Hannibal: Warum Alpenüberquerung?

Die Versorgung von Hannibals Heer war über den Landweg erheblich schwieriger zu bewerkstelligen als über das Meer und Flussverbindungen. Eben diese Tatsache machte ja für die Römer den Marsch eines so großen Heeres (eines "zivilisierten Gegners", nicht die Volksheere und Plünderer von Galliern e.t.c.) über die Alpen hinweg so unwahrscheinlich. Beim Eintreffen Hannibals in Italien waren sie darüber sehr überrascht, was durch die fortgeschrittene Jahreszeit noch zusätzlich gesteigert wurde.

Entsprechend war die Versorgung während des Anmarsches (und danach...) eines der Hauptprobleme mit dem die karthagische Armee logistisch zu kämpfen hatte. Schlecht versorgte Heere pflegen von ihren Gegnern mit recht geringen Mühen besiegt zu werden. Also war Hannibals Armee zumindest ausreichend versorgt, als es in Italien eintraf. Eine logistische Versorgung direkt von Karthago oder seinen "Kolonien" aus war bei seinem Plan nicht ausreichend gewährleistet. Die römischen Maßnahmen waren direkt gegen solche Versuche gerichtet, indem sie ihr Heer in Südgallien massierten und den Anmarsch Hannibals erwarteten. Sein Schwenk weg vom Mittelmeer machte ihre Überlegungen zunichte.

Gleichzeitig war für Hannibals strategische Überlegung die Geschwindigkeit mit welcher er in Italien aufzutauchen gedachte, von enormer Bedeutung. Sieht man nun wie "viel Zeit" er damit verbrachte das nördliche Spanien zu sichern und wie er dann relativ rasch zu den Alpenpässen strebte zeigt, dass er beide Gebiete unterschiedlich bewertete. Die Sicherung Spaniens war für die weitere Kriegsführung also wichtiger als ständige, gut kontrollierte Verbindungswege weiter durch ganz Gallien und über die Alpen. Spanien wurde eben zur "Gänze" (zumindest den für den Krieg wichtigen Gebieten nahe dem Mittelmeer) in den karthagischen Machtbereich einbezogen, Gallien selbst war reines Durchmarschgebiet!

Die Karthager mussten also ihre Truppen aus dem näheren Umland versorgen, aber gleichzeitig schnell sein. Sich allen Bedarf mit Gewalt zu nehmen, hätte starken regionalen Widerstand heraufbeschworen, erhöhte Verluste verursacht und die Marschgeschwindigkeit gehemmt. Weiterhin verfügten die Karthager offensichtlich über Führer/Ortskenntnisse. Besonders, wenn das Heer tatsächlich mehrere Alpenpässe gleichzeitig verwendet haben sollte (wie nun häufiger vermutet wird). Dem Zug wird also eine Fühlungnahme durch Gesandte und Späher vorausgegangen sein, welche auch schon Absprachen mit lokalen Mächten zwecks Durchgangskonditionen und Versorgung getroffen haben könnten/dürften. Sich den ganzen Weg bis Italien "durchzurauben", also von der Hand in den Mund zu leben dürfte daher recht unwahrscheinlich sein. Wie also konnte er so relativ ungehemmt marschieren, sieht man vom erbitterten spanischen Widerstand (bereits erwähnt) und dem erzwungenen Übergang über die Rhone ab?

Eine Theorie wurde in einer Fernsehdokumentation von Arte vertreten mit dem Titel „Hannibals Elefanten“.
Kolossale Gipfelstürmer - ARTE
Karthago war eine reiche Stadt und lebte vom Handel. Es verfügte über genug Geld, seine geringe Volkszahl durch bezahlte Söldnerheere für seine Kriege zu schonen. Hannibal brachte offensichtlich enorme Geldsummen mit sich nach Italien, welche auch während des Anmarsches die Versorgungsprobleme mildern konnte.
 
Eine logistische Versorgung direkt von Karthago oder seinen "Kolonien" aus war bei seinem Plan nicht ausreichend gewährleistet.

Die Seeherrschaft im 2. Punischen Krieg oblag bei Rom. Im 1. Punischen Krieg verlor Karthago seine Insel-Kolonien vor der Küste Italiens (Sizilien, Sardinien) und die punischen Seestreitkräfte wurden nach der Niederlage im 1. Punischen Krieg nicht verstärkt oder ausgebaut.
 
