Rechtliche und soziale Stellung der Frauen in der Geschichte

Ich bleibe trotzdem bei meiner Meinung, dass auch damals, abgesehen von Sadisten, es absolut nicht üblich war, die Ehefrau zu verprügeln.

Während der rechtliche Aspekt ziemlich klar beantwortet werden kann - dem Mann steht jedenfalls noch bis Ende des 18. Jh. das Recht zu, seine Frau "maßvoll zu züchtigen" (so die gängige Formel) -, tun wir uns mit der Frage schwer, inwieweit von diesem Recht Gebrauch gemacht wurde.

In einer Dissertation aus den 60er Jahre ist zu lesen (Zweiter Sammelband über Zinzendorf - Google Buchsuche), dass in Bezug aufs Mittelalter zu lesen: "Das Züchtigungsrecht übt er [der Mann] fleissig aus. Leider wird kein Beleg dafür gegeben.
(Oft zitiert wird Becker-Cantarino, Die böse Frau und das Züchtigungsrecht des Hausvaters, in: Der widerspenstigen Zähmung [Hg. Walligner/Jonas, 1986], das ich aber nicht zur Hand habe.)
 
Während der rechtliche Aspekt ziemlich klar beantwortet werden kann - dem Mann steht jedenfalls noch bis Ende des 18. Jh. das Recht zu, seine Frau "maßvoll zu züchtigen" (so die gängige Formel) -, tun wir uns mit der Frage schwer, inwieweit von diesem Recht Gebrauch gemacht wurde.

In einer Dissertation aus den 60er Jahre ist zu lesen (Zweiter Sammelband über Zinzendorf - Google Buchsuche), dass in Bezug aufs Mittelalter zu lesen: "Das Züchtigungsrecht übt er [der Mann] fleissig aus. Leider wird kein Beleg dafür gegeben.
(Oft zitiert wird Becker-Cantarino, Die böse Frau und das Züchtigungsrecht des Hausvaters, in: Der widerspenstigen Zähmung [Hg. Walligner/Jonas, 1986], das ich aber nicht zur Hand habe.)


Abseits aller Belege und Nachweise kann ich mir nicht vorstellen, dass eine Morgens geprügelte dem Schläger Mittags ein ordentliches Essen auf den Tisch stellen wird und Nachts eine fröhliche Bettgenossin ist.

Abgesehen von Sado/Maso Spezialist/innen wird es im Middleage nicht anders gewesen sein.

Repos Meinung
 
Nachtrag:
Im Spanischen ist Begriff für Ehefrauen und der Begriff für Handschellen identisch – las esposas, was dort beliebter Aufhänger für Witze ist.

In älteren Texten werden Hand- und Fußschellen als "Grillos" oder "Grilletes" bezeichnet. Esposas ist ein eher modernes Wort. Da ist wohl der Witz (Handschellen als Ehefrauen zu bezeichnen) zum üblichen Begriff geworden. Heute würde kaum einer noch Grillos oder Grilletes verwenden, der Verb "engrillar" ist dagegen noch geläufig, zumindest in Südamerica.
 
Wie bereits versprochen...

ACHTUNG! Lange Textpassagen und dementsprechend viel Lesestoff!!!

