Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

habe gerade kaum Zeit, daher kurz.

Die Knochenbrüchen haben nichts mit Germanicus zu tun. Opfergruben der Germanen sind hingegen beschrieben. Und auch solche Gruben haben die Eigenschaft, sich erst nach ein paar Jahren zu verfüllen. Das gehört zu den Punkten, weshalb ich der Zuschreibung zur Varusschlacht noch, ich betone: noch nicht folge.

Und das Münzbild einer Garnisonsstadt unterscheidet sich von dem im Gelee. Zumal, wenn Germanicus wie Tiberius versuchte Divisen aus der Germania Magna herauszuhalten. Kann könnte sich der Germanicus-Horizont eben im weitgehenden Fehlen von Münzen auszeichnen.
Die Gedanken sind nur angedeutet. Ich hoffe am Wochenende mehr Zeit zu haben.

Edit: Kalkriese wird von Dio gut beschrieben: Wald, Engpass, Berg und Tal, Moor/ Sumpf.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Knochenbrüchen haben nichts mit Germanicus zu tun. Opfergruben der Germanen sind hingegen beschrieben. Und auch solche Gruben haben die Eigenschaft, sich erst nach ein paar Jahren zu verfüllen.

Für die Martergruben - wenn es sie denn gab - gilt eigentlich, dass Tacitus schrieb:
et cladis eius superstites, pugnam aut vincula elapsi, referebant ... quot patibula captivis, quae scrobes
Also in etwa: die aus der Schlacht und der Gefangennahme entronnenen berichteten von [...] den vielen Marterhölzern der Gefangenen, den Gruben... Hm...

Die flachen Gruben aus Kalkriese kann man wohl kaum als "Martergruben" (wenn es diese denn gab*) bezeichnen. Auch die Knochen, die in den Gruben zusammenliegen, zeigen ja das Bild von Knochen, die eben nach Jahren auf der Erdoberfläche zusammengetragen wurden. Man findet eben keine ganzen Leichname in ihnen.

*Mehrere gängige Übersetzungen übersetzen die scrobes mit 'Martergruben' (Church/Brodribb: torture-pits; Sontheimer: Martergruben), einen eigentlichen Grund dafür sehe ich bei Tacitus allerdings nicht.
 
Guten Abend,

Wenn man nun eine ähnliche Liste für die Fundplätze rund um Kalkriese machte, wie Hermundure hier, würde das allerdings den Rahmen eines Beitrags sprengen, allein, wenn man die Funde des Obereschs hier einzeln auflisten wollte, hinzu kämen Venne, Engter, Schwagstorf und der gesamte Raum dazwischen.

DAS ist der springende Punkt - es gibt keine Germanicuszeitlichen Funde um Kalkriese - schon gar keine Münzfunde. Am Opfermoor von Oberdorlar wurden zur frühesten Kaiserzeit ebenfalls Menschen geopfert. Es soll sich dabei um Chatten gehandelt haben, welche von den Hermunduren geopfert wurden (alte Theorie). Das keramische Fundmaterial aus den Gruben ist rhein-weser-germanisch und nicht elbgermanisch. Die aufgefundene Gebrauchskeramik zeigt Verbindungen nach Hessen, Nordwestdeutschland, in die Rhön und in das südöstliche Gebiet des Harzes. Somit scheiden die Hermunduren aus. Schädel wurden zerschmettert, Gliedmaßen getrennt und wiesen teilweise Schnittspuren auf (Schwerthiebe durch vorherigen Kampf?). Opfergruben oder Martergruben gibt es nicht nur in Kalkriese. Die früheren DDR Archäologen gingen damals von Kannibalismus aus, was mittlerweile ausgeschlossen wird. Die Körperteile wurden eher für kultische Zwecke genutzt.

Wenn ich es Recht in Erinnerung habe, wurden die Tribunen und Centurionen nach der Varus-Schlacht in den benachbarten Hainen geopfert laut Tacitus. Es stellt sich die Frage was mit BENACHBART gemeint ist. Stammesmäßig oder entfernungsmäßig ???

"In den benachbarten Hainen standen die Altäre der Barbaren, an denen sie die Tribunen und die Centurionen der ersten Rangstufe geschlachtet hatten."

Tacitus Ann. I-61

Altäre und geopferte Leichenteile habe ich in Oberdorlar - in Kalkriese jedoch nicht.

Grüße
 
Was meinst Du mit "stammesmäßig"? Da die Altäre bei der Inspektion des Schlachtfeldes gefunden wurden, müssen die Haine entfernungsmäßig nahegelegen sein.
 
