Wie funktioniert die Caesar-Chiffre - und hat er sie tatsächlich benutzt oder ist es eine Erfindung des Sueton?

El Quijote

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Sueton berichtet in Kapitel 56 seiner Caesar-Biographie:

Exstant et ad Ciceronem, item ad familiares domesticis de rebus, in quibus, si qua occultius perferenda erant, per notas scripsit, id est sic structo litterarum ordine, ut nullum verbum effici posset; quae si qui investigare et persequi velit, quartam elementorum litteram, id est D pro A et perinde reliquas commutet.​
Es sind sowohl an Cicero [ich denke, hier ist nicht der berühmte Marcus Tullius gemeint, sondern dessen jüngerer Brüder Quintus, der Legat Caesars im Gallienkrieg war] als auch an seine Hausgenossen über Dinge, die er verborgen gehalten wissen wollte Notizen bezeugt, die er [Caesar] schrieb; so ist es wie er die Buchstaben strukturierte, dass kein Wort gelesen [hervorgebracht] werden konnte, wenn jemand dies erforschen oder verfolgen wollte, der vierte Buchstabe, das ist D für A und mit den übrigen so weiter wird verändert.​
Es gibt zwei Interpretationen dieser Stelle.
Einmal das a = d, b = e, c = f, d = g usw. (was ich für die wahrscheinlichere halte), einmal das c = z, d = a, e = b, f = c usw.
Jdoold hvw rpqlv glylvd lq sduwhv wuhv...*​
Dxiifx bpq ljkfp afsfpx fk mxoqbp qobp...*​

Richtig zurückrotiert ergeben die Sätze dies:

Gallia est omnis divisa in partes tres...​

So, die erste Frage ist also, wie das zu verstehen ist. Es gibt wie gesagt, beide Interpretationen, wobei meines Dafürhaltens die erste richtig ist: id est D pro A, D wird für A eingesetzt, also Rot-3. Die andere Variante wäre Rot-23 (Problem siehe unten (*)).
Wenn ich Sueton richtig verstehe, behauptet er, dass die Briefe Caesars (die notas) noch existierten. Caesar selbst schreibt im De Bello Gallico aber irgendwo, dass er, damit Nachrichten nicht in die Hände der Gallier gerieten, statt auf Latein auf Griechisch schrieb, von einem Rotationsverfahren schreibt er nichts. Nun wäre es natürlich ganz schön blöd von Caesar gewesen, wenn er ein Rotationsverfahren verwendet und dies publik gemacht hätte. Also.... was ist von der Angabe Suetons zu halten?


*die Schwäche dieser beiden Rotationstranspositionen ist, dass sie natürlich nicht mit dem antiken lateinischen Alphabet bewerkstelligt sind, sondern mit dem modernen lateinischen Alphabet, das ein paar mehr Buchstaben kennt. Rot-23 wäre also für Caesar nicht tatsächlich Rot-23.)
 
Cicero [ich denke, hier ist nicht der berühmte Marcus Tullius gemeint, sondern dessen jüngerer Brüder Quintus, der Legat Caesars im Gallienkrieg war]
Da Sueton nur "Cicero" schrieb, nehme ich eher schon an, dass er den Konsular als bekanntesten Namensträger meinte. Bei einem anderen Cicero hätte er das wohl deutlich gemacht. Wenn wir z.B. heute nur "Kennedy" sagen, meinen wir auch J.F., während man bei einem anderen Kennedy den Vornamen hinzusetzen würde.
Wenn ich Sueton richtig verstehe, behauptet er, dass die Briefe Caesars (die notas) noch existierten.
Sechs Briefe Caesars sind bis heute überliefert (im Rahmen der Sammlung des Briefverkehrs zwischen Cicero und Atticus). Sie liegen freilich im Klartext vor.
 
Wenn ich Sueton richtig verstehe, behauptet er, dass die Briefe Caesars (die notas) noch existierten. Caesar selbst schreibt im De Bello Gallico aber irgendwo, dass er, damit Nachrichten nicht in die Hände der Gallier gerieten, statt auf Latein auf Griechisch schrieb,
Das schreibt Caesar nur in einem Zusammenhang (5,48), nicht als generelle Vorgangsweise.
Generell auf Griechisch zu schreiben hätte wohl auch nichts gebracht, da Caesar wiederholt von der Verwendung des Griechischen auch durch Gallier berichtete: in 1,29 Aufzeichnungen der Helvetier; in 6,14, dass die Druiden die griechische Schrift verwendeten.
Schon durch die Handelskontakte mit Massalia sind Griechischkenntnisse unter den Galliern, zumindest den südlicheren, ohnehin zu erwarten.
Bei den Belgern im Norden, wo Caesar den griechischen Brief an Cicero (diesmal wirklich den Bruder) verschickte, rechnete er vielleicht weniger mit Griechischkenntnissen.
Also.... was ist von der Angabe Suetons zu halten?
Dass Caesar Briefe chiffrierte (nämlich an seine Vertrauten Gaius Oppius und Cornelius Balbus), erwähnt auch Aulus Gellius (Noctes Atticae 17,9), der Sammlungen dieser Briefe als zu seiner Zeit (2. Jhdt.) noch bestehend erwähnte ("Libri sunt epistularum C. Caesaris ad C. Oppium et Balbum Cornelium ..."). Ein gewisser Probus schrieb sogar ein Werk darüber.
 
Dass Caesar Briefe chiffrierte (nämlich an seine Vertrauten Gaius Oppius und Cornelius Balbus), erwähnt auch Aulus Gellius (Noctes Atticae 17,9), der Sammlungen dieser Briefe als zu seiner Zeit (2. Jhdt.) noch bestehend erwähnte ("Libri sunt epistularum C. Caesaris ad C. Oppium et Balbum Cornelium ..."). Ein gewisser Probus schrieb sogar ein Werk darüber.

Hier noch die ganze Passage (Latein und in engl. ÜS):

 
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