Süddeutschland zur Okkupationszeit

Die folgende Aussage bezieht sich auf den Zeitraum 150 - 230 n. Chr..
Warum wird in Aalen ein Reiterkastell mit 1000 Mann errichtet, wenn das Gebiet
nördlich des Limes in BW so dünn besiedelt war?
 
Ich würde 150-230 AD nicht mehr von dünn besiedelt, oder sagen wir eher ruhiger Grenze ausgehen. Es kam im 2ten Jahrhundert wohl zur Einwanderung elbgermanischer Stämme, die Rom weniger wohl gesonnen waren und eher zu Raubzügen bereit waren. Auch sollte sich jetzt langsam der Stammesverband der Alemannen bilden.

Eine Ala Millaria ist nicht gerade groß, wenn man bedenkt, daß an der unteren Donau keine Legionen standen. Die nächste war wohl in Argentorate/Straßburg. Und Legionen waren nicht sonderlich mobil. Erst später wurde dann eine Legion in Castra Regina stationiert. Auch das spricht dafür, daß die Lage an der Grenze sich verändert hatte. Reiterregimenter als mobile Eingreiftruppen waren durchaus üblich, um die grenznahen Infanteristen der Auxiliarkohorten zu unterstützen. Was aber die Römer jeweils bewogen hat, eine Ala Millaria anstatt einer Ala Quingenaria oder Cohors Equitata aufzustellen, oder warum die Flavier überhaupt die Millaria breiter einführten, bleibt unklar.
 
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Die folgende Aussage bezieht sich auf den Zeitraum 150 - 230 n. Chr..
Warum wird in Aalen ein Reiterkastell mit 1000 Mann errichtet, wenn das Gebiet
nördlich des Limes in BW so dünn besiedelt war?

Ich denke, es hat nichts mit einem neuen Bedrohungspotential aus der Gegend nördlich von Aalen zu tun.
Die betreffende Reitereinheit, die "Ala II Flavia milliaria", befand sich vermutlich schon seit 85 n. Chr. am Limes. Sie war zunächst im Kastell Heidenheim/Aquileia stationiert, 25 Kilometer südlich von Aalen. Mit zahlreichen anderen Einheiten rückte sie in die neuen Kastelle des unter Antoninus Pius minimal, um 25-30 Kilometer, vorverlegten obergermanisch-rätischen Limes ein.
 
... und davor in Günzburg (Guntia) an der Donau. Wie seht ihr das Bedrohungspotential in dem o.a. Zeitraum? Gibt es wissenschaftliche Belege oder Hinweise aus römischen Texten?
 
Meine Anmerkung zur geänderten Bedrohungslage bezog sich auf die neue Legion in Castra Regina ab 170 AD iirc.

Die Ala war natürlich schon viel früher da. Sie übernimmt quasi die Funktion einer Legion als mobile Eingreiftruppe im Hinterland in einem Grenzabschnitt, in dem damals noch keine Legionen stationiert waren. Daher wahrscheinlich auch eine Millaria und nix Kleineres. Dennoch sind 1000 Mann gegenüber 5000 Mann ziemlich mickrig, was angesichts der Lage im 1ten Jahrhundert aber auch angemessen war. Im 2ten Jahhundert wurde es dann etwas haariger und im dritten flog der Deckel vom Kochtopf. Vom späteren traurigen Ende der römischen Herrschaft in Raetien, wo wir wieder eine Quelle haben, nicht zu reden.
 
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Ich habe im Limesmuseum in Aalen nach "Einsatzberichten" für diesen Zeitraum gesucht. Leider vergeblich. Im Moment läuft noch die Carcalla-Ausstellung. Möglicherweise gibt es da mehr Infos über Überfälle. Irgendeinen Grund muss es für den Feldzug ja gegeben haben.
 
Vor ein paar Jahren habe ich einen Vortrag über das Ostkastell von Welzheim gehört. Dabei handelt es sich ebenfalls um ein Alenkastell. In diesem Vortrag wies der Redner - ein Archäologe - auf die Verteilung der Alenkastelle am Obergermanischen-Rätischen Limes hin. Während die Alenkastelle ansonsten in etwa gleichbleibender Entfernung angelegt worden sind, finden wir mit

Welzheim (südlichstes Alenkastell des Obergermanischen Limes)
Lorch (südlichstes Kastell des Obergermanischen Limes - mit einer Cohors
Equitata belegt)
Aalen (westlichstes Alenkastell des Rätischen Limes)

am Limesknie eine ungewöhnliche Ballung an Reiterei. Der Vortragende erklärte dies damit, dass man an der Nahtstelle von zwei Provinzen wohl ein besonderes Sicherheitsbedürfnis hatte. Vielleicht hatte man negative Erfahrungen gemacht, dass solch eine Nahtstelle als Einfalltor gedient hatte. Oder man wollte hier solch einer Gefahr vorbeugen. Auf jedem Fall ist die geringe Entfernung von Welzheim zu Aalen für eine römische Kastelllinie ungewöhnlich. Damit könnte die Frage beantwortet sein, warum man in Aalen ein Alenkastell errichtete. Nicht, weil dort besonders gefährliche Germanen im Vorfeld hausten, sondern weil man in diesem Bereich einen Durchbruch entfernt lebender Germanen vorbeugen wollte.

Selbst in den Zeiten des 2. Weltkrieges waren Nahtstellen von größeren Heeresverbände für den Gegner ein interessantes Angriffsziel, weil man sich hier aufgrund der dann schwierigen Abstimmungsprozesse beim Gegner sich einen Vorteil erhoffen konnte.
 
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