Altäre und geopferte Leichenteile habe ich in Oberdorlar - in Kalkriese jedoch nicht.

Grüße

Warum sollte man eigentlich alles, was in Bezug auf die Varusschlacht so überliefert ist, zwingend in dem doch relativ begrenzten Gebiet von Kalkriese finden müssen? Es geht doch auch aus den Schriftquellen hervor, dass sich das ganze Drama in einem durchaus größeren geographischen Rahmen abgespielt hat.
 
Guten Abend,



DAS ist der springende Punkt - es gibt keine Germanicuszeitlichen Funde um Kalkriese - schon gar keine Münzfunde.

Dann wäre das aber auch ein Argument gegen Kalkriese als Schauplatz einer Schlacht während der Germanicusfeldzüge, oder?

Und sollte man bei den Feldzügen des Germanicus nicht grundsätzlich mehr germanicuszeitliche Funde erwarten als wenn es sich bei Kalkriese "nur" um den Besuch des Schlachtfeldes des Varus handelt?

Es müsste doch schon einen Unterschied darstellen, ob sich auf dem Varusschlachtfeld nur Legionäre rumtrieben bei der Bestattungsaktion oder ob dort Germanicuszeitlich aktiv gekämpft wurde?

Zu welcher zeitlichen Einschätzung müsste man den für Kalkriese kommen, wenn man nur und ausschließlich die archäologischen Funde betrachtet und die schriftliche Überlieferung komplett ignoriert?
 
Dann wäre das aber auch ein Argument gegen Kalkriese als Schauplatz einer Schlacht während der Germanicusfeldzüge, oder?

So ist es. Gehe ich rein vom archäologischen und numismatischen Material aus, so würde bisher nur das von Sueton überlieferte Gefecht des Tiberius 11 n. Chr. in Frage kommen. Vor allem der aufgefundene Gegenstempel des Tiberius auf einem Lugdunum I As spricht dafür - denn den gleichen Stempeltyp gibt es auch auf einem As des Augustus RIC 471 (11-12 n. Chr.). Da dieser Stempel aber in den Münzfunden von Waldgirmes und Haltern nicht vorkommt, uns aber das Fälldatum des Holzes für die Leiter 9/10 n. Chr. aus Waldgirmes vorliegt, muss folglich Kalkriese später sein.

TIB 193.13-24 A 360 As 5,4 3 4 3 (112) Kalkriese Osnabrück; Berger 1996a, Fst. 83 FNr. B89:28 A 1708

Grüße
 
So ist es. Gehe ich rein vom archäologischen und numismatischen Material aus, so würde bisher nur das von Sueton überlieferte Gefecht des Tiberius 11 n. Chr. in Frage kommen.

Auch wenn du es stakkatohaft wiederholst: Sueton überliefert gar kein Gefecht für 11 n. Chr.
Die Überlieferungslage ist die, dass Tiberius 10 die Rheingrenze sicherte und 11 nur einen geringen Vorstoß über den Rhein wagte. Von militärischen Auseinandersetzungen ist nicht die Rede, nur von einem vereitelten Mordanschlag im Lager. Im Übrigen widerspricht der Kalkrieser Befund explizit dem Text Suetons, der davon berichtet, dass Tiberius sehr auf die Beschränkung von Gepäck geachtet und aus Luxuswaren und Möbel verzichtet habe. Genau dieses Fundgut hat man aber in Kalkriese. Deine Schlussfolgerungen stehen Sueton diametral gegenüber.
 
es gibt keine Germanicuszeitlichen Funde um Kalkriese - schon gar keine Münzfunde.

Ich finde deine 180°-Wendung diesbezüglich ja immer noch bemerkenswert.
Vor nicht allzulanger Zeit wolltest du die Varusschlacht noch mit einem 90 km entfernt gefundenen Capricorn widerlegen, welches einer Caecina und damit Germanicus unterstellten Legion zuzuordnen sei, seit einigen Monaten nun das Gegenteil. Weil es kein germanicuszeitl. Funde gäbe, könne es nicht die Varusschlacht sein. Ich wiederhole mich: das ist schizo!
Und wer garantiert, dass du, fünde man in Kalkriese etwa eine germanicuszeitl. Münze nicht wieder umschwenken würdest?
Im übrigen: wenn du ernsthaft davon überzeugt wärest, dass der von dir nach Berger zitierte Tiberius-Gegenstempel nicht aus Tiberius' Anwesenheit in Germanien 4 stammte sondern erst aus der 9-11, dann wäre dieser doch der Beleg für eine Anwesenheit des Germanicus auf dem Varusschlachtfeld, oder nicht? Oder schwenkst du jetzt wieder um und sagst, wenn ein germanicuszeitlicher Fund in Kalkriese gefunden wurde, ist das der eindeutige Beleg gegen Varus? Hättest du damit dann die 360° vollzogen oder wärest du die 180° wieder zurück?
 
