Hallo liebes Forum,
Gab es sie: die Räuber und Kopfgeldjäger im römischen Reich?
Es ist immer wieder zu lesen, das Reisen gefährlich war. Das es viele Räuber in Italien und den Provinzen gab.
Ist es da so unwahrscheinlich das die Menschen zu Selbsthilfe griffen? Das sich Männer organisierten und sich zusammen taten um den Räubern das Handwerk zu legen?
Wie sah es mit Privat Ermittlern aus?
Das System der römischen Starfverfolgung war ja ein recht Privates. Es gab ja nicht wirklich eine echte Polizei Truppe. Ist es da nicht möglich das sich Männer darauf spezialisierten Morde aufzuklären, und Diebe zu verfolgen?
Danke für eure Hilfe
Aber ja und nicht zu knapp! Räuber und Gauner gab es in allen Provinzen, und es gab weite Gebiete im Imperium, die nur oberflächlich im römischen Sinne befriedet waren und wo Räuber und Räuberbanden weitgehend ungestört agieren konnten. In Italien und auf Sizilien und Sardinien gewannen zur Zeit des Augustus Banditen soviel Einfluss, dass Augustus die senatorischen Statthalter abberief und Truppen unter Kommando eines Ritters entsandte.
Auf Sizilien kontrollierte Seluros "Sohn des Ätna" weite Gebiete. Um 200 trieb der "römische Robin Hood" Bulla Felix sein Unwesen in Italien. In Obergermanien verbreitete Maternus Schrecken, der aus Deserteuren eine Bande bildete und Güter, Weiler und ganze Dörfer überfiel. Herodian beschreibt Maternus sogar als Herausforderer des Kaisers Commodus.
Im "wilden Osten" in Pisidien und Isaurien gewann zu Probus Zeit ein gewisser Lydios Einfluss. Lydios verschanzte sich in der Stadt Kremna und nahm die Bevölkerung als Geiseln.
In Apulien, Kalabrien, Samnium und Lukanien sahen sich die Kaiser seit Anfang des 4. Jahrhunderts gezwungen, weiten Teilen den Besitz von Pferden zu verbieten, um Raubüberfälle von Hirten zu verhindern.
Banditen rekrutierten sich vor allem aus zwei Berufsgruppen: Hirten und (ehemalige) Soldaten. Auch in Judäa trieben Banditen ihr Unwesen. Josephus beschreibt einen gewissen Johannes von Gischala.
Zur Bekämpfung des Bandenwesens gab es, zumindest im Westen des Reiches keine oder kaum eine spezielle Institution, und erst recht nicht machte man sich Gedanken über die Ursachen des Bandenwesens. Nur wenige Städte verfügten über eine Art Polizei wie die Vigiles, die Augustus gründete.
Im Westen blieb eigentlich nur die Selbsthilfe der Städte, die aus Bürgern "Posses" Suchtrupps aufstellten. Verantwortlich waren vor allem die Ädile, die Vigiles aufstellten und sogenannte
Viatores, stationarii und
nocturni beauftragten, die Sicherheit der Landstraßen zu organisieren.
Im Osten war das Polizeiwesen weiterentwickelt. In Ägypten und Kleinasien sorgten Irenarchen und Nykostrategen für die Sicherheit der Bürger. Für Kleinasien ist bekannt, dass größere Städte dem Proconsul Vorschläge für Irenarchen und Nykostrategen machen konnten, der dann aus den Bewerbern einen oder mehrere Kandidaten auswählte. Aufgabe der Irenarchen und Nykostrategen war es, Räuber zu verhaften, zu verhören und die angefertigten Protokolle an die Statthalter weiterzuleiten.
Für die frühe Kaiserzeit sind auch sogenannte Archepoden überliefert, die Überstellungsbefehle ausführten und über Gau- und Provinzgrenzen hinweg Gauner verfolgten.
Die Irenarchen und Nykostrategen konnten wiederum sogenannte Diogmiten (diogmitai) beauftragen, Banditen umzubringen oder gefangen zu nehmen.
Neben diesen organisierten Formen der Bandenbekämpfung konnten im Notfall aber auch die Städte auf Beschluss des Stadtrats die führenden Magistrate "Posses" aus Bürgern und Nichtbürgern zusammenstellen.
Im Jahre 190 lobte Commodus die Bürger von Bubon in Lykien, weil sie den Mut besaßen , gegen die Räuber in ihrer Umgebung vorzugehen. Wie die Bewohner von Bubon vorgingen, ist leider nicht mehr bekannt. Vermutlich stellte der Stadtrat einen bewaffneten Suchtrupp auf und griff auf die Ortskenntnisse von Kopfgeldjägern (Diogmitai) zurück. Dennoch war der Erfolg der Stadt Bubon eher eine Ausnahme, die kleineren Stadtgemeinden waren mit großen Banden wie sie Bulla Felix, Seluros Sohn des Ätna, Maternus oder Johannes kommandierten überfordert, und sie waren selten in der Lage, Banden bei schnellem Ortswechsel und über Provinzgrenzen hinweg zu verfolgen. Hier hätte es einer koordinierten und reibungslosen Zusammenarbeit über Provinzgrenzen hinweg bedurft.
In Provinzen, in denen Legionen stationiert waren, übernahm auch das Militär die Bandenbekämpfung. Bei sehr großen Banden griffen die Kaiser selbst ein. Sie hatten die Möglichkeit, praefecti oder praepositi zu ernennen, deren einzige Aufgabe die Bandenbekämpfung war.
Solche Offiziere für Spezialaufträge lassen sich für Germanien, Makedonien, Thrakien und Italien nachweisen. Um Bulla Felix zu bekämpfen, setzte Septimius Severus keinen Präfekten, sondern einen Militärtribun der Prätorianer mit starker Reiterei ein.
In gefährdeten Gebieten baute man Wacht- und Polizeiposten ( stationes und burgi) aus, die allerdings für große Banden kaum Gefahr bedeuteten, und man wird wie im Osten auch Kopfgeldjäger (diogmitai) beauftragt haben, Banditen umzubringen.
Literatur:
Frank Ausbüttel, Die Verwaltung des Römischen Kaiserreiches Artikel "Innere Sicherheit" S. 47-64.
Thomas Grünewald, Räuber, Rebellen, Rivalen und Rächer- Studien zu latrones.
Interessant ist vielleicht auch ein älterer Thread im Forum.
Banditen, Piraten und Lokaldynasten- Roms "Wilder Osten".