Jetzt werden die Mayas verwurstet...

Das taten sie, vor allem in ihrer Niedergangsphase.
Die Kriege in der Niedergangsphase müssen jedoch nicht unbedingt so interpretiert werden, daß sie dadurch motiviert waren, Gefangene für die Opferung zu beschaffen. Soweit ich meine Lektüre erinnere, sind diese Kriege um politische Vormachtstellungen unter den Stadtstaaten geführt worden; dann wären Gefangene sozus Begleiterscheinung, nicht aber der eigentliche Anlaß.
 
Vorweg: Habe mir Gibsons "Apocalyptico" im Kino angesehen und war sehr angetan. Ein mitreißender Film, der mit gängigen, noch aus dem 19. Jahrhundert herrührenden Klischees von den feinsinnigen, edlen, ausschließlich den Künsten und der Astronomie zugetanenen Mayas bricht. Gibson macht sie zu Menschen aus Fleisch und Blut, mit positiven und negativen Eigenschaften, und damit für uns "greifbar".

Die Darstellung der Maya-Kultur war dabei meiner Meinung nach weitgehend korrekt. Wenn gelegentlich Elemente der klassischen Zeit mit solchen des Postklassikums vermischt werden, so ist dies im Rahmen eines Spielfilms unproblematisch und vielfach vielleicht sogar Nahe an der historischen Realität.
Warum sollten die späten Maya einen vollständigen "Gedächtnisschwund" erlitten haben? Sicherlich gab es in allen kulturellen Bereichen Kontinuitäten.

Zu den Menschenopfern: Die Maya des Postklassikums waren durch verschiedene Invasionen, u.a. der Putún und Tolteken, zu einem gewissen Grade "mexikanisiert"; sie übernahmen u.a. die Institution der Kriegerorden und verschiedene architektonische und künstlerische Elemente. Die schon im Klassikum wohl nicht unbeträchtlichen Menschenopfer (siehe z.B. die Fresken von Bonampak) dürften sich durch die zentralmexikanischen Kontakte weiter erhöht haben.
Ich zitiere (Berthold Riese: Die Maya, München 1995, S. 112):
"Die Beziehungen der Kleinstaaten untereinander (im Postklassikum) waren alles andere als friedlich. (...) Außer diesen Gründen war ein immer wiederkehrender Kriegsanlass der Wunsch nach Gefangenen, von denen man die Gemeinen als Arbeitssklaven verwendete (...) , Kindern und Adeligen aber das Privileg zukommen ließ, bei religiösen Feiern als Menschenopfer zu dienen. Dies war eine traditionelle Sitte, die womöglich Hauptantrieb für die vielen Kriege der Kleinstaaten im südlichen Tiefland während der lassischen Epoche gewesen war."

Mir jedenfalls erscheint die auch in diesem Forum häufig anzutreffende Apologetik alles Indianischen als typischer Ausfluss einer grassierenden politisch-korrekten Geisteshaltung, die vor den historischen Realitäten die Augen verschließt.
Letztlich stellte die Conquista nichts anderes als ein Aufeinandertreffen verschiedener, stark kriegerischer und expansiver Kulturen dar (Spanier, Azteken, Maya, Inka etc.), bei dem sich die effizienteste und "modernste" Macht durchsetzen konnte.
 
Warum sollten die späten Maya einen vollständigen "Gedächtnisschwund" erlitten haben? Sicherlich gab es in allen kulturellen Bereichen Kontinuitäten.
Wer behauptet etwas von Gedächtnisschwund?

Zu den Menschenopfern: Die Maya des Postklassikums waren durch verschiedene Invasionen, u.a. der Putún und Tolteken, zu einem gewissen Grade "mexikanisiert"; sie übernahmen u.a. die Institution der Kriegerorden und verschiedene architektonische und künstlerische Elemente. Die schon im Klassikum wohl nicht unbeträchtlichen Menschenopfer (siehe z.B. die Fresken von Bonampak) dürften sich durch die zentralmexikanischen Kontakte weiter erhöht haben.
Komisch. Ich mag mich irren, aber ich kenne es eigentlich nur so, dass die Maya die ältere Kultur waren, deren Untergang zur Zeit der mexikanischen Blüte längst vollzogen war, und es die Azteken, Tolteken etc. waren, die Elemente der Maya-Kultur vereinnahmt haben.
Zeigen die genannten Fresken Massenopferungen (ich habe im Netz nur zwei Bilder mit Einzelopferungen gefunden)?