Was die Haindiskussion angeht: Völlig gleichgültig, ob wir mit Kalkriese das Varusschlachtfeld oder einen Teil davon haben, oder nicht, die benachbarten Haine des taciteischen Berichts sind eindeutig räumlich benachbarte Haine. Es handelt sich um einen komprimierten, wenn auch steigerungsmäßig dramatisch angelegten Bericht von der Begehung des Schlachtfeldes. Die Erwartung von Altären im archäologischen Befund ist doch etwas weltfremd.
 
Wenn ich es Recht in Erinnerung habe, wurden die Tribunen und Centurionen nach der Varus-Schlacht in den benachbarten Hainen geopfert laut Tacitus. Es stellt sich die Frage was mit BENACHBART gemeint ist. Stammesmäßig oder entfernungsmäßig ???

"In den benachbarten Hainen standen die Altäre der Barbaren, an denen sie die Tribunen und die Centurionen der ersten Rangstufe geschlachtet hatten."


Benachbart sind auf jeden Fall die Haine. Und wozu sie benachbart sind, erfährt man, wenn man den Satz liest, der davor steht. Da wird nämlich die Begehung des Schlachtfeldes beschrieben, mit bleichenden Knochen, Bruchstücken von Waffen, Gliedmaßen von Pferden und Köpfen, die an Baumstämme geheftet waren.

... medio campi albentia ossa, ut fugerant, ut restiterant, disiecta vel aggerata. Adiacebant fragmina telorum equorumque artus, simul truncis arborum antefixa ora. Lucis propinqui barbarae arae, apud quas tibunos ac primorum ordinum centuriones mactaverant.

Die einzigen Stämme, die dort erwähnt werden, sind Baumstämme.
"Stammesmäßig" können die Haine also höchstens zu den Baumstämmen auf dem Schlachtfeld benachbart sein.

EDIT:
Um die klare Aussage des Tacitus zu verunklaren, gäbe es allerdings noch eine andere Möglichkeit: http://www.geschichtsforum.de/f28/k...ht-zweifelhaft-22738/index195.html#post725029
 
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Warum sollte man eigentlich alles, was in Bezug auf die Varusschlacht so überliefert ist, zwingend in dem doch relativ begrenzten Gebiet von Kalkriese finden müssen? Es geht doch auch aus den Schriftquellen hervor, dass sich das ganze Drama in einem durchaus größeren geographischen Rahmen abgespielt hat.

Vielen Dank für diesen Beitrag tela! :winke:

So ganz allmählich sollte diese Frage durchaus in den Vordergrund treten.
Die einen vermissen den tumulus, den Germanicus hat anlegen lassen, für andere ist die Anzahl der gefundenen Knochen in den Gruben zu wenig. Dann gibt es keine nachvarianischen Münzen und überhaupt in der Nähe von Kalkriese müßte doch das Sommerlager sein. Und natürlich ist lt. Tacitus und seinem haud procul Kalkriese viel zu weit weg vom Gebiet zwischen Ems und Lippe.

Der Befund in Kalkriese (Knochengruben, keine nachvarianischen Münzen, ein wertvoller Tross etc. etc.) lassen eigentlich keinen großen Zweifel aufkommen, daß es sich hier um einen Teil der Varusschlacht handelt. Der Gesamtbefund hält meiner bescheidenen Meinung nach einer Datierung um 15/16 n.Chr. überhaupt nicht stand.

Aber die gesamte Schlacht dauerte drei(?) oder auch vier(?) Tage. Wo war der Ausgangspunkt? Da käme durchaus die lippische Theorie noch infrage - warum nicht? Und wer sagt denn, das die Hauptkämpfe der Schlacht in Kalkriese stattgefunden haben - und nicht schon vorher? Zunächst gab es hinsichtlich des Oberesch die Vermutung, daß dort die Hauptkämpfe stattgefunden haben und zwar am Wall. Heute muß man einräumen, das dort offensichtlich Plünderungsgegenstände gesammelt und direkt verschrottet wurden.