Zunächst ein Zitat aus Wilhelm Volkert "Adel bis Zunft: Ein Lexikon des Mittelalters" - C.H. Beck, München 1991:
Frau schrieb:
Die soziale Stellung der Frau im Mittelalter ist geprägt von der durch die Kirche beeinflußte Lebensordnung, die einerseits das weibliche Geschlecht von den wichtigen Funktionen innerhalb der Kirche ausschloß nach dem Grundsatz "mulieres in ecclesiis taceant" (1. Kor. 14,34) und Gehorsam und Unterordnung unter den Mann forderte (Gen. 3,16), andererseits aber der Frau als Geschlechtsgenossin Mariens, der Gottesmutter, eine herausgehobene Position einräumte. Der marienkult hat dem höfisch-ritterlichen Frauendienst Impulse verliehen. Der Dienst für die adelige Dame in der ritterlichen Gesellschaft beruhte auf der Vorstellung von der Überlegenheit der Frau über den Mann. Er fand seinen Ausdruck im ritterlichen Minnedienst, der in der adeligen Oberschicht gesellschaftlichen Speilcharakter hatte und das Beziehungssystem zwischen Dame und Ritter geistig und erotisch prägte.
Die soziale Stellung der Frauen innerhalb der bäuerlichen und handwerklichen Unterschichten ist schwer faßbar; die schriftlichen Quellen, die nahezu ausschließlich von Männern geschrieben wurden, geben darüber wenig Auskunft. Das wichtigste Wirkungsfeld der Frau war die Familie; das war grundsätzlich bei allen Ständen der Fall.
Besser als die soziale Stellung der Frau ist deren rechtliche Position im Mittelalter dokumentiert. Seit dem Frühmittelalter unterstanden die Frauen der sogenannten Geschlechtsvormundschaft, weil sie von Natur aus nicht waffen- und wehrfähig waren. Darum besaßen sie keine volle Rechts- und Handlungsfähigkeit (egal, ob Freie, Minderfreie oder Unfreie - Anm. von mir). Bei freien Frauen übte die Vormundschaft (Munt) der Vater aus, nach der Eheschließung der Ehemann. Besser gestellt war die Witwe, da sie nach dem Tod des Gatten von dessen Vormundschaft frei wurde, aber nicht unter die Munt des Vaters zurückkehrte. Die Witwe konnte über Mitgift, Morgengabe und Wittum und über das vom Ehemann ererbte Vermögen verfügen; sie konnte auch selbständig über eine Wiederverheiratung entscheiden ("Selbstverlobungsrecht"). Die Handlungsfähigkeit der Frau im rechtlichen Bereich erweiterte sich dadurch. Die Wtwen standen wie auch die Waisen unter dem speziellen Friedensschutz des Königs; auch dies hat die Position der Frau im Rechtsleben gestärkt.
In den höheren Adelskreisen... haben verwitwete Frauen mitunter wichtige politische Positionen eingenommen und höchst einflußreich gewirkt, so etwa die Kaiserinnenwitwen Theophanu (+991), Adelheid (+999), Agnes (+1077), Konstanze (+1198) oder die Markgräfin Mathilde von Tuszien.
