Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Huhu,

nochmal dazu, dass Tacitus mit seinem "haud procul" von Lippe/Ems zu weit von Kalkriese weg sei usw.
(Ich habe mir auch den thread zu "haud procul" angesehen.)

Ich denke, "jein".
- Ja nur, wenn man davon ausgeht, dass Kalkriese der einzige/eigentliche/zentrale Ort der Varusschlacht gewesen sein sollte (was ich persönlich für unwahrscheinlich halte).

- Nein, falls das mehrtägige Schlachtereignis eben schon sehr, sehr viele Kilometer süd- bzw. südöstlich von Kalkriese begann und in Kalkriese eben nur am letzten Tag die Reste des arg dezimierten römischen "Heerzugs" ihr Ende fanden.
Dafür dass die Römer, die in Kalkriese aufgerieben wurden, von Süd-Osten gekommen sein dürften, sprechen die vielen Funde entlang der östlichen Ausläufer des Kalkrieser Bergs. Spätestens ab Ostercappel lässt sich der Weg recht gut nachvollziehen. Und von dort bis zur Hauptausgrabungsstelle sind es rund 10 Kilometer Fußweg.

Jetzt aber zu Tacitus und seinem "haud procul".:
Es ist klar, dass wir heute nicht sicher sein können, wo sich Germanicus befand als er entschied, dass er das "haud procul" gelegene Schlachtfeld besuchen will.
Aber Tacitus schreibt (habe leider nur die dt. Übersetzung), dass Germanicus sein Heer weiter bis zu den äußersten Grenzen der Bructerer in das ganze Gebiet zwischen Ems und Lippe führte (von wo es nicht weit zum Schlachtfeld wäre).
Wenn man "weiter" und "äußerste Grenzen der Bructerer" aus "römischer" Sicht, d. h. vom Rhein her kommend interpretiert, so ist wohl eher die östliche bzw. nördliche "Stammesgrenze" als ein weiter westlich gelegener Ort gemeint. - Warum nicht eine Region in der Nähe der Oberläufe von Ems und Lippe?

Ich nehme das für ein Gedankenexperiment mal an, dass es so sei.
Ok, wilde Spekulation:
Spätsommer 15 n. Chr. - Germanicus hat die römischen Truppen in verschiedenen Abteilungen ins Stammesgebiet der Bructerer geschickt, wo die Römer einige Zeit lang ordentlich gewütet haben. Von den Bructerern selbst wird wohl kaum noch großer Widerstand zu erwarten sein. Weiter zeigt sich niemand, den er aktuell überfallen könnte.
Er selbst ist mit seinem Heerteil von Westen her kommend in der Region zwischen den Oberläufen von Lippe und Ems angekommen - vielleicht eher im nördlichen Teil zwischen den Flüssen. Da wird zunehmend erzählt, dass die Überreste der Varuslegionen "nicht weit von hier" liegen. Er fragt nach der Entfernung und erhält zur Antwort: " Och, so ein bis anderthalb Tagesmärsche." (Gemeint ist damit aber nur der Teil der Schlacht, der am nächsten liegt.)
Er beschließt: OK, wenn das so ist, will ich da hin.

Wenn er sich von dort nun nach Norden wendet, ist er in ein bis anderthalb Tagesmärschen durchaus im Bereich des heutigen Teutoburger Waldes (aber eben eher in der Ecke um Bielefeld/Steinhagen als um Detmold.)
Wahrscheinlich trifft man dort irgendwo auf Schlachtreste des ersten(?) Tages. Diejenigen, die sich auskennen, da sie irgendwie davongekommen sind, meinen: "Hier war nur der Beginn, das wurde immer schlimmer, je weiter wir nach Westen wollten. " Man folgt jetzt dem damaligen Weg des Varus-Heerzugs quasi chronologisch von Osten nach Nord-Westen. An Stellen, an denen sehr viele unbestattete Sklette herumliegen, bestattet man sie und legt dabei unter anderem auch den vieldiskutierten Tumulus an. Da sich das Schlachtfeld über sehr viele Kilometer erstreckt und das Schlachten-Sightseeing wohl ebenfalls mindestens drei bis vier Tage dauerte, wird man neben dem repräsentativen Tumulus auch viele einfache Flachgräber angelegt haben, u. a. wohl auch auf dem heutigen Ausgrabungsgelände.