Der Begriff der "Seeherrschaft" sollte dringend überdacht werden. Sicher, im Ersten Punischen Krieg hatte Rom Karthago als Seemacht abgelöst, in dem sie, wie man klassischerweise sagt, den Krieg zu Lande auf das Wasser trugen (Enterbrücken (corvus) etc.). Es war den Römern allerdings nicht möglich, damit auch das (westliche) Mittelmeer tatsächlich zu kontrollieren. Bis in die Gegenwart, trotz Fluggerät, Radar, Sonar etc. ist es z.B. Maltesern, Spaniern und Italienern nicht möglich, die Einwanderung aus Afrika nach Europa aufzuhalten. Sicher, die Seeschlachten des Zweiten Punischen Krieges, Lilibaium und an der Ebromündung, wurden von den Römern erfolgreicher ausgefochten, doch diese Seeschlachten fanden eben nicht auf dem offenen Meer, sondern an strategisch wichtigen Stellen statt. Die See zu beherrschen war den Römern trotz ihrer Flotte von knapp 220 Fünfruderern einfach nicht möglich.
 
So gelang es den Karthagern, trotz der römischen Überlegenheit zur See, nach Sizilien ein Expedtionsheer von ca. 30.000 Mann zu übersetzten. Da war ein gewisser Aufwand, de wohl ein ein wenig Zeit in Anspruch genommen haben dürfte.

Gleiches galt für Sardinien. Die dortige Bevölkerung war ganz offenkundig mit der römischen Herrschaftspraxs nicht so glücklich, wie es in Rom erwartet wurde. Jedenfalls hat Hampiscora den Widerstandswillen entfacht unde ide Karthager entsendeten auch hier ein Expedionskorps. Truppen, die Hannibal in Italien dringend gebraucht hätte.
 
Karthago ist Nachfolger der Phönizier. Also einem ausgeprägten seefahrtserfahrenen Volk. Im Laufe der Jahre muss den Karthagern das nautische und schiffahrtstaugliche Wissen und Können abhanden gekommen sein. Wahrscheinlich erachtete man dies nicht mehr als strategisch notwendig.

Zu Mago Barkas in Ligurien fand ich Info aus den Folgen der Schlacht am Metaurus 207 v.Z.
 
Karthago ist Nachfolger der Phönizier. Also einem ausgeprägten seefahrtserfahrenen Volk. Im Laufe der Jahre muss den Karthagern das nautische und schiffahrtstaugliche Wissen und Können abhanden gekommen sein. Wahrscheinlich erachtete man dies nicht mehr als strategisch notwendig.

Zu Mago Barkas in Ligurien fand ich Info aus den Folgen der Schlacht am Metaurus 207 v.Z.


Nun soweit würde ich jetzt nicht gehen. Die Unterlegenheit der karthagischen Flotte führe ich zum einen darauf zurück, dass sie nach dem 1. Punischen Krieg stark abgerüstet wurde und erst wieder aufgestockt werden musste. Außerdem braucht man für eine größere Flotte auch mehr Seeleute, die ebenfalls erst angeworben oder ausgebildet werden musste.

Andererseits haben die Römer viel von den maritimen Völkern gelernt und waren den Karthagern technisch gesehen mindestens gleichwertig, was den Schiffsbau betraf.

Dass der Seekrieg für eine Handelsmacht wie Karthago als vernachlässigbar galt, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Eine Stadt, die Fernhandel im großen Stil betreibt, muss auch in der Lage sein, seine Handelsschiffe vor Piraten zu schützen und die eigenen Gewässer von feindlichen Flotten frei zu halten.
 
Eine Stadt, die Fernhandel im großen Stil betreibt, muss auch in der Lage sein, seine Handelsschiffe vor Piraten zu schützen und die eigenen Gewässer von feindlichen Flotten frei zu halten.

Und warum hat es Karthago nicht getan? Seine eigene Flotte willentlich abrüsten (aus welchen Gründen?) ist für mich unvorstellbar.
 
Seine eigene Flotte willentlich abrüsten (aus welchen Gründen?) ist für mich unvorstellbar.

Eine freie Entscheidung war das wohl nicht.
Zum einen hatte man bei den Ägatischen Inseln rd. 100 Schiffe verloren
Schlacht bei den Ägatischen Inseln ? Wikipedia

den Krieg also mit einer stark geschwächten Flotte beendet. Zum anderen dürften die Reparationen (die Talente könnte man auch in zu bauende und unterhaltende Kriegsschiffe umrechnen) Finanzprobleme gebracht haben, die einer starken Seerüstung entgegenstanden.
Lutatius-Vertrag ? Wikipedia
 
Haben sie. Da war der Grund, warum Karthago außer Sizilien auch noch Sardinien verlor. Karthago konnte ihre Söldner nicht bezahlten, die rebellierten und Rom hatte leichtes Spiel.
 
