber irgendwie erscheint ein solcher Vandalismus noch verzeihlich. Meist aber handeln Bilderstürmer durchaus aus kaltem Kalkül und funktionalisieren Geschichte als politische Waffe, um mit dem Erbe der Symbole der Vorgänger abzurechnen, sie zu liquidieren, um deutlich zu machen, daß alle Brücken verbrannt sind. Ich wünschte von ganzem Herzen, daß ich @Dieter beipflichten und von einer Sensibilisierung gegenüber Kulturdenkmälern seit dem 15. Jahrhundert ausgehen könnte. Wenn man nur an die Barbareien des 20. Jahrhunderts denkt, wird man kaum davon ausgehen können, daß das 21. und spätere Jahrhunderte verantwortungsvoller sein werden, als vergangene.
 
Siehe jüngst den Ausverkauf der irakischen Kulturdenkmäler. Raub ohne Ende, ohne Einschreiten. Auch nicht vom Kunstmarkt. So findet sich die eine oder andere mesopotamische Skulptur denn auch zum Schnäppchenpreis auf dem einen oder anderem Kaminsims...
 
Ja, und erst die Dokumente! Unzählige noch unübersetzte Tontafeln wurden allein bei der Plünderung des Nationalmuseums zertrümmert. Ich erinnere mich noch deutlich an Rumsfelds Kommentar zur Museumsplünderung: "Ein paar alte Vasen, dann müssen sie sich halt wieder welche fürs Museum ausgraben!"
Als vor 500 Jahren deutsche Landsknechte Rom plünderten nannte man es "Sacco Roma" welche Bezeichnung könnte mal für die Ausplünderung Mesopotamiens geben?
 
In unserer aufgeklärten Welt will man - des schnöden Mamon wegen - in Dresden unbedingt an einer der schönsten Stellen des Elbtals eine Brücke bauen - und was für eine.:weinen:

www.waldschloesschenbruecke.de


Schade , daß nicht viel mehr Menschen diesen Blick ins Elbtal auf dem Foto in Natura kennen, die verständliche Empörung gegen das Vorhaben wäre vielleicht größer, so groß wie die mir unverständliche Begeisterung für den Totalaufbau des Berliner Schlosses vielleicht.
Ein Erinnerungsort in d. Natur -einer Naturlandschaft wird bei den Befürwortern des aktuellen Brückenkonzepts leider nicht so angenommen und respektiert , wie z.B. ein spektakulärer Geschichtsklitterungspalast a la Braunschweiger -oder Berliner "Schloß-Wiederaufbau".
So wie das Elbtal ,gibt es noch zahlreiche unwiederbringliche Naturdenkmale in der dt. Kulturlandschaft, die nicht durch die Denkmale von effizienzgesteuertem Diesseits"denken " gefährdet werden dürfen !
Die immer häufiger ins Auge springenden Windkraftanlagen verändern gerade schon sehr viel an Landschaftsbildern, die auch Seelenlandschaften sind.
So wie die Natur sich dadurch verändert, wird sich auch der Mensch verändern.
Eine Lösung für die Widersprüche zwischen erhaltenswerter Landschaft und Naturschutz kenne ich im Fall des Elbtales auch nicht, aber das Brückenvorhaben nötigt dem einmaligen Naturschauspiel des Elbtals dort eine nicht mehr zu korrigierende Inszenierung in Beton auf. :cry:
 
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Schade , daß nicht viel mehr Menschen diesen Blick ins Elbtal auf dem Foto in Natura kennen, die verständliche Empörung gegen das Vorhaben wäre vielleicht größer, so groß wie die mir unverständliche Begeisterung für den Totalaufbau des Berliner Schlosses vielleicht.

Wobei aber anzumerken wäre, dass die Schlösser in westdeutschen Großstädten, persönlich kann ich mich an die ausgebrannten Ruinen des Stuttgarter Neuen Schlosses erinnern, ebenfalls "totalaufbauten" sind. Und das in Stuttgart gegenüberliegende, dann abgerissene Kronprinzenpalais, fehlt dem Stadtbild sehr. (Der stattdessen in den 60ern erbaute "Kleine Schlossplatz", beste Sichtbeton Architektur, soll jetzt wieder abgerissen werden.)
 
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