Ich möchte auf meine Interpretation zurückkommen, dass Religionen eine gesellschaftliche Funktion erfüllen.
http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=173549&postcount=56 . Sie schaffen - vermittels des Glaubens des Einzelnen - eine kollektive Motivation; diese lässt Gesellschaften entstehen, die in ihrer historischen Umgebung gut oder schlecht funktionieren können. Die gesellschaftsbildenden Kraft des Glaubens ist dem Einzelnen weder ersichtlich noch wichtig. Er glaubt einfach und der Rest ergibt sich "von selbst".
Was aber ist die gesellschaftliche Funktion von Monogamie und ehelicher Treue ? Wieso setzte sich die christliche Religion, die dieses propagiert, ausgerechnet vor 2000 Jahren durch ?
Zu dieser Zeit hatte die Landwirtschaft ein großes Bevölkerungswachstum ermöglicht. Dieses hielt noch an, während neue Flächen nicht mehr mit gleicher Geschwindigkeit erschlossen werden konnten. Die Folge war eine Überpopulation.
Ein neues Gesellschaftsmodell war erforderlich. Dessen Kern war "Kooperation über die eigene Sippe hinaus", anders ausgedrückt "liebe deinen Nächsten".
Dessen Basis war das individuelle Eigentum, z.B. an landwirtschaftlicher Fläche. Es führte zur Bildung von Abhängigkeitverhältnissen und Hierarchien. Die sich daraus ergebende Gesellschaft war offenbar produktiver als die auf Basis der alten kollektiven Eigentumsverhältnisse.
Die strenge paarweise Zuordnung von Mann und Frau passt in diesen Kontext. Die Frau war nun des traditionellen Rückhalts durch die Sippe beraubt und brauchte nun einen eigenen Mann zur Absicherung ihrer selbst und der gemeinsamen Kinder (die nun ebenfalls eindeutig einem einzelnen Mann zugeordnet waren). Im Gegenzug verlangte der Mann eine Garantie für seine Vaterschaft, da er sonst seine Lebensarbeit in den Dienst der Aufzucht fremder Kinder gestellt hätte, in Form von (weiblicher) Keuschheit vor und Treue in der Ehe.
Solche Veränderungen werden natürlich nicht durch die bewusste Verfolgung von gesellschaftlichen Zielen getrieben, sondern vom individuellen zweckfreien Glauben, dessen "unbeabsichtigte" Folgen die Bildung einer funktionierenden Gesellschaft sein können. Daher kann man auch keine "logischen" Verhaltensweisen erwarten.