Es ist sicher die Frage, wie weit die Varus-Truppen + Tross tatsächlich in drei Tagen Marsch mit ständigen Angriffen kamen. Von Bielefeld bis zum Museumspark Kalkriese sind es knapp 60 Kilometer Fußweg. Für ein geübtes Heer ist das unter "normalen Umständen" locker zu packen - aber unter den den Umständen der Varusschlacht?
Was hier zusätzlich bedacht werden muss (und weshalb ich es nicht für unwahrscheinlich halte) ist, dass der Heerzug des Varus selbst - zumindest zu Beginn - sehr viele Kilometer umfasst haben muss. Wie lang erstreckt sich ein Heerzug von ca. 20.000 Leuten, die in ungeeignetem Gelände mehr hinter- als nebeneinander marschieren können? 10 Km, 15 km oder noch mehr?
Schon wenn man von 10 km ausgeht, war die Vorhut bereits zwei Stunden unterwegs als die letzten losliefen.
Wenn man nun davon ausgeht, dass anfangs wohl nicht gerade die Vorhut und außerdem nicht der gesamte Zug ständig als Ganzes angegriffen wurde, so können durchaus ganz unterschiedliche Geschwindigkeiten und Marschleistungen einzelner Abschnitte möglich sein (gerade bei zunehmender Panik und Auflösung in den letzten Tagen).
Also ich persönlich halte es schon für möglich, dass sich das ganze Schlachtgeschehen über mind. 50 - 60 km Strecke verteilt haben könnte.

Falls in Kalkriese am Ende nur dem "schnelleren" Rest der 'ömer der Garaus gemacht wurde, halte ich es nicht für unwahrscheinlich, dass die ersten Angriffe (eher auf die Nachhut bzw. Teile weiter hinten im Zug) bereits in einer Ecke standfanden, die durchaus mit dem "haud procul" des Tacitus in Einklang zu bringen sein könnte.

Ist - wie geschrieben - nur ein Gedankenexperiment.
So, nun nehmt mich auseinander ;)

Nur mal so
VG
Nemetona
 
Lt. Befund in Kalkriese kamen die Römer aus östlicher, bzw. südöstlicher Richtung. Und die lippische Theorie umfasst natürlich ein größeres Gebiet als nur Detmold. Zumindest kann man m.E. diese Theorie noch ehesten mit dem Ereignis verbinden - eher als die Münsterlandtheorie oder die Sauerlandtheorie. Hinzu kommt, das Varus vom "rechten Weg" abgekommen ist, denn er wollte einen Aufstand weiter im Norden niederschlagen. Unbekannt ist, ob er sofort Richtung Norden aufgebrochen ist, oder erst später. Und wie lange konnte er zunächst unbehelligt seines Weges ziehen?

Letzteres ist ist unerheblich. Wir wollen wissen, von wo bis wo sich die Varusschlacht hingezogen haben könnte.

Wir rechnen von dem Zeitpunkt an, wo Varus' germanische Begleiter, die angeblich "die verbündeten Kontingente" zur Niederschlagung des angeblichen Aufstands hatten holen wollen, sich als Feinde outeten und die Römer angriffen.
Zu diesem Zeitpunkt muss Varus klar geworden sein, dass er in die Falle getappt war. Wo wollte Varus denn hin, nachdem ihm das klar geworden war?

