Weder Preußen noch Österreich verfügten über eine nennenswerte Flotte.
Benötigten sie für ein Vorgehen gegen Dänemark auch nicht, mittelfristig wäre eine Besetzung Jütlands die ohne Probleme möglich war, sicherlich geeignet gewesen Kopenhagen an den Verhandlungstisch zu zwingen.
Angeischts der britischen Überlegenheit in Sachen Produktionstechniken und den Quasi-Monopol auf diverse außereuropäische Waren hätte GB mit einer dauerhaften Blockade der beiden Deutschen Staate (die nebenher vorausgesetzt hätte Nordsee, Ostsee und Adria gleichzeitig zu blockieren) vor allem seinem eigenen Außenhandel geschadet, in dem es damit die aufstrebende Industrie in den Deutschen Ländern vor der britischen Konkurrenz geschützt hätte.
Mal davon ab, dass die Niederlande, Belgien, Frankreich oder Italien jederzeit den Zwischenhandel hätten übernehmen können, was die Briten vor das gleiche Problem gestellt hätte, vor dem sie dann später im 1. Weltkrieg standen, nämlich dass sie den Handel nicht nur der Staaten, mit denen sie sich im Krieg befanden blockierten, sondern auch den potentiell neutraler Staaten hätten blockieren müssen, mit den entsprechenden politischen Konsequenzen.
Großbritanniens Möglichkeiten in dieser Hinsicht waren sehr begrenzt.
Und es dauert auch keine Ewigkeit, eine Landarmee aufzustellen.
Und diese Landarmee wird dann gleich noch mit amphibischer Spezialausrüstung versehen um eine Landung á la D-Day hinzubekommen oder an welcher Stelle sollte diese eingesetzt werden, wenn das dänische Festland in der Zwischenzeit längst besetzt ist?
Und natürlich dauert es eine gewisse Zeit eine Landarmee aufzustellen, im Besonderen dann, wenn man im eigenen Land eigentlich keine Wehrpflicht kennt und eigentlich überhaupt nicht über genügend Ausbilder verfügt eine solche Armee mal eben aus dem Boden zu stampfen.
Die Waffentechnik war auch noch nicht so bedienungsfreundlich, dass das mal eben in einem 2-Wochen-Kurs zu bewältigen gewesen wäre, von der Einübung von Gefechtstaktiken nicht zu reden
Natürlich hätte man von britischer Seite neben dem relativ kleinen Kern regulärer Berufssoldaten irgendwelche Zivilisten ausheben und ihnen Waffen in die Hand drücken können.
Wie es um den tatsächlichen Gefechtswert solcher Truppen ohne militärische Vorbildung bestellt ist, sieht man ja gerade in einer anderen Ecke Europas.
Und dann haben wir über Fragen der Finanzierung der ganzen Angelegenheit noch nicht gesprochen, immerhin war die englische Politik mit ihrer parlamentarischen Tradition da an gewisse Spielregeln gebunden, über die die Regierung nicht einfach hinweggehen konnte.
Ob man gerade einmal 15 Jahre nach der verheerenden Hungersnot in Irland mit Rücksicht auf die Innenpolitik bereit gewesen wäre in einer Blitzaktion massive Steuererhöhungen und ggf. auch noch eine Wehrpflicht durchzupeitschen und das alles wegen Schleswig?
Ich denke dafür braucht es schon eine Menge Phantasie.
Du meinst Palmerston hat Kasperltheater gespielt?
Nö, ich meine dass er die Situation falsch eingeschätzt hat.
Und zwar dahingehend dass er es wahrscheinlich als unwahrscheinlich angenommen hat, dass Österreich eine solche Aktion tatsächlich mittragen würde, weil Schleswig und Holstein so weit im Norden außerhalb von Österreichs eigenem Interessengebiet lag, so dass man unterstellen konnte, dass Österreich an Annexionen in diesem Bereich nicht interessiert sein würde, während die Ausdehnung des deutschen Bundes auf ein eigenständiges Hzm Schleswig oder ein Vereinigtes Schleswig-Holstein eigentlich auch nicht von Interesse sein konnte, weil das die Position der Mittelstaaten in Frankfurt zu Lasten der beiden Großmächte gestärkt hätte.
Sofern Palmerston davon ausging, dass sich Österreich mangels eigener Interessen nicht oder allenfalls symbolisch in die Angelegenheit verstricken würde konnte er sich eine solche Rhetorik ohne weiteres leisten, denn wenn man es nur mit Preußen und vielleicht einigen Mittelstaaten zu tun gehabt hätte, hätten zum einen die eigenen militärischen Mittel ein anderes Gewicht gehabt und zum anderen hätte ein militärisches Vorgehen, was lediglich Preußen, nicht aber Österreich betroffen hätte die Möglichkeit dass Frankreich mitziehen würde, deutlich erhöht.
Wenn du mich fragst, hat Palmerston einfach verkannt welchen Stellenwert die schleswig-holsteinische Frage in der gesamtdeutschen Nationalbewegung einnahm und dass es sich Österreich, wenn es sich bei dieser nicht vollständig in Verruf bringen und damit das Spielfeld der innerdeutschen Politiik weitgehend Preußen überlassen wollte, gar nicht anders konnte als mitzuziehen, obwohl es da selbst wenig zu gewinnen hatte.
