Russischer Vorstoß zum Flughafen Pristina im Kosovo-Krieg - beinahe 3. Weltkrieg

Maglor

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Der Kosovo-Krieg der NATO führte zu mehreren Paradigmenwechseln in der deutschen Verteidigungspolitik.
Der Vorfall am Flughafen von Pristina fand in der deutschen Öffentlichkeit vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit.
Ich bin selbst verwundert, dass ich das Ausmaß des Vorfalls jahrelang übersehen habe.

Einen kurzen Überblick liefert vielleicht dieser Spiegel-Artikel 10 Jahre nach den Ereignissen:
https://www.spiegel.de/politik/ausland/russischer-einmarsch-1999-showdown-in-pristina-a-535801.html

Die NATO begann am 24.03.1999 mit dem Luftkrieg.

Jelzin droht mit 3. Weltkrieg
Bereits im April 1999 warnte Jelzin die NATO vo einem Einmarsch der NATO mit Bodentruppen ins Kosovo. Das würde zu einem Weltkrieg führen.
https://www.welt.de/print-welt/article569686/Jelzin-warnt-Nato-vor-Weltkrieg.html

Nach dem erfolgreichen Luftkrieg gegen Serbien bzw. Jugoslawien plante die NATO das Kosovo gem. UN-Resolution 1244 das Kosovo mit Bodentruppen, d.h. Friedenstruppen der KFOR-Mission zu besetzen.

Russisches Husarenstück endet im Kompromiss:
Britische Truppen entdeckten bei ihrem Vormarsch, dass russische Truppen heimlich den Flughafen von Pristina besetzt hatten.
Diese russischen Fallschirmjäger waren eigentlich für die SFOR-Friedenstruppen in Bosnien-Herzegowina stationiert. Sie war heimlich und ohne Absprache in den Kosovo einmarschiert, um der NATO zuvorzukommen.

Der amerikanische NATO-General Clark erkennt die Gefahr einer russische Großinvasien. Über den russischen besetzen Flughafen könnten nun weitere Truppen eingeflogen werden. Clark befiehlt, den britischen Truppen den Angriff auf die Russen. Der britische Generalleutnant Michael Jackson (nicht der Pop-Star) verweigern den Befehl, er sei nicht bereit den 3. Weltkrieg zu starten.
Die Russen werden nun anderweitig vom Nachschub abgeschlossen. Ungarn, Rumänien und Bulgarien blockieren ihren Luftraum. Nach nur wenigen tagen sind die Nahrungs- und Trinkwasservorräte der Soldaten aufgebraucht und die Russen begannen angeblich ihr Benzin bei der Bevölkerung gegen Nahrung einzutauschen.

Am Ende einigten sich Russland und die NATO auf einen Kompromiss und russische Truppen waren bis 2003 mit eigenen Truppen an der KFOR-Mission beteiligt.

Unterschiedliche Rezeption in Ost und West:
In der westlichen Medienwelt wurde über den Beinahe-Kriegsfall mit Russland kaum berichtet, am häufigsten in den Klatschspalte als der Pop-Star James Blunt in Interview berichtete, er habe damals im Kosovo als brititscher Offizier den 3. Weltkrieg verhindert.

In Russland gilt der Vorfall von Pristina als Heldentat und spielt eine wichtige Rolle in der Propaganda. 2019 wurde ein als russische Action-Film mit Starbesetzung produziert. Gojko Mitić, bekannt aus den Indianerfilmem der DEFA, spielt in dem Streifen mit.

Karierresprungbrett in die Politik:
Der damalige Kommandant der russischen SFOR Yunus-Bek Jewkurow gilt als einer der hauptverantwortlichen für das russische Husarenstück. Er wechselte in die Politik und ist seit 2019 stellvertretender Verteidigungsminister der Russischen Föderation.
Wesley Clark ging ebenfalls in die Politik und wollte 2004 für die Demokraten als Präsidentschaftskandidat antreten. Die Vorwahl gewann jedoch John Kerry, der gegen Amtsinhaber George W. Bush verlor.

Wechsel von Jelzin zu Putin:
Wenige Monate nach dem Vorfall in Pristina präsentierte Jelzin am 9. August Wladimir Putin als designierten Nachfolger und neuen Ministerpräsidenten. Am 1. Oktober begann Russland den Tschetschenienkrieg.
 
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