Frauen erhielten bei der Eheschließung... eine Aussteuer (Mitgift), die auch als Abfindung von Erbansprüchen galt. Deshalb kamen verheiratete Frauen... für eine Erbfolge nur dann in Frage, wenn der Erblasser keine Söhne hatte. Diese agnatische Erbfolgeordnung, die auch unverheiratete Töchter... ausschloß, hat sich beim fürstlichen Hochadel bis in die Neuzeit erhalten.
Wie im Erbrecht waren Frauen auch im Lehensrecht und im Prozeß vor Gericht benachteiligt. Frauen waren grundsätzlich nicht lehensfähig... Als schließlich seit dem Spätmittelalter auch Frauen Lehensgüter erhalten konnten, mußten sie bei Leistung der Lehenspflicht einen männlichen Lehensträger einschalten. Vor Gericht waren Frauen benachteiligt, weil sie als eidesunfähig galten. Da im Früh- und Hochmittelalter der Formaleid... große Bedeutung hatte, Frauen diesen aber nicht leisten konnten, mußten sie sich häufiger als Männer dem Verfahren eines Gottesurteils unterziehen.
Die spätmittelalterlichen Stadtrechte kennen solche rechtlichen Beschränkungen von Frauen, die im Geschäftsleben standen, nicht mehr, so daß bürgerliche Frauen, wenn sie ein eigenes Geschäft betrieben, in rechtlicher Hinsicht nicht mehr sehr viel schlechter gestellt waren als männliche Bürger.
In den hochmittelalterlichen Haus- und Hofverbänden (was wohl aber ebenso bereits für das 10. Jh. anwendbar ist - Anm. von mir) lebten unfreie Frauen, die mit unfreien Männern in gültiger Ehe verheiratet waren. Beide Partner unterstanden der personenrechtlichen Herrschaft des Herrn. Wie der Mann war auch die unfreie Frau in der Freizügigkeit und in der Gattenwahl beschränkt; in den Grundherrschaften... konnten Frauen als Hintersassen Leihegüter selbständig bewirtschaften. Die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Frau besserte sich auf diese Weise auch im ländlich-agrarischen Bereich. Unverheiratete Frauen hatten wenig (aber d.h. eben nicht "keine" - Anm. von mir) Möglichkeiten, selbständige Positionen zu erlangen. Mithilfe in der Land- und Hauswirtschaft sowie Arbeiten im Textilgewerbe (Spinnen, Wirken, Stricken o.ä.) bildeten das Berufsumfeld.
Die Bildungsmöglichkeiten für Frauen waren sehr beschränkt. Weltliche Schulen, die auch Mädchen besuchen konnten, entstanden erst in den Städten seit dem 13. Jh. Für unverheiratete Frauen bot der Eintritt in einen Orden Gelegenheit zu geistlich-geistiger Bildung. Verschiedene Kanonissenstifte und Benediktinerinnenklöster waren schon seit spätkarolingischer Zeit geistige, künstlerische und kunsthandwerkliche Zentren ersten Ranges. Auch die meisten Reformorden des Hoch- und Spätmittelalters errichteten Frauengemeinschaften, die sich häufig karitativen Aufgaben zuwandten und Bildungsaufgaben, besonders die Mädchenerziehung, übernahmen.