Ich denke, das Kalkriese sicherlich mit der Varusschlacht in Verbindung gebracht werden muß. Von der Theorie, daß Kalkriese der Hauptort der Schlacht war, muß man sich vieleicht verabschieden. Es ist wohl nur ein Ort vieler Kämpfe und nicht der Hauptort.

Nochmal als Fazit:
Der Gesamtbefund in Kalkriese hält einer Datierung 15/16 n.Chr. in keinster Weise stand!
 
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Die einen vermissen den tumulus, den Germanicus hat anlegen lassen
... und der schon seit 2000 Jahren "vermisst" wird, weil ihn die Germanen bald darauf wieder zerstört haben.

Und natürlich ist lt. Tacitus und seinem haud procul Kalkriese viel zu weit weg vom Gebiet zwischen Ems und Lippe.
Das ist aber schon ein ernstzunehmendes Argument.

Aber die gesamte Schlacht dauerte drei(?) oder auch vier(?) Tage. Wo war der Ausgangspunkt? Da käme durchaus die lippische Theorie noch infrage - warum nicht?
Warum nicht? Dafür sehe ich zwei Gründe:

1. Das Heer marschierte (laut Cassius Dio) bestenfalls drei Tage, am vierten wurde es aufgerieben. Es hatte einen (zunächst noch großen) Tross im Schlepptau, Zivilisten, (immer mehr) Verwundete. Es marschierte nicht auf gut ausgebauten Straßen, sondern musste sich seinen Weg durch z. T. schwieriges Gelände bahnen. Dabei wurde es täglich attackiert. Was schätzt Du, wie viele Kilometer es pro Tag vorwärts gekommen sein mag?

2. In welche Richtung sollte denn das Heer marschiert sein? Von Kalkriese Richtung Detmold oder von von Detmold Richtung Kalkriese? Weder das eine noch das andere ergibt einen Sinn. Sollte Varus nicht versucht haben, sich Richtung Rhein durchzuschlagen?
 
Ich finde deine 180°-Wendung diesbezüglich ja immer noch bemerkenswert.
Vor nicht allzulanger Zeit wolltest du die Varusschlacht noch mit einem 90 km entfernt gefundenen Capricorn widerlegen, welches einer Caecina und damit Germanicus unterstellten Legion zuzuordnen sei, seit einigen Monaten nun das Gegenteil. Weil es kein germanicuszeitl. Funde gäbe, könne es nicht die Varusschlacht sein. Ich wiederhole mich: das ist schizo!
Und wer garantiert, dass du, fünde man in Kalkriese etwa eine germanicuszeitl. Münze nicht wieder umschwenken würdest?
Im übrigen: wenn du ernsthaft davon überzeugt wärest, dass der von dir nach Berger zitierte Tiberius-Gegenstempel nicht aus Tiberius' Anwesenheit in Germanien 4 stammte sondern erst aus der 9-11, dann wäre dieser doch der Beleg für eine Anwesenheit des Germanicus auf dem Varusschlachtfeld, oder nicht? Oder schwenkst du jetzt wieder um und sagst, wenn ein germanicuszeitlicher Fund in Kalkriese gefunden wurde, ist das der eindeutige Beleg gegen Varus? Hättest du damit dann die 360° vollzogen oder wärest du die 180° wieder zurück?

Guten Morgen ELQ,

bis vergangenen Jahres bin ich auch noch von Caecina in Kalkriese ausgegangen. Das wurde von mir auch nicht bestritten. Jedoch kamen einige neue Komponente für mich hinzu, was alles auf den Kopf stellte. So waren zum einen mir die Fundmünzen vom Brandhorizont in Köln nicht bekannt. Das LDA Halle war daraufhin so freundlich und besorgte mir den Artikel von Johannes Heinrichs. Dann wurden mir die Ergebnisse der Prospektionen mit den Fundmünzen an der Elbe bei Stendal mitgeteilt. Daraufhin habe ich mich über das Archiv auf die Suche nach weiteren Fundplätzen gemacht und bin fündig geworden. Das Ergebnis ist meine Karte. Diese ist linear und weist keine(!) Ausreißer auf.

Den Tiberiusstempel gibt es weder in Anreppen, Haltern noch in Waldgirmes. Somit scheidet eine frühere Einstempelung aus.

