6 vs 60 Millionen - Die BRD am Rande des Abgrunds ?

Habe kürzlich wo gelesen:

"Die Perspektivloskeit der Studenten führte zur 68er Bewegung und darausfolgend zur RAF"

Kann man den Satz so stehen lassen ? Hängt diese Perspektivlosigkeit mit der 67 Bewegung zusammen ?
 
Diese provokanten Äußerungen habe ich bewusst gemacht,
Und wenn man diese dann entsprechend beantwortet, ist es Dir auch nicht recht.

damit man Gesprächsstoff hat
Es fehlt uns hier nicht Gesprächsstoff, es fehlen Deine Fakten und Argumente.

außerdem sind sie nicht aus der Luft gegriffen, sondern wurden schon in den Medien häufig verwendet
Das ist jetzt kein Widerspruch.
Es gibt eben einen großen Unterschied, ob nun die Medien mit großem Getöse eine neue Sau durchs Dorf treiben, oder ob man mit Niveau eine historische Betrachtung führen will.

Dein erster Beitrag war sehr flapsig formuliert, wenn das deine Art ist, deine Meinung kundzutun, jedem das seine.
Du kannst gerne mal andere meiner Beiträge zu diversen Themen nachlesen. Ich habe mich hier an Deiner Vorgabe orientiert, würde es aber durchaus vorziehen, wenn Du eine ordentlich diskutierbare These formulieren und belegen würdest.

Das war bewusst von der RAF und deren Verteidigern erbeigeführt, doch hätte das Gericht, nach meinem Rechtsverständnis, dies Abwenden können.
Wieviele Prozesse hast Du schon miterlebt?
Von welchen Möglichkeiten und Kompetenzen des Gerichts weißt Du?
Siehe auch den Beitrag von Silesia.
 
Die 67er-Krise, mit einem "katastrophalen" Defizit und 500.000 Arbeitslosen, die den Gesetzgeber zu einem Stabilitäts- und Wachstumsgesetz zwang und die Nation im Westen aus einem Wirtschaftstraum riss.
Arbeitslosenstatistik - Wikipedia
Staatsverschuldung - Wikipedia
Stabilitäts- und Wachstumsgesetz - Wikipedia


Na ich weiß nicht, ob das tatsächlich zu den Auslösern der Studentenunruhen gehört. Ich denke eher die "Große Koalition" der Vietnamkrieg und natrülich die ganzen KZ-Prozesse die die Verlogenheit des damaligen "Establishments" aufzeigten.

Für die RAF würde ich die 67er Krise sogar glatt verneinen. Da ist der Aufschwung doch längst wieder voll gelaufen, Brandt war Kanzler, die hofften doch nur noch.....
 
Habe kürzlich wo gelesen:

"Die Perspektivloskeit der Studenten führte zur 68er Bewegung und darausfolgend zur RAF"

Kann man den Satz so stehen lassen ? Hängt diese Perspektivlosigkeit mit der 67 Bewegung zusammen ?

Wo hast du den das gelesen?

Was verstehst du unter Perspektivlosigkeit?

Ich empfehle dir dieses Interview zu lesen:

Die 68er-Bewegung - Dossier RAF

Auszug daraus:

Es herrschte damals zudem bei weiten Teilen der jungen Generation ein tiefes Misstrauen gegen den Staat, das insbesondere durch die damalige Große Koalition der Jahre 1966 bis 1969 forciert worden war. Da etwa neunzig Prozent der Parlamentarier im Deutschen Bundestag die Regierungsparteien repräsentierten, also nur eine Zehn-Prozent-Opposition der FDP vorhanden war, kritisierten viele, dass eine effektive demokratische Kontrolle nicht möglich wäre. Der politische Protest der damals linksorientierten Studenten und weiterer Personen richtete sich vor allem gegen die Notstandsgesetze, die als so genannte "NS-Gesetze" polemisch attackiert worden waren. Es wurde der Vorwurf erhoben, mit diesen von der Union und SPD im Bundestag durchgesetzten Gesetzen wäre ein Weg zurück zum "Faschismus" geebnet. Wenn auch immer wieder die Studentenrevolte mit der (Nach-)Adenauer-Ära in Verbindung gebracht wird, so sollte doch darauf hingewiesen werden, dass die Studentenrevolte interessanterweise in einem damals mit großer Mehrheit von der SPD regierten Bundesland Berlin ausgebrochen war. Die Studentenrevolte war am Anfang so etwas wie ein vager Protest eigentlich gegen alles.

