Motive für den Übergang zur Repräsentativen Demokratie
Vielleicht hilft es weiter, wenn wir zunächt von der eher abstrakten Ebene der Verwaltung eines ganzen Landes auf ein überschaubares Dorf zurückschalten. Wir haben da wenige hundert Menschen, die sich alle persönlich gut kennen und jeder hat von jedem eine Meinung. Auf dieser Ebene könnte man durchaus Entscheidungen plenar fällen, also alle Dorfbewohner versammeln, Fragen diskutieren und dann abstimmen. Tatsächlich finden sich aber wohl in fast allen Kulturen Strukturen wie ein Rat (z.B. die alten Männer und/oder Frauen), ein Häuptling (heute Bürgermeister). Mal geschieht dies durch formale Vererbung (der Sohn des alten Häuptlings wird Häuptling), mal durch Kampf (wer besser sufen oder raufen kann ersetzt den Häuptling), mal durch Wahl (turnusmäßig oder im Bedarfsfall). Selbst wenn es keine formale Struktur gibt, bildet sich in jeder Menschengruppe mit starkem Zusammenhalt ziemlich schnell eine Führungsstruktur aus.
Wenn die Entscheidung per Ringkampf oder Vererbung erfolgt, hat das mit Demokratie nichts zu tun. Wenn alle Dorfbewohner, oder auch nur alle Haushaltsvorstände oder alle Männer oder alle Frauen abstimmen, kann man das wohl als demokratisch bezeichnen. Noch demokratischer wird es, wenn die Wahl geheim abgehalten wird, so dass niemand persönliche Nachteile aus seinem Stimmverhalten fürchten muss.
Der Übergang von der sportlichen Lösung zur Mehrheitsentscheidung mag darin begründet sein, dass man nicht die schlimmsten Raufbolde zum Häuptling machen will. Vielleicht ist der Übergang von der Plenarentscheidung zur Übertragung auf einzelne gewählte Personen auch eine Vereinfachung: Wenn ein Problem diskutiert wird, finden viele Dorfbewohner die anstehenden Fragen für sie persönlich unwichtig oder sind wankelmütig. Es setzen sich immer wieder die Vorschläge von nur zwei oder drei Personen durch, vielleicht auch zunehmend die Vorschläge einer bestimmten Person, die von einigen Meinungsführern unterstützt wird. Dann ist es doch viel einfacher, diesen Personen die Entscheidungsbefugnis zu übertragen und man hat Zeit sich um Acker und Vieh zu kümmern.