Von diesem Zeitpunkt an wurde jedenfalls keine drei Tage mehr durchmarschiert.
Nach dem ersten Angriff schlugen die Römer an Ort und Stelle - jedenfalls am nächstbesten halbwegs geeigneten Ort - ein Lager auf.
Am nächsten Tag wurde in etwas besserer Ordnung marschiert, doch gab es auch an diesem Tag blutige Verluste.
Am dritten (?) Tag gerieten sie wieder in Wälder und erlitten die schwersten Verluste.
Am letzten Tag wurden die bereits stark dezimierten Truppen vollends aufgerieben.


Und hat es später lt. Dio nicht auch einen Nachtmarsch gegeben?
Meinst Du mit dem späteren "Nachtmarsch" den nächtlichen Ausbruch aus dem belagerten Kastell? Da war Varus nicht mehr dabei.
 
Sueton überliefert gar kein Gefecht für 11 n. Chr.
Die Überlieferungslage ist die, dass Tiberius 10 die Rheingrenze sicherte und 11 nur einen geringen Vorstoß über den Rhein wagte. Von militärischen Auseinandersetzungen ist nicht die Rede, nur von einem vereitelten Mordanschlag im Lager.

Und dieser fand laut Sueton erst nach Beendigung der ganzen Aktion (re prospere gesta) statt.

"Doch wäre er nach glücklicher Beendigung des Feldzuges beinahe von einem Brukterer ermordet worden, der sich unter seine nächste Umgebung gemischt, aber durch sein scheues Benehmen verraten hatte, worauf ihm dann das Geständnis der beabsichtigten Frevelthat durch die Folter erpreßt wurde. " http://gutenberg.spiegel.de/buch/kaiserbiographien-8675/5

Cassius Dio 56,25 macht klar, dass Tiberius sich
a) nicht weit vom Rhein entfernte und
b) keine Schlacht mit den Germanen lieferte.

"Unter dem Konsulat des Marcus Aemilius und Statilius Taurus [11 n. Chr.] fielen Tiberius und Germanicus, letzterer in der Stellung eines Proconsuls, in Germanien ein und verheerten einige Landesteile, konnten jedoch, da sich niemand mit ihnen in eine Schlacht einließ, keinen Sieg erringen und auch keinen Stamm unterwerfen. Denn aus Furcht, eine neue Katastrophe zu erleiden, rückten sie nicht eben weit über den Rhein vor, sondern blieben bis in den Herbst hinein an Ort und Stelle und kehrten erst, nachdem sie den Geburtstag des Augustus gefeiert und dabei unter Leitung der Centurionen ein Pferderennen abgehalten hatten, nach Hause zurück." (Übersetzung Otto Veh)

Der "Feldzug" bestand offensichtlich darin, dass Schneisen geschlagen, Äcker verwüstet und Häuser verbrannt wurden. Auch nach Velleius kann keine ernsthafte Feindberührung stattgefunden haben, denn er legt Wert auf die Feststellung, dass Tiberius keinen einzigen Mann verloren habe:

"Er drang ins Landesinnere ein, öffnete Schneisen, verwüstete Äcker, verbrannte Häuser, zerstreute diejenigen, die ihm im Wege waren und kehrte mit größtem Ruhm, vollzählig mit allen, die er hinübergeführt hatte, ins Winterlager zurück."


 
Genau darum gehts.

Entweder haben die Spezialisten ihr Handwerkszeug mitgenommen - oder (man ja nicht, ob man in der Nähe des Schlachtfeldes einen geeigneten Steinbruch findet) man hat die kunstvollen Platten gleich mitgenommen:

Oder keins von beidem und man hat einfach pietätvoll dekoriert. Blümchen, ein Lied und fromme Sprüche, so was in der Art.
Die Debatte würde doch nur dann Sinn machen wenn das Nichtauffinden dieses Hubbels noch irgend etwas anderes bedeuten würde als dass man ihn nicht gefunden hat. Weil z.B. jetzt ein Möbelmarkt da steht wo die Reste sein müssten.
 
Soldaten fallen nicht vom Himmel. Armeen funktionieren überall ähnlich. Die Soldaten werden heimatnah rekrutiert, kommen dann in Auffanglager, bekommen dort ihren ersten Schliff und dann geht es in die Garnisonen.Dort werden Soldat und Einheit geformt, erst dann geht es auf Expedition ins Feindesland.