Seemacht & die Alpen

Der Begriff der "Seeherrschaft" sollte dringend überdacht werden...

Der Begriff hat viele Facetten. In unserem Kontext besteht wohl Einigkeit darüber, dass Rom in der Lage gewesen sein dürfte sich mit seiner Flotte in fast jedem Seegebiet durch eigene Stärke durchzusetzen, da die karthagische Flotte schwächer war. Das schließt freilich zeitweilige oder örtliche Überlegenheit Karthagos in begrenzten Bereichen nicht aus. Rom war gewiss nicht willens seiner Flotte die Schlagkraft zu rauben, indem es seine Schiffe verzettelte. Das hätte auch nicht antiker Seetaktik entsprochen.

Weiterhin waren die eher schlanken und langen Kriegsschiffe jener Zeit (nur so können viele Ruderer gleichzeitig ihre Kraft entfalten und damit beeindruckende Geschwindigkeiten erzielen) relativ anfällig gegen Seegang. Besonders wenn militärische Aufbauten (Torsionsgeschütze, Enterbrücke e.t.c.) den Schwerpunkt des Schiffes zusätzlich weiter nach oben verschieben, was ebenfalls einer "Seestabilität" abträglich ist. Dazu kommt die sehr hohe Mannschaftsstärke auf den Schiffen mit zahlreichen Ruderern und Seesoldaten auf dem seng begrenztem Raum wodurch wenig Platz für lebensnotwendige Güter blieb. All das schränkte die Aktionsweite antiker Flotten schon deutlich ein. Man war auf geschützte Basen (Häfen) und/oder eine begleitende Versorgungsflotte angewiesen.

Bei günstigen Witterungsverhältnissen (etwa Windrichtung) kann bei diesen Umständen auch eine militärisch hoffnungslos unterlegene Seite mit Schnellseglern durchaus schnelle Anlandungen (leichtere ?) Truppen vornehmen. Die überlegene Flotte hat dann keine echte Chance solche „Raids“ sicher abzufangen. Vor diesem Hintergrund ist „Seeherrschaft“ wie immer in einiger Hinsicht relativ. Karthago begann den Krieg mit der kleineren Flotte und war durch seine Handelsrouten eher auf Seeverbindungen angewiesen als vielleicht Rom, dessen Kraftquellen fast ausnahmslos auf dem Festland lagen. Die Bedeutung Spaniens für Karthago wurde bereits angesprochen. Gewiss kann man Karthago mit guten Gründen (Handelsnation) eine leistungsfähige Frachtflotte unterstellen, doch die sind im Seekrieg der Antike reichlich untauglich!

Folglich sind Raids und Anlandungen trotz römischer Überlegenheit möglich gewesen. Einen ganzen Krieg nur auf die erforderlichen, günstigen Momente hin zu planen ist dagegen ein Hasardspiel. Welchen Effekt hätte wohl eine plötzliche Anlandung (dazu hätte Hannibal mit seiner Armee wohl nicht in Spanien, sondern in Afrika stehen müssen…) der Karthager – sagen wir in Süditalien zu Kriegsbeginn gehabt? Sein Hasardspiel wäre offensichtlich gewesen, die Städte hätten sich verbarrikadiert und ein mitreißender Sieg gegen römische Truppen wäre auf absehbare Zeit (die großen Heere standen Andernorts!) nicht zu erwarten gewesen. Hier komme ich wieder zu den psychologischen Momenten, die vor einigen Tagen hier angesprochen wurden, welche dem Charisma Hannibals zuträglich waren: Er wählte die auf den ersten Blick schwierigere Variante über die (LEISTUNG!) gewaltigen Alpen, unterwarf vorher nie nördlichen Spanier, führte die Römer beim Übergang über die Rhone an der Nase herum, brachte die Gallier auf seine Seite und schlug Rom in einem Bereich wo es sich stark fühlte. Auf diese Weise erwarb er einen Nimbus, der ihm Unterstützung in Italien einbrachte. Nicht genug um zu siegen wie wir heute wissen, aber ohne seine vorangehenden Leistungen wäre die Unterstützung wohl noch geringer gewesen!

