Man sollte hierbei nicht übersehen, dass für Künstler - auch ausübende (Sänger*innen, Dirigenten, Instrumentalisten, Schauspieler) - Berlin, Dresden und München schon zur Kaiserzeit ein internationales Kulturzentrum war wie Paris. Deshalb würde ich die "Kulturmigration" in diese Städte/Zentren nicht streng eingegrenzt in den Zeitraum der Weimarer Republik betrachten.
Zudem halte ich die schon im 19. Jh. beginnende Internationalität der mondänen Gesellschaft (wer Ruhm, Besitz, Ansehen hatte), die einen nicht unerheblichen Teil der Migration in deutsche mondäne Zentren schon lange vor der Oktoberrevolution ausmachte, wenn überhaupt dann für eine sehr luxuriöse Form der "Migration". Freilich verstärkte die Oktoberrevolution diese Sorte Migration, machte vielen eine Rückkehr in die Heimat unmöglich - aber die meisten hatten auch im Ausland/Migration ihre Schäfchen im trockenen. Noch heute kann man die "Villa Turgenev", die der Autor mit seinen Einnahmen finanzierte, in Baden-Baden sehen - diese Villa ist nur Peanuts im Vergleich zu dem, was nur ein einziger russ. Geldadelssproß in mehreren solchen mondänen Zentren besaß (ich teile das mit, um die Relationen zu verdeutlichen). Wir haben bei Dostojewski und Proust (sic!) einen deutlichen Eindruck für solche Verhältnisse. Man hatte Wohnsitze an verschiedenen "angesagten" Orten, und wenn nicht, dann war ein Aufenthalt für Monate im besten Grandhotel oder ein Villenkauf kein Problem, auch dann nicht, wenn die bösen Bolschewisten die Güter in Mütterchen Russland beschlagnahmten.
Kurzum: vermehrt bemerkbar wurde russische Immigration der "gehobenen" Sorte in den Kultur/Kur/Badezentren im Zusammenhang mit der Oktoberrevolution, ohnehin permanente Künstlermigration in die Kulturzentren. Und solche hatten auch vor 1914 und nach 1918 (bis 33) keine Probleme in Sachen Aufenthalt, Staatsbürgerschaft etc -- das klein-klein sonstiger Migration ist leider (!!) nur in Sachen Amerikaauswanderung bekannt.