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Und wenn Istanbul bis ins 20.Jh. Konstantinopel hieß, dann ist das so. ...
Vielleicht noch mal zur Verdeutlichung,
wenn es so wäre, würden wir hier nicht diskutieren:
Ich meine, dass es keineswegs so ist, dass die Stadt bis 1930
offiziell Konstantinopel hieß! Sie hatte mehrere (auf offiziellen Dokumenten auftauchenden) Namen,
auch Konstantinopel. Vielleicht tauchten auf Verträgen mit West-Europäern im 19. Jh. vermehrt Konstantinopel auf, keine Ahnung. Auf osmanischen Dokumenten dann halt daneben gleichzeitig Istanbul, Dar-as-Saadet, oder auf Verträgen mit dem Iran, usw.
Es ist also keinesfalls so eindeutig, nach meinen Kenntnisstand, wie hier einige so tun - ansonsten blättert bitte nochmal zurück, ich hatte schon darüber berichtet.
Was mir nur auffiel und ich mich daher gemeldet habe:
In allgemeinhistorischen Büchern, auch seriösen Büchern, auch Standardwerken die speziell das späte Osman. Reich tangieren, taucht des öfteren Konstantinopel auf, wobei nach meiner Einschätzung die Verwendung häufiger ist, je älter das Buch oder der Verfasser ist. In diesen Werken taucht auch manchmal gar das Wort "Mohammedaner", "Sarrazenen", etc. auf, und andere heute unübliche Bezeichnungen.
Gekennzeichnet sind diese Werke oft dadurch, dass die Autoren meistens nicht die Sprache der Region sprechen, über die sie berichten. Sie können selbstverständlich französisch, die Sprache der Diplomatik des 19. Jh., sie können englisch, deutsch, latein, alt-griechisch, vielleicht auch einige italienisch, usw. sprechen. Aber kein Türkei-Türkisch, kein Osmanisch, kein Arabisch. Weder passiv noch gar aktiv. Vielleicht daher manche Bezeichnung, die sich eher in diesem Bereich der Forschung noch hartnäckig hält, wohingegen in anderen Bereichen der Forschung längst andere Bezeichnungen Einzug gehalten haben?
In der Geschichtswissenschaft nämlich, die sich spezieller mit dem Nahen Osten/Osmanischen Reich beschäftigt, nicht als Nebenaspekt der Kolonialgeschichte, nicht vor allem deshalb, um über unsere eigene Geschichte was zu erfahren, unsere "Abenteurer", "Abenteuer" im "1001-Nacht-Orient", usw. sehe ich mehrheitlich die Bezeichnung Istanbul. Und diese Professoren sprechen mehrheitlich sogar mal komischerweise die Sprache der Region, über die sie schreiben.
Sind diese Professoren alle blöd? Die schreiben doch die Bücher in den westlichen Sprachen, die dann die Allgemein- oder Kolonialgeschichtler erst lesen (müssen), um sich in ihr Thema intensiver einzulesen zu können, da ihnen die Fähigkeit abgeht, abseits der westlichen Quellen, auch Quellen des Orients direkt lesen und auswerten zu können, was eigentlich für ein umfassendes (Geschichts-)Bild zumindest heutzutage unerlässlich ist.
Und die Bücher die ich meine, sind nicht nur Bücher von Turkologen oder Osmanisten, oder Historikern mit Schwerpunkt Naher Osten, sondern die Bezeichnung Istanbul nach 1453 finde ich auch in Büchern, die von soziologischer Richtung kommen, von politologischer, von kunsthistorischer, von wirtschaftshistorischer Richtung, sofern die Autoren wie gesagt das Osman. Reich im Zentrum ihrer Forschung haben, nicht am Rande, und so weiter.
Am wichtigsten sind für mich aber keine einzelne Bücher, sondern Standardwerke und noch mehr Enzyklopädien, denn dort ist das geballte gesammelte Fachwissen präsent, und die müssen sich dann ja auch auf eine Nomenklatur einigen.
Ich werde mich nachher oder am Wochenende nochmal dem Thema widmen, mit Beispielen. Aber nicht mit dem Putzger des 19. Jh. :rofl: