Spielfilme angesiedelt im 18.Jh.

Was ist der beste Film zum Thema 18.Jahrhundert?

  • Barry Lyndon (1975)

    Stimmen: 18 22,5%
  • Gefährliche Liebschaften (1988)

    Stimmen: 15 18,8%
  • Jefferson in Paris (1995)

    Stimmen: 1 1,3%
  • Der letzte Mohikaner (1992)

    Stimmen: 19 23,8%
  • Rob Roy (1995)

    Stimmen: 3 3,8%
  • King George - Ein Königreich für mehr Verstand (1995)

    Stimmen: 5 6,3%
  • Revolution (1985)

    Stimmen: 4 5,0%
  • Farinelli (1994)

    Stimmen: 2 2,5%
  • Marie Antoinette (2006)

    Stimmen: 1 1,3%
  • Amadeus (1984)

    Stimmen: 12 15,0%

  • Umfrageteilnehmer
    80
@Brissotin vorab: ich weiß schlicht nicht mehr, wann ich das gesehen hatte und aus welchem Jahr das war; ich glaube, es war ein Mehrteiler - auch Casanova als Hauptfigur.
Ein gealterter Casanova, Bibliothekar, der nicht realisiert hatte, dass seine Glanzzeit und Ausstrahlung als "amouröser Eroberer" längst vorüber war und mit seinen Avancen aneckte, sich lächerlich machte. Sehr gelungen war eine Szene, da eine junge gutsituierte Hofdame (?) den welken Casanova darauf aufmerksam machte, dass er einen schlechten Atem habe (Mundgeruch)
War das eine deutsche Fernsehproduktion? Ich weiß es nicht mehr, war sicher vor 20 Jahren oder mehr.

Das könnte evtl. "Casanova auf Schloß Dux" gewesen sein, ein DEFA-Film von 1981 (lief vor ca. 30 Jahren mal in der ARD, meine Erinnerungen sind positiv, aber undeutlich).
Casanova auf Schloss Dux – Wikipedia
Der Eintrag in der IMDb ist leider ein Torso.
 
"Der Winter, der ein Sommer war" (1976)

"Der Winter, der ein Sommer war" (1976)
Regie u. Drehbuch: Fritz Umgelter

Ich bin nun endlich in das mehr oder weniger große Vergnügen gekommen, den Fernsehdreiteiler von 1976 anzuschauen. Ich werde diesmal Handlung und inhaltliche Fragen zusammen verschmelzen.


waren klar Baudenkmälern zuzuordnen.

Ich war als Kind zu Besuch bei meinen Großeltern, als damals an Originalschauplätzen gedreht wurde. 1976 konnte man in der Festung Ziegenhain noch durchs Lüdertor reiten, seit der spektakulären Flucht des Gefangenen Lothar Luft, befindet sich dort eine Panzerkette. Lufts Adoptivsohn hatte sich in Stadt Allendorf einen Panzer ausgeliehen und hatte kurzerhand das Tor zertrümmert.

Vor kurzem habe ich die Verfilmung in einer ausgedehnten Fassung noch einmal gesehen. Insgesamt schaffen es die guten Darsteller, dass man gewisse Widersprüche der Logik übersieht.

Die größten Widersprüche:
I.
Bei näherer Betrachtung ist die Handlung so etwas von unlogisch. Robert Skelnik Senior und Freder Soermann haben den alten Landgrafen um 60.000 Dukaten abgezockt. Das war ca. 25 Jahre bevor die Handlung einsetzt. Soermann kehrt nach über 20 Jahren in die Schwalm zurück und lässt sich unter seinem wirklichen Namen anwerben. Er ist der Deserteur nach dem die ganze Gegend sucht, er hat die Flucht aber nur unternommen, um als Lockvogel zu gieren, damit die Räuberbande des Langen Hoym den Transport mit dem Sold für die Festung Ziegenhain ausrauben kann.

Das wäre ungefähr so, als würde Lothar Luft nach 20 Jahren zurückkehren und unter seinem wirklichen Namen sich um einen Job in der JVA Schwalmstadt bewerben.

Natürlich hat man den Namen Luft in der Schwalm nicht vergessen, und genauso wäre es auch bei Freder Soermann.

II. Entfernungen und Omnipräsenz

Anna und Gottfried von Haynau müssen in der Stellmacherei einen Mercedes oder eine Cessna stehen haben. Anders ist es nicht zu machen, wenn beide am gleichen Tag von Soermanns Flucht an einer Party des Landgrafen in Wkilhelmshöhe teilnehmen. (Das Schloss wurde erst 10 Jahre später gebaut) Gottfried von Haynau ist aber plötzlich wieder in der Schwalm, nimmt eine Abordnung seiner Bauern entgegen. Das wäre schon knapp, wenn sein Chauffeur nach Kassel-Calden fährt und er mit dem Fallschirm über Willingshausen abspringt, wo sich das Palais von Schwertzell/ das Haus der Haynaus befindet, mit Pferd und Wagen nicht zu schaffen.

Claus von Haynau spricht seinen Stiefbruder an, ob er mit offener Jacke nach Kassel (!) reiten wolle. Das sind von der Festung Ziegenhain 55 km Entfernung, vom Palais von Schwertzell mehr als 60 km. Das reitet man nicht mal eben so.

III.
Robert von Haynau ist Kaufmann. Der soll sich spontan dazu entschließen mit Soermann die Tressenfabrik zu berauben? Wenn man sich zur zur Auswanderung entschließt, dann geht man doch nicht ins Blaue. Abgesehen davon fährt er auf gut Glück los, in der Hoffnung, dass sein Vater immer noch nahe Trenton lebt.


Kleinigkeiten, die bei der Unlogik gar nicht so ins Gewicht fallen:

I. In Nordhessen spricht man kein Äbbelwoi-Hessisch.
II. In den Dörfern wurde Schwälmer Platt gesprochen, in der Festung Ziegenhain schlechtes Hochdeutsch.
III. Johann Rall war niemals Kommandant der Festung Ziegenhain, und die Festung wurde auch niemals von einem Oberst (wie Marburg), sondern immer von einem Generalleutnant kommandiert.
IV. Schloss Wilhelmshöhe wurde erst unter Wilhelm IX. und gut 10 Jahre später erbaut.
Es gab allerdings schon den Weißenstein-Flügel wo Friedrich II. auch starb und auch den Bergpark und die Kaskaden.
 
Der Landsitz der Haynaus das war das Palais von Schwertzell in Willingshausen. Es wird noch heute von der Familie von Schwertzell bewohnt.

Die haben indirekt auch einen Anteil am Entstehen der Malerkolonie im 19. Jahrhundert. Gerhard von Reutern hatte in der Völkerschlacht von Leipzig einen Arm verloren, und er stammte wie die damalige Frein von Schwertzell aus dem Baltikum und verbrachte dort einen Urlaub zur Rekonvaleszenz. Dabei begann er zu malen, und in den folgenden Jahren kamen immer mehr Kunstmaler in die Region.

Einen recht namhaften Künstler lernte ich mal persönlich kennen: Vincent Burek. Als ich ein Kind war, wurde er allmählich bekannt. In den 1960er Jahren hatte Burek noch als Bademeister sich ein Zubrot verdient.
 
@Scorpio
Vielen Dank für Deine Einordnungen. Das mit den Distanzen hatte ich nie so auf dem Schirm. Man ist das aber auch immer wieder gewohnt. In Filmen über Schiller springt der ja auch immer mal von Mannheim nach Ludwigsburg und zurück. Zu dem 60km-Ritt. Das ist nach meiner Erfahrung eine Tagesreise. Man reitet ja auch die 60km nicht durch, sondern sitzt auch mal ab, führt das Pferd und läuft nebenher. "Jacques le fataliste et son maître" vermittelt ja recht gut wie so eine Reise zu Pferd in der Epoche aussieht, wenn man halt kein Melde- oder Postreiter ist und ständig auf frische Pferde setzen kann, die in Poststationen bereit stehen. Der "normale" Individualreisende damals bewegte sich wie Chodowiecki auf seinen zwei besonders gut dokumentierten Reisen nach Danzig und nach Dresden auf seinem privaten Pferd von A nach B und musste, da man jetzt auch kein Profi im Reiten war, auch mal Lehrgeld zahlen, schlammige Straßen umgehen usw..
 
@Scorpio
Vielen Dank für Deine Einordnungen. Das mit den Distanzen hatte ich nie so auf dem Schirm. Man ist das aber auch immer wieder gewohnt. In Filmen über Schiller springt der ja auch immer mal von Mannheim nach Ludwigsburg und zurück. Zu dem 60km-Ritt. Das ist nach meiner Erfahrung eine Tagesreise. Man reitet ja auch die 60km nicht durch, sondern sitzt auch mal ab, führt das Pferd und läuft nebenher. "Jacques le fataliste et son maître" vermittelt ja recht gut wie so eine Reise zu Pferd in der Epoche aussieht, wenn man halt kein Melde- oder Postreiter ist und ständig auf frische Pferde setzen kann, die in Poststationen bereit stehen. Der "normale" Individualreisende damals bewegte sich wie Chodowiecki auf seinen zwei besonders gut dokumentierten Reisen nach Danzig und nach Dresden auf seinem privaten Pferd von A nach B und musste, da man jetzt auch kein Profi im Reiten war, auch mal Lehrgeld zahlen, schlammige Straßen umgehen usw..