Mir jedenfalls erscheint die auch in diesem Forum häufig anzutreffende Apologetik alles Indianischen als typischer Ausfluss einer grassierenden politisch-korrekten Geisteshaltung, die vor den historischen Realitäten die Augen verschließt.
Ist das in dieser Diskussion an irgendeiner Stelle der Fall?
 
Hi Quijote,
Wer behauptet etwas von Gedächtnisschwund?
Bezog sich auf den Vorwurf, Gibson transferiere Elemente der klassischen Maya-Kultur ins Postklassikum.
Komisch. Ich mag mich irren, aber ich kenne es eigentlich nur so, dass die Maya die ältere Kultur waren, deren Untergang zur Zeit der mexikanischen Blüte längst vollzogen war, und es die Azteken, Tolteken etc. waren, die Elemente der Maya-Kultur vereinnahmt haben.
Zeigen die genannten Fresken Massenopferungen (ich habe im Netz nur zwei Bilder mit Einzelopferungen gefunden)?

Die Maya-Kultur existierte auch zur Zeit der Azteken bzw. bei Ankunft der Spanier, allerdings hatten sich verschiedene kulturelle, politische und gesellschaftliche Erscheinungen mehr oder weniger stark verändert und der geographische Schwerpunkt nach Yucatan und ins guatemaltekische Tiefland verlagert. Eine bedeutende Metropole des Postklassikums war beispielsweise Mayapan. Die verschiedenen "Stadtstaaten" befanden sich im Vorfeld der Conquista in einem ständigen Kleinkrieg, ähnlich Oberitalien in der Renaissance ;) .
Ein gutes Beispiel für die Übernahme zentralmexikanischer Elemente im Siedlungsgebiet der Maya ist Chichén Itzá. http://en.wikipedia.org/wiki/Chichen_Itza
Direkte Massenopferungen werden von den Fresken meines Wissens nicht dargestellt, sind aber meiner Meinung nach im Kontext der Maya-Kultur nicht abwegig. Die Frage ist natürlich auch, ab wann man von Massenopferungen sprechen will.
In diesem Zusammenhang wichtig: Gibt es aussagekräftige archäologische Befunde? Ich weiß nur von Skelett-Funden in Cenotes, wo man Chac dem Regengott geopfert hat.
Ist das in dieser Diskussion an irgendeiner Stelle der Fall?
Rein subjektives Empfinden von mir nachdem ich verschiedene Threads mit "indianischer Thematik" überflogen habe. Nicht speziell auf diesen Thread bezogen.
 
Es sind Menschenopfer bei den Maya vorgekommen, soweit man dies zb aus in Fundamenten gefundenen Skeletten rückschließen kann. Ansonsten war die Zugehörigkeit zur herrschenden Schicht bei den Maya nicht lebensgefährlicher als bei den anderen sozialen Schichten auch. Es wurden von politischen und religiösen Führungspersönlichkeiten zwar Opfer erwartet, diese bestanden aber aus dem Opfern des eigenen Blutes.
Der hohe Blutzoll resutiert aus der besonderen Bedeutung des Menschenopfers. Bei den Mayas galt Menschenfleisch z.B. als heilige Nahrung. Die Tarasken teilten das Fleisch zwischen Priestern und Göttern auf, wobei der Teil der Götter verbrannt und der Teil der Priester verzehrt wurde.Auch für die Azteken war das Verzehren von Menschenopfern eine Art Kommunion mit den Göttern. Die Enzyklopädie der Mythen in Nord- Meso- und Südamerika schreibt hierzu: "Das Opfer aber stand in Personalunion mit dem Gott, dem es geopfert wurde, daher war das Verzehren seines Fleisches gleichbedeutend mit dem Verzehren des göttlichen Leibes."
Allerdings gibt es einen Unterschied bei der Bedeutung des Blutes. Für die Azteken war das Menschenopfer unabdingbare Voraussetzung, damit das Universum seine Ordnung nicht verlor. So mußte beispielsweise die Sonne in ihrem täglichem Kampf gegen die Dunkelheit mit dem geopferten Menschen gestärkt werden. Später nutzte man das Opfer auch als Möglichkeit eine Art soziale Kontrolle auszuüben. Die Maya wiederum glaubten, daß das Blut des Opfers einen reibungslosen Ablauf der zyklischen und vorherbestimmten Zeit gewährleisten würde.