Wie ich schon ausführte, die englische Haltung war nicht von vornherein abgemacht; genauso wenig wie die russische Haltung.
Sie war lediglich insofern nicht von vorn herein abgemacht, als dass man nicht wusste, mit wem man es letztendlich zu tun haben würde.
Das weder England noch Russland unter diesen Umständen einen Waffengang mit dem gesamten Deutschen Bund austragen würden, war durchaus im Vorhinein abgemacht, weil das angesichts der Marginalie um die es ging, nicht zu rechtfertigen gewesen wäre, dafür ganz Europa in Brand zu stecken.
Wäre es lediglich darum gegangen ein auf eigene Faust etwas größenwahnsinnig aggierendes Preußen in die Schranken zu weisen, hätte das sicherlich anders ausgesehen, aber ein solches Szenario musste die innerdeutschen Verhältnisse und den Stellenwert der Nationalbewegung als ausschlaggebende Kraft im Streit um die innerdeutsche Vorherrschaft vollkommen verkennen.
England war nicht nur eine Großmacht, sondern eine Weltmacht.
In einem Wort: Nö
England anno 1900 als Weltmacht zu bezeichnen ist etwas, was nicht unbedingt meine Zustimmung findet, aber sicherlich noch irgendwo angeht.
Tatsache ist, die britische Herrschaft in Indien ist Anfang 1864 noch alles andere als gesichert.
Da liegen der große "Sepoy-Aufstand", der die ganze britische Herrschaft ins Wanken brachte, die Umwandlung Indiens in eine Kronkolonie und die Liquidierung der E.I.C. noch keine 10 Jahre zurück.
Ansonsten behrrscht GB außerhalb Europas Kanada, Australien und Südafrika einigermaßen sicher, woraus sich aber (im Besonderen wenn man in Australien auch die geringe Bevölkerungszahl bedenkt) keine Unmengen an Ressourcen herausziehen ließen.
Es beherrschte den internationalen Handel, allerdings nur so lange, wie seine Flotte auch aktiv zum Schutz dieses Handels eingesetzt werden konnte, was wenn sie in Europa für irgendwelche Blockaden gebunden gewesen wäre, nicht mehr der Fall gewesen wäre.
Und das war es dann auch mehr oder weniger.
Das ist noch nicht das "Britische Weltsystem", das es 2 Generationen später dann einmal wird.
Preußen war bis 1864 noch überhaupt gar kein Helfer bzw. Unterstützer in der Revision des Pariser Friedens.
Aber die Einzige Macht, die potentiell dafür in Frage kam.
London hatte kein Interesse daran die Meerengen-Frage neu aufzumachen und Wien keines daran den russischen Influss auf die Donaufürstentümer wiederherzustellen, geschweigedenn Russlands Grenzen wieder in Richtung Balkan zu verschieben.
Frankreich hatte vielleicht weniger starke Eigeninteressen in diesem Raum, zielte zu dieser Zeit in seiner Außenpolitik aber klar auf eine Kooperation mit Österreich ab und musste von dem her anderes im Sinn haben, als Wien in dieser Frage zu verärgern.
Unter diesem Umständen, auf wen, außer Preußen sollte St. Petersburg hier als künftigen außenpolitischen Partner setzen?
Sowohl aus der Interessenlage heraus, als auch im Hinblick auf die Ereignisse der jüngeren Vergangenheit lag Preußen als Russlands Partner nahe.
Welche konkrete Rückdeckung für Napoleon III. Mexikoabenteuer meinst du eigentlich genau? Gegenüber den USA konnte Österreich wohl kaum Unterstützung gewährleisten. Und 1864 hatten die USA noch mit ihrem eigenen Krieg gegen die Südstaaten zu tun.
Ich denke ich habe das Wort "mittelfristig" deutlich herausgestellt.
Nein, kurzfristig konnten die USA die Verhältnisse in Mexiko nicht anfechten, mittelfristig aber schon.
Selbstverständlich konnte Österreich Frankreich gegenüber den USA wirksame Unterstützung leisten, nämlich in dem es Frankreich in Europa den Rücken deckte.
Worauf wäre denn mittelfristig eine Auseinandersetzung mit den USA wegen Mexiko hinaus gelaufen, wenn Franrkeich gleichzeitig noch Österreich durch einen Krieg gegen sich aufgebracht hätte und in Europa Österreichische und Preußische Revanche hätte fürchten müssen?
Frankreich brauchte Österreich um die Verhältnisse in Europa stabil zu halten auf seiner Seite, nur unter dieser Bedingung konnte es sich einen Schritt leisten, der Washington erzürnen musste.
Die Problemtik sich in Gegensatz zu den USA zu bringen wäre ja auch nicht eine zwischenzeitliche Episode gewesen, sondern was das betrifft, hätte Paris damit rechnen müssen, dass Washington versucht die Verhältnisse in Mexiko wieder zu kippen, sobald Frankreich irgendwelche Formen von Schwäche zeigte.
Nicht für ein oder 2 Jahre, sondern so lange das mexiko-Projekt insgesamt dauerte und da es ja zum nicht geringen Teil um die Ausbeutung der mexikanischen Edelmetallvorkommen ging, war das auf Langfristigkeit ausgelegt.