Bestattungsrituale

Ovidius

Mitglied
Wie verlief die klassische römische Bestattung?

Hatten die Römer auch die Unterweltsvorstellungen wie folgt oder sind das die, der Griechen:

· Eingang zur Unterwelt: Tor am Taenarion, an dem Cerberus Wache hält
· Einteilung der Verstorbenen (getrennte Räume)
§ Diesseits des Unterweltflusses Acheron
§ Unbestattete, die 100 Jahre warten müssen auf die Überfahrt durch Fährmann Charon
§ Charon: Entlohnung durch eine Münze à daher Grabbeigabe in den Mund eines Verstorbenen
§ Jenseits des Acheron
§ frühzeitig Gestorbene (Kinder)
§ unschuldig Hingerichtete,
§ Selbstmörder
§ die aus Liebe Verstorbenen
§ Kriegsgefallene
§ Tartarus
§ große Frevler (keine Hoffnung auf Erlösung à Aussetzung ewiger Qualen)
§ Tityos: Geier fressen seine ständig nachwachsende Leber
§ Ixion: gefesselt an ein sich ständig drehendes Feuerrad
§ Elysium
§ die Seligen


Insbesondere interessiert mich auch, ob eine Münze für Charon auf die Augen oder in den Mund gelegt worden ist.

Besten Dank für Eure Bemühungen im Vorraus
 
Brandbestattungen in Aschenurnen waren in der Republik und der frühen Kaiserzeit Usus, abgesehen von einzelnen Körperbestattungen wie z.B. dem bekannten Sarkophag des L. Cornelius Scipio Barbatus aus dem frühen 3. Jh. v. Chr. Körperbestattungen in Reliefsarkophagen dominieren hingegen seit traianisch-hadrianischer Zeit.

Zur Unterweltsvorstellung zur Hand nehmen: Vergils Aeneis, Buch VI.
 
Zur Unterweltsvorstellung zur Hand nehmen: Vergils Aeneis, Buch VI.

Der von dir angeführte Verweis aquilifer sagt aber nichts über meine eigentlichen Fragen aus. Dort wird nur eine geschcihte von Aeneas erzählt wie er die Unterwelt erlebt. Peripher fallen Begriffe wie Styx, Charon etc.

Da kann man sich nun ganz viel fragen:
Wie war es nun mit der Münze: im Mund oder auf den Augen?
Was ist der Styx? Der Fluss an dem die Götter Eide leisten? Was für Eide?
Ich laß mal irgendwas von drei Richtern. Wofür waren die? Das stand da nämlich leider nicht.
Acheron und die Einteilung der Verstorbenen wird dort gar nicht erwähnt. Elysium fällt mal kurz der Begriff.

Üblich sollen zu allererst Erdbestattungen gewesen sein, später erst kamen die Feuerbestattungen, wohl u.a. aus pragmatischen Gründen.

Aber meine aller wichtigste Frage, die mich quält, ist nun die mit den Münzen.
Danach würde mich interessieren, ob das von mir o.g. richtig ist. Vergil könnte theoretisch auch die Aeneas Sage aus dem griechischen übernommen haben. Das heißt noch lange nicht, dass das, was er sagt auch wirklich römische Unterweltsvorstellungen waren.

Ich hoffe ihr könnt mir helfen, da ich dies für meine Abi Latein Prüfung benötigen würde.

PS: Es tut mir Leid, dass das, was ich oben hereinkopierte nicht so schön ist, wie in meiner Word-Datei bezüglich des Formates. Ferner hoffe ich, dass ihr wisst, wie dies eigentlich sollte, also dass

"große Frevler (keine Hoffnung auf Erlösung à Aussetzung ewiger Qualen)
§ Tityos: Geier fressen seine ständig nachwachsende Leber
§ Ixion: gefesselt an ein sich ständig drehendes Feuerrad" Unterpunkte vom Tartarus (Teil der Unterwelt, der für Frevler reserviert war) sind.
 
Antiker Polytheismus & fehlende Theologie

Ich habe eine Weile geschwankt ob ich zu dem Thema posten sollte. Es ist nichts wirklich produktives im Sinne der Frage, doch genau da liegt das Problem:

Begräbnisritual ist immer von mehreren Faktoren abhängig.