Mit solchen Schlüssen (wenn die einen, dann wohl auch die anderen) sollte man vorsichtig sein
Die Azteken, Tolteken und Mayas haben viele gemeinsame kulturelle Verbindungen. So viele Götter, wenn wahrscheinlich auch nicht alle- allein bei den Azteken zählte man 1600 verschiedene Götter bzw. unterschiedliche Namen, die Schöpfungsgeschichte und die Vorstellung von den Zyklen des Werdens und Vergehens. Die mesoamerikanischen Kulturen sollte man also nicht isoliert betrachten, sondern im Kontext untereinander. Eine isolationistische Betrachtung von Völkern und Kulturen ist oft nur über einen bestimmten Zeitraum möglich, da es bedeuten würde, daß diese Völker und Kulturen autark und abgeschottet von den Nachbarkulturen leben. Und durch die starken gegenseitigen kulturellen Verbindungen und Handelsbeziehungen ist in Mesoamerika auf keinen Fall von einer isolationistischen Lebensweise der Mayas auszugehen.
 
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Die Maya-Kultur existierte auch zur Zeit der Azteken bzw. bei Ankunft der Spanier, allerdings hatten sich verschiedene kulturelle, politische und gesellschaftliche Erscheinungen mehr oder weniger stark verändert und der geographische Schwerpunkt nach Yucatan und ins guatemaltekische Tiefland verlagert. Eine bedeutende Metropole des Postklassikums war beispielsweise Mayapan. Die verschiedenen "Stadtstaaten" befanden sich im Vorfeld der Conquista in einem ständigen Kleinkrieg, ähnlich Oberitalien in der Renaissance ;) .

Streng genommen gibt es die Maya-Kultur einschleißlich ritueller Handlungen und der Sprache noch heute.

Direkte Massenopferungen werden von den Fresken meines Wissens nicht dargestellt, sind aber meiner Meinung nach im Kontext der Maya-Kultur nicht abwegig. Die Frage ist natürlich auch, ab wann man von Massenopferungen sprechen will.

Gut. Opferungen sind bekannt und von niemandem in Zweifel gezogen worden, die Fresken zeigen keine Massenopferungen, sondern Einzelopferungen, von ihnen daher auf Massenopferungen zu schließen ist unzulässig. Meinetwegen können wir die Massenopferung mit mehr als drei Personen ansetzen. Aber egal ob Massenopferung oder nicht: das Menschenopfer an sich macht mir diese Kultur nicht sonderlich sympathisch. Trotzdem wären tiefgreifendere Kenntnisse der Glaubensvorstellungen interessant, sie würden vielleicht das Verständnis (nicht zu Verwechseln mit Sympathie o.ä.) für diese Kultur vertiefen.
 
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Auch die Mayas kennen Massenopferungen. Eine davon konnte beim Ballspielen passieren, indem die Verlierermannschaft sozusagen die Niete zog. In den meisten Fällen war es nur der Kapitän der Verlierer, der den letzten Weg antrat. Sinn war hier, das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Teamfähigkeit der Mannschaft im Hinblick auf die nahezu ununterbrochenen Kriege zu stärken.
 
Auf die Gefahr hin (wieder einmal) den Buhmann zu spielen:
Es wäre schön wenn die Aussagen hier öfter belegt wurden. Mir als absolutem Laien auf dem Gebiet der süd- und mittelamerikanischen Kulturen ist es zum großen Teil ein Rätsel, woher das hier geäußerte stammt, zum Teil will es mir fast als "genetisches Grundwissen" erscheinen. "Das war so." finde ich nicht befriedigend.

Zudem sollte man die Diskussion vielleicht hier anschließen:
http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=1846
 
Apokalypto

Gestern habe ich endlich "Apocalypto" gesehen. Ich erwartete ein rechtschaffen gemachtes Film. Und die einzelne Sache, die ich danach im Gedachtnis habe - ist die Herde von braunen Gesassen, die zwiechen Strauchen laufen. Kann jemand etwas gutes nach diesem Film sagen ?
 
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