Noch einige ergänzende Griffe ins pralle Leben
Sergius, Marozia, Johann XI.
In den Folgejahren hatte Marozia in Rom das Sagen. ... landete [später] im Kerker.
Marozia führte "das Regiment der sogenannten Pornokratie" [1]. Sie war die Mätresse von Papst Sergius III. – "eine(r) grausame(n) Erscheinung, Mörder seiner beiden Vorgänger". Aus dieser Verbindung ging ein Sohn hervor, den sie 932 zum Papst machte. Dieser Johann, etwa 20 Jahre alt, revanchierte sich, indem er im gleichen Jahr die dritte Trauung seiner Mutter vornahm, diesmal mit ihrem Schwager.
Marozias Aufenthalt im Kerker war nicht lang: Sie wurde, ebenso wie Sohn Johann, vermutlich im Jahre 935 ermordet.
Otto und Adelheid
Durch diese Ehe mit Adelheid von Burgund ... legitimierte sich Otto I für den Königstitel von Italien ...
Manche Historiker stellen es umgekehrt dar: erst Eroberung, dann Heirat. Otto übernahm ohne Wahl beziehungsweise Krönung den Titel eines Königs der Langobarden [2]. König von Italien blieb, als sein Lehnsmann, Berengar II. Als "Siegertyp" warb Otto dann um Witwe Adelheid und wurde erhört. Nachdem aber weiterhin Zweifel an der Legitimität der Eroberung laut wurden, wurde später der Wert der Heirat immer stärker als Anspruchsgrundlage herausgehoben.
Johann XII.
war der Sohn von Alberich, also der Enkel von Marozia. Er machte "die Liebe zum Mittelpunkt seines Pontifikats", will sagen: Er begattete seine eigenen Schwestern, vergewaltigte fromme Rompilgerinnen usw. Er war "eine der erbärmlichsten und niederträchtigsten Figuren, die je den Heiligen Stuhl entweiht haben. Unter seinem Regiment wurde der Lateran zum Bordell, wie die Historiker aller Richtungen zugeben". [3]
Als Kriegsherr hatte Johann freilich keine Fortune, und so kam es, dass Berengar II. 959 den Kirchenstaat plündern konnte. Sozusagen der blanken Not gehorchend, rief der Papst nun Otto um Hilfe an.
Eine "Männerfreundschaft"
Otto erkannte seine Chance, zog zum zweitenmal nach Italien, setzte Berengar (den vorerst letzten italienischen "Nationalkönig") ab und ging nach Rom. Johann, das von vielen so genannte "Monstrum" auf dem Stuhl Petri, krönte das Königspaar. Otto bedankte sich mit dem "Privilegium Ottonianum" vom 13.2.962, das dem Heiligen Stuhl große Gebiete Italiens zusicherte (darunter auch solche, die derzeit von den Byzantinern oder Sarazenen besetzt waren),
Ein Jahr darauf, während Otto in Norditalien Krieg führte, brach der Papst seinen Treueeid und ging zu Ottos Feinden über. Er konspirierte mit halb Europa, auch mit Byzanz, auch mit den Ungarn. Also wandte sich Otto abermals gen Rom und vertrieb den Papst. Darüber hinaus berief er ein Konzil ein, das ein imposantes Sündenregister gegen Johann zusammenstellte, ihn am 4.12.963 für abgesetzt erklärte und einen neuen Papst wählte, den "würdigen" Leo VIII.
Kaum hatte sich Otto wieder von Rom abgewandt, stürzte der kecke Johann seinerseits den Leo. Vom Kaiser erneut angegriffen, nahm er ein ebenso skurriles wie logisches Ende: Er starb am 14.5.964 "nach einem Ehebruch, wobei ihn vermutlich der betrogene Ehemann so zugerichtet hatte, daß er nur noch acht Tage lebte. [4]
Erkenntnis
Mit Kaiserkronen verhält es sich bisweilen wie mit Geld: Non olet. Ob ein "Monstrum" die Krönung vorgenmmen hat oder nicht, interessiert hinterher niemanden mehr. Da lob ich mir doch den guten Friedrich Wilhelm IV., der 900 Jahre später kundtat: "Jeder deutsche Edelmann ... ist hundertmal zu gut dazu, um solch ein Diadem aus Dreck und Letten der Revolution, des Treubruchs und des Hochverrats geschmiedet, anzunehmen."
[1] Hans Kühner: Lexikon der Päpste. Frankfurt 1960, S. 50
[2] Josef Fleckenstein: Grundlagen und Beginn der deutschen Geschichte. Göttingen 1974, S. 170; wohl auch Hans K. Schulze: Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Berin 1994, S. 188
[3][4] Kühner, S. 52 f., 53