In der geschichtlichen Nachbetrachtung kann jedoch konstatiert werden, dass die Studentenrevolte eigentlich gar nicht so überraschend gekommen war. Grob gesprochen muss nämlich zwischen drei Phasen unterschieden werden: den Vorläuferbewegungen, dem Brennpunkt "1968" und schließlich der Zerfallsphase, also einer Diffusionsphase in die Gesellschaft hinein. Hinsichtlich der Vorläuferbewegungen kann konstatiert werden, dass es schon in den frühen Jahren der Bundesrepublik immer wieder zu Kundgebungen oder Unruhen kam. Zu nennen ist beispielsweise die "Ohne-mich"-Bewegung in den fünfziger Jahren, die gegen die Westintegration der Bundesrepublik und gegen die Wiederbewaffnung Front machte. Auch das Phänomen der "Halbstarken" um 1958 oder die "Schwabinger Krawalle" vom Juni 1962 seien angeführt. Während der Oberbürgermeisterschaft Hans-Jochen Vogels versuchte die Münchner Polizei , zwei Straßenmusikanten wegen "ruhestörenden Lärms" festzunehmen. 1960 setzten die "Ostermärsche" gegen die Stationierung von Atomwaffen in der Bundesrepublik Deutschland ein. Diese Beispiele zeigen, dass auch in der "Adenauer-Ära" Protestaktivitäten und Jugendrebellionen vorkamen.

Hinsichtlich der Ursachen muss darauf hingewiesen werden, dass jene Zeit zwei Umbrüche hatte, nämlich einen kulturellen Umbruch und einen politischen Umbruch. Der kulturelle Umbruch ging jedoch der Studentenrevolte um mehrere Jahre voraus, was meist nicht beachtet wird: Er fand bereits in den sechziger Jahren statt und begann vor allem im Bereich der Musik und der Lebensstile. Beispielsweise fand das letzte Lifekonzert der Beatles, die seinerzeit die Musik revolutionierten, im Jahre 1966 statt. Auch die sogenannte sexuelle Revolution wurde damals durch die Anti-Baby-Pille und nicht zuletzt durch Aufklärungsserien eines Oswald Kolle stark forciert. Der kulturelle Umbruch setzte also sehr viel früher ein und war nicht das Ergebnis der Studentenrevolte, sondern umgekehrt auch der Humusboden für den politischen Protest.
 
Na ich weiß nicht, ob das tatsächlich zu den Auslösern der Studentenunruhen gehört.

So war das nicht gemeint, hatte ich auch nicht behauptet.

Es gehört nur zum gesellschaftlichen Umfeld, zur bürgerlichen Politik und führte zur Unruhe in den Wohnstuben, nicht zu der auf dem Campus. Damit ist es Teil der Umfeldes der bürgerlichen Wahrnehmung und der RAF als Staatskrise.
 
Balduin schrieb:
Ebenso lässt sich über den Prozess streiten: Für mich war er eine Demontage des Rechtsstaats. Das habe ich aber in vorherigen Posts schon erläutert

Der Stammheim-Prozess war einer der schwierigsten der Nachkriegsgeschichte. Ich würde eine Charakterisierung als "politischen Prozess" nicht ganz beiseite schieben. Die Prozessführung wurde von den Angeklagten zum Teil ihrer Strategie, zum Konfliktfeld im Kampf gegen das System. Schon die Verteidigung wurde enorm erschwert, da die Terroristen ihre Anwälte als "Gegner" ansahen, manche von ihnen von vornherein ablehnten und anderen das Mandat entzogen, wenn diese andere Ansichten über die Prozessführung hatten. Ebenso gehörte dazu, die Prozessordnung konsequent zu missachten und zu stören.
Ich habe schon den Eindruck, dass sich das Gericht durch diese Strategien beeinflussen ließ und das Verfahren Prinzing letztlich überforderte. Allerdings ist die Sicht auf das Verfahren auch sehr stark durch das Buch "Der Baader-Meinhof-Komplex" und den darauf basierenden Film "Stammheim" geprägt gewesen. Stefan Aust übte darin eine sehr kritische Sicht auf den Prozess und gab im übrigen auch der Theorie Nahrung, dass die Gefangenen sich nicht selbst umgebracht haben.
Dennoch ist der Prozess unerheblich gegenüber einer anderen Problematik; denn egal was en detail geschah, hätte wohl niemand damit gerechnet - nicht mal die RAF selbst - dass die Angeklagten unterhalb von "lebenslänglich" durchkommen würden.
Heftige Kritik gab es aber an den Gesetzen, die im Zuge der Auseinandersetzung zwischen RAF und BRD geschaffen wurden. Dies bezieht sich insbesondere auf zwei Gesetze:
- den Straftatbestand der "Bildung einer terroristischen Vereinigung". Seinerzeit wurde besonders daran kritisiert, dass es nicht mehr nötig war, Terroristen eine konkrete Strafhandlung nachzuweisen, sondern es zur Verurteilung ausreichte, wenn sie Mitglied der RAF oder einer anderen Terrorgrupep waren.
- und das sogenannte "Kontaktsperregesetz", dass Gefangenen für zwei Wochen jeden Kontakt nach "außen" verwehrt und dann nach neuer Prüfung verlängert werden kann.
 
Na ich weiß nicht, ob das tatsächlich zu den Auslösern der Studentenunruhen gehört.
Das sehe ich auch so - die wirtschaftliche Situation war insgesamt noch so gut, daß die Studenten sich darüber kaum Gedanken gemacht haben.
Im Gegenteil kann man wohl eher sagen, daß damals ein Studium noch vorwiegend eine Sache einer privilegierten Schicht war und man sich eine Menge an Demos oder sonstigen Späßchen leisten konnte, weil trotzdem die berufliche Zukunft nicht in Frage stand (bzw. für viele auch nicht wichtig war).

Ich denke eher die "Große Koalition" der Vietnamkrieg und natrülich die ganzen KZ-Prozesse die die Verlogenheit des damaligen "Establishments" aufzeigten.
Da wäre ich skeptischer.
Der Vietnamkrieg war natürlich das große Thema.
Aber man darf ja nicht vergessen, daß 1968 kein isoliertes deutsches Thema war, sondern im Gegenteil die deutschen Studenten auf die entsprechenden Ereignisse in den USA reagierten.
Insgesamt war das eine internationale Bewegung in vielen Staaten - da waren deutsche Besonderheiten wie die große Koalition recht unwichtig.

Und die KZ-Prozesse waren schon längst abgeschlossen, mit Schuldsprüchen, wie überhaupt die wesentliche Aufarbeitung der Nazi-Zeit schon in längst gelaufen war - da rannten die 68er meist nur noch offenen Türen ein (aber dies mit großem Elan).

Für die RAF würde ich die 67er Krise sogar glatt verneinen. Da ist der Aufschwung doch längst wieder voll gelaufen, Brandt war Kanzler, die hofften doch nur noch.....
Richtig.
Das ist überhaupt ein Paradox der heutigen Sicht auf "68": Die meisten angeblichen "68er" (prototypisch Joschka Fischer und Gefährten) waren ja 1968 überhaupt nicht dabei, sondern haben erst in den 70ern ihre Protestzeit gehabt.
Und diese Proteste richteten sich eben nicht mehr gegen die vermuffte Adenauerzeit oder was man da sonst so an Stereotypen hört, sondern gegen die sozial-liberale Reformregierung.
Was 1967/68 noch recht ernst zu nehmen war, war 10 Jahre später eigentlich eine Farce.
 
Habe kürzlich wo gelesen:

"Die Perspektivloskeit der Studenten führte zur 68er Bewegung und darausfolgend zur RAF"

Diese Lektüre ist schlicht als Altpapier zu entsorgen.

