Verdingkinder, ein dunkles Kapitel der Schweizer Geschichte

Naja, da ist der Fall ja doch ein wenig anders gelagert - die Verdingkinder stammten ja aus ganz klaren Verhältnissen, waren also Schweizer und nicht die Kinder von Besatzern (was Letztere jetzt nicht herabsetzen soll, mir gehts lediglich um die Erklärung) - und wurden nur der Armut wegen weggegeben, wie ich das verstanden habe.

Es gab, wie ja die Beispiele zeigen, Verdingkinder die aus Armut weggegeben wurden. Andere waren Waisenkinder die in den Kinderheimen lebten, oder Scheidungskinder. Wo sich kein Elternteil mehr um die Kinder kümmern wollten.

Der Vollständigkeitshalber, es gab auch Kinder die Glück hatten:

Es gab auch glückliche Verdingkinder


Hier gibt es auch noch weiterführende Literatur zum Thema:

Kinderheime in der Schweiz Historische Aufarbeitung
 
Zuletzt bearbeitet:
Was die Geschichte der Verdingkinder in der Schweiz anbelangt, da möchte ich zusätzlich noch die "Spazzacamini" erwähnen, die Kaminfeger.

Die Spazzacamini, das waren Kinder ab dem 6. Altersjahr!! und Jugendliche, vorwiegend aus der Südschweiz. Aus den damals bitterarmen Tälern des Tessins: Dem Valle Verzasca, dem Centovalli, dem Valle Maggia ...sowie auch aus dem angrenzenden Italien, dem lombardischen Valle Vigezzo. Dort befindet sich das MUSEO DELLO SPAZZACAMINO.

Was für eine Geschichte, was für Schicksale stecken hinter diesem Wort, dieser Bezeichnung "Spazzacamini"? Wie bereits gesagt; Diese Kinder kamen aus ganz armen Gegenden, aus kinderreichen Famlien, die kaum ein Auskommen/Ueberleben fanden in ihren schroffen und steinreichen Tälern....sie waren mit Sicherheit nicht wirklich froh darüber, dass sie das eine und andere Kind über die Wintermonate an einen "Padrone" abgeben konnten, doch ein Esser weniger am Tisch war trotzdem, gezwungenermassen eine gewisse Erleichterung.

Diese "Padroni" machten jeweils im Herbst ihre Runde durch diese Täler, heuerten ihr "Team" zusammen, indem sie vielleicht den Vätern Fr. 20.-- angeboten haben für ihre Söhne.....dass die ihnen dann für diesen Betrag für die Dauer von 5-6 Monaten wohlverstanden, zu Diensten sein mussten.

Dieser Dienst bestand darin: Diese Kinder mussten mit ihren Padroni durch Oberitalien ziehen, erstmal durch die grossen Städte: Milano, Alexandria etc ...um dort die Kamine der Industrien zu fegen. Einige dieser Kinder sind in diesen Kaminen erstickt....einige sind an Hunger gestorben, einige an Kälte. Denn manche dieser Padroni kümmerten sich über die Arbeit hinaus keinen Deut um diese Kinder. Die mussten nach getaner Arbeit auf den Strassen ums Essen betteln, um einen Schlafplatz....

Und das zog sich bis weit ins 20. Jahrhundert hinein, unglaublich!

Die Elisabeth Wenger, selber ein Verdingkind, hat über die Spazzacamini recherchiert und ein Buch geschrieben: ALS LEBENDER BESEN IM KAMIN. EINER VERGESSENEN VERGANGENHEIT AUF DER SPUR.

Die Schriftstellerin Lisa Tetzner hat in Zusammenarbeit mit ihrem Mann Kurt Kläber dieses Thema in einem Roman verarbeitet: DIE SCHWARZEN BRÜDER.

Ich getraue mich nicht, einen Link hier reinzustellen...es gäbe nämlich bei YouTube ein Video mit enorm eindrücklichen alten Fotos, unterlegt mit dem wehmütigen Spazzacamino-Lied: PER QUESTI PICCOLETTI...
 
Zuletzt bearbeitet:
@ursi also geht es da auch um die Verdingung – Wikipedia - das war freilich keine allein auf die Schweiz begrenzte Praxis: ich hatte zu Studizeiten zufällig zwei alte Leute kennen gelernt, die im Schwarzwald Verdingkinder waren und davon erzählten (in breitestem hochalemannisch)
 
Landesmuseum Zürich

Aus der Not geboren​

Arbeitende Kinder
19.12.2025 - 20.04.2026

Was in dem dortig gezeigten Film gezeigt wird, kann ich nur unterschreiben. Warum? Bin mit einer Schweizerin aus dem Kanton Schaffhausen verheiratet, sie hat mir viel aus ihrer Kindheit ueber sich und ihren sechs Geschwistern erzaehlt. Was sich dabei herausschaelte, wuerde nach heutigen Auffassungen als kriminell betrachtet werden. Doch was sollte deren Mutter machen? Sie musste sich um einen Weinberg, ihren 12 oder so Milchkuehe, Schweine, Huehner und etlichen Wiesenaeckern kuemmern, plus natuerlich, wie man sehen kann, um ihren Mann und ihre sieben Kinder fuer die sie Kleider naehte, stopfte usw. Obwohl alle Kinder der Mutter oder dem Vater viele Stunden am Tag geholfen hatten, blieb letztendlich kaum noch was zum sparen uebrig. Das Ehepaar hatte eine verdammt harte Zeit gehabt. Die Mutter betrachte ich dehalb als 'unsung hero'. Ihre sechs Maedchen jedoch beklagten unter sich immer ueber mangelnde Ausdruecke von Mutterliebe; -zaertlickeit ; -aufmerksamkeit, vom Vater garnicht zu reden. Ist es da ein Wunder wenn dabei ein paar lebenslaengliche Knackse uebrig geblieben sind?
Doch ueber 'child abuse' and 'neglect' (ditto about elderly abuse and neglect)habe ich hier in Canada nicht nur viel gelesen , sondern von Betroffenen selber erzaehlt bekommen. Manchmal sind solche traurigen Geschichten so absurd, so unglaublich, dass man nicht weiss, ob man lachen oder weinen soll..... und es hoert nicht auf....
 
Zurück
Oben