Wobei du hier einen Idealzustand beschreibst, der - sei es aus der Not, sei es aufgrund anderer Rekrutierungsarten - durchaus auch ganz anders ausgesehen haben kann.
Für unseren Thread und die Rømer jener Tage dürfte das aber freilich zugetroffen haben.

Gruss, muheijo
 
Guten Tag zusammen,

@ ELQ,

Wilhelm Capelle übersetzt die Sueton Passage wie folgt - siehe Anhang. Und für proelium sagt meine Langenscheid-Ausgabe 2014 immer noch "Kampf, Schlacht" auf S. 734. Im Pons Latein online steht "Schlacht, Treffen, Gefecht". Somit ist die Übersetzung von W. Capelle korrekt.

Wilhelm Capelle "Das alte Germanien" Ausgabe 1937

Grüße
 

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Münzen können in einem solchen Fall sehr nützliche Hilfen sein - siehe Anhang. Es kann also davon ausgegangen werden, dass jener Altar des Ahenobarbus ungefähr ebenso aussah. Und jener Altar wurde auch nur bei einem Feldzug gefertigt.

@ Sepiola,

wenn ich bespasst werden will, dann gehe ich ins Steintor-Varieté nach Halle.
 

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Und dieser fand laut Sueton erst nach Beendigung der ganzen Aktion (re prospere gesta) statt.

"Doch wäre er nach glücklicher Beendigung des Feldzuges beinahe von einem Brukterer ermordet worden, der sich unter seine nächste Umgebung gemischt, aber durch sein scheues Benehmen verraten hatte, worauf ihm dann das Geständnis der beabsichtigten Frevelthat durch die Folter erpreßt wurde. " http://gutenberg.spiegel.de/buch/kaiserbiographien-8675/5

Cassius Dio 56,25 macht klar, dass Tiberius sich
a) nicht weit vom Rhein entfernte und
b) keine Schlacht mit den Germanen lieferte.

"Unter dem Konsulat des Marcus Aemilius und Statilius Taurus [11 n. Chr.] fielen Tiberius und Germanicus, letzterer in der Stellung eines Proconsuls, in Germanien ein und verheerten einige Landesteile, konnten jedoch, da sich niemand mit ihnen in eine Schlacht einließ, keinen Sieg erringen und auch keinen Stamm unterwerfen. Denn aus Furcht, eine neue Katastrophe zu erleiden, rückten sie nicht eben weit über den Rhein vor, sondern blieben bis in den Herbst hinein an Ort und Stelle und kehrten erst, nachdem sie den Geburtstag des Augustus gefeiert und dabei unter Leitung der Centurionen ein Pferderennen abgehalten hatten, nach Hause zurück." (Übersetzung Otto Veh)

Der "Feldzug" bestand offensichtlich darin, dass Schneisen geschlagen, Äcker verwüstet und Häuser verbrannt wurden. Auch nach Velleius kann keine ernsthafte Feindberührung stattgefunden haben, denn er legt Wert auf die Feststellung, dass Tiberius keinen einzigen Mann verloren habe:

"Er drang ins Landesinnere ein, öffnete Schneisen, verwüstete Äcker, verbrannte Häuser, zerstreute diejenigen, die ihm im Wege waren und kehrte mit größtem Ruhm, vollzählig mit allen, die er hinübergeführt hatte, ins Winterlager zurück."



Wenn sich all diese Quellen auf den gleichen Feldzug beziehen und das ganze offenkundig zum einen eher den Charakter einer Machtdemonstration besaß als den eines richtigen großen Feldzuges, zudem aber nicht weit vom Rhein entfernt stattfand, dann stellt sich schon die Frage, ob damit eine Schlacht in Kalkriese passt. Zumindest ist Kalkriese sicherlich nicht in Rheinnähe.