Einer meiner Brüder machte 1967 Abitur, waren in 2 Klassen so ca. 30 Schüler, heute ein Staatssekretär, ein Regierungspräsident, zwei Oberbürgermeister, ein Landtagsabgeordneter, zwei Professoren usw. usf.
Es wird seither keine Abitur- und Studenten-Jahrgänge mehr gegeben haben, die annähernd in der Breite die Chancen hatten.
 
R.A. schrieb:
Und die KZ-Prozesse waren schon längst abgeschlossen, mit Schuldsprüchen, wie überhaupt die wesentliche Aufarbeitung der Nazi-Zeit schon in längst gelaufen war - da rannten die 68er meist nur noch offenen Türen ein (aber dies mit großem Elan).

Das sehe ich ein bißchen anders. 1968 gab es noch nicht die heutige, vom Staat mitgetragene Gedenkkultur. Auch wesentliche Forschungswerke, insbesondere was Verbrechen und Opfer des Nationalsozialismus betrifft, entstanden nach 1968. In besonderem Maße gilt das auch für die regionale und lokale Forschung - bei denen nachbarschaftliche Befindlichkeiten sowie ein vitales Interesse von NS-Profiteuren bzw. Ex-Funktionären eine Aufarbeitung oft bis noch in die 80er/90er Jahre verzögerten. Exemplarisch sei dabei an "Das schreckliche Mädchen" Anna Elisabeth Rosmus erinnert:
Anna Elisabeth Rosmus - Wikipedia

Dazu sei noch erwähnt, dass viele 68er bzw. Sympathisanten die Strafen in Prozessen wie dem Auschwitzprozess als skandalös niedrig empfanden.
Das Problem an der Aufarbeitung war, dass diese rasch dazu herhalten musste, den Staat und die Gesellschaft der BRD im Gesamten zu verurteilen; und letzlich daraus die Legitimität für Gewalthandlungen heranzuziehen (was besonders in den Schriften von Ulrike Meinhof deutlcih wird).

R.A. schrieb:
Das ist überhaupt ein Paradox der heutigen Sicht auf "68": Die meisten angeblichen "68er" (prototypisch Joschka Fischer und Gefährten) waren ja 1968 überhaupt nicht dabei, sondern haben erst in den 70ern ihre Protestzeit gehabt.

Na ja, Joschka Fischer, Daniel Cohn-Bendit etc. zählten schon zur ersten 68er Generation; Fischer saß noch bei Adorno. Das wären aber nur Detailfragen. Mir geht es mehr um die Sichtweise: Die "68er-Rebellion" war ja nicht einfach 68 vorbei; auch wenn die Zäsur offenbar von vielen Beteiligten selbst so empfunden wurde, da schon zehn Jahre später die ersten "68er-Bücher" entstanden.
Gerd Koenen spricht nicht ohne Grund vom "Roten Jahrzehnt" - also einen längeren Prozess, in dem sich die 68er Bewegung einerseits mehrfach neu erfand und andererseits zersplitterte, bis die daraus entstehenden Gruppen in der politischen Bedeutungslosigkeit versanken.
Von meinen persönlichen Erfahrungen her prägte die 68er-Bewegung noch weit bis in die 80er Jahre, vielleicht sogar bis zur Wende, das Klima in der Bundesrepublik mit. Denn in den 80er Jahren waren 68er vielfach in der Gesellschaft angekommen - als Lehrer, Politiker, Künstler etc. und wurden langsam "arriviert". Dennoch spiegelte sich ihr Wirken insbesondere in der Kultur, sozialen Institutionen und der Kunst wider - wenn auch häufig nicht mit durchschlagendem Erfolg.
 
Zuletzt bearbeitet:
Kamen nicht auch erst zu dieser Zeit diese ganzen Verbrechen ans Tageslicht, alte Nazis hatten Familien gegründet und diese Kinder erfuhren nun, was ihr Vater, Opa, Onkel damals im 3. Reich für Verbrechen machte. Das führte doch auch zu einem Aufbegehr.

Hatten die 68er das Gefühl, politisch isoliert, kein Mitspracherecht zu haben ?
 
Im Gegenteil kann man wohl eher sagen, daß damals ein Studium noch vorwiegend eine Sache einer privilegierten Schicht war und man sich eine Menge an Demos oder sonstigen Späßchen leisten konnte, weil trotzdem die berufliche Zukunft nicht in Frage stand (bzw. für viele auch nicht wichtig war).


