Rekrutierung / Servian Constitution

Pollux

Neues Mitglied
Hallo!
Ich schreibe gerade eine Hausarbeit über das Heer zur Zeit der Republik.
Ich verstehe noch nicht ganz, wie die Rekrutierung abläuft. Durch den jährlichen Census ist ja bekannt, wer zum Dienst als Soldat herangezogen werden kann. Wird die Truppenaushebung nun auch direkt beim Census vollzogen? Zumindest zu Beginn der Republik wird dies doch wohl nicht der Fall sein, weil da ja nur wenn es notwendig wurde eine Armee aufgestellt wurde.

Wird also die Rekrutierung vom Senat beschlossen und einem Magistrat übertragen?Wie kriegt er die Menschen zusammen?

Wird die Rekrutierung "dilectus" genannt oder wird sie nur so genannt, wenn es um Aushebung von Freiwilligen geht?

Zudem wüsste ich gern, ab wann die Einteilung in die Klassen der Servianischen Verfassung stattfand. Inwieweit wurde sie überhaupt angewandt? War es so, dass es zu Beginn der Republik neben den Equites nur eine classis gab, die dann die Soldaten stellte, welche als Hopliten in der Phalanx kämpften?

Viele Fragen, ich weiß...:scheinheilig:

Schon im Voraus vielen Dank für eure Hilfe!
 
Pollux schrieb:
Zudem wüsste ich gern, ab wann die Einteilung in die Klassen der Servianischen Verfassung stattfand. Inwieweit wurde sie überhaupt angewandt? War es so, dass es zu Beginn der Republik neben den Equites nur eine classis gab, die dann die Soldaten stellte, welche als Hopliten in der Phalanx kämpften?
Von den lebensdaten Tullius' Servius' müsste das im 6. Jahrhundert vor Christus gewesen sein. Zwischendurchwurde sie jedoch verboten und 510 wieder eingeführt (schreibt Despenser hier:
http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=86812&postcount=3
In der Republik war also bereits die Einteilung in die 6 Censusklassen üblich. Kavallerie wurde meines Wissen von allen Pferdebesitzern gestellt. Aber warte zu diesem Punkt lieber ab, bis jemand antwortet, der Junkelmanns Die Reiter Roms gelesen hat.
 
Themistokles schrieb:
Kavallerie wurde meines Wissen von allen Pferdebesitzern gestellt. Aber warte zu diesem Punkt lieber ab, bis jemand antwortet, der Junkelmanns Die Reiter Roms gelesen hat.

Ich habe zwar Junkelmann nicht gelesen, versuche aber trotzdem die Frage nach bestem Wissen zu beantworten:D :
Ursprünglich waren die Equites, wie der Name schon sagt(Reiter, Ritter), die jenigen, die die römische Reiterei stellten. In späteren Zeiten übte dieser Stand zwar seine Funktion nicht mehr aus und bestand aus der "reichen Oberschicht Roms" die ein bestimmtes Vermögen aufweisen konnten( 400 000 Sesterzen), doch ursprünglich sagte der Name nur aus das diese Schicht reich genug war um im Kampf ein Pferd mitzuführen.
Später bestand die Reiterei fast gänzlich aus Auxiliareinheiten.
 
Weder diie Bücher Junkelmanns noch die beiden Artikel des DKP (der kleine Pauly) berichten alles notwendige über die equites im Sinne des Mittel - Spätrepublikanischen ordo equestris noch über die equites militares.
Ich rate daher dringend dazu eine Bibliothek aufzusuchen und dort die Lexika "Kleiner Pauly", "Neuer Pauly", Lexikon der Alten Welt sowie "die Reiter Roms" Band II Kapitel I zu lesen.
Viel Spaß und Erfolg.
 
Wird also die Rekrutierung vom Senat beschlossen und einem Magistrat übertragen?
Wie kriegt er die Menschen zusammen?