Und ob man augusteische Münzen so punktgenau datieren kann, dass man sagen kann, es ist nicht mehr 9 n., sondern genau 11 n. Chr., das müssen andere beurteilen.
 
natürlich. Aber vergessen wir nicht, dass die Legion jeden Tag einen Lagergraben und einen Erdwall anlegte und man diese Erdarbeit rein kubikmetermäßig auch an einem Tumulus erwarten könnte.

Richtig.
Aber dann sollte man einem "Germanenheer" unter Führung des Arminius, welches zahlenmäßig offensichtlich in der Lage war sich einem römischen Heer bestehend aus acht Legionen entgegenzustellen auch durchaus zutrauen einen solchen tumulus auch wieder zu zerstören.
 
Richtig.
Aber dann sollte man einem "Germanenheer" unter Führung des Arminius, welches zahlenmäßig offensichtlich in der Lage war sich einem römischen Heer bestehend aus acht Legionen entgegenzustellen auch durchaus zutrauen einen solchen tumulus auch wieder zu zerstören.
Wenn es eine Vertiefung unter dem Tumulus gab, ist diese heute noch genau so nachweisbar, wie ein Lagergraben nach der Einebnung des Walls.
 
Und für proelium sagt meine Langenscheid-Ausgabe 2014 immer noch "Kampf, Schlacht" auf S. 734. Im Pons Latein online steht "Schlacht, Treffen, Gefecht". Somit ist die Übersetzung von W. Capelle korrekt.

An der Übersetzung "Gefecht" ist nichts auszusetzen. Der Stelle ist zu entnehmen, dass Tiberius zum Gefecht entschlossen war. Mehr nicht.

Und da trifft sich Sueton mit Velleius Paterculus, der dasselbe schreibt: Tiberius "wurde nach Germanien entsandt; er festigte die gallischen (Provinzen), verteilte die Truppen, verstärkte die Besatzungen, und - sich an seiner eigenen Größe messend, nicht am Selbstvertrauen der Feinde, die Italien mit einem Kimbern- und Teutonenfeldzug drohten - überschritt obendrein mit dem Heer den Rhein. Er ging offensiv vor, wo sein Vater und das Vaterland sich mit der Defensive begnügt hatten. Er drang ins Landesinnere ein, öffnete Schneisen, verwüstete Äcker, verbrannte Häuser, zerstreute diejenigen, die ihm im Wege waren und kehrte mit größtem Ruhm, vollzählig mit allen, die er hinübergeführt hatte, ins Winterlager zurück."

Im Übrigen frage ich mich dann, aus welchen Materialien die Altäre für Drusus und Augustus (Ahenobarbus an der Elbe) in Germanien bestanden haben. Mit Sicherheit nicht aus Holz...

Warum eigentlich nicht?

Altäre konnten aus vergänglichen Materialien für eine begrenzte Zeit bestehen, als portable Objekte temporär aufgestellt und an verschiedenen Orten eingesetzt oder in dauerhaftem Baumaterial an einem festen Platz errichtet werden, auf eine besondere topographische Situation, wie eine Felsformation zurückgehen oder aus den aufgehäuften Resten des Opfers selbst erwachsen. Die lateinische Bezeichnung „ara“ für Altar lässt sich von dem altlateinischen Begriff für „brennen“ oder „glühen“ ableiten und beschreibt zunächst nur die Handlung und nicht die formale Gestalt (s. Beitrag von J. Scheid). In den schriftlichen Quellen findet sie ebenso für Feuer- und Herdstellen, wie auch für Altarsteine und Felsaltäre, Altäre aus Erde, Rasensoden oder Feldsteine, gemauerte Altäre, Ziegel- und Quaderaltäre viereckiger Form, viereckige Altäre mit Architekturformen, Rundaltäre, Altaraufsätze, monumentale Altäre, tragbare Altäre und Scheiterhaufen Verwendung. Mit der Etablierung einer spezifischen Altarform im späten 1. Jh. v. Chr., die offenbar geeigneter empfunden wurde, wird das zentrale religiöse Element auch als Ausdrucksform, als Monument und Denkmal, benutzt (s. Beitrag von C. Berns). Die Monumente sind nun in unterschiedlichen sakralen Kontexten, selbst im Grabkult belegt (s. Beitrag von M. Scholz).
http://www.likias.de/pdf/23-9817006-2-6.pdf


siehe auch:
Reallexikon der Germanischen Altertumskunde:

"Fast überall konnten Altäre aus Rasensoden (caespites) errichtet werden."
 