Weiterhin ist davon auszugehen, dass Roms Verbündete - wie Üblich - die Masse seiner Flotten stellten. Ein gelungener, möglicherweise sogar schneller Umschwenk von Roms Verbündeten zu Hannibals Seite hätte auch seine Versorgungsprobleme mindern können. Dann hätte er eine Chance gehabt indirekt die feindliche Seemacht zu "schlagen", wie es auch Alexander einst tat! Es ist Beachtlich, welche möglichen weiteren Kreise Hannibals Plan mit einschloss….
 
Zuletzt bearbeitet:
Weiterhin ist davon auszugehen, dass Roms Verbündete - wie Üblich - die Masse seiner Flotten stellten. Ein gelungener, möglicherweise sogar schneller Umschwenk von Roms Verbündeten zu Hannibals Seite hätte auch seine Versorgungsprobleme mindern können. Dann hätte er eine Chance gehabt indirekt die feindliche Seemacht zu "schlagen", wie es auch Alexander einst tat! Es ist Beachtlich, welche möglichen weiteren Kreise Hannibals Plan mit einschloss….

Hannibals Plan war zwar riskant, hätte den Römern aber sicher das Genick gebrochen. Trotzdem ist es erstaunlich, dass selbst zu Hannibals Glanzzeiten den Römern noch genügend Bundesgenossen zur Seite standen. Hierbei wird es sich wahrscheinlich hauptsächlich um die gehandelt haben, die von Roms Expansionsbestrebungen profitierten oder zu viel Angst hatten, sich dem feindlichem Lager anzuschließen. Bekennende "Romgegner" wie die kurz zuvor unterworfenen Kelten, die Samniten oder auch die italischen Griechen nutzten häufig sofort die Gelegenheit, die römische Herrschaft abzuschütteln.
 
Ich denke das Motiv der Angst vor römischer Rache war sehr stark und hinderte viele Bundesgenossen daran überzulaufen. Dazu kommen die wenig aussagekräftigen überlieferten Ideen zu einer Neuordnung Italiens nach einem Sieg der Karthager. Das mag auch der einseitigen Quellenlage geschuldet sein.

Die Römer setzten alle Energien daran zu Hannibal übergelaufene Mitglieder seines Bundesgenossensystems möglichst rasch und mit aller Energie niederzuwerfen und streng zu bestrafen.
 
Ich bitte, einen Blick auf das historische Umfeld der Zeit zu werfen: Alle, aber auch alle zeitgenössischen Feldherren und Kriegsfürsten maßen sich am Maßstab Alexanders. Wer das unmöglichere, unerhörtere, verwegenere wagt – und wem es gelingt – dem blühte Ruhm, Erfolg, unerhörter Reichtum und ewige Glorie.

Alter, aber sehr guter Post, den ich gerne noch einmal hervorzerre.

Überhaupt finde ich diese Thematik gerade extrem spannend - insbesondere all die Fragen, die sich ergeben, wenn man für einen Moment Abstand nimmt von der in Beton gegossenen Geschichte, und für all diese Ereignisse, die man als gottgegeben hinnimmt, die Beweggründe sucht.

Zu der immer wieder aufkommenden Frage, warum Hannibal sich Scipio an der Rhone nicht zur Schlacht stellte, möchte ich noch eine ganz wesentliche Erklärung anführen, die ich hier noch nicht gelesen habe und zu der ich gern eure Meinung höre würde: Er hatte nichts davon.

Man darf meines Erachtens nicht vergessen, dass Siege - und Niederlagen - für Hannibal etwas ganz anderes bedeuteten als für die Römer. Für Hannibal war ein Sieg nur dann relevant, wenn er ihm weitere politische oder strategische Vorteile verschaffte. Legionen konnten weit leichter ersetzt werden als seine Soldaten. Möglichst viele Römer zu töten, war für ihn an der Rhone unerheblich. Auf Abfälle der Massalioten im Falle eines großen karthagischen Sieges brauchte er nicht zu hoffen; die Ligurer sympathisierten ohnehin schon mit ihm, und die Alpenvölker waren noch zu weit weg.

Worauf er setzte, war eine Signalwirkung, die seine Siege in Italien in beide Richtungen aussenden sollten: Schock für Rom (der auf italischem Boden einfach viel gravierender war als irgendwo in Südgallien, das damals für Rom noch nicht einmal in der Nähe einer Provinz war, also keine große Schockwirkung haben konnte), und ein Aufruf zum Abfall der Bundesgenossen. Deswegen war es für ihn wichtig, auf möglichst schnellem Wege nach Italien zu gelangen, weil nur dort seine Pläne ihre volle Wirkung entfalten konnten. Diese Lehre hatte er sicherlich aus den Kelteneinfällen der vorigen Jahre und der Landung des von ihm bewunderten Pyrrhus 60 Jahre zuvor gezogen - nun wollte er diese Effekte kombinieren und noch übertreffen; was daraus wurde, wissen wir...
 