Der Senat ordnete im Kriegsfall die Aushebung an (der Zeitpunkt war egal) und bestimmte dann auch den Umfang der Aushebung und die Verteilung der Soldaten auf die jeweiligen Befehlshaber. Die Aushebung wurde dann im Auftrag des Senat Verwaltungstechnisch von einem Magistrat vorgenommen, der ein Imperium hatte. D.h. das ein Konsul, Prätor oder ev ein Diktator das dann ausführte so wie der Senat es beschloßen hatte bzw beim Diktator nach eigener Entscheidung.

Dieser Magistrat machte dann Schriftlich bekannt: wann und wo die Männer die ihm vom Senat Mengenmäßig und Regionsmäßig zugeteilt wurden von jeder Centurie zu erscheinen hatten und dies wurde schriftlich mit Boten in die entsprechenden Gebiete verbracht und dort öffentlich mehrmals verkündet bzw ausgehängt. Die Menge wieviel Männer je Centurie zu erscheinen hatten bestimmte jedoch der Senat. Nur der Sammelpunkt und der Zeitpunkt bis wann diese einzutreffen hatten bestimmte der Magistrat. Wer dort dann hinging, wurde nicht von oben angeordnet sondern es wurde nur die Menge je Centurie festgelegt, wer genau dann hinging regelt die Centurie selbst oder der örtliche Machthaber.

Das Nichterscheinen wurde mit extrem harten Strafen geahndet. In der frühen und hohen Republik fanden sich meist mehr Männer ein als gebraucht wurden, und so wurde dann die notwendige Menge aus diesen ausgesucht. Noch an der Versammlungsstelle wurde den Rekrutierten dann das Sacramentum abgenommen, also ein Schwur das sie gehorchen und mit voller Kraft kämpfen würden. Dieser Schwur war religiös und ihn zu brechen ein Religionsfrevel der mit dem Tod bestraft wurde.

Von den Sammlungsstellen wurden die Männer dann auf die jeweiligen Einheiten aufgeteilt, dabei stellten viele Gentes oder Regionen einheitlich einen Verband bzw eine Truppe, so daß Familienmitglieder zusammen in einer Einheit waren, oder die Bewohner einer Kolonie oder einer Stadt eben eine Einheit bildeten. In der Späten Republik achtete man aber darauf nicht mehr, das gesagte gilt eher für die Frühe und Hohe Zeit.

Die Offiziere, insbesondere die Centurionen wurden vom Oberbefehlshaber bestimmt. Für die Auswahl dieser Unterführer gab es bestimmte Regeln, die aber manchmal nicht eingehalten wurden.

Wird die Rekrutierung "dilectus" genannt oder wird sie nur so genannt, wenn es um Aushebung von Freiwilligen geht?

Freiwillige gab es eigentlich in der Republikanischen Zeit offiziell nicht wirklich, das war eine Miliz bzw Wehrpflichtarmee. Selbst nach Marius wurden Bürger einfach eingezogen. Vom Selbstverständnis her empfand man das aber in der Frühen und Hohen Republik nicht als Zwangsdienst sondern als Ehre.

Inwieweit wurde sie überhaupt angewandt?

Für die Zeit als sie galt wurde sie angewandt. Das ist durchaus nicht nur eine Konstruktion, zumal sich die spätere Manipularordnung, insbesondere die der Latinisch-Römischen Armeen wie sie für die Zeit des Latinerkrieges beschrieben werden direkt davon ableiten läßt und von diesen wiederum die klassische republikanische Ordnung.

War es so, dass es zu Beginn der Republik neben den Equites nur eine classis gab, die dann die Soldaten stellte, welche als Hopliten in der Phalanx kämpften?

Nein, die Phalanx wurde von der 1 bis 4 Klasse gestellt. Die 5 Klasse kämpfte als Schleuderer. Die 4 Klasse kämpfte eventuell auch als Plänkler mit Speer und Schild, das kam darauf an.

Dabei hatte nur die 1 Klasse eine richtige Hoplitenausrüstung, die 2 bis 4 Klasse führte eine Italische Bewaffnung und das Scutum.

