«Es gibt keinen grossen Geschichtsplan»

Da ging es nicht um die NZZ - ich schrieb ja, dass ich nicht wisse, ob die NZZ über jeden Zweifel erhaben sei -, sondern um Dions sonstige Wikipediagläubigkeit.
 
Ja, das stimmt, wenn ich Wikipedia zitiere, bin ich Wikipedia gläubig, aber wenn du es tust, ist das natürlich was anderes. So nach Motto: Quod licet Jovi ...
Nö, wir zitieren Wikipedia unterschiedlich. Du willst in der Regel Faktenbehauptungen damit belegen. Ich weise eher auf Auffassungen hin, die in der Wikipedia vertreten werden, oft distanziert, hin und wieder ablehnend.
 
...bei mir erscheint der hinter Bezahlschranke - ob ich was ausgeben soll dafür, wo das Presseorgan NZZ doch als rechtslastig von Wikipedia verdächtigt wird?...

Muss korrigieren, ist eigentlich ein Interview, kein Artikel in diesem Sinne, und stellt mehr oder weniger auf die Stärken und Schwächen kontrafaktischer Szenarienn ab, wobei die Stärken vor allem in dem Bereich gesehen werden, dass solche Szenarien dabei helfen können bei der deutung historischer Entwicklungen und Ereignisse nicht in überdeterminierte Bahnen zu verfallen und sich klar zu machen, dass Entwicklungen und entwicklungspfade, auch historische flexibel sind.
Bei der gleichzeitigen Problematik, dass allzu weit abweichende Szenarien dann natürlich in den fiktionalen Bereich gehen, der mit Geschichte oder deren Erklären nicht mehr viel zu tun hat.

Daneben noch einige Worte darüber, dass diese Art mit Geschichte umzugehen im deutschsprachigen Raum seit dem 19. Jahrhundert an Reputation eingebüßt habe und oft als populärwissenschaftlich, halbseriös o.ä. beurteilt wird, während es sich etwa im englischsprachigen Raum um eine durchaus gängige Herangehensweise handle.

Das wäre so etwa die Kurzzusammenfassung.


Für die Meisten hier wahrscheinlich nicht besonders spannend, meinen Nerv trifft es insofern ich ja selbst gerne mit kontrafaktischen Szenarien zwecks Kontrastierung und Einordnung hantiere.
 
sich klar zu machen, dass Entwicklungen und entwicklungspfade, auch historische flexibel sind.
Das leuchtet mir nicht so ganz ein.

...aber ich muss auch gestehen, dass ich nur eine einzige kontrafaktische "Geschichtsfantasie" ernst nehmen kann: sie ist von Heine, und wie bei ihm üblich, glänzend formuliert (da kommt sogar "der klassische Morast" vor)
 
Im Prinzip ist vieles von dem, was Burkart sagt, recht banal.

Lucas Burkart, was ist kontrafaktische Geschichtsschreibung?

Sie beschäftigt sich mit den Möglichkeiten der Geschichte, die sich nicht realisiert haben. Sie zeigt also auf, dass der Geschichtsverlauf nicht klar definiert ist. Damit zwingt uns kontrafaktische Geschichte, über die Frage nachzudenken: Was sind die ausschlaggebenden Gründe, dass Geschichte in einem bestimmten Moment in die eine oder die andere Richtung gelaufen ist?​

Warum ist dies wichtig?

Weil das Risiko besteht, dass wir das, was passiert ist, im Nachhinein als zwingend erachten. Wir glauben, dass es so kommen musste. Und wir spekulieren mit unserem historischen Wissen über die Zukunft. […] Kontrafaktische Geschichte hilft uns bloss, die Weggabelungen der Geschichte besser zu verstehen. Wer über alternative historische Verläufe nachdenkt, erkennt: Es gibt keinen grossen Geschichtsplan.​

Heisst das, Geschichte hätte zu jedem Zeitpunkt anders verlaufen können?

Aus meiner Sicht: ja. Der Verlauf der Geschichte ist zu jedem Zeitpunkt offen, und wir wissen nicht, was morgen ist.
[…]
Dennoch gibt es auch die ein oder andere interessante Passage im Interview.
 
...bei mir erscheint der hinter Bezahlschranke - ob ich was ausgeben soll dafür, wo das Presseorgan NZZ doch als rechtslastig von Wikipedia verdächtigt wird?...

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