Kirmesgeschichte

naunakhte

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Hallo,

ich suche Literaturempfehlungen zur Entwicklung der Kirmes (als Volksfest) im (mittel-)hessischen Raum ab 1450.

Die in alten Konversationslexikas unter Kirchweih geschilderte Situation, dass die Kirmes ein Fest zum Jahrestag der Weihung der Ortskirche sei birgt insofern ein Problem, als der Ort, für den ich einen Beleg aus dem frühen 16. Jahrhundert habe keine Kirche hat.

Die Angaben in Brockhaus, Meyers usw. sind zu knapp als dass ich mir eine Vorstellung machen könnte wie es zu der belegten Feier kam. Ich suche ausführlichere Schilderungen. Gibt es so etwas?

Danke
nauna
 
Das Problem sind hier mal wieder die stellenweise falschen Begrifflichkeiten und/oder fliessenden Übergänge.

So haben sich im ländlichen Bereich aus Viehmärkten und Jahrmärkten typische Volksfeste entwickelt, die gern am Sonntag nach dem Kirchgang stattfanden, oft mit einem Frühschoppen verbunden waren. So auch Kirchweih bzw. Kirmes, die sich an Kirchengründungen anlehnten. Bei uns ging der Jahrmarkt fliessend in die Kirmes über, bzw. man gewöhnte sich an zum Jahrmarkt "Kirmes" zu sagen.

Manche Kirchenväter waren gegen die allzu lärmenden und ausgelassenen Feste, die sich entwickelten, andere nahmen es Bewusst in Kauf, um ihre Schäfchen in die Kirche zu bringen ...
 
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Hallo,

ich suche Literaturempfehlungen zur Entwicklung der Kirmes (als Volksfest) im (mittel-)hessischen Raum ab 1450.

Die in alten Konversationslexikas unter Kirchweih geschilderte Situation, dass die Kirmes ein Fest zum Jahrestag der Weihung der Ortskirche sei birgt insofern ein Problem, als der Ort, für den ich einen Beleg aus dem frühen 16. Jahrhundert habe keine Kirche hat.

Die Angaben in Brockhaus, Meyers usw. sind zu knapp als dass ich mir eine Vorstellung machen könnte wie es zu der belegten Feier kam. Ich suche ausführlichere Schilderungen. Gibt es so etwas?


nauna


Ja, es gibt sogar eine Magisterarbeit, die der Ziegenhainer Salatkirmes gewidmet ist und die 1997 von Sonja Windmüller geschrieben wurde. Dieses Volksfest in Nordhessen wird seit 1728 mit den heute noch gültigen Traditionen und Ritualen gefeiert.

Landgraf Karl wollte die Kartoffel in Hessen heimisch machen, und um den sturen, traditionsbewussten Schwälmern das obskure Nachtschattengewächs schmackhaft zu machen, musste der Landgraf geschickte Öffentlichkeitsarbeit leisten und mit gutem Beispiel vorangehen. Dazu besuchte er seine Festung Ziegenhain und lud die Bewohner der näheren Umgebung zu einem öffentlichen Essen ein. Dabei wurden Kartoffeln und "Latch" gereicht, doch die Bewohner der Schwalm verschmähten die Knolle aus Amerika und hielten sich an Salat, weshalb noch heute die Salatkirmes jedes Jahr, zwei Wochen nach Pfingsten in Schwalmstadt Ziegenhain gefeiert wird.

Ein Ritual ist das "latchen" der Neubürger, das am Morgen des Kirmesmontag stattfindet. Es wird den Zugereisten ein Salatkopf am Arm befestigt und sie werden dreimal in die Luft geschleudert. Mit diesem Ritual wird man in den Kreis der Ureinwohner aufgenommen


Kirchweihfeste gibt es seit dem Mittelalter, und es war durchaus nichts ungewöhnliches, wenn dabei eine bestimmte Agrarpflanze im Mittelpunkt steht.
 
Hallo,

ich danke schon mal für die Antworten.

@mercy - der Link ist ganz nett, ich werde mich mal auf die Suche nach den Quellen/Editionen der dort genannten Erlasse vor 1700 machen.