Wie oben beschrieben, beim meinem Bruder 1967 gab es 30 Abiturienten, bei mir 5 Jahre später waren es schon über 70. Inzwischen gab es aber noch ein Wirtschaftsgymnasium wo damals auch schon über 30 Abitur machten. 5 Jahre vorher war das eine "wirtschaftsoberschule" ohne Abi.
1967 hat mein damaliger Busenfreund beschlossen, die Penne hinzuschmeißen und sich eine Lehrstelle zu suchen, haben wir beide die ltzte Stunde geschwänzt, hat er 20 minuten später eine Lehrstelle gehabt, ohne Zeugniss, ohne Eltern, nix weiter.
Ein Märchen aus uralten Zeiten......
 
Und die KZ-Prozesse waren schon längst abgeschlossen, mit Schuldsprüchen, wie überhaupt die wesentliche Aufarbeitung der Nazi-Zeit schon in längst gelaufen war - da rannten die 68er meist nur noch offenen Türen ein (aber dies mit großem Elan).

Das genau stimmt eben nicht. Gar nichts war aufgearbeitet.
Der Auschwitz-Prozess ging bis 1966, der Hechinger KZ-Prozess als erster Kz-Prozess der deutschen Justiz überhaupt ging 1965 zu Ende, er musste wiederholt werden, da ein Richter bei der Urteilsverkündung schlicht durchdrehte, auf schwäbisch "nomschnappte". Seine Tochter war eine Mitschülerin von mir.

Gar nichts war aufgearbeitet worden, alles nur vor sich hergeschoben, die Diskussion ob die Verjährung für Nazi-Verbrechen aufgehoben werden sollte, oder nicht, ging mehrere Jahre.
 
Kamen nicht auch erst zu dieser Zeit diese ganzen Verbrechen ans Tageslicht, alte Nazis hatten Familien gegründet und diese Kinder erfuhren nun, was ihr Vater, Opa, Onkel damals im 3. Reich für Verbrechen machte. Das führte doch auch zu einem Aufbegehr.

Hatten die 68er das Gefühl, politisch isoliert, kein Mitspracherecht zu haben ?

Etwas in mir sträubt sich gegen die Redewendung "DIE 68er", ich finde, es gab DIE 68er gar nicht, 68er aber wohl.

So viele Täterkinder erfuhren damals (und auch später noch) nicht, was ihre Väter, Großväter etc. verbrochen hatten, dass sie politisch ins Gewicht gefallen wären. Ich grübele aber jetzt schon eine ganze Weile daran herum, was mir 1967 an der Uni aufgefallen ist: Es gab Profs jenseits der 65, eine ganze Reihe, und es gab auf einmal für damalige Verhältnisse blutjunge Profs (der damals "jüngste in der BRD" berufene war gerade 31 Jahre alt). Dazwischen klaffte (im großen ganzen gesehen) eine Lücke: Die Söhne der ersteren und die Väter der letzteren waren vielfach im Krieg geblieben - um es mal so auszudrücken. Das darfst Du jetzt nicht wörtlich verstehen, aber es ist schon so (auch in meiner eigenen Familie): die Gebeine vieler von denen, die man auf Lehrstühlen hätte erwarten können, ruhten auf Sodaltenfriedhöfen (oder waren in KZs umgekommen).

Einer dieser Jungprofessoren an meiner damaligen Uni war 1933 geboren und hatte "Protesterfahrung" anlässlich der Wiederbewaffnung der Bundesrepublik gute 10 Jahre vorher gesammelt und gab sie nun an Jüngere weiter. Der, das hat sich bei mir ins Gedächtnis eingegraben, erzählte, dass sie in Heidelberg bei entsprechender Gelegenheit "Frisch drauf Göppingen" skandierten (die Bepo, in Anlehnung an den bekannten Göppinger Handballclub), das haben die Jüngeren dann übernommen und wurde später in Mutlangen wieder aufgewärmt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht sollte man noch erläutern:

Bepo = Bereitschaftspolizei. Und die sass und sitzt in Göppingen.