Ich weiß aus Berichten von Eltern und Großeltern, dass mein Ururgroßvater diese Entfernung lief und das auch innerhalb eines Tages bewältigte.
Ich habe das als Kind immer für kaum glaublich gehalten, es betonte aber mein Großvater, dass 50-60 km eine Marschleistung sind, die ein gut trainierter Läufer ohne weiteres schaffen kann. Marcus Junkelmann hat an anderer Stelle (Die Reiter Roms Bd 1) geschrieben, dass bei größeren Distanzen ein gut trainierter Läufer gar nicht soviel langsamer ist, als ein Pferd und dass man diese Erfahrung bereits im Sezessionskrieg machte.
 
Ich weiß aus Berichten von Eltern und Großeltern, dass mein Ururgroßvater diese Entfernung lief und das auch innerhalb eines Tages bewältigte.
Ich habe das als Kind immer für kaum glaublich gehalten, es betonte aber mein Großvater, dass 50-60 km eine Marschleistung sind, die ein gut trainierter Läufer ohne weiteres schaffen kann. Marcus Junkelmann hat an anderer Stelle (Die Reiter Roms Bd 1) geschrieben, dass bei größeren Distanzen ein gut trainierter Läufer gar nicht soviel langsamer ist, als ein Pferd und dass man diese Erfahrung bereits im Sezessionskrieg machte.
Auf lange Distanz kann ein Pferd nicht besonders schnell sein. Der Vorteil liegt da, wenn das Pferd immer wieder ausruhen kann. Deswegen wurden am Ende des 30-jährigen Krieges die Anteile der Reiterei an der Armee größer, weil eben beweglicher als Fußvolk. Reisen zu Fuß sind natürlich auch so ein Thema. Ich bin letztes Jahr den Rennsteig lang gewandert und war nach über 20 km am Tag immer wieder ziemlich durch. Aber ich bin auch ein verwöhnter Großstadtmensch und dann waren damals auch keine Kilometer auf Asphalt dazwischen.
 
---- etwas off topic:
Ich bin letztes Jahr den Rennsteig lang gewandert und war nach über 20 km am Tag immer wieder ziemlich durch.
Falls deine Route von der Werra hoch in die Berge anfing, dann war das auch ein sehr anstrengendes erstes "Wegstück" (den ganzen Rennsteig abwandern ist vermutlich nur für exzessive Geocacher oder trainierte Fernwanderer attraktiv)
 
Interessant, dass auch der Aufstand der Vendée mal wieder thematisiert und in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt wird. Immerhin handelt es sich um einen der ersten politischen Demozide. Die Verbrechen der Revolution werden meiner Meinung nach heute zu selten thematisiert, und wenn, geht es meistens nur um Robespierre.
 
---- etwas off topic:

Falls deine Route von der Werra hoch in die Berge anfing, dann war das auch ein sehr anstrengendes erstes "Wegstück" (den ganzen Rennsteig abwandern ist vermutlich nur für exzessive Geocacher oder trainierte Fernwanderer attraktiv)
Wir sind den ganzen Rennsteig lang gewandert. Wer sich für das 18.Jh. interessiert findet am Wegrand auch spannende Grenzsteine aus dem 16.-19. Jh. - wenn ich mich recht entsinne auch sowas wie Sühnekreuze in der Gegend Gr. Inselsberg / Floh-Seligental. Ging auch mit Kindern. Man braucht halt die richtigen Unterkünfte und sollte nicht komplette unsportlich sein.
 
Nach Die Königin und der Leibarzt aus dem Jahre 2012 gibt es mit dem Regisseur Nikolaj Arcel und dem Hauptdarsteller Mads Mikkelsen nun einen weiteren dänischen Spielfilm, der im 18. Jahrhundert spielt:
The Bastard (2023) - IMDb
Nikolaj Arcel’s The Bastard starts filming - new cast members join Mads Mikkelsen
Von den bei Rotten Tomatoes aufgeführten Kritiken sind 96 Prozent positiv bei einer durchschnittlichen Bewertung mit 8 von 10 möglichen Punkten. Bei Metacritic erhielt der Film einen Metascore von 78 von 100 möglichen Punkten.
Ist seit Donnerstag in den deutschen Kinos angelaufen.
 
