Der Klassiker in diesem Zusammenhang der Perzeption militärischer Stärke ist Kennedys Sammelwerk "Knowing One's Enemy". Oder Neilsons "Watching the Steamroller". Eine ältere, quellengestützte Studie stammt interessanterweise von einem Finnen, Ropponnen. Und dann gibt es: Wohlfohrt, The Perception of Power: Russia in the Pre-1914 Balance.
Die Frage ist, wie "Stärke" wahrgenommen wird. Wohlfohrt unterscheidet deswegen die Perzeption militärischer Stärke, ökonomisch-finanzielle Faktoren, und die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Bedingungen (woraus versucht wird, einen "Gesamtwert" zu bilden).
Abseits eines solchen Generalüberblicks finden sich zahlreiche Einschätzungen in der Literatur zum Schlieffen-Plan, zur Marinerüstung, Heeresvermehrungspolitik etc.. Eine ganz interessante Episode ist die "Einweihung" eines ausgewählten SPD-Kreises zur Heeresvermehrungspolitik 1913, mittelbare Folge des Kriegsrates vom Dez. 1912, um Widerstände gegen die Rüstungspläne abzumildern. Dort eröffnete man Details der russischen Rüstungspläne, und wohl auch nebulös den Schlieffen-Plan.
Die Wahrnehmung kann nicht verwundern. Die russische Wirtschaft entwickelte sich vor 1914 sehr dynamisch, je nach Wertung sogar dynamischer als die deutsche. Dazu kam die Wahrnehmung des "Menschenpotenzials", als Ökonomie wie auch als Militärkraft. Die großen russischen Rüstungspläne 1914/17 waren überdies den europäischen Großmächten bekannt.
Den Aufsatz von Wohlfohrt findest Du auch im Volltext in Netz.
Und noch ein weiterer Tipp: Perzeption der Stärke verknüpft mit ökonomischen Abhängigkeiten, und ein Versuch zu erklären, was 1914 "anders" war als bei den Krisen zuvor - nur ein Beispiel für die Gegenentwürfe zu angeblichen Schlafwandlern:
http://pages.ucsd.edu/~egartzke/papers/ww1interdep_02042011.pdf