Fliegerbombenfund Hanau/Einsatzbereitschaft der NS-Luftwaffe kurz vor Kriegsende

muck

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Im südhessischen Hanau misslang am Donnerstagabend die Notsprengung einer Fliegerbombe. Der Kampfmittelräumdienst soll den Fund zuerst als wahrscheinlich alliierte Brandbombe identifiziert haben, nun heißt es, die Waffe sei tatsächlich eine deutsche Sprengbombe gewesen. Infolgedessen wurden zahlreiche angrenzende Wohnhäuser beschädigt. Der 'Focus' schreibt dazu:
Nach Angaben der Stadt handelte es sich bei dem bei Bauarbeiten im Stadtteil Großauheim gefundenen 250 Kilogramm schweren Blindgänger um eine Bombe deutscher Bauart. „Diese Bombe, dieses Drecksding, wurde einmal im deutschen Namen auf Großauheim - auf Bürgerinnen und Bürger und Infrastruktur vom Deutschen Reich abgeworfen“, sagte OB Kaminsky.

Wieso eine Bombe deutscher Herkunft an dieser Stelle gefunden wurde, wusste die Stadt auf Anhieb nicht zu erklären, da in Hanau meist britische und US-amerikanische Fliegerbomben entdeckt würden. In dem Fundgebiet in der Nähe des Mains hatte es allerdings gegen Ende des Zweiten Weltkriegs Kämpfe zwischen amerikanischen und deutschen Verbänden gegeben. Die US-Truppen setzten dort zwischen den heutigen Hanauer Stadtteilen Großauheim und Klein-Auheim Ende März 1945 über den Fluss. (Quelle)
Anhand des Artikels ist mir nicht ganz klar, woran die Identifizierung erfolgte, aber mal unabhängig davon: Ich dachte immer, nach dem Fehlschlag des Unternehmens Bodenplatte hätte die Luftwaffe kaum noch eine Rolle gespielt, daher die Frage: Wie viele Einsätze wurden in dieser Spätphase noch geflogen, und von wo aus?
 
Es wurden Einsätze mit dem Schnellbomber Arado 234 B-2 geflogen, von Rheine aus. Für diese Flugzeugtypen war i.a. genug kerosinartiger Treibstoff J2 vorhanden. Bombardiert wurde ja auch im März 1945 die Brücke bei Remagen.

Mit Me 262a wurden u.a. noch die Oderbrücken bombardiert.
Es fehlte nicht an Flugzeugen, sondern an Personal.

Es gibt Berichte auch über Einsätze von der Elster aus, wo ich leichte Zweifel habe:
 
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Es gibt Berichte auch über Einsätze von der Elster aus, wo ich leichte Zweifel habe:
Das ist durchaus wahrscheinlich, von Alt-Lönnewitz ( Endausrüstung, Erprobung) wurde z.B. nach Burg/Magdeburg verlegt. In den letzten Kriegsmonaten gab es in Lönnewitz einige Arados zur Umrüstung. Angesichts der Kriegslage werden auch welche von dort abgeflogen sein können. Unterlagen habe ich noch nicht darüber gefunden, könnten aber noch vorhanden sein.
Ich zumindest halte das für plausibel.
 
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Noch eine Ergänzung: Ein deutsches Bombardement auf Großauheim wird erst erfolgt sein, als amerikanische Bodentruppen ab dem 28.03.1945 den Main überschritten und dort einen Brückenkopf errichtet hatten.

Für diesen Luftangriff kommt nicht mehr die II. Gruppe des KG 76 auf dem Flughafen Rheine-Bentlage in Frage, da er in der Zeit vom 21.03.1945 bis zum 23.03.1945 heftig bombardiert wurde, und Rheine in der Zeit vom 31.03.1945 (Karsamstag) bis zum 2.04.1945 (Ostermontag) von britischen Truppen erobert war.

Die II. Gruppe des KG 76 hatte Anfang April 1945 noch 7 (!) einsatzfähige Piloten.

Bei dem am 14.03.1945 unbemannt (mit Autopilot fliegend, nach Fallschirmabsprung des Piloten Bäumler) in Lahde, einem Ortsteil von Petershagen, Kreis Minden-Lübbecke abgeschossenenen Bomber Arado 234 B-2 handelt es sich um ein Flugzeug der III. Gruppe des KG 76. Die wiederum war unweit von Kalkriese, in Bramsche-Achmer stationiert, knapp 74 km (= knapp 34 Leugen, @Divico verzeih) von Lahde entfernt.

"Dieses turbinengetriebene Kampfflugzeug war von einem Feldflugplatz in Nordwestdeutschland gestartet" - da wird es sich nach meinem Erdkundeverständnis eher nicht um "Alt-Lönnewitz, 90 km südlich von Berlin" gehandelt haben. Und das wiederum ist 449 km entfernt von Remagen, wenn auch dort noch ganz sicher ausreichend Treibstoff (J2, Kerosin- oder Diesel ähnlich) vorhanden war. Und Reichweite war für die Arado 234 B-2 kein Thema!

Der Flugplatz in Achmer liegt genau westlich von Lahde, was auch einen geplanten Landeanflug gegen die Hauptwindrichtung plausibel macht, die deutschen Strahlflugzeuge hatten ja bekanntlich eine gefährlich lange Landeanflugphase, die auch besser möglichst weit weg vom Feind erfolgen sollte.

Denkbar wäre also in Großauheim auch ein notfallmäßiger Bombenabwurf dieses Flugzeugs am 14.03.1945, also 2 Wochen früher, nach fehlgeschlagenem Angriff auf die Brücke von Remagen. Lahde ist 234 km entfernt von Remagen, 252 km entfernt von Großauheim (und genau nördlich davon).

Das Dumme war für die deutschen Piloten, dass aus serodynamischen Gründen das Flugzeug nur mit interner Bombenlast (z.B. 2x 250 kg) ausreichend schnell war, die Brücke aber bei hoher Geschwindigkeit nur in geradem Anflug in Nord-Süd-Richtung sicher getroffen werden konnte, und die in Remagen massierte gegnerische Flak und Jagdflugzeuge genau dies wußten.
 
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