Da wären zum einen die soziale Stellung eines Menschen, der sich in Begräbniskult und Ausstattung generell ausdrückten musste. „Tiefere Fragen“ zum Grabkult mussten sich wohl nur die Angehörigen der oberen Schichten stellen. Bezeichnend für die Senatorenschicht war vor allem die Leichenrede des Sohnes auf seinen Vater. Daneben praktizierten die oberen Geschlechter der Römer eine Art „Schaulaufen“ der würdigsten Ahnen eines Geschlechtes, indem etwa Schauspieler mit den Totenmasken verstorbener Ahnen in Kleidung und Machtsymbolen des höchsten, jemals von ihnen erreichten Amtes am Leichenzug teilnahmen. Dabei wurde repräsentiert wie viel „Rom diesem Geschlecht und damit auch dem Toten“ verdanke und eine Kontinuität des Geschlechts über den Tod hinaus konstruiert: Reihte sich doch der gerade Verstorbene in diesen illustren Reigen ein, während der „Aufmarsch der würdigen Ahnen“ gleichzeitig ein Startkapital an Prestige dem neuen Familienoberhaupt mit auf den Weg gab, der die Leichenrede für seinen Vater hielt. Das war auch eine Chance; ein Akt der ersten „Bewährung“ bei einem öffentlichen Auftritt für den jungen Mann!


Die „alten Römer“ waren Polytheisten. Polytheismus aber zeichnet sich durch ein Nebeneinander von verschiedensten Gottheiten aus, die nicht zwangsläufig zu einem übergeordneten System gehören müssen. Wir sind es heute gewöhnt hinter religiösen Vorstellungen immer einen ausgearbeiteten, eben theologischen Aufbau von Glauben, Religion und Gottesvorstellung zu erwarten, der bis in Einzelheiten des Kultes hineingeht. Aber eben das gab es in der Antike nicht. Die Theologie, wie wir sie erwarten, entstand erst mit dem Christentum. Hier wurden Glaubensgrundsätze erarbeitet und verbindlich festgelegt – ausgehend von den heiligen Schriften, die ihren Ursprung auf Gott zurückführen konnten. Die Theologie ist erst durch Zusammenwirken von Schrift, Glaubensauslegung und antiken philosophischen Mitteln entstanden. Die Antike kannte dies zuvor nicht! Ich will darauf nicht weiter eingehen…

Die antiken polytheistischen Religionen/Rituale kannten keine bindende Theologie. Es ging einzig um das korrekte Durchführen religiöser Handlungen. Eine allgemein verbindliche Glaubensvorstellung war dazu nicht notwendig. Die (rudimentären) Ansätze zu einer Theologie wurden nie allgemeingültig miteinander verbunden und schwankten wohl auch zeitlich und lokal! Man könnte „drei Richtungen der Theologie“ ausmachen, ohne das sie ohne Widersprüchliches auskamen, denn es gab keine übergeordnete „Kontrollinstanz“ über die Auslegung (ganz im Gegensatz zum Kult). Es sind eben „unauthorisierte Reflektionen“ über „Göttlichkeit“ gewesen, daher auch die sehr eigenständige Quellen religiöser Texte:

-Mythische Theologie
(erstellt von Dichtern mit recht großer Freiheit bei der Auslegung oder als Auftragsarbeit)
-Physische Theologie
(Reflektionen von Philosophen über die Natur der Götter und einzelne Spielarten)
-Politische Theologie
(Nach Varro jene Auslegung, welcher sich Völker bedienen

Kurz: Ich denke du kannst mit deiner Fragestellung niemals eine befriedigende Antwort erhalten. Antiker Polytheismus kannte keine überall gültigen Formen der Religionsausübung und die Vorstellungen über die (eine?!) Unterwelt gehört ganz gewiss dazu! Tradiert wurden die eigentlichen Rituale, die (möglichst) penibel eingehalten wurden – also der Kult. Den Kult übten die Priester aus, doch gerade im antiken Rom war das Priestertum kein „Beruf/Berufung“, sondern ein politisches Amt, zu dem sich Menschen der Oberschicht zur Wahl stellten und es in der Regel auf Zeit ausübten. Kein Vergleich zu in Theologie geschulten, christlichen Priestern oder auch „Schriftgelehrter“ anderer heutigen Weltreligionen! Die vielleicht größten „Experten“ der Kultausübung aber waren wohl die Helfer, mit deren Hilfe die „politischen“ Priester ihre Kulte korrekt ausüben konnten – und die waren oft genug Sklaven!

