Dieter
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Damit gibt es aber auch kaum noch einen Grund, von großangelegten Einfällen nordischer - oder sonstiger - Völkerscharen auszugehen.
Eine solche Behauptung ist zu kurz gesprungen, denn ein großer Teil der Forschung spricht durchaus von der "Ägäischen Wanderung" bzw. der "Großen Wanderung" und den Seevölkern. Wikipedia führt mehrere Hypothesen auf:
Der Althistoriker Detlev Lotze sagt zum Untergang von Mykene:
Indogermanische Einwanderung
Viele Althistoriker, Sprachwissenschaftler und Archäologen gingen früher davon aus, dass es sich in der Mehrzahl um indogermanische Illyrer gehandelt habe. Ihr Vordringen führte nach Meinung dieser Forscher zum Niedergang der mykenischen Kultur in Griechenland (Pylos, Mykene u. a.) und besiegelte das Schicksal des Hethiterreichs Šuppiluliumaš' II..
Piraten und Mykener
Andere sahen die „Seevölker“ schlicht als Piraten. Einige Forscher vermuteten sogar, bei den „Seevölkern“ habe es sich zu großen Teilen um Mykener gehandelt, die also nicht Opfer, sondern Auslöser der Unruhen gewesen wären. Diese Theorie gilt aber bis auf weiteres als sehr problematisch, wenngleich sich etwa in der materiellen Kultur der späteren Philister durchaus einige Parallelen zur mykenischen finden lassen.
Trojanischer Krieg
Mitunter wurde vermutet, dass auch griechische Sagenzyklen, wie beispielsweise vom Trojanischen Krieg (die Bezeichnungen beteiligter Völker ähneln lautlich anderen Bezeichnungen von „Seevölkern“, Menelaos verschlägt es beim Versuch der Heimreise nach Ägypten) oder die Mopsos-Sage, vage Erinnerungen an diese Unruhezeit bewahren.
Herkunft aus Kleinasien und der Ägäis
In der aktuellen Forschung wird als Ausgangspunkt der „Seevölker“-Unruhen oft der west- bzw. süd-kleinasiatische und der ägäische Raum angenommen (siehe Eberhard Zangger). Dafür spricht neben einer Vielzahl von neuen archäologischen Funden, die in diese Richtung deuten, auch die ägyptische Bezeichnung Hau-nebut für die Seevölker, die „Bewohner der Ägäis“ bedeutet.
Im Rahmen seiner Hethiter-Monografie sagt der Altorientalist Jörg Klinger zum Untergang dieses Volks:Es liegt nahe, die Vorgänge in Griechenland in den weiteren Zusammenhang der Großen Wanderung zu stellen, die anscheinend die ganze Osthälfte des Mittelmeerraums erfasste. Das Hethiterreich versank in den Wirren ... Ägyptische Siegesberichte vermelden vor und nach 1200 die Abwehr von "Seevölkern", unter denen die Philister sicher zu identifizieren sind.
(Detlev Lotze, Griechische Geschichte, München 1995, S. 14, Beck Wissenschaftliche Reihe)
Es zeigt sich, dass die Forschung durchaus von der Großen oder Ägäischen Wanderung ausgeht und sie für die Umbrüche im östlichen Mittelmeerraum um 1200 v. Chr. verantwortlich macht. Ungeklärt bleibt bis heute, wer diese "Seevölker" waren und was sie zu ihrem Aufbruch veranlasste.Das gesamte Staatensystem der vorderasiatischen Welt stand vor dem Umbruch, für den auch nach ägyptischen Quellen der Seevölkersturm mitverantwortlich war. In einem Brief, den der König von Alasija, d.h. von Zypern, an den König von Ugarit geschrieben hat, wird vor den Schiffen gewarnt, die den gesamten östlichen Mittelmeerraum in Unruhe versetzten ... Wer diese Seevölker - eine mehr oder weniger lockere Sammlung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen, die um 1200 herum eine Art Völkerwanderung auslösten - eigentlich waren, ist bis heute nicht völlig geklärt.
(Jörg Klinger, Die Hethiter, München 2007, S. 117)