Vielen Dank für den Hinweis. Der Trailer macht Laune und der Stoff passt blendend zur hiesigen Lokalgeschichte - allerdings bedurfte es nicht mal des menschlichen Schurkens, um den Kolonisten ihr das Leben zu vermiesen. Mal schauen, ob derFilm hier auf dem platten Land auch die Kinos erreicht. :)
 
Ebenfalls aus Dänemark - aber wohl eher ein B-Film. Ich habe ihn nur in OMU gesehen - tut mir leid, falls es Missverständnisse gibt.

"Grev Axel" DK 2001 Regie: Søren Fauli

Handlung: Der Betrüger Axel (Peter Frödin) zieht mit einer Schauspieltruppe durch Dänemark um Geld für die Überfahrt nach Amerika zu ergaunern, da er schon einen königl. Passierschein hat. Doch die Halunken plündern ihn aus und der betrogene Mob will ihn aufknüpfen. Zum Glück ist nur der Durchschnittsdäne ziemlich dämlich in diesem 18. Jh. und so entkommt Axel und auf seiner Flucht stiehlt er das Pony und die Kleider des Grafen Richard (Jens Arentzen). Daraufhin begibt er sich auf dessen Schloss und gibt sich dort gegenüber dessen Verlobter Leonora Amalie (Sofie Gråbøl) und dem sadistischen Verwalter als der aus Frankreich zurückkehrende Graf aus. Axel ahnt aber schon, dass er damit nicht ewig durchkommt, da er ja weiß dass es noch den echten Richard gibt und ihm obendrein Richards Schlüssel zur Entjungferung der alten Jungfer fehlt, die sich freut, da er ihr Celulite bescheinigt und sie darüber aufklärt, dass sie nicht mehr 17 ist. Axel will vor seiner Flucht das Gut auf Links drehen, da kein Geld da ist, weil der ehemalige Besitzer 67 % der Einkünfte als Kirchensteuer abführte und die verblödeten Bauern nur Rüben anbauen und zu nichts taugen - stattdessen ruft Axel eine Lotterie mit Rubelllosen ins Leben und scheffelt dadurch Geld und gewinnt die Freundschaft eines Barons (Claus Ryskjær) und seiner Gemahlin. Doch am Tag der Hochzeit, als Axel alle Anwesenden durch die Aufführung seiner alten Kumpanen ablenken will um mit der Mitgift der Braut in Höhe von 30.000 Talern zu türmen, taucht plötzlich der echte Graf Richard auf!

Der Film zieht so ziemlich jedes Klischee über das 18. Jh. durch den Kakao und das in den ersten Zwei-Dritteln des Films sogar recht gelungen. Die Bauern werden maßlos unterdrückt und werden von ihren Grundherren gefoltert. Die Kirche presst die rohe und dumme Bevölkerung aus. Die Herrschaft lebt dekadent und unterbelichtet auf den Landgütern und erfreut sich an ihrem Sadismus (der passenderweise in "Bastarden" vorkommt). Obendrein schwebt über jederman die Gefahr vom "Kriegsrat" zum Militärdienst gegen die Schweden gepresst zu werden.
Die Kostüme und die Requisiten sind in sich stimmig ganz überwiegend auf Theaterfummel-Niveau. Weil der Film auch wirklich enorm billig produziert wirkt und es ja vorrangig um eine Klischee-Welt geht, ist das aber auch nicht so das Problem. Leider fällt der Film ab dem 2. Drittel deutlich ab, da dann scheinbar dem Drehbuch die zündende Idee ausging wie man den zu erwartenden Konflikt auflösen sollte und so ist das Ende bei all den Ideen zuvor reichlich blöde.
Überzeugend für mich waren die meisten Darsteller, allen voran Sofie Gråbøl als "aufgeklärte" Adlige, die sich an ihr neues Leben in Freiheit gewöhnen muss.

6 von 10 Rüben. Mit mehr Ideen am Ende hätten es auch 8 werden können...
 
Ich bin auf einen Klassiker gestoßen, der nach heutiger Betrachtung etwas "creepy" wirkt, aber durchaus auch positive Seiten besitzt.