Und noch einige Passagen aus http://www.geschichtsforum.de/f178/europa-im-hochmittelalter-1050-1250-a-2571/:
Frauenbilder schrieb:
Für Männer und Frauen galten unterschiedliche Verhaltenskodizes, nicht nur... in puncto Sexualität. Dies trifft zweifellos für die bäuerliche Schicht genauso zu wie für die adlige, ritterliche und bürgerliche, doch sind wir nur über die Letztgenannten näher unterrichtet. Verhaltensvorschriften wurden von der höfischen Dichtung und später von bürgerlichen Anstandslehren übermittelt... Während für den jungen Mann Religiosität, Turnierkampf, Solidät als zentral erscheinen, Tugenden, die auf muot, guot, zuht und milte basieren, geht es bei dem Mädchen vorrangig um die Bewahrung des guten Rufes und die Suche nach einem geeigneten Ehemann. Eingeschärft werden ihr Verhaltensweisen, die geeignet sind, die sexuelle Anziehung zu mindern wie Verhüllung des Körpers oder Reduktion der ungezwungenen Bewegung. In den Ehelehren... geht es um die Anerkennung der partriarchalen Vorherrschaft...; wo sie von Geistlichen gepredigt werden, steht daneben die Befolgung kirchlicher Normen besonders im sexuellen Bereich im Vordergrund. Schamhaftigkeit galt primär als weibliche Tugend.
...
Wenn man eine Vielzahl von Quellen unterschiedlichen Typs kennt, so erscheint es, aufs Ganze gesehen, wesentlich realitätsgerechter, im Hochmittelalter alles andere denn eine Ära der Frauenmacht zu sehen. Denn die Freiräume, die eine Mathilde von Tuszien, eine Ermengard von Narbonne, eine Eleonore von Aquitanien, eine Aelis von Blois, eine Marie von der Champagne, eine Margarete von Flandern und andere Damen des hohen Adels zeitweise besessen haben mochten, ändern wenig an der sonst gültigen Grundbefindlichkeit der Fremdbestimmung. Frauen standen nämlich im Allgemeinen fast immer und überall unter der gesetzlichen Befehlsgewalt eines Mannes, der patria potestas bzw. der munt... In der Regel konnten sich nur Witwen eines größeren Spielraumes erfreuen.
In ganz expliziter Weise, die nicht wegzudiskutieren ist, kommt die mindere gesellschaftliche Stellung der Frauen aber im Recht zum Ausdruck (es folgt eine längere Abhandlung dieses Kontextes anhand des Sachsenspiegel des Eike von Repgow um 1225 und der Statuta et conduetudines Normanniae anfangs des 13. Jh. - Anm. von mir zur Vollständigkeit).
...
Und alle Frauen waren von der ausgesprochen misogynen Strömung betroffen, die einen großen Teil des von Geistlichen stammenden Schrifttums durchwaltete. Sicherlich waren die unendlichen Abqualifizierungen des 'schwachen' Geschlechts primär Konsequenzen der entsprechenden alttestamentlichen und paulinischen Vorgaben, des Zölibatgebots und der patriarchalen Traditionen aus römischer und germanischer Vergangenheit.
...
Und doch gab es einen Ansatz, der sehr langfristig zur Veränderung der Positionen führen sollte. Zwei Ideen waren es, eng verwoben, die im christlichen Europa Männer des 11. und 12. Jh. zum ersten Mal dachten: zum einen die Möglichkeit, eine Frau könne wenigstens in der Fähigkeit zu lieben dem Manne gleichen, und zum anderen die Möglichkeit, eine Frau dürfe wenigstens in einem einzigen Punkt autonom und frei entscheiden - nämlich ob sie diese Liebe einem bestimmten Manne zukommen lassen wolle oder nicht. Alles, was die Christianisierung... an Besserung für die Stellung der Frau mit sich gebracht hatte, war ja nicht auf diese Welt bezogen, sondern ausschließlich auf das Eschaton: Nur dort existierte eine Gleichwertigkeit der Seelen.
Jene höfischen Männerphantasien aber, die dem 'schönen Geschlecht' Macht über sich selbst und seine Verehrer einräumten, die frühere Generationen nie eingeräumt hätten, stehen am Beginn einer langen Tradition des Frauenkults und der Galanterie. Der in der Dichtung vorgestellte Minnedienst sollte aus der Welt der Ideen in die Realität einwirken... Es muß solche Fälle der Umsetzung gegeben haben; die Minnelyrik und die Liebesromane waren ja für die öffentliche Performanz zu Hofe gedacht, wodurch gesellschaftlich akzeptierte Ideale propagiert wurden.
Ohne damit die sozioökonomischen und mentalen Veränderungen zu marginalisieren, derer es bedurfte, ehe es im 19. und 20. Jh. zu einer faktischen Emanzipation kam, kann man doch in dem Ideal einer auf gleicher Ebene von beiden Partnern gleich geteilten Liebe, das Vaganten, Troubadours, Minnesänger und Romanciers schufen, die historisch älteste Voraussetzung für die spätere soziale Gleichstellung der Geschlechter sehen. Ein paar Zeilen aus dem "Aeneas-Roman" (um 1160), zu denen sich viele Parallelen stellen ließen, formulieren dies:

Für ein Paar bedarf es zweier,
und jeder sei dem Anderen gegenüber ergeben
und erfülle seine Wünsche.
 
Nachtrag:
Im Spanischen ist Begriff für Ehefrauen und der Begriff für Handschellen identisch – las esposas, was dort beliebter Aufhänger für Witze ist.

Habe soeben mit Oerlikon telefoniert:still:, die Dame am anderen Ende beherrscht Spanisch in Schrift und Sprache, sie meinte, man könne den Plural ja auch so verstehen, dass man mit der Polente zu tun bekommt, sollte man sich die Ehefrau nicht im Singular anschaffen.
 
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