@Caro1 - sicherlich sind Befrifflichkeiten eventuell falsch gebraucht, oder deren Übergänge verwischt. Doch das muss hier herausgearbeitet werden. Meine Originalquelle von 1527 nennt den Begriff "Kermesse". Ob der Begriff sich aus einem Markt heraus entwickelte halte ich für fraglich. Der Ort war klein, und Marktrechte (offiziell verliehen) hatte er keine. Welche Möglichkeiten es gab, dass sich hier eine Kirmes entwickelte - das möchte ich mit Hilfe weiterer Literatur herausfinden.

@scorpio - ich werde mal versuchen ob es möglich ist die Magisterarbeit in die Finger zu bekommen.

Vorerst Danke! Ich nehme gerne weitere Hinweise entgegen

nauna
 
Schau mal hier Geschichte der Kirmes allgemein

Interessant dazu auch die Geschichte zur Westerkapellner Kirmes, die sich ebenfalls mit den Jahrmärkten vermischte Kirmes

Die Cranger Kirmes widerum scheint überwiegend erst Vieh-, dann Jahrmarkt gewesen zu sein
Die Cranger Kirmes - einst und heute

Ähnliches gilt für die Haaner Kirmes. Haaner Kirmes - Geschichte

In der Geschichte zur Brüggener Kirmes wird erwähnt dass natürlich Gemeinden, die keine eigene Kirche hatten mit anderen zusammen feierten und die Kirmes selber dort stattfand, wo sich ein guter Platz fand KGB - Kirmes Gesellschaft Brüggen
 
@nauna

Aus der fernen Sicht eines Forums ist es bei einer solchen Detailfrage schwer zu helfen. Deine Fragestellung ist Gegenstand der Volkskunde resp. Kultur- und Religionsgeschichte, ich habe Dir einige links hierzu einkopiert, an der Uni HH hat sich eine Prof. mit dem Thema "Kirmes" beschäftigt (erster link), selbstverständlich, kann ich nicht beurteilen, ob es Dir weiterhilft.

Sonja Windmller, Institut fr Volkskunde, Uni Hamburg

Universitäts- und Landesbibliothek - Volkskunde Registerbegriffe

Gesamtinhaltsverzeichnis der Zeitschrift des Vereins für rheinische und westfälische Volkskunde Jg

Hier könnten prima facie die Jg. 1910, 1913 und 1928 interessant sein und natürlich die Buchbesprechungen, da könntest Du etwas passendes finden.

Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde: Inhaltsverzeichnis

Hier solltest Du auch was finden.

Stroh - vom Rechtssymbol zum Werbeträger

Dieser Artikel ist eher populär geschrieben, enthält aber einige Literaturhinweise im Text (allerdings kein ausdrücklicher Anmerkungsapperat).

Rheinland-Pfälzische Bibliographie : Rechtliche Volkskunde

Hier findest Du weitere Sekundärliteratur.

Guthschrift - Plattform f?r antiquarische und gebrauchte B?cher

Etwas zur Geschichte der Kirmes findest Du in "Historische Volkssagen"

"Burde-Schneidewind, Gisela: Historische Volkssagen aus dem 13. - 19. Jahrhundert. Deutsche Sagen demokratischen Charakters Bd. 4. Veröffentlichungen zur Volkskunde und Kulturgeschichte. Bd. 60."

Aus einer vergessenen Ecke: Beitrge ... - Google Bcher

Hier auch.

Viel Erfolg bei der Suche in der Sekundärliteratur.


M.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Melchior
für den, in Volkskunde fachfremden (Hobby-)Heimatgeschichtsforscher, können auch Hinweise aus einem Forum durchaus hilfreich sein. So werde ich wohl Fr. Windmüller mal anschreiben, deren Magister-Arbeit ja bereits weiter oben erwähnt wurde. Die optimale Literatur um meine Frage zu beantworten wird es nicht geben. Ich kann nur hoffen mich ein paar Antworten zu nähern.
In den Links findet sich durchaus das eine oder andere, das mir als Ansatz für weitere Suchen dienen kann. Ich werde sie mir genau anschauen.

Vielen Dank Allen für die Hinweise
nauna
 
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