"Johann Sebastian Bach - Teil 1: Die Herausforderung"
DDR/Ungarn 1983/84 Regie: Lothar Bellag


Handlung: Der scheinbar in die Jahr gekommene J.S. Bach (Ulrich Thein) lebt Anfang des 18. Jh. am Hof von Sachsen-Weimar. Beim Herzog Wilhelm Ernst (Ferenc Bács) ist er in Ungnade gefallen, weil er Kammermusik für Auftritte in einem Palais komponiert. Dafür erfährt er Zurücksetzung und wir dem Hofkapellmeister Wilhelm Drese unterstellt, welcher Bachs schwierige Musik nicht spielen kann.
Am Hof von Dresden findet sich 1717 der Cembalo-Virtuose Louis Marchand (Jaroslav Satoranský) aus Frankreich ein. Um den Ruhm des Hofes zu steigern, drängt der Minister Flemming (Vlastimil Fisar) Marchand dazu einen Wettstreit im Cembalospiel auszurufen. Nur Bach reagiert allerdings. Er sucht ohnehin den Abschied bei seinem Herzog zumal dieser ihm das Papier zum Notenschreiben vorenthält und der Fürst von Anhalt-Köthen (András Kosák) ihm eine gut dotierte Stelle anbietet. Marchand flieht vor dem Herausforderer, als er zufälligerweise erkennt wie großartig Bach ist [???]. Bachs Frau Maria Barbara (Angelika Waller) rät ihrem Mann ohnehin vom Wechsel nach Köthen ab. Endlich will ihn sein Herzog ziehen lassen in Folge der Ereignisse in Dresden...

Staubtrocken erzählt der Film den Werdegang Bachs. Die Episode mit Marchand ist wohl in Fachkreisen umstritten und man erfährt auch garnicht worin der Wettkampf bestehen soll. Würden beide dieselbe Komposition spielen?
Über alle 4 Folgen der Filmreihe wird Bach vom selben Schauspieler gespielt, der für den erst 30-jährigen Komponisten Äußerlich aber auch vom Verhalten her viel zu alt wirkt.
Die Kostüme stammen direkt aus der Hölle. Bei dem lila Fummel von Marchand fielen mir gefühlt beinahe die Augen raus - so hässlich ist das. Die Ausstatter bewiesen aber auch in anderen Fällen wie moderne (1980er) Teetassen ein Gespür für den sicheren Griff ins Klo.
Was aber beeindruckt sind die Innenszenen, wenn man etwa die Höfe von Dresden und Weimar zeigen wollte. Bei beiden ist natürlich das Problem gewesen, dass die originalen Bauten garnicht mehr existierten. Das Schloss in Weimar wie es in den 1710ern aussah ist schon unter Herzogin Anna-Amalia abgebrannt. Dresdens Innenstadt war in den 1980ern eine Trümmerlandschaft - so ist man anderswohin ausgewichen. Ein anderes Plus sind die zahlreichen verschiedenen Instrumente von kleinen Clavichords über Spinette zu Cembali.


4 von 10 verstaubte Notenblätter.
 
Die Episode mit Marchand ist wohl in Fachkreisen umstritten und man erfährt auch garnicht worin der Wettkampf bestehen soll. Würden beide dieselbe Komposition spielen?

Ganz sicher nicht. Wenn der Film die Zuschauer in der irrigen Annahme belässt, die Clavieristen hätten sich damals getraut, das Publikum mit irgendwelchen (vom Blatt gespielten oder gar noch auswendig gelernten) Kompositionen zu behelligen, ist er wirklich schlecht. Selbstverständlich ist an nichts anderes als an einen Improvisationswettstreit zu denken.

Die Episode ist mehrfach bezeugt, zum einen durch Johann Abraham Birnbaum, der noch zu Bachs Lebzeiten schreibt:

"Wie, wenn ich ihm aber einen nennete, der zu seiner Zeit für den größten Meister auf dem Clavier und der Orgel in ganz Frankreich gehalten wurde, wider welchen der Herr Hofcompositeur vor nicht eben gar zu langer Zeit die Ehre der Deutschen und seine eigene völlig behauptet hat. Es war solches Mons. Marchand, welcher bey seiner Anwesenheit in Dreßden, und da sich der Herr Hofcompositeur ebenfalls daselbst befand, auf Veranlassen und Befehl einiger Großen des dasigen Hofs, von dem letztern zum Versuch und Gegeneinanderhaltung beyderseitiger Stärke auf dem Clavier, durch ein höfliches Schreiben aufgefordert wurde, sich auch anheischig machte, verlangtermaßen zu erscheinen. Die Stunde, da zwey große Virtuosen eins mit einander wagen sollten, erschien. Der Herr Hofcompositeur benebst denenjenigen, so bey diesem musikalischen Wettstreite Richter seyn sollten, erwarteten den Gegenpart ängstlich, aber vergebens. Man brachte endlich in Erfahrung, daß selbiger bey früher Tageszeit mit der geschwinden Post aus Dreßden verschwunden war. Sonder Zweifel mogte der sonst so berühmte Franzose seine Kräfte zu schwach befunden haben, die gewaltigen Angriffe seines erfahrnen und tapfern Gegners auszuhalten. Er würde ausserdem nicht gesucht haben, durch eine so schnelle Flucht sich in Sicherheit zu setzen."​
Johann Adolph Scheibens, Königl. Dänis. Capellmeisters, Critischer Musicus (S. 981f)