Man muß hier auch die Relation sehen, die 1 Klasse stellte 80 Centurien, die 2 bis 4 jeweils 20 Centurien, also 60 insgesamt. Die 5 Klasse stellte 30 Centurien Plänkler.

Jede Centurie stellte damals zwischen 50 und 100 Mann. Ein Teil der Centurien blieb zuhause und stellte eine Reserve, meist die Alten, die Jungen zogen ins Feld.

Da die 4 Klasse angeblich keinen Helm und nur Schild und Speer trug, stellt sich die Frage, in wie weit sie wirklich zu Phalanx gehörte oder nicht vielmehr in einer Rolle wie die späteren Roarii, Leves und dann Velites kämpfte, also als Speerwerfer die sich dann hinter die Phalanx zurückzogen und dort die letzten Reihen stellte.

Livius schreibt, daß der Hoplitenschild bis zum Ende des 5 Jahrhundert in Gebrauch blieb, also bis zur Einführung der Entschädigungszahlung. D.h. das man davon ausgehen kann, daß die Phalanx bis zum Ende des 5 Jahrhundert in Gebrauch blieb.

Wird die Truppenaushebung nun auch direkt beim Census vollzogen? Zumindest zu Beginn der Republik wird dies doch wohl nicht der Fall sein, weil da ja nur wenn es notwendig wurde eine Armee aufgestellt wurde.

Die Aushebung konnte zu jedem beliebigen Zeitpunkt erfolgen. Völlig unabhängig vom Census. Trotzdem wurden Armeen meist im März aufgestellt, völlig gleich wie die Kriegslage war, das hat den Hintergrund, daß ursprünglich die Magistrate auch im März ihren Dienst begannen. Meist endete in der frühen Republik der Kriegsdienst im August, man war also in der Armee zwischen Aussaat und Ernte. Mit den Punischen Kriegen ließ sich diese steife Ordnung natürlich nicht mehr aufrecht erhalten und die Truppen musten das ganze Jahr bzw mehrere Jahre an der Front bleiben.
 
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@Quintus: Vielen Dank für die ausführliche Antwort!:yes:

Auf die Verwendung von nur einer classis zu Beginn der Republik, bin ich über Keppies "The Making of the Roman Army" gekommen, dort wird angezweifelt, ob die Servianische Verfassung so früh tatsächlich zum Einsatz kam. Allerdings wird dort auch keine eindeutige Aussage getätigt, eben nur vermutet, dass zu Beginn der Republik nur eine classis zum Dienst in der Phalanx herangezogen wurde. Nur diese die sich die entsprechende Ausrüstung leisten konnten. Möglich wäre das vielleicht, weil zu dieser Zeit ja noch nicht so viele Soldaten gebraucht wurden.

Könnt ihr mir vielleicht noch ein Fachbuch empfehlen, in der auf die Rekrutierung bzw. speziell die Armee der frühen bis mittleren Republik eingegangen wird?
 
Pollux schrieb:
eben nur vermutet, dass zu Beginn der Republik nur eine classis zum Dienst in der Phalanx herangezogen wurde. Nur diese die sich die entsprechende Ausrüstung leisten konnten.
Als richtige Hopliten (also das Grundelement der eigentlichen Phalanx) kämpfte nur eine Klasse, die tatsächlich aufgrund ihres Einkommens die Ausrüstung bezahlen konnte. Die anderen Klassen waren schwächer (wenn überhaupt) gepanzert. Sie konnten zwar ebenfalls eine Art Phalanx bilden. Das wäre aber nicht die klassische.
Zum Aufbau der republikanischen Armee fand ich P. Conolly "Hannibal udn die Feinde Roms" praktisch. Es wirkt auf den ersten Blick zwar wie ein Bilderbuch, ist aber trotzdem empfehlenswert. Zur Rekrutierung steht allerdings nichts drin.
 