Da irrt Dreyer. Cassius Dio spricht davon, dass man einen Teil der Wagen verbrannte.

Dass Varus' Heer am Ende "keine Reste des Trosses mehr" dabei gehabt haben könne, schreibt Dreyer so nicht, das schreibt Salvus.

Dreyer schreibt ausdrücklich, dass in Kalkriese Teile des Trosses gefunden wurden. Funde wie das Skalpell, den Teil einer Paraderüstung, aber auch den weiblichen Beckenknochen nennt er als Indizien dafür, dass hier "eine Armee, die sich nicht in Feindesland wähnte", besiegt wurde. Und gerade deswegen hält Dreyer eine Datierung der Kalkriese-Funde auf 9 n. Chr. für wahrscheinlicher als auf 10f.:
"Ein umfangreicher Tross, der Frauen, Kinder und Sklaven einschloss, wie ihn Varus nach Cassius Dio in dem festen Glauben, sich in Freundesland zu befinden, mit sich führte, war nach 10 n. Chr. ausdrücklich von Tiberius gerade wegen der Erfahrungen der Varuskatastrophe verboten worden."
 
Und das stimmt eben nicht ganz, wenn man sich die Verwendungen bei Tacitus anschaut. Ungefähr zu gleichen Teilen wird es verwendet für Wegstrecken, die mehr oder weniger in unmittelbarer Nähe liegen (deutlich geringer als 2 - 3 Stunden) und für solche, für die man eine Wegstrecke in dieser Entfernung annehmen kann (wobei ich diese Stundenzahl nicht fix nehmen würde!).

Es gibt aber auch eine Stelle, bei der die Strecke definitiv länger ist als die 2 - 3 Stunden.

Und es gibt die umstrittene in Bezug auf die Varusschlacht. Man könnte jetzt natürlich sagen, wenn man Kalkriese mit "haud procul" ablehnen will, dass Tacitus ja meistens keine längere Strecke damit ausdrückt, das dann also auch bei dem Besuch des Varusschlachtfeldes so gewesen wäre.

Aber können wir das wirklich nur aufgrund der Wahrscheinlichkeit ausschließen?

Ja aber haud procul an dieser Stelle bezieht sich doch garnicht auf das Schlachtfeld an sich, sondern auf ein Gebiet namens saltus teutoburgensies.

Ich glaube, daß ich daß irgendwo innerhalb dieser über 3000 Beiträge schon geschrieben habe.
Aber nochmal:

Wenn ich irgendwem sage:

"Ich befinde mich im südlichen Bayern, unweit der Alpen in denen ja auch das Matterhorn steht."

Würde dieser "irgendwem" dann sagen:

"Mein Bekannter befindet sich am, bzw. in der Nähe des Matterhorns"?

Ich kann mich sogar in den Alpen aufhalten, aber das Matterhorn kann trotzdem nahezu 100 km entfernt sein, oder gar noch mehr.

Fakt ist:
Wir wissen nicht was, bzw. welches Gebiet Tacitus mit saltus teutoburgensies gemeint hat. Erst recht wissen wir nicht, wie groß dieses Gebiet war. Folglich kann man daraus auch nicht schließen, ob Kalkriese haud procul vom Gebiet Ems/Lippe war. Haud procul war nicht das Schlachtfeld, sondern der besagte saltus. Und darin befand sich das Schlachtfeld. Und die Alpen sind nicht weit vom südlichen Bayern, aber das Matterhorn...