Zum anderen durch Jakob Adlung, der sich auf eine mündliche Mitteilung Bachs beruft:

"Es wird §. 345 Marchand, ein Franzos, zu nennen seyn, welcher sich einstens mit unserm Kapellmeister zu gleicher Zeit in Dresden befand, und durch allerhand Discurse gerieth man auf den Einfall, daß diese beyden Männer mit einander certiren sollten, um zu sehen, ob die deutsche Nation, oder die französische, den besten Claviermeister aufzuweisen hätte. Unser Landsmann ließ sich zur bestimmten Zeit also hören, daß sein Gegner seine schlechte Lust, es mit ihm anzunehmen, dadurch zu erkennen gab, daß er sich unsichtbar machte. Als Herr Bach zu einer gewissen Zeit bey uns in Erfurt war, trieb mich die Begierde, alles genau zu wissen, an, ihn darum zu fragen, da er dann mir alles erzehlte, welches zum Theil hier nicht statt hat, zum Theil ist es mir wieder entfallen."​

 
Ganz sicher nicht. Wenn der Film die Zuschauer in der irrigen Annahme belässt, die Clavieristen hätten sich damals getraut, das Publikum mit irgendwelchen (vom Blatt gespielten oder gar noch auswendig gelernten) Kompositionen zu behelligen, ist er wirklich schlecht. Selbstverständlich ist an nichts anderes als an einen Improvisationswettstreit zu denken.
Bei Birnbaum und Adelung klingt es ja so, als ob zufällig beide am selben Ort waren und man daher auf den Einfall mit dem Wettstreit gekommen wäre. In dem Film heißt es, man habe in ganz Deutschland einen Wettkampf ausgerufen, aber nur Bach sei dazu angereist. Ein zufälliger zeitgeicher Aufenthalt in derselben Stadt macht die Sache ja auch dann nicht so groß. Der französische Wikipediaartikel ( Louis Marchand (musicien) — Wikipédia ) erwähnt, dass der angebliche Wettstreit 1775 erstmals überliefert wurde, also nach dem Tod beider Komponisten. Dass es, wie es in verschiedenen Artikeln heißt, keine französischen Quellen dazu gibt, heißt natürlich auch nicht so wahnsinnig viel. Wozu soll man sich in Frankreich darum geschert haben, dass ein Cembalist mit einem überschaubaren Oeuvre an eigenen Werken mit einem damals in Frankreich unbekannten Hofmusiker/-komponisten eines Kleinstaates eine Rivalität geleistet hat? Erst aus der Retrospektive und der sich in der 2. Hälfte des 18. Jh. entwickelnden Stimmung einiger Deutscher Denker gegen die Vorherrschaft französischer Kultur, Kunst und Manieren ergibt die "Erinnerung" an das Ereignis einen tieferen Sinn. Zumal die wirklich großen französischen Musiker fast garnicht ihr Land verließen, sondern wie Lully, Rameau und Grétry überwiegend mit Arbeiten für den Hof des Königs beschäftigt waren. Marchand war also sicherlich eine Art Sehenswürdigkeit. Ob ihm jetzt die Herzen zuflogen wie in dem DDR-Film geschildert, steht auf einem anderen Blatt. Dort spricht Marchand ja auch ohne Schwierigkeiten mit den Dresdner Höflingen Deutsch.
Gerade die Deutschen lieben allerdings auch das Bild des verkannten Genies. Daher ist ja auch immer wieder thematisiert worden, dass Bach und Händel sich nie getroffen haben, obwohl beide aus Mitteldeutschland stammten, ziemlich exakt Zeitgenossen waren und beide Kirchenmusik schufen. Manchmal scheint es so, als ob Händel an Bach nichts gelegen gewesen wäre; dann wieder soll Händel Bach nach Halle eingeladen haben - und dieser habe just nicht kommen können, wo er doch so gern den großen Komponisten getroffen hätte. Beide arbeiteten mit Inspirationen eines Lully, der noch nach 1700 das non plus ultra für viele war.
1983 lässt der Drehbuchschreiber Marchand in helle Aufregung geraten, als er Bach auf dem Cembalo hört, da er das Marchands Instrument vor dem Wettstreit ausprobieren will. In dem Film behauptet Marchand, Bach habe unmögliche Lösungen gefunden, die er selbst dem jungen Rameau (der ja eigentlich im selben Jahrgang wie Bach war) nicht zutraue. Hierzu muss man aber wohl sagen, dass von Rameaus Werken zur Handlungszeit des Films (1717) nur ein Teil der Pièces de Clavecin überhaupt veröffentlicht war und Rameau auch für einen Mann in Paris dieser Rameau auch in der Abgeschiedenheit der Provinz arbeitete (wie Bach in Weimar, wenn man so will).
Es wird freilich in dem besagten Film auch ignoriert, dass ja der König, der Marchand angeblich schmollen soll, 1717 bereits 3 Jahre tot war und Marchand von daher ohnehin zurück kehren konnte, allerdings an den Hof des Regenten, der ja nicht in Versailles war...
 