Es ist doch schön, wenn neue Funde immer wieder hinzu kommen. Wichtig ist, dass die neuen Funde publiziert werden und man sich ggf. von alten Theorien dann auch lösen kann. Das können nicht viele, da sie dann mit ihrem Ego ein Problem bekommen. Ich habe damit kein Problem. Es gehört zur Wissenschaft dazu das alte Erkenntnisse durch neue ersetzt werden - nichts Neues in der Archäologie. Archäologie ist veränderlich und kein starres Gebilde.

Grüße
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist doch schön, wenn neue Funde immer wieder hinzu kommen. Wichtig ist, dass die neuen Funde publiziert werden und man sich ggf. von alten Theorien dann auch lösen kann. Das können nicht viele, da sie dann mit ihrem Ego ein Problem bekommen. Ich habe damit kein Problem. Es gehört zur Wissenschaft dazu das alte Erkenntnisse durch neue ersetzt werden - nichts Neues in der Archäologie.

Da bin ich ganz bei dir. Aber die Verabsolutierung einer Hand voll Münzen und ein paar Waffenresten und die Bagatellisierung bzw Ignorierung von den in die Zehntausende gehenden Funden von Kalkriese, davon allein 1600 Münze haben nicht unbedingt etwas mit einer wissenschaftlichen Haltung zu tun.
 
Hallo ELQ,

das die Funde in die Tausende gehen wird von mir auch nicht angezweifelt. Durch die Gegenstempel TIB 193-13/24 und CA 58 auf 2 Lugdunum I Assen in Kalkriese haben wir aber zwei Münzen, welche nun mal späteren Datums sind. Das Dendro-Datum der Holzleiter Winter 9/10 n. Chr. in Waldgirmes ist der ausschlaggebende Punkt. Es liegen bei den Fundmünzen aus Waldgirmes ja Gegenstempel vor - nur sind diese beiden nicht mit dabei. Ergo bleibt nur entweder früher oder später. Früher kann jedoch ausgeschlossen werden, da von den vielen Münzfunden aus Anreppen (Dendro-Datum 5 n. Chr.) und Haltern diese Gegenstempel ebenfalls fehlen. Zudem gibt es aus Haltern 2 Augenfibeln mit durchbrochenem Nadelhalter, welche bezüglich des Nadelhalters den Laténestil noch nachahmen. In Kalkriese ist der Nadelhalter der aufgefundenen Augenfibel jedoch schon geschlossen. Während die Münzen absolut sind, kann es sich bei den Augenfibeln aus Haltern und Kalkriese um lokale Phänomene handeln. Das will ich nicht ausschließen.

Grüße
 
Warum nicht? Dafür sehe ich zwei Gründe:

1. Das Heer marschierte (laut Cassius Dio) bestenfalls drei Tage, am vierten wurde es aufgerieben. Es hatte einen (zunächst noch großen) Tross im Schlepptau, Zivilisten, (immer mehr) Verwundete. Es marschierte nicht auf gut ausgebauten Straßen, sondern musste sich seinen Weg durch z. T. schwieriges Gelände bahnen. Dabei wurde es täglich attackiert. Was schätzt Du, wie viele Kilometer es pro Tag vorwärts gekommen sein mag?

2. In welche Richtung sollte denn das Heer marschiert sein? Von Kalkriese Richtung Detmold oder von von Detmold Richtung Kalkriese? Weder das eine noch das andere ergibt einen Sinn. Sollte Varus nicht versucht haben, sich Richtung Rhein durchzuschlagen?

Lt. Befund in Kalkriese kamen die Römer aus östlicher, bzw. südöstlicher Richtung. Und die lippische Theorie umfasst natürlich ein größeres Gebiet als nur Detmold. Zumindest kann man m.E. diese Theorie noch ehesten mit dem Ereignis verbinden - eher als die Münsterlandtheorie oder die Sauerlandtheorie. Hinzu kommt, das Varus vom "rechten Weg" abgekommen ist, denn er wollte einen Aufstand weiter im Norden niederschlagen. Unbekannt ist, ob er sofort Richtung Norden aufgebrochen ist, oder erst später. Und wie lange konnte er zunächst unbehelligt seines Weges ziehen? Und hat es später lt. Dio nicht auch einen Nachtmarsch gegeben? Aber ich will mich garnicht auf diese Lippe-Theorie versteifen.

Im Übrigen halte ich das haud procul Argument für nicht sehr stark. Die Worte beziehen sich nunmal nicht auf das Schlachtfeld direkt, sondern auf ein Gebiet namens saltus teutoburgensies worin sich das Schlachtfeld befand.
 
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