Das ist der typische Denkfehler, daß eine Phalanx Körperpanzerung voraussetzt. Auch in Griechenland kämpfte man in manchen Abschnitten ohne Körperpanzerung, z.b. im Peloponesischen Krieg.

Die für eine Phalanx nötigen Waffen sind ein massiver Schild, Helm und eine Lanze, ev Beinschienen und die 1 bis 4 Klasse führte eine solche Bewaffnung.

Die 2 und 3 Klasse hatte zudem einen Helm und eine Beinschiene.

Daher kann man sagen, daß die Phalanx aus der 1 bis 3 Klasse gestellt wurde, bzw diese 3 Klassen die Möglichkeiten zur Bildung einer klassischen Phalanx hatten.

Es steht zur Diskussion, wie weit die 4 Klasse an der Bildung der Phalanx beteiligt war.

Da die 1 Klasse zudem die vordere Linie und die ersten Glieder stellte, war der Mangel an Körperpanzerung bei den weiter hinten stehenden nicht so ausschlaggebend.

Die Verfassung der römischen Republik von Bleicken (womit man noch andere Themen abdeckt) bzw über das frühe Rom gibt es auch Osprey Bände
 
Mit der Panzerung hab ich mich etwas verannt:rotwerd: . Mir ging es darum, dass die Phalanx teiweise an Hopliten mit dem typischen Rundschild festgemacht wird. die 2-4 Klasse trug jedooch italische Ausrüstung und Scutum, damit sid schon Unterschiede zur "griechischen" Phalanx im ganz strengen Sinne drin. Außerdem bezeichnet man 2-4 doch nicht als Hopliten.
Ließ es das Ehrgefühl der etruskischen Oberschicht (die mWn den Großteil der 1. Klasse ausmachte) es überhaupt zu mit den anderen Soldaten in einer Phalanx zu stehen und organisierte man deshalb den Rest als eigene Schlachtordnung?
 
Außerdem bezeichnet man 2-4 doch nicht als Hopliten.

Man bezeichnete auch die 1 nicht als Hopliten !

die 2-4 Klasse trug jedooch italische Ausrüstung und Scutum, damit sid schon Unterschiede zur "griechischen" Phalanx im ganz strengen Sinne drin.

Sagt Livius. Diodorus beschreibt die Schilde der Römer in der Zeit als Rechteckig und zwar die aller Klassen. Wie auch bei Conolly angeführt zeigen die Situlen, vor allem die Certosa Situle vermutlich die Lösung, nämlich eine Mischung der Schilde aus runden „Hopliten“schilden und Rechteckigen Schilden mit abgerundeteten Kanten.

Das klassisch Ovale Scutum kam dagegen erst vermutlich mit dem Ende der Phalanx allgemein in Gebrauch.

Die ganze Phalanx der Römer ist im endeffekt und strengen Sinnes unterschiedlich zur griechischen.

Im Endeffekt kann man die Römische Phalanx als eine kombinierte Formation verstehen, in der die Griechische Phalanx mit Italischen Elementen kombiniert wurde. Die Römer hatten einfach nicht genug Hopliten in voller Ausstattung aus ökonomischen Gründen !

Nach dem Ende der Etruskischen Herrschaft und dem Abzug vieler Etrusker der Oberschicht aus der Gegend verschärfte sich diese Ökonomische Schwäche noch.

Daher hatten die Römer einfach nicht genug Hopliten um eine Phalanx in ausreichender Tiefe aufzustellen. Nur die ersten beiden Reihen hatten mit Müh und Not die notwendige Ausrüstung. Andersherum wäre die Breite unzureichend gewesen. Daher hinterfütterte man sozusagen die Hopliten mit schlechter gerüsteteten um die Notwendige Masse und Tiefe zu bekommen.

Das war also durchaus eine Phalanx, jedoch eine in der nur die vorderen Reihen die volle Montur hatten, die hinteren dienten nur zur Verstärkung. Die Rechteckigen Scuta hatten zudem auch eine Hoplitenschildhalterung und keinen Mittelgriff, bzw es kam beides vor.
 
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