Wow, Gute Frage ! Zwar hat uns die Geschichte gelehrt, daß sie keine Gefahr für unsere Demokratie waren. Aber was wäre, wenn es weiter mit der RAF gegangen wäre ?
Ich denke, damit es zur Gefahr für die Demokratie wird, braucht es auch einen gewissen Rückhalt und Symphatien aus der Bevölkerung.
Wenn ich an meine Kindheit / Jugend denke, sind mir die Fahndungsfotos der RAF noch bildlich in Erinnerung. Für uns Heranwachsende waren dies Mörder und Verrückte. So haben es meine Lehrer und meine Eltern auch gesehen.
Ich denke, daß ein Rückhalt aus der breiten Masse nie gegeben war und dadurch sie nie eine wirkliche Gefahr für die Demokratie waren.
Selbst wenn sie sich verändert hätten, hätten die RAF meiner Meinung nach nie den Rückhalt der Bevölkerung bekommen. Auch nicht, obwohl damals es noch eine Zeit war, wo man auch als Jugendlicher sehr genau wusste, daß in den verschiedenen Parteien noch genug Alt-Nazis waren.
Meine Meinung
Pidibaer
Meiner Meinung nach war die RAF eine Stadtguerilla, die niemals Potential für mehr als ein Schinderhannesabenteuer hatte. Denen, die sich in der BRD mehr Demokratie wünschten, hat sie einen Bärendienst erwiesen. Sie wurde durch die Medien zu einer Riesenbedrohung aufgeblasen deren Aktivitäten zum Vorwand herhalten mussten, für bedenkliche Aufweichungen der Grund- und Bürgerrechte. Damals wurde die Grundlage zum heutigen Überwachungsstaat gelegt.
Die breite Masse hat das neomarxistische Programm der RAF gar nicht verstanden, und Volkstümlichkeit hätte sich die RAF wohl eher erworben mit einem Anschlag auf die Verkehrssünderkartei in Flensburg, kaum aber durch Banküberfälle, Entführungen und politische Morde. Nach den Morden an Ponto, Buback und Schleyer war auch bei den Intellektuellen das letzte Maß an Solidarität aufgezehrt, die nach der Knüppelorgie beim "Polizeistaatsbesuch" des Schahs 1967 Gewalt gegen staatliche Gewalt nicht mehr ausschlossen als Mittel des politischen Kampfs. Die BRD zu Beginn der 70er Jahre unter einer sozialliberalen Koalition war kein faschistoider Zwangsstaat, auch wenn die, die hofften, die BRD würde "mehr Demokratie wagen" enttäuscht wurden. Die BRD gehörte zu den Staaten, in denen die höchsten Löhne in Europa gezahlt wurden und sie verfügte über ein Sozialstaatssystem, das diesen Namen noch verdiente.
Die RAF war ein kleiner und extrem radikaler Teil der Bürgerrechts- und Protestbewegung der 60er Jahre, die bestehende reaktionäre und restaurative Verhältnisse nicht mehr hinnehmen wollte und bestehende Autoritätsverhältnisse in Frage stellte. Sie radikalisierte sich nach der Ermordung Benno Ohnesorgs durch einen Berliner Polizisten anlässlich des "Polizeistaatsbesuchs" von Schah Reza Pahlevi und seiner Gemahlin 1967. Während die Boulevardpresse über den Glanz des Pfauenthrons berichtete, für den Schah wurde die Autobahn die abgesperrt- gab es in Berlin Proteste und Berliner Polizei und Jubelperser, Angehörige des Geheimdienstes Sawak, die mit Dachlatten und Knüppeln ausgestattet waren schlugen auf Demonstranten ein. Es wurden nach dem Tod Ohnesorgs Gutachten gefälscht, Dokumente verändert und Zeugen zur Falschaussage genötigt.
West-Berlin war von den Lebenshaltungskosten günstiger, als westdeutsche Großstädte und außerdem brauchte man keinen Wehrdienst in der Bundeswehr zu leisten oder ersparte sich all die bürokratischen Hürden und Schikanen, um als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden samt Ersatzdienst. Außerdem verfügte Berlin über Hochschulen, so dass sich dort eine relativ große Gruppe linker Intellektueller etablierte. West Berlin zog aber auch all die Leute an, die in der Nazizeit im Polizei- und Geheimdienst tätig waren und wegen ihrer Erfahrungen wieder im Polizei- und Justizapparat der BRD Bastionen bezogen hatten, denn es galt (West)-Berlin als "die Frontstadt" des Kalten Krieges. Dazu befand sich dort auch das Verlagshaus des Axel Springer Verlags, und die Bild zog extem polemisch gegen die Protestbewegung vom Leder und brachte APO in die Nähe einer terroristischen Vereinigung.
Über einen großen Rückhalt in der breiten Masse verfügte die sehr heterogene Studenten- und Protestbewegung nicht und die RAF der 1. und 2. Generation der RAF erst recht nicht. In linken Kreisen machte man sich aber Gedanken über Widerstand und ob notfalls auch Gewalt als legitimes Mittel anzusehen war. Viele fühlten sich in dieser Frage durch Soziologen wie Herbert Macuse und Juristen wie Fritz Bauer bestätigt.
Ulrike Meinhof war eine angesehene Journalistin, die u. a.über Fürsorgezöglinge recherchierte und deren Bericht "Bambule" im Fernsehen abgesetzt wurde als sie an der Befreiung Andreas Baaders beteiligt war.
Liest man Bekennerschreiben, wundert man sich, wie sehr sich intelligente Menschen in eine inhumane Ideologie verrennen können.
Sieht man sich aber an, wie das vereinte Europa nach Ende des Kalten Krieges von einer Kapitalismuskrise in die nächste taumelt und eine Spekulationsblase nach der anderen platzt, beobachtet einen Justiz- und Polizeiskandal nach dem anderen und wie Europa von Angst heimgesucht wird und durch Angst regiert wird, drängt sich der Gedanke auf, das Ulrike Meinhof guten Grund hätte, sich in ihrer Sicht eines faschistoiden Überwachungsstaates bestätigt zu fühlen.