...so jedenfalls habe ich das bei Jörg Rüpke gelesene in Erinnerung behalten.
 
Bei Orpheus und Eurydike in Ovid Werk Metamorphosen werden aber Unterweltsvorstellungen mit Styx, Charon und Co. geschildert. Demnach muss es einheitliche Unterweltsvorstellungen in Rom gegeben haben. Ob nun Begräbnis in Columbarium, Sarkophag, Feuer- & Erdbestattung interessiert mich ehrlich gesagt relativ wenig. Es ist schon interessant. Allerdings ist Mein Abithema Unterweltsvorstellungen zu denen wir nie etwas machten. Wir haben einiges nicht gemacht, daher frage ich.
Ich habe das o.g. selbst zusammengefasst und erwarte lediglich eine Antwort darauf, ob das mit der Einteilung so stimmt, wie das mit der Münze war und ob es überhaupt so war?

Ich habe das Gefühl Ihr wisst es leider selbst nicht und redet um die eigentlich gestellte Frage herum.
 
Nie Allgemeingültig!!

Lass es mich anders formulieren:
Beziehe dich bei deine Abiarbeit auf die Unterweltsvorstellungen in zu benennenden Werken und alle sind zufrieden. Ich rate davon ab es für allgemein gültige Unterweltsvorstellungen in der klassischen Antike präsentieren zu wollen. Falls dir in einer Bibliothek folgender Band unter die Nase kommt, schnupper mal rein:

Die Religion der Römer - Jörg Rüpke - Portofrei bei buecher.de

Auch anhand des Inhaltsverzeichnisses ist zu erkennen, dass es keine allgemein gültigen "Glaubensbekenntnisse- & Grundsätze" gegeben haben dürften. Religion war im öffentlichen Leben die Ausübung von Kultritualen. Begleitet wurde sie von Hymnen, Umzügen und sogar Schauspielen... Es gab weder eine für alle anerkannte Glaubenskonkregation, noch einen festgelegten Götterkanon. Es scheint bei den Griechen entsprechende, bescheidene Ansätze gegeben zu haben, indem 12 besonders mächtige Gottheiten in ein Pantheon aufgenommen worden sind und die einzelnen Götter mit Geschichten/Mythen miteinander verwoben wurden. Aber nicht einmal im griechischen Raum waren es in überall die gleichen 12 Götter und die Römer machten sich darum deutlich weniger Gedanken.

Beschränke dich auf wenige Quellen, benenne sie und gliedere sie wie du es bereits getan hast ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Bewerten kann ich die Gliederung oben übrigens nicht, sieht aber gut aus. Gerade an der Münze sollte eine Abiarbeit gewiss nicht scheitern! Die Münze findet sich oft in entsprechenden Gräbern, aber eben (langsam sollte es klar werden...) nicht generell!!! Wer sie seinen Liebsten mit auf den Weg ins Jenseits gab, glaubte wohl daran. Andere glaubten das wohl nicht und ließen es bleiben! Das ist ein wesentliches Kennzeichen von antikem Polytheismus.

Die von dir genannten Quellen gehören der von mir aufgezählten Kategorie der Mythischen Theologie an. Wie bereits oben geschrieben besaß diese die wohl größte (eben "Dichterische") Freiheit in der Erstellung.
 
Ich warte noch auf andere, die vielleicht mehr wissen.
Ich bin der Meinung es muss spezielle Unterweltsvorstellungen auch zu Römerzeiten gegeben haben.
Genau wie sie es heute gibt. Wir stellen sie uns doch alle etwa gleich vor: Böse Menschen kommen in die Hölle zum Teufel und gute Menschen in den Himmel zu Gott.
Das wir unten in der Hölle feurige Qualen erleiden und es uns oben gut geht, dass dürfte so mit jeder heutigen Meinung übereinstimmen, auch wenn sie aus gnoseologischer Sicht sich nie bewahrheiten kann, dennoch manifestiert sich die gleiche Vorstellung bei uns allen in den Köpfen.
Wir haben doch auch bestimmte Bestattungsriten!!! Oder warum schmeißen wir Verstorbene nicht in die Schwarze Mülltonne? Warum verbuddeln wir bei Nacht und Nebel Oma und Opa nicht im Garten? Seht ihr, wir wissen, dass sich das nicht gehört und wissen, dass man mit dem Tode bzw. nach dem Tode eines Verstorbenen nach bestimmten Procedere verfährt.
Alle haben bestimmte Vorstellungen von Unterwelt, aber auch "Himmelsreich". Andere Religionen haben auch welche, logischerweise teils andere. Aber wer keine hat, der wird auch heute noch - wenn auch gegen die Menschenrechte - von der Gesellschaft weniger/nicht akzeptiert.