Bei Birnbaum und Adelung klingt es ja so, als ob zufällig beide am selben Ort waren und man daher auf den Einfall mit dem Wettstreit gekommen wäre. In dem Film heißt es, man habe in ganz Deutschland einen Wettkampf ausgerufen, aber nur Bach sei dazu angereist.

Das basiert auf einer weiteren Quelle, dem von Lorenz Christoph Mizler 1754 veröffentlichten Nekrolog:

"Das 1717. Jahr gab unserm schon so berühmten Bach eine neue Gelegenheit noch mehr Ehre einzulegen. Der in Franckreich berühmte Clavierspieler und Organist Marchand war nach Dreßden gekommen, hatte sich vor dem Könige mit besonderm Beyfalle hören lassen, und war so glücklich, daß ihm Königliche Dienste mit einer starken Besoldung angeboten wurden. Der damahlige Concertmeister in Dreßden, Volumier, schrieb an Bachen, dessen Verdienste ihm nicht unbekannt waren, nach Weymar, und lud ihn ein, ohne Verzug nach Dreßden zu kommen, um mit dem hochmüthigen Marchand einen musikalischen Wettstreit, um den Vorzug, zu wagen. Bach nahm diese Einladung willig an, und reisete nach Dreßden. Volumier empfing ihn mit Freuden, und verschaffete ihm Gelegenheit seinen Gegner erst verborgen zu hören. Bach lud hierauf den Marchand durch ein höfliches Handschreiben, in welchem er sich erbot, alles was ihm Marchand musikalisches aufgeben würde, aus dem Stegreife auszuführen, und sich von ihm wieder gleiche Bereitwilligkeit versprach, zum Wettstreite ein. Gewiß, eine grosse Verwegenheit! Marchand bezeig te sich dazu sehr willig. Tag und Ort, wurde, nicht ohne Vorwissen des Königes, angesetzet. Bach fand sich zu bestimmter Zeit auf dem Kampfplatze in dem Hause eines vornehmen Minister sein, wo eine grosse Gesellschaft von Personen vom hohen Range, beyderley Geschlechts, versammelt war. Marchand ließ lange auf sich warten. Endlich schickte der Herr des Hauses in Marchands Quartier, um ihn, im Fall er es etwan vergessen haben möchte, erinnern zu lassen, daß es nun Zeit sey, sich als einen Mann zu erweisen. Man erfuhr aber, zur größten Verwunderung, daß Monsieur Marchand an eben demselben Tage, in aller Frühe, mit Extrapost aus Dreßden abgereiset sey. Bach der also nun mehr allein Meister des Kampfplatzes war, hatte folglich Gelegenheit genug, die Stärcke, mit welcher er wider seinen Gegner bewafnet war, zu zeigen. Er that es auch, zur Verwunderung aller Anwesenden. Der König hatte ihm dafür ein Geschenk von 500 Thalern bestimmet: allein durch die Untreue eines gewissen Bedienten, der dieses Geschenk besser brauchen zu können glaubte, wurde er drum gebracht, und mußte die erworbene Ehre, als die einzige Belohnung seiner Bemühungen mit sich nach Hause nehmen. Sonderbahres Schiksal! Ein Franzose läßt eine ihm angebothene dauerhafte Besoldung, von mehr als einem Tausend Thaler freywillig im Stiche, und der Deutsche, dem jener doch durch seine Flucht, augenscheinlich den Vorzug einräumet, kann nicht einmal eines ihm von der Gnade des Königs ein für alle mahl zugedachten Geschencks theilhaftig werden. Uebrigens gestund unser Bach dem Marchand den Ruhm einer schönen und sehr netten Ausführung gerne zu. Ob aber Marchands Müsetten für die Christnacht, deren Erfindung und Ausführung ihm in Paris den meisten Ruhm zu Wege gebracht haben soll, gegen Bachs vielfache Fugen vor Kennern würden haben Stand halten können; das mögen diejenigen, welche beyde in ihrer Stärcke gehöret haben, entscheiden.​

Mizler war mit Bach befreundet und ist demzufolge auch noch als zeitgenössische Quelle zu werten. Möglicherweise setzt hier aber schon die Legendenbildung ein. Dass ein "Bedienter" die vom König zur Verfügung gestellten 500 Taler (für Bachs damalige Verhältnisse etwa drei Jahresgehälter) mal eben in die eigene Tasche steckt, ohne dass das irgendwelche Konsequenzen gehabt hätte, scheint mir wenig glaubhaft.