Nein:
Dieses haud procul Argument kann die These Kalkriese=Varus in keinster Weise widerlegen.
Es taugt einfach nicht dafür. Es ist lediglich ein weiterer Hinweis darauf, wie man die historischen Quellen überdehnen kann - so wie man es halt braucht.

Ich erinnere mich an einen Satz innerhalb dieser tausende Beiträge von (ich glaube) dir tela.

Ich kann ihn nicht zitieren, aber sinngemäss:

Schliemann hat mit dem Homer in der Hand Troja entdeckt. Aber niemand wird mit dem Tacitus in der Hand das Varusschlachtfeld entdecken.

Dem ist wohl nichts hinzuzufügen!
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe heute auch noch einen Artikel im Netz gefunden:

Der Varusschlacht auf der Spur - Neue Grabungen in Kalkriese - Wissenschaft - JuraForum.de

Darin ist zu lesen:

"... Dabei hat sich gezeigt, dass das von den Kampfhandlungen betroffene Gebiet wesentlich ausgedehnter war, als es die Wissenschaftler vorher vermutet haben. Deutlich lassen sich nun auch Kampfhandlungen in den germanischen Siedlungen der Umgebung und Absetzbewegungen römischer Truppen nach Norden, in das Große Moor hinein, fassen. ..."

Gerade die Kampfhandlungen in den germanischen Siedlungen der Umgebung scheinen mir auch ein wichtiger Grund für die Niederlage der Römer gewesen zu sein. Und ich möchte mal behaupten, wer nach dem Hinterhalt in den Wäldern so dumm ist in diverse germanische Siedlungen reinzumarschieren, die noch nicht mal unbedingt auf dem direkten Weg nach Westen zum Rhein liegen, hat es auch nicht anders verdient als völlig aufgerieben zu werden.
 
... Und ich möchte mal behaupten, wer nach dem Hinterhalt in den Wäldern so dumm ist in diverse germanische Siedlungen reinzumarschieren, die noch nicht mal unbedingt auf dem direkten Weg nach Westen zum Rhein liegen, hat es auch nicht anders verdient als völlig aufgerieben zu werden.

Du meinst echt, wenn Du das Kommando gehabt hättest wär das alles anders gelaufen ? :pfeif:
 
Du meinst echt, wenn Du das Kommando gehabt hättest wär das alles anders gelaufen ? :pfeif:

Wenn das bedeutet nicht einen Abstecher vom direkten Weg zum Rhein in germanische Siedlungen zu machen und dort zu sagen "Ach übrigens, wir sind Römer die zum Rhein flüchten, die aber noch nicht völlig besiegt sind, wenn ihr mal bitte so gut wärt ...": wahrscheinlich schon.
 
Es handelt sich um Einzelgehöfte.
Stell dir vor, du befindest dich auf dem Marsch und wirst dabei überfallen und gepiesackt. Auf deinem Marschweg liegen die nämlichen Höfe, die mutmaßlich in Beziehung zu den Angreifern stehen - wie reagierst du, 1900 Jahre vor der Haager Landkriegsordnung?
 
Hier noch die Pressemitteilung der Universität Osnabrück:

Der Varusschlacht auf der Spur - Neue Grabungen im Museumspark Kalkriese - Universität Osnabrück

(scheint der gleiche Text zu sein, den auch schon LEGXVII auf einer anderen Seite verlinkt hat)

Aber mit den neuen Funden/Befunden tauchen neue Fragen auf:

Diese Erkenntnisse werfen neue Fragen nach der Bedeutung des Kampfplatzes in Kalkriese auf. Gibt es im Bereich des Oberesch noch weitere, bisher nicht entdeckte, germanische oder römische Wälle und Gräben? War der Hinterhalt wesentlich ausgefeilter als wir das bisher angenommen haben? Gab es Versuche der Römer, sich hier unter dem Druck der germanischen Angriffe zu verschanzen? Konnten zumindest Teile der Legionen nach Norden entkommen und wenn ja, auf welchen Wegen?
 
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