Was will ich euch damit nun sagen? Es kann eine nicht nicht Unterweltsvorstellung nicht gegeben haben! (Litotes ;)) Warum schreiben Vergil und Ovid nämlich sonst über die gleichen Vorstellungen? Ganz einfach: Es MUSS eine Unterweltsvorstellung gegeben haben und es ist sicher nicht so einfach auf die mythische Theologie abzuwälzen.

So und nun kleiner Anreiz dazu:
http://mitglied.multimania.de/GemeindeNauheim/roemer/roemer2.htm


Nur habe ich auch schon einiges an Fehlern erlebt, was das Internet betrifft. Selbst das, was in Büchern steht war schon falsch.

Ich wollte nur wissen, wie es mit der Münze ist und ich hoffe, dass es mir einer vermag zu beantworten. Das mit der Münze gab es definitiv: auch einheitlich in einem Volk. Auf den Augen müsste griechisch sein, wenn die Troja Verfilmung stimmt. Womöglich aber oder auch nur gotisch?!


Ich danke Dir und vor allem El Quijote, der zumindest ein Teil meiner Frage befriedigend beantworten konnte.
 
Next one: [Mod] Link gelöscht [/Mod]


Da gibt es auch eine Einteilung, jedoch von Schülern erstellt, weshalb man nicht sicher gehen kann, ob es stimmt...
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Mir fällt gerade noch ein (ergänzendes) Detail zur Bestattung von Kaisern ein; bei denen wurde aus einem halbwegs versteckten Käfig in der Nähe des Scheiterhaufens ein Adler fliegen gelassen, der die zum Himmel auffliegende Seele des Kaisers darstellen sollte (es gibt da ein Relief von Trajan oder Marc Aurel, habe ich leider gerade nicht zur Hand).

Gut möglich, dass das bei Bürgern ebenfalls der Fall war – es gibt auch eine ganze Reihe von Kinderstatuetten und Grabbildnissen, auf denen die Kinder Tauben in den Händen halten. Diese werden oft als "Pet animals" beschrieben; gut möglich, dass diese Symbolisierung einer "unschuldigen Seele" entspricht. Aber hier bin ich mal wieder wild am Spekulieren und kann keinen Anspruch auf "Die Wahrheit" anstellen.
 
Der Adler ist der Beweis, dass der Verstorbene nun in den Kreis der Götter eingetreten ist.
Ohne den in den Himmel fliegenden Adler würde der Verstorbene nicht als Gott anerkannt werden.
 
...
Ich wollte nur wissen, wie es mit der Münze ist und ich hoffe, dass es mir einer vermag zu beantworten. Das mit der Münze gab es definitiv: auch einheitlich in einem Volk. Auf den Augen müsste griechisch sein, wenn die Troja Verfilmung stimmt. Womöglich aber oder auch nur gotisch?!

Ich habe bei K. W. Weeber "Alltag im Alten Rom" einen Hinweis auf Juvenal III 267 gefunden. Danach wurde die Münze unter die Zunge gelegt; nachgewiesen auch durch archäologische Funde. Die Sitte war aber nun mal ursprünglich griechisch und wie vieles Griechische von den Römern übernommen worden. Sie war weit verbreitet, aber wie tejason schon schrieb, sie war keine allgemein gültige Sitte.

... Warum verbuddeln wir bei Nacht und Nebel Oma und Opa nicht im Garten? Seht ihr, wir wissen, dass sich das nicht gehört ...
Das hat nichts damit zu tun, dass es sich nicht gehört (mancher hätte sogar gerne seine verstorbenen Liebsten im Garten) --- es ist schlichtweg verboten.
 
Zurück
Oben