Der französische Wikipediaartikel ( Louis Marchand (musicien) — Wikipédia ) erwähnt, dass der angebliche Wettstreit 1775 erstmals überliefert wurde, also nach dem Tod beider Komponisten.
Dieser in mehrerlei Hinsicht unterirdische Artikel behauptet sogar, der Wettstreit sei durch keinen Zeitgenossen überliefert ("Aucun contemporain ne relate cette rencontre hypothétique..."


Erst aus der Retrospektive und der sich in der 2. Hälfte des 18. Jh. entwickelnden Stimmung einiger Deutscher Denker gegen die Vorherrschaft französischer Kultur, Kunst und Manieren ergibt die "Erinnerung" an das Ereignis einen tieferen Sinn.

Wirklich? 1739 heißt es bereits, Bach habe "die Ehre der Deutschen" verteidigt.
 
Der zweite Teil ist ganz ähnlich, gefiel mir aber von den schauspielerischen Darbietungen besser.

"Johann Sebastian Bach - Teil 2: Bist du bei mir"
DDR/Ungarn 1983/84 Regie: Lothar Bellag


Handlung: Anfänglich ist Bach sehr zufrieden mit seiner Stelle in Köthen, wenn da nicht während seines Aufenthaltes in Karlsbad seine erste Frau gestorben wäre. Anschließend sieht er sich nach einer neuen Anstellung in Hamburg um, wo ihn kaum jemand unterstützen will und er obendrein für seinen Posten 4.000 Taler aufbringen soll, die er nicht hat. Daraufhin kehrt er an den Hof nach Köthen zurück, wo die Vermählung des Fürsten mit Friedrike Henriette von Anhalt-Bernburg (Martina Servatius) alles ändert. Denn sie mag die Musik und das Herumsitzen bei Bachs Konzerten nicht. Auch seine Bemühungen sich in Preußen beliebt zu machen scheitern. Immerhin begegnet er der Sängerin Anna Magadalena Wilcke (Franziska Troegner), die ihn durch ihren Gesang überzeugt und durch ihre Aufopferungsbereitschaft für sich gewinnt. So heiratet er sie. Der Fürst aber entlässt die Hofmusiker und Bach ist darüber frustriert. So kommt ihm ein Angebot aus Leipzig, das ein gewisser Weiße (Klaus Mertens) überbringt, nicht ungelegen, auch wenn ihm sein Freund Fasch (Heinz Schleiff) in Zerbst davon abrät, weil er selber für das ungewisse Salaire nicht wechseln will. Angesichts der sich manifestierenden Liebe des Fürsten für das Militär entscheidet sich Bach schließlich für Leipzig, während ihm sein Sohn Friedemann schmollt, weil Bach nur noch Ohren für seine schöne, junge Frau zu haben scheint.

Was ich an dem Film angenehmer fand, ist dass man die aufkeimende Bewunderung und Liebe von Anna Magdalena für J.S. Bach sehr schön gespielt erkennen konnte. Das ist angesichts des sonst sehr trockenen Schauspiels der meisten Akteure regelrecht überraschend. Die Innenräume sind wieder schön gewählt. Es gibt sogar Szenen im Park von Großsedlitz, wo die winzige "Armee" von Anhalt-Zerbst "übt". Wie in Teil 1 sitzen aber auch wieder Fürsten bisweilen allein in irgendwelchen leeren Räumen rum, was wohl ein Stilmittel von Regisseur Bellag zu sein scheint. Eine Szene wirkt aber unfreiwillig komisch, wenn Frau Bach lamentiert, dass 50 Taler zu wenig seien für Bachs Haushalt während am hellichten Tage dutzende Kerzen um sie herum abgefackelt werden - vielleicht Bachs Monatsgehalt auf einmal verbrannt? Ganz schön finde ich die Alltagssorgen von Bach mit Kindern, die aus ihrer Kleidung heraus wachsen und Essen, was ihm nicht schmeckt, dargestellt.

So ganz warm werde ich mit der Produktion nicht, aber das mit Friedemann Bach und das überzeugende Spiel von Frau Troegner verleiten mich zu einer Note mehr: also 5 von 10. :)
 
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