Arne:
Zur Klarstellung: unser kleiner Disput ging um die Frage, ob der Versailler Vertrag eine Ursache für den Ausbruch des Zweiten WK darstellte und nicht um die Frage, ob der Versailler Vertrag eine von mehreren Ursachen für den Untergang der Weimarer Republik bzw. den Aufstieg Hitlers darstellte. Letzteres ist völlig unstrittig. Hmm... über die auf der rechten Gehirnhälfte möglicherweise eintätowierten Vernebelungsstrategien werde ich im Hinblick auf das Verbot persönlicher Angriffe nicht spekulieren. Es wäre schön, wenn du dieses Verbot auch beachten würdest (Stichwort: linke Gehirnhälfte).
Ashigaru:
Selbstverständlich hat Hitler den Versailler Vertrag für seine Propaganda genutzt. Aber die Ursache für den Ausbruch des Zweiten WK würde ich eher beim Propagandisten als bei dem für die Propaganda benutzten Gegenstand (= Versailler Vertrag) ansiedeln - rein logisch betrachtet.
Arcimboldo:
Nur weil Llyod George mit seiner Vorhersage recht behielt, bedeutet dies nicht, dass der - seiner Meinung nach - zu harte Versailler Vertrag tatsächlich zum Krieg führte. Stichwort: selbsterfüllende Prophezeiung. Vom schlechten Gewissen bewegt, aber auch von der Vorstellung verführt, Hitler als Bollwerk gegen den Bolschewismus nutzen zu können, das Geld für die Rüstung sparen und bei den nächsten Unterhauswahlen die Stimmen der Pazifisten einfahren zu können, unterließ es London Hitler mit einer Politik der Stärke entgegenzutreten.
Übrigens prophezeite Marschall Foch ebenfalls, dass es zum Krieg kommen würde. Der hielt den Vertrag gegenüber Deutschland für nicht hart genug (Fortbestand der Deutschen Einheit). Angenommen das Deutsche Reich wäre 1919 in kleine Länder liquidiert worden. Wäre dann ein von Deutschland ausgehender Zweiter WK überhaupt denkbar gewesen? Soll der - nach Foch - zu lasche Versailler Vertrag also doch ursächlich für den Ausbruch des Zweiten WK gewesen sein?
Leo:
Ich sehe die Problematik grundsätzlicher. Dem Kausalitätsprinzip lassen sich so viele Ursachen für den Eintritt eines bestimmten Ereignisses ableiten, dass man Gefahr läuft, vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr zu sehen. So hat zum Beispiel die Mutter eines Mörders mit der Geburt ihres Sohnes eine Ursache für dessen Mord gesetzt. Doch die an sich wahre Aussage, die Mutter habe den Mord verursacht, erzeugt eine völlig falsche Vorstellung über die eigentlichen Ursachen des Mordes.
Um ein zutreffendes Bild von den eigentlichen, wichtigen Ursachen eines Ereignisses zu erhalten muss deshalb der Einfluss der einzelnen Kausalitsfaktoren gewichtet werden (fernliegend/naheliegend). Dabei ist jedoch der Einfluss zielgerichteter Handlungen (z.B. die mörderische Handlung des Sohnes) gegenüber dem Einfluss jener Kausalitätsfaktoren, an die solche Handlungen anknüpfen (z.B. das von der Mutter geschenkte Leben) deutlich hervorzuheben. Im Beispielsfall ist der Einfluss des letzten Faktors (Geburt) sogar ganz auszublenden.
Entsprechend wird man auch das außenpolitische Verhalten Hitlers, sein Streben nach Krieg, bei der Darstellung der Kriegsursachen deutlich hervorzuheben haben - im Gegensatz zu der außenpolitischen Lage Deutschlands, die er - nach Versailles - im Januar 1933 vorgefunden hatte und sechs Jahre lang mitgestaltet hat, es sei denn man möchte behaupten und beweisen, dass der Einfluss, der von Versailles ausging so stark (deterministisch) war, dass 1939 alles so kommen musste wie es kam.