OT:
Demonstration in Frankfurt 1968, kommt berittene Polizei.
Ein Demonstrant zu einem Polizisten: "Jetzt hau Du auch ab, mit deinem Contergan-Ross". Der Polizist erstaunt: "Wieso Contergan?" Der Demonstrant: "Sitzt das Arschloch oben".
 
Vielleicht sollte man noch erläutern:

Bepo = Bereitschaftspolizei. Und die sass und sitzt in Göppingen.

Ähm, ja, klar - und für Sportmuffel, dass der Handballclub und mehrfache Deutsche Meister "Frischauf! Göppingen" heisst.

:rofl:

Auch ein bisschen OT: Die Bepo-Jungs aus Göppingen waren in Mutlangen aber sehr manierlich, da hat man immer ein bisschen geschielt, wann die "dran" waren - bei anderen tat das Wegtragen nämlich manchmal ziemlich weh und abgekarrt zwecks Feststellung von Personalien wurde man von den Göppingern höchst selten bis gar nicht. Und da, wo einst das 15 Jahre nach 1968 blockierte Raketendepot war, ist heute ein Wohnpark.

:)
 
1968 gab es noch nicht die heutige, vom Staat mitgetragene Gedenkkultur.
Richtig.
Vielleicht kann man es so sagen: Im Prinzip waren alle wesentlichen Verbrechen bekannt und wissenschaftlich erarbeitet. Und eben auch bestraft worden (über Strafmaße kann man immer streiten).

Aber das war wohl alles noch etwas abgehoben und wurde im Alltag nicht wirklich wahrgenommen.

Dies zu ändern war 1968 der erste wichtige Anlaß.
Der zweite war dann wohl die Serie "Holocaust" Ende der 70er.

Na ja, Joschka Fischer, Daniel Cohn-Bendit etc. zählten schon zur ersten 68er Generation
Richtig, das waren die falschen Beispiele.
Aber es gibt wirklich verblüffend viele Leute, die als "68er" gelten oder sich so aufführen, obwohl sie erst lange Zeit später aktiv waren.
 
Vielleicht kann man es so sagen: Im Prinzip waren alle wesentlichen Verbrechen bekannt und wissenschaftlich erarbeitet. Und eben auch bestraft worden (über Strafmaße kann man immer streiten).

Auch das würde ich nicht so sehen. Damals war man doch noch sehr in dem Denken verhaftet, dass die Verbrechen im wesentlichen durch die Parteispitze und die SS als ausführendem Organ verübt worden waren. Die Verstrickung der Behörden, Teilen der Bevölkerung, der Wehrmacht etc. wurde totgeschwiegen.
Die Geschichtswissenschaft hatte sich auch noch kaum mit dem Dritten Reich beschäftigt, vorwiegend nur die Juristen.
 
R.A.: Und eben auch bestraft worden (über Strafmaße kann man immer streiten).

Wenn es wirklich so gewesen wäre. Aber die Prozesse, die wirklich geführt wurden, waren doch nur die Spitze des Eisberges. "Über die Strafmaße kann man sich streiten" ist ja noch beschönigend gesagt. Entweder waren die Urteile lächerlich milde (Berufung auf "Befehlsnotstand") oder es gab gar keines (wegen "Verhandlungsunfähigkeit" der betagten Angeklagten).
 
Unter dem Artikel sind auch noch weitere Verlinkungen zu anderen Berichten über die 68er

Sehr interessante Diskussion auf DLF, auch als download:

Was bleibt von den 68ern ?
Sendezeit: 02.01.2008 19:15
Autor: Burchardt, Rainer
Programm: Deutschlandfunk
Sendung: Zur Diskussion
Länge: 43:11 Minuten

http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2008/01/02/dlf_20080102_1915_17a86dd8.mp3
(14 MB)

Teilnehmer u.a.
http://de.wikipedia.org/wiki/Bernd_Rabehl
http://de.wikipedia.org/wiki/Gerd_Langguth
http://de.wikipedia.org/wiki/Johano_Strasser
http://de.wikipedia.org/wiki/Uwe_Wesel

(ging recht hoch her =) )
 
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