Die Rhone, Marsaille

Ergänzend zu deinem Kontext kommt m.E. noch ein sehr wesentlicher Punkt:
Hätte er sich den Scipionen in Südfrankreich gestellt, wäre er auf eine angriffsbereite römische Armee gestoßen, die weitgehend Ort und Zeit einer Schlacht hätte (mit)bestimmen mögen. Also: Vorbereiteter Gegner, keine strategisch Überraschung, er selbst ohne aktive Basis mit einem abwartend-unruhigen (gallischen) Hinterland - während die Römer mit Marseille eine sehr starke Stadt als Rückhalt, mit offenen Seeweg als letzten Ausweg in der Hinterhand gehabt hätten…


In Italien mochte er auch keine Basis haben, aber aufgrund der vielen potentiellen Zielen für seine Angriffe, hatte er hier mehr strategische Optionen – während Rom mehr vor der Aufgabe stehen würde, entweder alles schützen zu wollen (und dabei die Chance für operative Gelegenheiten bieten zu müssen), oder sich dem Vorwurf mangelnden Schutzes durch seine Verbündeten aussetzen zu können. Wozu das führen konnte, zeigen die Berichte zur Schlacht am Trasimenischen See und seine Vorgeschichte…. Das alles mit dem üblichen Vorbehalt, wie weit die antiken Berichte für derartige Denkansätze überhaupt belastbar sind
 
Ich überlege, in wiefern er wirklich vor jeder Schlacht das Terrain gründlichst sondieren konnte. Am Ticinus tat er das ja auch nicht in dem Maße wie später an Trebia, Trasimenischem See oder Cannae. Er hätte Scipio sicher auf einem Kampfplatz begegnen können, den er für gut hielt. Das hätte ja eventuell sogar noch einen sehr schönen Nebeneffekt gehabt, der ihm im weiteren Verlauf des Krieges viel Ärger erspart hätte - ein Sieg gegen Scipio (genauer: die Scipionen) hätte bedeutet, dass Publius den Gnäus nicht weiterschicken hätte können.

Ich nehme stark an, dass Hannibal nicht geglaubt hat, Scipio würde kaltschnäuzig genug sein, einen Großteil seiner Armee weiterhin nach Spanien zu schicken, obwohl ihm klar war, dass der Feind auf dem Weg nach Italien war. Wäre Hannibal davon ausgegangen, dann hätte er eine Schlacht vielleicht eher riskiert, weil dann für ihn weit mehr auf dem Spiel gestanden hätte (und ein weit größerer Blumentopf zu gewinnen gewesen wäre).
 
Wer bei einer Schlacht in Südgallien die bessere Ausgangslage gehabt hätte, lässt sich ohnehin unmöglich seriös abschätzen. Ich verweise vor allem auf die Schlacht an der Trebia, bei der der Konsul ein zahlenmäßig überlegenes Heer in einer guten Position hatte. Trotzdem gelang es Hannibal, ihn von dort herauszulocken und das, was ursprünglich für die Römer ein Vorteil gewesen wäre (nämlich dass die Karthager bei einem Angriff die kalte Trebia durchqueren müssen hätten und ihnen dann der rasche Rückzug abgeschnitten gewesen wäre), zu einem Vorteil für sich selbst zu machen, indem er die Römer durch den Fluss lockte.
Insofern hätte Hannibal vielleicht auch in Südgallien Mittel und Wege gefunden, um Scipio in eine für diesen ungünstige Situation zu bringen.
 
Ja, davon gehe ich auch aus. Trotzdem fiel für ihn dann offenbar die Kosten-Nutzen-Abwägung eher zugunsten des Ausweichens aus. Respekt vor Scipio war es wohl eher nicht.
 
Vielleicht hatte es auch einfach mit der Jahreszeit zu tun. Hannibal konnte nicht beliebig lange in Südgallien herummarschieren und versuchen, Scipio zu einer Schlacht unter für diesen ungünstigen Bedingungen zu bringen, sondern musste rasch über die Alpen, wenn er sie noch vor Wintereinbruch überqueren wollte.
 
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